Ich hatte das oben ja nur geschrieben, weil ich nicht mehr in den Scheiß-Debugger gucken konnte und mal was ganz anderes brauchte. Beim Heimradeln habe ich mir ein paar Aspekte davon nochmal durch den Kopf gehen lassen.
Cifer schrieb:
Um die Ablass&Sünden-Idee noch ein wenig weiterzuführen, würde ich behaupten, dass "Sünde" sich jeweils auf die Aspekte der Dreifaltigkeit aufteilt, gegen die sie gerichtet ist...
[formatiert von Zornhau]
- andere Götter anbeten: Vater
- jemandem nicht helfen: Sohn
- sich gegen Vorbestimmung auflehnen*: Heiliger Geist
[/formatiert von Zornhau]
...
Die 'Magier' der einzelnen Aspekte können Sünde ihres Patrons erkennen und werden wahrscheinlich dann gegen denjenigen agieren. Reduzierung des Sündenkontos findet unterschiedlich statt:
- Der Sohn bevorzugt die Beichte
- der Vater den Ablass
- der heilige Geist eine dritte Form
Zum "Sündenfall":
Wir haben mit der Dreifaltigkeit und den diesen drei Gottesaspekten zugeordneten Werten ja schon einen Werteraum aufgespannt, in dem sich jeder wiederfinden kann. Wenn man mal den alten AD&D-Alignment-Graphen als Vorbild nimmt, so haben wir drei "Pole" und dazwischen das Gebiet des eher ausgewogenen, "normalen" Menschen. Die Extremisten tendieren zu dem einen oder anderen oder dritten Pol. Es kann keine Extremisten zweier Pole geben, da sich diese drei jeweils gegenseitig ausschließen.
So haben wir sogar noch eine vierte Richtung: die des Ausgleichs der Kräfte, die der Harmonie zwischen der göttlichen Vorbestimmung (Heiliger Geist), dem göttlichen Machtanspruch (Vater) und dem göttlichen Mitgefühl (Sohn). Ein nach dieser vierten (eventuell ja geheimen oder ketzerischen) Lehre lebender Mensch ist in sich ruhend, ausgeglichen und akzeptiert alle Schwankungen in die eine oder andere Richtung als zum Leben gehörend, kommend und wieder gehend. - In einem Fantasy-Mittelalter könnte man sogar dies als den Weg der Essener oder Katharer, die ja wegen ihrer Interpretation des Christentum in einem Kreuzzug in Südfrankreich ausgerottet wurden, darstellen. Oder als "den alten Glauben", das Heidnische schlechthin, Druidentum, Weise Frauen, etc. sind auf Ausgleich der Kräfte aus und werden somit von ALLEN Anhängern einer der drei Polaritäten gejagt.
Auf einem dreieckigen "Glaubensdiagramm" könnte man somit seine persönliche Position finden und - je nach Sünden-/Glaubens-Mechanismus darin die Bewegung des Einzelnen festhalten. Es kann darin ja bestimmte Schwellen (= Abstand vom Mittelpunkt des Ausgleichs) geben, die bestimmen, ob jemand von den Gottesaspekten für würdig genug gehalten wird, um etwas ihrer Schöpferkraft, ihrer Magie zu erhalten. Wer in der Mitte bleibt hat nur die sehr schwache, natürliche Magie der Menschen oder der Natur zur Verfügung, die von der göttlichen Kraft (egal welcher Richtung) gnadenlos übergebügelt wird - so man ihrerer habhaft wird.
