AW: [Malmsturm] Vermischte Fragen
Zum einen: Danke für die Tipps. Ich muß das in der Praxis mal ausprobieren, was für mich und meine Spieler sinnvoll und plausibel genug rüberkommt.
Zum anderen: Das GMV-Argument ist leider ein Hinweis auf eine echte LÜCKE im Regelwerk, wo KEINE Lücke sein sollte!
Hier geht es um die EXISTENZ der Charaktere, deren Gesundheit, deren Einsatzfähigkeit. Nicht darum, wieviele Münzen ein Apfel in diesem oder jenem Dorf kosten mag.
Bei solchen existenziellen Themen wie Kampf, Verwundung, Folgen der Wunden oder sonstiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen bis hin zum Tod des Charakters MUSS ein Regelwerk mehr KONKRETES zu bieten haben, als "legt es Euch halt irgendwie selbst aus".
Muß man für plausible Zeiten zum Auskurieren von Verwundungen nun tatsächlich ein Buch über Wundheilung unter historisch-suboptimalen Bedingungen studieren, wenn man in Malmsturm nur mal wissen will, wie lange ein unbehandelter verwundeter Charakter braucht, bis er wieder fit ist? - Das wäre ja sogar MEHR Aufwand und ausgesprochen "unspielerischer" Aufwand als in dicken Crunchmonster-Regelwerken!
Ich habe den Eindruck, daß ich hier mit dem - wirklich nur als Probe zur Charaktererschaffung gedachten - Charakterkonzept des Heilers mitten in einen SEHR UNDEFINIERTEN Bereich von Fate gelangt habe.
Meinem Eindruck nach ist ein Charakterkonzept eines Heilers sogar ziemlich SINNLOS und NICHT UMSETZBAR. - Zum einen sind die Folgen eines Kampfes entweder so cinematisch-unwesentlich, daß sie nach dem Kampf komplett verschwinden (einfach Theaterblut abwischen, neuen Kilt anziehen und der Charakter ist frisch wie zuvor). Zum anderen sind - geschuldet den von den Spielern beliebig weich und schwammig formulierbaren Konsequenzen - die länger wirksamen Konsequenzen zu SCHWAMMIG, als daß man sich als Spielleiter oder als Mit-SC auf irgendwas verlassen kann.
Beispiel: Ein SC bekommt im Kampf erst eine leichte Konsequenz (ein Tritt ins Knie, der ihn nicht mehr so leichtfüßig ausweichen läßt). Dann erhält er durch einen satten Treffer mit einer Axt eine mittlere Konsequenz. Der Spieler kann nun aussuchen, welcher Art diese Konsequenz genau ist. Er schafft ein FAKT in der Spielwelt und hat dazu als Richtschnur nur die Skala "leicht", "mittel", "schwer" bei den Konsequenzen. Was könnte also eine mittlere Konsequenz sein. Der Tritt ins Knie ist nach dem Kampf wieder verwunden und nicht mehr relevant. Die Mittlere Konsequenz sollte zumindest den Rest des Tages Bestand haben, aber nicht so heftig sein, daß es sich um eine echte Verwundung, die Wochen zum Auskurieren brauchen wird, handelt. - Der Spieler nimmt nun als Mittlere Konsequenz, daß der Axthieb seinem SC einen Schnitt im Brustmuskel des Schwertarms verpaßt hat, so daß er heute eher schlecht mit seiner Haupthand agieren können wird. Er hätte auch z.B. wählen können, daß der Axthieb ihn glücklicherweise knapp auf die Helmkante getroffen hat, so daß er "nur" eine leichte Gehirnerschütterung davon getragen hat, die ihn bei allen geistigen und allen Balance erfordernden Handlungen behindern wird. Beide Konsequenzen wären nur mittlere Konsequenzen, weil sie am nächsten Morgen, nach einer guten, geruhsamen Nacht des Schlafes wieder kuriert sind.
Doch HALT!
Der Spielleiter mit seinem Lehrbuch der medizinischen Frühgeschichte erhebt ein Veto! - Eine Gehirnerschütterung ist etwas, das nicht einfach so am nächsten Tag vorüber ist - vor allem nicht unbehandelt. Und es kommt oft zu Komplikationen. - Und ein angeschnittener Brustmuskel braucht Tage, ja sogar WOCHEN, bis der Charakter auch nur daran denken kann irgendwas mit seinem Arm zu machen.
Konflikt in der Gruppe: Der Spieler schätzt seine Schilderung der Mittleren Konsequenz als "minderkritisch" ein, während der Spielleiter die Schilderungen (die temporären Aspekte) als SCHWERE Konsequenzen ansieht. Daher sein Veto.
Ein Regelsystem hat in meinen Augen die Aufgabe solche Konflikte zwischen Spielleiter und Spieler gar nicht erst entstehen zu lassen. Kommen sie doch vor, so ist die Aufgabe, diese Konflikte KLAR und UNMISSVERSTÄNDLICH aufzulösen, ohne daß die Spielsitzung in eine Diskussion über übliche Heilungszeiten diverser Verwundungen ausartet.
Ja, ich weiß, die Gruppe wird das schon regeln.
FALSCH!
Wenn die Gruppe ein INTERESSE am Ausdiskutieren von medizinischen Phänomenen und deren Behandlungsdauer hätte, würde sie sich deswegen treffen. Sie treffen sich aber zum SPIELEN. Und das Spiel STEHT STILL, solange solche Diskussionen stattfinden!
