AW: Melde mich erneut zum Auspeitschen im Kasernenhof...
Ich sehe nicht wo es einen Widerspruch gibt zwischen ARS, nach Schwierigkeit aufsteigenden Questen und einer einzigen (aber dafür klar formulierten und fokussiert unterstützten) SL-Aufgabe auf der einen Seite und epischer Fantasy auf der anderen Seite.
Das ist klar geworden, daß Du es nicht siehst.
Epische Fantasy ist nur ein Trapping, eine Kulisse.
Dazu verkommt "epische" Fantasy, wenn man sie versucht mit dem untauglichen "Epos"-Mittel zu betreiben. Da erhält man dann nur ein zweidimensionales Plakat, daß auf eine Palette mit genormten Questen-Burgern gepappt ist, und als Spieler und als Spielleiter MUSS man damit zufrieden sein, denn "Epos" kann, wird und soll auch garnicht mehr geben. -
"Wenn man nicht haben kann, was man will, muß man lernen, das zu wollen, was man haben kann." ist das, was einem "Epos"-Spieler übrigbleibt.
Jedes dieser Transkripte könnte mit jedem Spielstil und jedem Rollenspiel entstanden sein, ob ich jetzt zu D&D 3.5, Risus, Pendragon, Wushu, AD&D, The Pool, The Riddle of Steel, GURPS, DSA, Tri-Stat, Midgard oder auch Epos gegriffen hätte.
Nein. - Episches Rollenspiel ist ein Spielstil für sich, der nur möglich wird, wenn der Spielleiter ALLE ÜBLICHEN Möglichkeiten uneingeschränkt zur Verfügung hat. Der "Epos"-Spielleiter ist an eine Streckbank geschnallt und müßte für epischen Rollenspiel aber TANZEN können!
Man kann mit den meisten der oben aufgeführten Rollenspielen episches Rollenspiel betreiben. TRoS kenne ich zu wenig, um zu dessen Eignung für episches Rollenspiel etwas sagen zu können. Wushu halte ich für ungeeignet, ob des komplett anders ausgerichteten, engen One-Trick-Pony-Fokusses. "Epos" ebenso, weil es kein episches Rollenspiel unterstützt.
Ein Rollenspiel kann zunächst einmal mit einer ganzen Bandbreite an verschiedenen Spielstilen bespielt werden. - Das ist ja auch sinnvoll, weil sich von Gruppe zu Gruppe der Stil eh unterscheiden wird.
Die marktführenden Rollenspiele wie D&D schaffen es über viele Jahrgänge von Spielern und quer über viele Spielgruppen hinweg all deren Spielstile zu unterstützen. Dazu sind sie flexibel genug (das ist die Flexibilität eines Rollenspiels: Wenn es eine ganze Bandbereite an Nutzungsarten/Spielstilen NACH PLAN unterstützen soll. Es ist auf diese Breitenverträglichkeit hin entworfen worden.).
Manche Rollenspiele sind als eng fokussierte Rollenspiele auf genau ein ganz enges Bündel an Spielstilen ausgerichtet. Alles, was nicht in dieses Bündel fällt, das wird nicht von dem betreffenden Rollenspiel unterstützt. Man kann VERSUCHEN es TROTZDEM so zu bespielen, wie man es am liebsten täte, aber man kann sich nie sicher sein, ob das klappt (das ist Robustheit eines Rollenspiels: Wenn es abseits seines Fokusses eingesetzt wird und trotzdem noch zufriedenstellend funktioniert. Es ist NICHT auf diese Anwendung hin entworfen worden, klappt aber irgendwie trotzdem für die nicht vom Autoren beabsichtigte Nutzung.).
(Ich klammere hier mal Rollenspiele aus, die ENTGEGEN der Absicht des Autors einen ANDEREN Spielstil besser unterstützen, als den, den der Autor eigentlich unterstützen wollte. Dafür gibt es auch ausreichend viele Beispiele.)
Episches Rollenspiel ist ein Spielstil. Dieser ist orthogonal zu den oftmals diskutierten Spielstilen des Stimmungsspiels, Abenteuerrollenspiels oder des eigentlich undefinierten Thematischen Rollenspiels. - ALLE diese nach ANDEREN KRITERIEN sortierten Spielstile kann man unterhalb des Stils Episches Rollenspiel wiederfinden.
Daher erlauben auch eine Vielzahl an Rollenspielsystemen episches Rollenspiel mit ihrem Regelsystem und ihrer Spielwelt zu betreiben (und für episches Rollenspiel gehören beide unbedingt zusammen, da das epische Rollenspiel IMMER die Spielwelt und den Charakter ZUSAMMEN in den Fokus rückt). Innere und äußere Entwicklung, Landschaft, Psyche, Fähigkeiten - alles greift ineinander, wenn man einen Epos erspielt.
Ein Rollenspiel, welches dieses Ineinandergreifen nicht erlaubt, ist nicht für episches Rollenspiel geeignet. - Wenn nur das Materielle im Fokus ist, und alles andere als minderwichtiger "Anstrich" vorgesehen ist, dann fehlt der weitaus größte NOTWENDIGE Teil für episches Rollenspiel.
