Löwenclub Kinder und Spiele

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Skar

Dr. Spiele
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Meine Herren, ich möchte heute gerne einmal zur Diskussion stellen, wie wichtig ihr Spiele für Kinder anseht.

Aussagen wie:

  • Kinder lernen in ihrer ersten Dekade fast ausschließlich spielerisch
und

  • Das Spiel auf einer Wippe ist wohl das erste Spiel, das soziales Verhalten erzwingt
veranschaulicht in meinen Augen schon mal sehr schön, dass Spielen wichtig für Kinder ist.

In Abgrenzung dazu (wenn es diese Abgrenzung überhaupt gibt), möchte ich an dieser Stelle aber weniger auf das freie Spielen, sondern auf Spiele (die Produkte und deren Nutzung) zu sprechen kommen.

Spiele verkörpern für mich durchaus die Freude am Denken, das Sich-Stellen von Herausforderungen als auch das Erleben und Messen der eigenen geistigen oder auch körperlichen Fähigkeiten. Spiele trainieren dabei taktische Weitsicht, Motorik, Konzentrationsfähigkeit, aber auch situativ den eigenen Platz in einem sozialen Gefüge aus Mit- und Gegenspielern zu finden.
Das Kind selber dürfte das Spiel allerdings eher unterbewusst als Unterhaltung oder als Lieferant für Spannung sehen. Also eher Spielen als Selbstzweck.

Ich stelle mir daher häufig die Frage ob Spiele wirklich ein fester Bestandteil der Persönlichkeitsbildung sind, oder ob sie in diesem Bezug vernachlässigbar - möglicherweise sogar schädlich sind.
Besonders deutlich wird das für mich vor allem in Bezug auf Computerspiele, bei denen ich besonders kritisch/zögerlich bin. Und das mache ich ausdrücklich nicht an einem Mangel an ausgezeichneten Edutainment-Titeln fest, sondern am Unterhaltungswert bzw. den auf das Kind wirkenden Unterhaltungstrieb/-bedürfnis.

Wie seht ihr das?
 
AW: Kinder und Spiele

Spiele können die Fantasie anregen, aber auch erdrücken. Besonders Gesellschaftsspiele kann man mit Kindern gut spielen, aber sie sollten immer die Gelegenheit haben selber zu Spielen wie sie wollen. Also ihre eigenen Spiele zu kreieren.
Gerade beim Erfinden eigener Spiele (und wenn es nur die Regeln für's Fangen auf dem Spielplatz sind) lernen Kinder selbständig sozial zu interagieren und nicht nur vorher definierten Regeln zu folgen. Ihnen wird nach und nach bewusst, warum es Regeln gibt. Man kann ohne Regeln spielen, solange alle friedlich zusammen spielen wollen, aber sobald einer auf Kosten der anderen mehr Spaß haben will, muss man sich über regeln einigen (oder drüber streiten :D).
Als Vorlage sind daher fertige Produkte sicherlich gut, aber ich würde Kinder immer dazu ermutigen sich einfach selber Spiele auszudenken! An dieser Stelle sind Computerspiele ehr kontraproduktiv, weil man die Regeln nicht ändern kann und sie meist auch nicht so klar erklärt werden. Außerdem gibt es kaum soziale Komponenten. Ich würde Computerspiele nicht verbieten, aber stark reglementieren (zeitlich).
 
AW: Kinder und Spiele

Och. Man muss auch Grenzen aufzeigen und wenn deine Kinder irgendwann 8h am Tag am PC sitzen um zu zoggen, wirst du auch einschränken und nicht nur Alternativen anbieten. Und zwar vollkommen zu recht!
 
AW: Kinder und Spiele

Ich denke mal meine Kinder werden nicht acht Stunden am PC hocken weil sie neben Schule, häuslichen Pflichten und anderen Hobbys gar keine Zeit dazu haben.
 
AW: Kinder und Spiele

Computerspiele sind ein Thema für sich - das kann gut gehen, kann aber auch schief gehen, grundsätzlich steht und fällt damit die Lebenskompetenz von Kindern aber nicht. Leider wird sich oft zu spät über solche Themen Gedanken gemacht. Wenn ein 12-jähriger keine Freunde hat und nur vor dem Computer sitzt ist es weniger so, dass er keine Freunde hat, weil er den ganzen Tag vor dem Computer sitzt, sondern er sitzt den ganzen Tag vor dem Computer, weil er keine Freunde hat und die hat er nicht, weil bei seiner "Sozialisierung" die letzten 10 Jahre vorher schon was verbockt wurde.
Meiner Kenntnis nach "switchen" Kinder ab einem gewissen Alter häufig einfach Fernsehen und PC und plötzlich fällt den Eltern auf, dass die lieben Kleinen gar nicht mehr stundenlang mitglotzen und fangen an sich Sorgen zu machen...