Die Sünden jeder Richtung sollten am besten in einem (bloß nicht zu langen) Katalog mit entsprechender Bewegung auf dem Glaubensdiagramm eingetragen werden. Z.B. Hilfsbedürftigen von der Türschwelle verwiesen => 1 Feld (welcher Einheit auch immer) weg vom Pol für den Sohn, eine Frau nicht vor einem fallenden Dachziegel gewarnt, obwohl man es rechtzeitig bemerkt hatte (egal ob sie verletzt wurde oder nicht) => 1 Feld in Richtung auf den Heiligen Geist, seinen Stallburschen für ein kleines Ungehorsam blutig gepeitscht => 1 Feld in Richtung auf den Vater. - Für heftigere Verhaltensweisen, die in die Richtung der jeweiligen Pole (das nennt man dann "frommes" Verhalten) weisen oder in die Gegenrichtung (das nennt man dann "sündiges" Verhalten) gibt es dann auch schon mal stärkere Bewegungen.
Das mit dem Glaubensdiagramm ist ja nur eine Visualisierung von Werten, die man auch als beliebige Charakteristik-Werte (Prozent, 3-18, 1-20, xWy, was auch immer) notieren kann. Ich fand nur aus dem alten AD&D die optische Sicht auf die aktuelle "ethische" Lage meiner Charaktere interessant und hilfreich. Vor allem kann man so eventuell auch aktiv gegensteuern, wenn einem bewußt wird, wie sehr man in einer Richtung bereits extrem geworden ist.
Andererseits könnte hier auch der Spielleiter diesen Graphen GEHEIM führen und ehe man sichs versieht spricht ein kalter Engel des Herrn (der Vater), ein abgerissener Bettler mit Aussatz und so einem komischen Funkeln in den Augen (der Sohn), oder eine Stimme aus einem brennenden Haus dessen in Brand geraten man durch bewußte Untätigkeit nicht verhindert hat, mit einem und gewährt einem einen Blick in Machtgefilde, von denen man zuvor noch nie zu träumen wagte (oder vielleicht doch?).
Dieser erste Kontakt mit der Göttlichkeit entspricht so etwas wie dem Trigger bei UA. Er ist für jeden Magiebegabten (oder auch manchen Nichtmagiebegabten, weil sie z.B. zuviel Angst vor solchen übernatürlichen Dingen hatten und diesem göttlichen "Geschenk" den Rücken kehrten) ein kritischer Moment in der Lebensgeschichte des Charakters.
Die Mittler eines solchen Triggers könnten z.B. die Engel des Herrn sein (die eher alttestamentarisch-harten Engel) für den Vater-Aspekt. Für den Heiligen Geist könnte es aber auch das Quartett der vier Reiter der Apokalypse sein - vor allem jeweils einer, der mit der auslösenden Tat verbunden ist, die den Charakter über die "Aufmerksamkeitsschwelle" des Heiligen Geistes gebracht hat. Z.B. Brunnen vergiften - Tod, Kriegshetze betreiben - Krieg, Kornspeicher abbrennen lassen - Hunger, Pestkranke in die Stadt lassen - Pestilenz. Für den Sohn fällt mir nur kein guter "Bote" der Barmherzigkeit ein. Daher meine Idee mit den Ausgestoßenen, der Dirne mit dem guten Herzen, dem hilfbereiten Leprakranken, dem Waisenkind, das sein mageres Brot mit einem anderen teilt. Diese könnten den Charakter kontaktieren und in Visionen prüfen, ob er Diener des Gottes-Dritten-Teils werden darf. Wer würdig ist, dem schließen sich neue Dinge auf, die andere nie wahrnehmen werden.
Apropos UA: ich finde hier paßt noch etwas aus UA recht gut - die "Temperamente" Furcht, Wut, Tugend (ich kenne ja UA nur aus den deutschsprachigen Diskussionen hier um Forum).
Wut - das ist, wenn der zornige Vater-Gott strafend eingreift. Hier dominiert der Vater-Aspekt.
Tugend - das ist, wenn der mitfühlenden Sohn-Gott Barmherzigkeit übt. Hier dominiert der Sohn-Aspekt.
Furcht - das ist, wenn die kalte, unverständliche Fremdartigkeit in nackte Angst umschlägt - die Furcht ist das Sich-entziehen des Heiligen Geistes, das Abstandnehmen von allem, aber auch die Feigheit, die Verantwortungslosigkeit ("Nach mir die Sintflut!")