Offengestanden habe ICH einfach KEINE Lust mich über medizinische Fälle und deren Behandlungsdauer bzw. Kritikalität zu informieren. Das ist eine Aufgabe, von der ich ERWARTE, daß sie in einem so abstrakt angelegten Regelsystem wie Fate VON DEN REGELN übernommen wird und mir solche "Studiengänge" erspart.
Es ist ja definitiv ein UNTERSCHIED, ob ein Spieler nun den angeschnittenen Muskel oder die Gehirnerschütterung als Konsequenz gewählt hat. Das Aktivieren dieser temporären Aspekte erfolgt in unterschiedlichen Situationen und führt zu unterschiedlichen Einschränkungen bei den Handlungen des SCs.
Aber wenn ich mit vier Spielern (plus dem Spielleiter) am Tisch sitze und sich JEDER für dieselbe Konsequenzen-Stufe beliebig andere konkrete Aspekte ausdenken soll, und diese dann aber alle noch in das dreistufige Schema, leicht-mittel-schwer, passen sollen, dann sehe ich LANGEN Diskussionen entgegen.
Ich hätte eher beispielhafte LISTEN mit Konsequenzenvorschlägen für jede der drei Kategorien zumindest für Kampfeinwirkungen erwartet. - Im aktuellen Regeltext wird man als SL ziemlich im Regen stehen gelassen. MIR ist nach dem Lesen des Kampfsystems und der Konsequenzenbeseitigung NICHT klar, wie ich die dreistufigen Kampfkonsequenzen handhaben soll und WAS GENAU hier passende Konsequenzen wären. (Das ist übrigens bei anderen Konflikten auch der Fall, aber Kampf ist ja nun einmal DER existenzbedrohendste Konflikt für einen SC, was ja auch der Grund ist, warum die meisten Regelsysteme eben so viel Raum für ein Kampfsystem einräumen. Hier ist einfach MEHR KLARHEIT notwendig.)
Da bis auf schwere Konsequenzen alle "wie von selbst" verschwinden, sind natürlich Heiler-Charaktere oder Heilungs-Magier ÜBERFLÜSSIG. - Die Magie ist eh mit mehr Nachteilen für den Magier als an Nutzen für die Gruppe herausspringt etwas arg "belastend" konzipiert (wie man am Thread im Tanelorn sehen kann). - Aber die mundane Heilung EXISTIERT NICHT in Settings nach Malmsturm-Regelwerk!
So sieht es aus.
Denn wäre es anders, dann gäbe es ja auch eine Heilen-Fertigkeit samt Gaben und Talenten in der Fertigkeitsliste!
Und das liegt daran, daß Leichte und Mittlere Konsequenzen einfach so verschwinden. Die haben KEINE wirklich spürbare Kritikalität und Langzeitwirkung. - Das bedeutet auch, daß man hier wirklich nur das "Blaue Auge" oder den "leicht verdrehten Fuß" schildern kann, weil so gut wie alle anderen Konsequenzen, wie der wirklich "verknackste Fuß" oder die "gebrochene Nase" WOCHEN dauern, bis sie wieder auskuriert sind. Damit sind alle anderen Konsequenzen SCHWERE Konsequenzen.
Und bei denen müßte eigentlich ein HEILER schon vom Regelwerk vorgesehen sein!
Ich vergleiche Fate gerne mit einem anderen, überhaupt NICHT simulierenden Regelwerk: HeroQuest 2.0.
Dort ist die Konsequenzen-Festlegung auch frei (mit ähnlichen Problemen wie bei Fate). Aber es sind KLARE HEILUNGSREGELN für alle Ebenen an Konsequenzen angegeben. Und zwar nicht (nur) die "hohe Selbstheilung" wie bei Leichten und Mittleren Konsequenzen in Fate, sondern eben die Möglichkeit auf JEDER Stufe (der dort fünf möglichen Konsequenzenhärten) durch ANDERE Charaktere geheilt zu werden.
Das ist es, was das Charakter-Konzept eines HEILERS sinnvoll macht. - Eines körperlichen Heilers bei Wunden oder Krankheiten, eines psychischen Heilers bei seelischen Traumata, eines sozialen Heilers (Mediators) bei gesellschaftlichen "Schädigungen", usw.
Und dieses Konzept scheint zumindest bei Fate nicht vorgesehen zu sein. - Denn sonst würden ja nicht solche "Workarounds" wie die oben beschriebenen notwendig sein.
Wieder etwas, was ich nicht nachvollziehen kann. Denn Heiler sind in MEINEN Fantasywelten gängigste Charakterkonzepte, die ein Fantasy-Regelwerk auch klar unterstützen sollte. Einen Workaround, um etwas NICHT-Exotisches wie einen einfachen Heiler zu spielen, sollte es nicht benötigen.
Habe ich da etwas grundsätzlich falsch verstanden?
Oder muß ich einfach die Regeln zuklappen und nur noch nach GMV und Onkel Plausi entscheiden?
Denn der GMV-Verweis ist nichts anderes als die Aussage: "Spiele NICHT nach den Regeln". Wozu dann überhaupt noch Regeln? Dann kann man auch gleich DRASTIC spielen.