AW: Lebenspunkte für Drachen usw.
D&D hat den großartigen "Endkampf gegen den Drachen" erfunden.
D&D hat auch das völlig UNTAKTISCHE "ich hau drauf, der Drache haut drauf, ich hau drauf"-Ringelreihn erfunden.
Kann man das in SW auch einigermaßen episch abbilden? Wenn ich das richtig sehe werden ja schrecklich große Kreaturen nur über schrecklich viel Toughness abgebildet - also, vier *richtig* gute Treffer (oder 3 Bolts mit raise - ja ich bin giftig
) und der Drache ist auch dahin.
Nein, nicht nur über Toughness, denn "schrecklich große Kreaturen" können ja auch EXTRAS sein. Bei denen ist nach dem ersten Treffer, der durchkommt, halt schon Schluß, weil sie nicht wichtig genug für einen Wild Card Status waren.
Schrecklich groß bedeutet auch IMMER einen BONUS zum Treffen! - Large gibt +2 und Huge (Drache) gibt +4 zum Treffen. Das ist ein "geschenkter" Called Shot to the Vitals (für +4 Schaden).
Relevante Monster-Eigenschaften sind hier Armor (Bonus auf die Toughness, kann aber von Armor Piercing Weapons umgangen werden), Size (gibt Bonus auf die Toughness), Huge/Large (s.o.), Hardy (schützt davor bei einem zweiten Shaken-Resultat gleich eine Wunde zu bekommen). - Ein Drache in SW hat alle vier: Armor +4, Size +8, Huge, Hardy.
Zugegebenermaßen setzt das die Gefährlichkeit des Drachen richtig um, aber mir fehlt der gute alte Dungeon Effekt wo man einfach durch die MENGE an kleinem Schaden den Drachen zu Boden ringt. Kann man das irgendwie sinnvoll umsetzen?
Nein. - Es WAR NIE SINNVOLL. - Der "Klassiker" bei D&D ist ja, daß man mit einem Obstmesser nur 200 mal je 1 HP Schaden verursachen muß, und der Drache ist (an Altersschwäche) gestorben. *gähn*
SPANNEND finde ICH das nicht. - Das ist eher langweiliges "Ich hau drauf. Daneben. Ich hau drauf. Getroffen. 1 Punkt Schaden." - "Guter Angriff Sir Knight! Dann hat der Drache noch 178 Hitpoints. - Auf zu Kampfrunde 23..." Wie gesagt: *gähn*
Comedy Kampf der daraus besteht das der Gegner "shaken" wird, sich sammelt und in der nächsten Runde geht das Elend von neuem los will ich nach MÖGLICHKEIT vermeiden... Zumindest bei Großen Gegnern mit entsprechender Toughness.
Ich sehe hier weit weniger "Comedy" als genau das, was man auch in entsprechenden Filmen sieht: Der Gegner steckt was ein, taumelt, reißt sich zusammen, schaut finster und greift WIEDER an.
Nebenbei: Ein Drache (oder ein Rattler oder andere Gegner in der Preislage) SOLLEN nicht leicht zu packen sein. Kein Challenge Rating, welches einer Gruppe den Sieg geradezu "garantiert".
Einen Drachen (oder auch einen oder gar mehrere Riesen oder eine Hydra) anzugehen, das erfordert FITTE SPIELER und kompetente Charaktere. - Das Obstmesser kann zwar immer noch - möglicherweise! - einen Drachen töten, aber eben nicht so sicher wie bei D&D.
Taktik. - Das ist das "Geheimnis", wie man mit solchen Gegnern umgeht.
Drachen sind groß (+4 zum Treffen, also Called Shots, daß es kracht - gehen auch mit Bolt übrigens). Drachen sind Fearless, also kein Intimidation, sondern Taunt. Drachen haben nur eine mäßige Agility und mäßig Smarts - also Agility-Tricks (am besten von einem Acrobat) und Smarts-Tricks zum Parry-Senken und Shaken-Machen. Drachen sind Hardy, also nutzt ein zweiter Shaken nicht so viel. Daher Shaken machen (durch Tricks, Test of Will) und dann mit Ganging-Up und Wild Attack und Armor Piercing Weapons angreifen. Drachen sind Level Headed - das ist wirklich gefährlich, weil sie so oft VOR den SCs agieren können. Daher On-Hold gehen und die Aktion des Drachen IMMER unterbrechen (Drachen haben ja "nur" d8 Agility und Lower Trait Agility hilft hier auch noch!), so daß er nicht zum Einsatz seiner Area Effect Waffe Fiery Breath kommt (ignores armor!). Drachen können mit ihrem Schwanz Sweep ausführen, so daß man sich davor hüten sollte sich dort zu plazieren. Drachen haben mit Improved Frenzy zwei Nahkampfangriffe, so daß man sie möglichst VOR ihren Angriffen unterbrechen sollte. Mit Lower Trait Fighting kann man Drachen den Nahkampf und damit die Parry schwächen. Drachen haben zwar hohen Notice-Wert, aber ein Pfeil mit Obscure darauf mitten in die Schuppenpanzerung des Drachen geschossen und er hat -6 auf alles Sicht Erfordernde. Und so weiter...
Nebenbei: Drachen als Wild Cards haben natürlich auch Bennies! Auch für ihre Angriffe oder um den Agility-Wurf beim Unterbrechen zu wiederholen und eben DOCH ihren Flammenhauch auf die Gegner zu schleudern, bevor diese sich in Deckung begeben konnten!