Eine der größten Fragestellung auch der der Erwachsenen-Pädagogik ist wie man Menschen zum Lernen motiviert. Und man kann sich bei allen "moralischen" Bedenken nicht drumrum mogeln, dass "Spaß" DER Motivator schlechthin ist. Ein ausgeprägtes Spaßbedürftnis ist dem Menschen in die Wiege gelegt und nur durch massive Konditionierung nach dem Motto "Erwachsene haben wichtigers zu tun als Spaß zu haben" kann dieses eingrenzen. Psychisch gesund ist das aber nicht.

Lernen erfolgt am besten durch Simulation. Kombiniere Simulation und Spaß und Du hast ein Spiel. Von daher sind Spiele sowohl für Kinder ALS AUCH Erwachsene die beste Methode zu Lernen. Es gibt heutzutage auch Strömungen, zum Beispiel in der Personalentwicklung, die versuchen Spiele als Methode zum Change Management, zur Mitarbeitermotivation, Teambuilding und Fortbildung zu integrieren, da es nach Überwindung anerzogener Hemmschwellen einfach eine der effektivsten Methoden ist.

Ob ein spezifisches Spiel nun Sinn macht oder nicht ist natürlich eine spezielle Frage, ich persönliche sage aber immer, man lernt durch jedes Spiel in jedem Fall eine Lektion:

Es läuft nicht immer, wie man denkt und man muss auch mal eine Niederlage einstecken können.

Und das ist eine Lektion, die auch viele erwachsene Menschen dringend mal nachholen sollten...
 
AW: Kinder und Spiele

Eine der größten Fragestellung auch der der Erwachsenen-Pädagogik ist wie man Menschen zum Lernen motiviert. Und man kann sich bei allen "moralischen" Bedenken nicht drumrum mogeln, dass "Spaß" DER Motivator schlechthin ist. Ein ausgeprägtes Spaßbedürftnis ist dem Menschen in die Wiege gelegt und nur durch massive Konditionierung nach dem Motto "Erwachsene haben wichtigers zu tun als Spaß zu haben" kann dieses eingrenzen. Psychisch gesund ist das aber nicht.

Lernen erfolgt am besten durch Simulation. Kombiniere Simulation und Spaß und Du hast ein Spiel.
Das ist auch mein Wissensstand. Wobei ich zum Spaß als Motivator noch Neugier vorschalten möchte. Neugier sollte als Schlüssel für Eigenmotivation unterstützt werden und es gibt wohl auch Studien dazu, dass eine forcierte Neugier in das Erwachsenenalter hinein in einer erhöhten Erfolgswahrscheinlichkeit im Leben mündet.
Die Verknüpfung von Neugier als Eigenmotivator für letztendlich das Lernen mit Erfolg im Leben zu verknüpfen ist zwar meines Erachtens etwas wagemutig, aber zumindest theoretisch macht das Sinn. :)
Nicht zu bestreiten ist aber, dass Spiele durch das Einlassen auf Quasirealitäten oder bestimmte Rahmenbedingungen eine Veränderung erzeugen, die als Spannung wahrgenommen wird. Vom Spieltrieb zu Neugier ist es dann nicht mehr weit.
 
AW: Kinder und Spiele

Richtig, wobei allerdings Neugier eine Ableitung von Offenheit ist, und diese ist bei Menschen sehr untersciedlich ausgeprägt. Es gibt eben auch (viele) Menschen, die sind eher neuängstlich. Neugier kann ein großer Motivator sein, aber während das Bedürftnis nach Spaß eine globale menschliche Eigenschaft ist, ist Neugier ein spezifisches persönliches Charaktermerkmal ist. Weitere persönliche Motivationen sind schön am Reiss-Modell aufgezeigt.
 
AW: Kinder und Spiele

Danke!
Das verführt mich zu einem kleinen Exkurs:

Der Reiss-Ansatz war mir vollkommen unbekannt. Hast du das gelernt/studiert? Ich muss da ja autodidaktisch ran und dan bleibt halt schneller mal was auf der Strecke.

