Jein. "SL gibt einen Handlungsfaden vor und beschreibt die Welt, in der die Geschichte abläuft, die Spieler interagieren mit der Welt wie auch mit den Vorgaben durch die Handlung" trifft es meiner Meinung nach eher (klingt jetzt wie Haarspalterei, aber nachdem die Goldwaage gerade in Betrieb ist, wähle ich die Worte mal mit Bedacht...
). Pi mal Daumen würde ich meinen Anteil als Erzähler an einem Spielabend auf etwa 1/4 schätzen (wobei es je nach Handlung durchaus mal mehr sein kann, gelegentlich auch deutlich weniger); das hat meines Erachtens nichts mit "SL labert" zu tun, sondern eben mit "SL beschreibt die Welt und reagiert auf die Aktionen der Spieler".
Es geht nier nicht um richtig und falsch. Du musst mir hier nichts beweisen. Selbst wenn du nur 5% der Spielsitzung gestalten würdest (was mMn viel mehr vom Detailgrad der Beschreibung und der Redelust der Spieler abhängt als vom Spielstil), würde das aber immer noch nichts in diese Richtung aussagen. Gerade dieses "gibt den Handlungsfaden vor", ist es ja, worüber ich rede:
Das KANN man so machen - aber der SL MUSS das nicht. Er kann auch einfach einen Ort und ein paar NSCs vorgeben. Und 50 Handlungsfäden, die mit den SCs garnichts zu tun haben. Je nach Persönlichkeit, werden die sich den ein oder anderen Faden herauspicken. Und dann wird auf Basis eines locker designten Planes losgespielt.
SO kann es eben auch gehen - und damit sind Aussagen wie "hin und wieder MUSS der SL einfach mal in die Spielwelt eingreifen um die Spieler zurück zur Geschichte zu bringen" eben nichts allgemein gültiges. Der SL MUSS sowas nicht.
Der SL KANN sowas, wenn ihm ein bestimmter Railroading-lastiger Spielstil vorschwebt.
Zu den Beispielen:
Gladiator:
Ne, tut mir leid, echt nicht. Ich mein, du hast natürlich recht - der Spieler erschafft sich einen mächtigen gesellschaftlich-geistigen Super-SC mit Mega-Ressourcen und verliert diese... und der Film wird gut. Aber deshalb das Rollenspiel unterhaltsam?
Nochmal:
Der Spieler erschafft sich möglicherweise einen mächtigen gesellschaftlich-geistigen Super-SC mit Mega-Ressourcen, einer riesigen Karriere, einer Frau - um eine strahlende Chronik in der Rolle des großen Militärführers zu spielen - und du lässt sein Haus zerstören, seine Frau ermorden, ihn in die Sklaverei verkaufen und schickst ihn in eine kampflastige Gladiatoren-Rache-Chronik?
Machst du sowas wirklich?
Hasst du deine Spieler?
Für die anderen Beispiele gilt das selbe:
So ein extrem konzeptbrechender Twist gehört ins Präludium.
Alles was in nem guten Film in der ersten halben Stunde passiert gehört ins Präludium. Das ist der Abschnitt der Handlung wo einfach alles passieren kann. Die Zeit, wo man sieht wie Peter Parker zu Spidy wird und sagt "Aha... ein Spiderman-Film also.".
Das was du tun willst - nämlich einen bereits definierten SC durch einen solche extremen Bruch zu einem interessanteren Konzept umzugestalten, ist was anderes:
Das ist wie "Oh, Schindlers Liste. Ein sehr guter bewegender Film. Die letzten 1,5 Stunden waren ergreifend. Schindler stellt jetzt gerade die Liste zusammen... Oh -WAS IST DAS? Eine radioaktiv verseuchte Spinne beißt Schindler und gibt ihm Superkräfte!
Boah Spielberg... geiler Twist, Mann!"
(Ich hoffe der Sarkasmus war erkennbar.)
Dir sollte bewusst sein, dass diese Einschnitte das gesamte Genre der Geschichte definieren. Und dieses Genre wird in der Regel zu Spielbeginn abgesprochen. Die SCs sind ein Teil dieser Absprache.
Wenn ich mit 8-jährigen DSA spiele, lasse ich den Helden auch nicht neben dem Misthaufen an Wundbrand krepieren - und genauso nehm ich nicht einfach mal so die Ressourcen weg, weil ichs grad stylisch finde, wenn dies eines der Hauptmerkmale des SCs ist.
Ob er es verlieren kann und wenn ja wodurch - ist von der Gruppe abhängig. Ich würde auch bei meiner Gruppe sagen "ja".
Aber er verlierts nicht, bloß weil gestern Glücksritter im Fernsehen lief und ich das jetzt für nen coolen Twist halte.