Ein Beispiel für das in meinen Augen IDEALE epische Rollenspiel: HeroWars/HeroQuest. Hier wird NICHTS qualitativ separiert. ALLES ist GLEICHWICHTIG, wenn es für den Charakter bedeutend genug ist, daß er es auf dem Charakterbogen stehen hat. - Somit hat seine Kleidung, seine Liebe zu seinem Bruder, seine Lust bei Sturm und Regen nackt draußen herumzulaufen denselben qualitativen Stellenwert. Die Stärke des Einflusses auf den Gesamtcharakter kommt durch die Quantitäten, mit denen diese Eigenschaften bewertet sind. - Und ALLES hat solche Eigenschaften und solche Quantitäten. Ein Felsblock hat Schwer 19. Ein Kleid hat Teuer 17. usw. - Um nicht nur kleine Dinge in den Fokus zu rücken, sind die Charaktere so ausgestattet, daß sie sich nur mit den GROSSEN Dingen, die die Welt bewegen befassen müssen. Daher kommen die obigen, niedrigen Quantitäten in der Praxis kaum in Konflikten vor. - Und das ist der nächste Punkt: ALLES kann direkt oder indirekt in einem Konflikt beteiligt sein oder als Unterstützung oder Behinderung wirken. - Ein HW/HQ-Charakter SOLL mit maximalem Powergaming gespielt werden und aus ALLEM, was ihn betrifft in Konflikten das Maximum an Unterstützung herausholen. Tut er das, so spielt er MIT der Welt und IN der Welt, MIT seinen eigenen Stärken und Schwächen und VERKÖRPERT sie gleich mit. Und ALLES ist VERWUNDBAR. - Seine Liebe zu seinem Bruder kann Schaden nehmen und wieder heilen. Seine Bindung an den heimischen Boden kann ihn bei der Verteidigung seines Landes unterstützen, kann aber auch nur noch als gebrochener Schatten ihrer einstig strahlenden Beziehung zurückbleiben. - All das festigt einen Charakter IN DER SPIELWELT, die hier NICHT nur Tünche ist, sondern Freund, Alliierte, Feind, oder eigensinniger Neutraler - alles zugleich und ALLES MIT SPIELRELEVANTEN EFFEKTEN. - Und aufgrund dieser Einbettung in die Spielwelt und aufgrund der dadurch wachsenden Macht bekommt der Charakter erst das Potential für epische Taten. ER macht den UNTERSCHIED und ER drückt der Gesellschaft, dem Land, den Göttern, Geistern und der Welt seinen Stempel auf. - Diese Geschichten sind NICHT AUSTAUSCHBAR. Sie mögen im weitesten Sinne auf archetype Geschichtsmuster, wie sie die Menschen seit Urzeiten einander erzählen, abbildbar sein, aber die konkrete Geschichte ist SEINE Geschichte. Mit allem!
Bei HW/HQ gibt es Quantitäten, aber NICHT NUR für materielle Kompetenz-Booster, sondern für das ZEMENTIEREN von Beziehungen, für das Verschmelzen mit der Kultur, dem eigenen Volk, für das Annehmen seiner eigenen Schwächen. - Dies ist KEINE materialistische Sicht, des "Nur Bares ist Wahres"-"Epos"-Rollenspiels. Dies ist tatsächlich die Voraussetzung für episches Rollenspiel als Spielstil.
Und das geht mit AD&D auch bestens, weil AD&D das Einbetten in die Welt bereits eingebaut hat. Man kann das nutzen und episch spielen (damit meine ich NICHT die D&D 3.x Epic-Level!), oder man kann es lassen und einfach die Quantitäten, die Stärke der Monster hochschrauben und im Prinzip so weiterspielen, wie von Anfang an - und dabei Spaß haben! - Aber eben nicht nach epischem Rollenspielstil.
Und mit "Epos" geht das epische Rollenspielen nicht, weil "Epos" nur ein hohles Gestell mit angemalten, fadenscheinigen Zeltplanen darüber ist. - "Epos" LÄSST EINEN KALT. - Man kann sich nur durch Action aufputschen, was für ein Konsolen-Spiel-Rollenspiel vollauf ausreichend ist, aber für ein episches Rollenspiel so ziemlich das Ungenügendste überhaupt darstellt. - Es gibt nirgendwo einen qualitativen Übergang, wie es bei AD&D der Name-Level darstellte. Es ist IMMER DASSELBE nur mehr davon. Nächster Level, stärkere Monster oder mehr Monster oder mehr stärkere Monster. Nichts Neues.
Die Kernfrage für einen Charakter beim epischen Rollenspiel ist:
"Was bin ich bereit zu GEBEN, was zu OPFERN, für eine WELT, wie ICH sie haben will?"
Bei "Epos" fragt man sich nur "Was kriege ich dafür?". Und diese Krämerseelen bekommen das, was sie verdienen: eine dürftig hingeschluderte Welt ohne Seele, ohne Herz, und ohne Wärme, die sie als Spieler kalt läßt. Und das reicht ja auch vielen. Und wenn man wüßte, was man zu erwarten hat, dann läge ja auch kein Etikettenschwindel vor. - Wer jedoch episches Rollenspiel erwartet, der kann lange warten und wird nichts dergleichen bei "Epos" finden können.
Übrigens: Die obige Kernfrage beim epischen Rollenspiel ist auch die Kernfrage bei Unknown Armies - zumindest oberhalb des Street Levels. Da hat UA ziemlich viele Gemeinsamkeiten mit HW/HQ. - UA ist im Cosmic Level auf alle Fälle auf episches Rollenspiel ausgerichtet und unterstützt das auch. Das ist eine der - wie ich finde zu oft unterschätzten - Stärken von UA.
"Epos" hingegen kann Zelda. - Und das ist ja auch gut so. Nur eben NICHT EPISCH.
Nenn "Epos" anders, nenn es "Zelda - Das Rollenspiel" und alles ist gut.