AW: Mir war gade langweilig... V2.0
Ich sitze gerade im Altstadtviertel von Utrecht, nachdem ich mich durch die immense Bürokratie der Niederländer gekämpft und mich erfolgreich ins Stadtbuch der Bürger eingetragen habe. Hier ist es sehr angenehm, eine größere Straße in der Nähe, die aber weit genug entfehrnt ist, so dass man nur wagen Rauschen wahrnimmt, überall grüne und gelbe Blätter und alles voller kleiner alter Häuser, die gerade zwei Stockwerke besitzen. Eine kleinere Kirche steht hier, die aber -zumindest erscheint es von außen so- eher als Bedarfs- und Wohnraum genutzt wird. Immer wieder fahren große holländische Amazonen (es hat hier sehr große Frauen) auf ihren fietsen vorbei und ab und zu sieht man einen Jogger vorbeikommen. Man könnte fast meinen, die ganzen Niederländer wären unglaublich sportlich, mit all den Fahrrädern und Joggern. Tatsache ist, dass es hier wirklich sehr wenig dicke Menschen gibt. Und das obwohl die Leute hier ein eigenes Schnellimbissrestaurant haben und auch regelmäßig nutzen. Wohl einer der wenigen Orte auf der Welt, in denen man "normales" Essen von einer Maschine verkauft bekommt.
Andererseits sind die Niederländer auch unglaublich gezelig, wie sie sagen. Das bedeutet so etwas wie gemütlich, oder angenehm. So ziemlich alles kann gezelig sein. Das Wetter, die Einrichtung oder die Unterhaltung.
Aber wirklich gezelig ist es, sich draußen auf eine Bank zu setzen und sich ein Bier oder einen Kaffee zu genemigen. Wesentlich angenehmer als ein Biergarten in Deutschland. Da jeder eine Bank und ein fiets vor der Tür stehen hat, ist es auch gang und gebe, dass man die einfach mal mitgehen lässt. Da das natürlich nicht erwünscht ist, werden beide wichtige Gerätschaften mit unglaublich dicken Ketten gesicher. Denn die Polizei ist pleite. Und eigentlich auch nur im Herbst richtig aktiv. Dann werden Lichter auf den Fahrrädern kontrolliert, oder rote Ampeln endlich mal ernst genommen. Denn daran hält sich so gut wie keiner. Trotzdem hab ich außer einem leichten Blechschaden und ein paar gestürzten Radlern noch keine Unfälle gesehen.
Cofee-shops gibts hier in Utrecht wenig, aber man sieht trotzdem hin und wieder einen Marokkaner auf seiner Bank sitzen und gemütlich einen Joint rauchen. Sehr gezelig!
Andererseits gibt es hier jede Menge Hektik. Die ganze Stadt ist in Eile und die Läden sowieso immer geöffnet. Christliche Traditionen sind in einem liberalen Land etwas fehl am Platz. Man kann Nachts in Spähtshops einkaufen oder die bekannte Supermarktkette AlbertHein besuchen.
Utrecht ist eine Studentenstadt. Sie hat sehr viele Cafés (Koffiehuis) und einige Diskotheken. Durch die erzwungene Architektur der Schmäle ist alles in mehrere Stockwerke unterteilt. Ob nun das Tanzlokal, oder die Bibliothek. Selbst der Belastingdienst (vergleichbar mit einer Bürgerzentrale) in dem ich gerade war, ist nicht ausladend gebaut und hat mehrere Stockwerke. Dafür hat es hier auch sehr viel Grün, da die Häuser nicht zu hoch sein dürfen - schließlich ist alles auf Wasser, oder besser Sand gebaut. Denn wie der Niederländer sagt: Gott hat die Welt erschaffen und der Holländer die Niederlande.
Holländer - Niederländer? Na ja, eigentlich ist Holland in Noord und Zuit unterteilt und nur eine der vielen Provinzen der Niederlande. Trotzdem ist es auch hier im Sprachgebrauch verwurzelt, sich Holländer zu nennen. Und irgendwie gibt es auch keinen Unterschied. Außer man spricht mit einem Lokalpatrioten aus einer anderen Provinz. Da sollte man dann das "Holländer" besser lassen.
Langsam wird es ein wenig dunkler und ich werde wohl noch ein bisschen hier sitzen und meinen Laptop laufen lassen. Und morgen gehts dann in meine neue Wohnung in den Niederlanden. Jetzt fehlt nur noch der passende Job...