Je mehr ich darüber nachdenke, desto eher könnte ich mir als System ein - eher frei als eng angelehnten - Unknown Armies goes Medi-Evil (die letztere Schreibweise erfolgte absichtsvoll!) vorstellen.
Cifer schrieb:
Womit gleich die nächste Frage kommt: Wie viele Magier gibt es? Ist jeder Dorfpfarrer einer oder wirklich nur Märtyrer-waiting-to-die?
Allzu viele sollte es nicht geben. Die Mehrzahl der Menschen ist nicht so verrückt, nicht so fanatisch, nicht so "fromm", daß sie es zum Gewinn von Macht der Dreifaltigen Gottheit nutzen könnte. Aber wer einmal diese Macht gekostet hat, der bleibt in der Regel dabei, der kann nicht mehr davon lassen, der entfernt sich somit immer mehr von "normalen" Empfindungen - der verliert einen Teil seiner Menschlichkeit.
Zur Sünde noch eines: manche sensiblen Menschen könnten die Sündigkeit andere sehen, riechen oder sonst irgendwie wahrnehmen. Sündhaftigkeit sollte im Extremfall (also wenn man sich am weitesten von einem bestimmten Pol auf dem Glaubensdiagramm entfernt hat) in körperliche Entstellung und sichtbare Korruption des Charakters übergehen. - Die extreme Frömmigkeit könnte das übrigens auch: ein barmherziger Heiliger könnte von innen heraus strahlen (zumindest fühlen die Menschen das so, auch wenn nicht wirklich eine Neon-Aura um den Charakter besteht), die Tiere kommen zu ihm, weil sie ihm vertrauen. Ein Diener des Himmlischen Vaters strahlt puren, kristallklaren Willen aus, niemand kann ihm nicht gehorchen, er ist leicht zornig und vergibt nie. Ein Diener des Heiligen Geistes ist ein Feigling, ein Drückeberger, jemand, der zwar vielleicht etwas sagt, aber nie - offensichtlich - etwas wirklich unternimmt um zu helfen (und weniger offensichtlich sabotiert er die ganze Zeit), wer ihn ansieht, dem stellen sich die Nackenhaare auf, man kehrt ihm nur mit ungutem Gefühl den Rücken zu (zurecht!), er macht den Leuten Angst, als ob er genau wüßte, wann die Zeit eines jeden ablaufen wird (vielleicht ja weil er ihm schon das Trinkwasser vergiftet hat um mehr Schicksalsmacht des Heiligen Geistes zu sammeln?).
Dabei könnten z.B. alle drei Richtungen ähnliche Effekte in ihrer Magie an den Tag legen, nur die Randbedingungen sind anders:
Wiedererweckung:
Der Diener des Sohns erweckt das tote Kind einer Mutter wieder, aber er sagt ihr, daß sie sieben Jahre Zeit hat, ihr Leben für das eines anderen Menschen zu geben, sonst wird ihr Sohn am letzten Tage des Siebten Jahres tot umfallen.
Der Diener des Vaters erweckt den erschlagenen Heerführer wieder, und verlangt für dessen Leben den uneingeschränkten Oberbefehl über die Truppen der Südmark, wo er seinen Machtfeldzug fortzusetzen gedenkt. Erhält er diese Befehlsgewalt nicht, so wird der Wiedererweckte von einem Blitz aus heiterem Himmel erschlagen und der Diener des Vaters erhält die Chance die Truppen mit einer Flammenden Rede (tm) zur Vergeltung gegen die Schadenshexer der Südmark zu führen.
Der Diener des Heiligen Geistes erweckt den toten Heiler wieder, doch muß dieser für jeden, den er heilend in Zukunft behandelt, einen anderen, gesunden Menschen krank machen. Dazu ist der Wiedererweckte Überträger vielfacher Seuchen und Parasiten, ohne selbst daran zu sterben. Er lebt und alles in seiner Umgebung siecht dahin.
Das mal als weiterführende Ideen.