Und wenn ich mich an Drachen in Romanen, Comics und Filmen erinnere, so war es stets SEHR SINNVOLL sich GUT auf einen solchen Kampf vorzubereiten (z.B. eine "Drachenlanze" zu schmieden - vermutlich mit Armor Piercing 4 um die Drachenschuppen durchschlagen zu können). - Und dann sollte man sich IMMER den für einen selbst vorteilhaften ORT für solch einen Kampf aussuchen. Drachen können fliegen. Wenn ein Drache mit Pace 24" heranrauscht (-2 aufs Treffen, weil er so schnell ist!) und einem dann von oben den Flammenhauch überbrät, dann weiß man, wie wertvoll eine räumlich engere Umgebung mit mehr Deckung gewesen wäre.
Die Kampfszenen, die dabei herauskommen, sind alles andere als "comedy"-Szenen (wenig kompetente Charaktere sterben bei untaktischem Vorgehen), sondern sind HIGHLIGHTS für harte, erfahrene Helden-Charaktere.
Hier wird mit ALLEN TRICKS gekämpft, um solch einen Gegner bezwingen zu können! Und das ist auch gut so. - Also ICH WILL, daß ein Kampf gegen einen Drachen für die Spieler ERINNERUNGSWERT hat.
Die D&D-Obstmesser-1-Schadenspunkt-Ödnis gebe ich mir und meinen Spieler nicht mehr. Das ist mir schlichtweg zu unspannend.
Aber: Savage Worlds ist eben NICHT D&D. Wenn in Eurer Gruppe weniger Spaß an trickreichen Taktiken und mehr das "scheibchenweise" Herunterkämpfen von Hitpoints geschätzt wird, dann ist sicherlich Savage Worlds (und auch andere Regelsysteme, die KEINE Hitpoints kennen) für Euch nicht das richtige Regelsystem.
Hausregel-Territorium:
Auch andere Gruppen haben das Problem mit High-Toughness Wild Card Gegnern schon gehabt und waren auch nicht gerade besonders mit Taktikern gesegnet. - Daher gab es Diskussionen und LÖSUNGSVORSCHLÄGE für solche Gruppen in Form von Hausregeln.
Statt einen Drachen als Wild Card mit 3 Wunden und Toughness 20 abzubilden, gesteht man ihm 4 oder 5 Wundenstufen zu, senkt die Toughness aber auf 16 (um 2 pro zusätzlicher Wundstufe). Das macht ihn immer noch zäh, aber nicht mehr ganz so. Und er bekommt leichter mal Wunden mit entsprechenden Wundenabzügen auf seine Aktionen.
Man könnte ihm auch das Hardy wegnehmen, was ICH aber als zu billig für einen DRACHEN empfände. Bei einem Riesen oder einer Hydra meinetwegen ohne Hardy, aber ein Drachen MUSS einfach besonders hart im Nehmen sein, finde ich. - Geschmackssache.
Wie übrigens auch die Spielwerte im SW-Regelwerk ja nicht DEN EINZIGEN MÖGLICHEN UND DENKBAREN Savage Worlds Drachen beschreiben, sondern einen "Serviervorschlag". Auf dieser Basis kann man sich seine eigenen stärkeren oder schwächeren Drachen basteln. - Mein Lieblingsdrache: hat Arcane Background (Magic), eine Handvoll Powers, Power Surge, Wizard Edge und jede Menge Powerpunkte zusätzlich zu den im GRW gelisteten Eigenschaften. - Und selbst den haben meine (dann inzwischen Legendary Rank SCs spielenden) Spieler kleingekriegt, NACHDEM sie sich durch eine Horde Frostriesen und an einer Hydra vorbeigekämpft haben!
Ein Grund, warum ich mit meiner seit Jahren laufenden Fantasy-Kampagne bei Savage Worlds so glücklich bin, ist, daß meine SPIELER so findig bei ihrem Vorgehen (längst nicht nur im Kampf, sondern noch mehr im politischen Umfeld) sind, daß ich WIRKLICH herausgefordert bin. - Die resultierenden Szenen sind (auch rückblickend auf Jahrzehnte D&D/AD&D/3E-Spiel) die BEEINDRUCKENDSTEN Kampfszenen, die ich je im Spiel erlebt habe. - Das ist MEINE Erfahrung gerade auch mit High-Toughness-Wild-Card-Gegnern, aber generell mit dem Kampfsystem bei Savage Worlds.
Wie taktisch findig schätzt Du denn Deine Spieler ein?
Nutzen sie jetzt schon alle Manöver, alle Möglichkeiten (wie den geeigneten Ort für einen Kampf zu bestimmen und den Gegner dort hinzulocken oder hinzumanövrieren)? - Falls ja, dann brauchst Du keine Hausregel zum Aufweichen der heftigen Gegner. Falls nein, dann laß die SPIELER ihre Taktikfähigkeit ÜBEN. An Gegnern, die nicht sogleich das Aus für die Gruppe bedeuten, die aber ZEIGEN und FÜHLEN LASSEN, wie sich eine überlegte Taktik auswirkt. Die meisten Spieler, die ich kenne, LERNEN das schnell und wenden es sogleich selbst an. - Nur einige wenige (meine überhaupt nicht repräsentative, jedoch tatsächlich gemachte Erfahrung: D&D D20 Spieler) kommen mit den taktischen Herausforderungen nicht klar. Für diese ist Savage Worlds als Regelsystem nichts.
Ist auch nicht schlimm. - Es gibt ja nicht nur Taktiker und Buttkicker und Powergamer bei den Spielertypen. Gerade als (selbsteingeschätzter) Taktiker und Buttkicker werde ICH bei Savage Worlds jedenfallls glücklich. Und meine (längst nicht nur Taktiker etc.) Spieler auch.