Kann ich die Reiss-Bedürfnisse als intrinsiche Bedürfnisse ansehen? Ich hatte nämlich immer Probleme diese von anderen abzugrenzen und für die (theoretische) Spielentwicklung würde mir das sehr helfen, wenn ich die intrinsichen Bedürfnisse kennen würde. Gibt es vielleicht sogar eine hierarchische Ordnung der intrinsischen Bedüfnisse? Oder sind die nach Maslow individuell zu deuten?
 
AW: Kinder und Spiele

Och, das sind so Dinge die ich "im Vorübergehen" mal mitgenommen und autodidakt erweitert habe, bzw. aus Interesse recherchiert. Ich hatte in den meisten Unternehmen in denen ich gearbeitet habe auch eine guten Draht zu Personaentwicklung und Coaches, da kriegt man sowas immer wieder mal mit.

Reiss geht im Gegensatz von Maslow nicht von hierarchischen Bedürfnissen aus, sondern hat versucht gleichwertige Motivatoren zu identifizieren, die durchaus auch kombinierbar sind. Dennoch ging es ihm um intrinsiche Motivatoren. Wobei die Unterscheidung von extrinsichen Motivatoren und intrinsischen diskutierbar ist. Es giubt auch Meinungen, dass die sog. "extrinsischen" Motivatoren lediglich Faktoren sind, die die Reiss'schen intrinsichen Motivatoren aktivieren. Peer-Pressure spricht z.b. die Motivatoren Anerkennung, Beziehungen und Emotionale Ruhe an.
 
AW: Kinder und Spiele

An dieser Stelle sind Computerspiele ehr kontraproduktiv, weil man die Regeln nicht ändern kann und sie meist auch nicht so klar erklärt werden. Außerdem gibt es kaum soziale Komponenten. Ich würde Computerspiele nicht verbieten, aber stark reglementieren (zeitlich).
Das stimmt. Und Onlinespiele im Edutainmentbereich, wo man mit anderen Spielteilnehmern in Berührung kommt, gibt es auch nachvollziehbaren Gründen (Interaktionsträgheit) für Kleinkinder imho auch nicht.

Der Lerneffekt ist allerdings hier viel direkter, nämlich das unmittelbare Lernen des Umgamgs mit Computern.
 
AW: Kinder und Spiele

Stimmt.
Deshalb ist verbieten auch eine schlechte Lösung. Aber ich würde einfach jeden Tag ein Zeitkontingent festlegen, dass für TV und PC zusammen genutzt werden darf. Außerdem ist das runterfahren solch eines Kontingents deutlich besser als Hausarrest oder - Gott bewahre - Schläge. Meine Eltern haben mir einfach TV-Verbot aufgebrummt, wenn ich Scheiße gebaut habe, was sich als ziemlich wirksam herausgestellt hat.
 
AW: Kinder und Spiele

Ein Kontingent fände ich akzeptabel. Da kann sich das Kind wenigstens drauf einrichten und damit arbeiten.
 
AW: Kinder und Spiele

Wenn das Kind größer wird, kann man das ganze von Tages- auf Wochenkontingent ausweiten; dann lernt das Kind auch selbständig mit knappen Gütern umzugehen. Genauso wie ich Tagschengeld zunächst wochen- und später monatsweise ausgeben würde. Man muss Eigenverantwortung langsam fördern und fordern.
 
AW: Kinder und Spiele

Gerade, wenn man den Aspekt des Wettbewerbs und der Herausforderung anspricht, ist es schon fast sträflich Sport zu vernachlässigen.
Im Gegensatz zu Spielen, wie sie bisher in diesem Thread verstanden wurden, bietet Sport eine Möglichkeit Körperlichkeit zu erfahren UND im Rahmen der Regeln des Sports kreative und neuartige Wettbewerbsstrategien zu entwickeln.

Grüße
Hasran
 
AW: Kinder und Spiele

Gerade, wenn man den Aspekt des Wettbewerbs und der Herausforderung anspricht, ist es schon fast sträflich Sport zu vernachlässigen.
Im Gegensatz zu Spielen, wie sie bisher in diesem Thread verstanden wurden, bietet Sport eine Möglichkeit Körperlichkeit zu erfahren UND im Rahmen der Regeln des Sports kreative und neuartige Wettbewerbsstrategien zu entwickeln.
Auf jeden Fall. Sport ist ja auch gar nicht weit vom Spiel entfernt. Es ist nur halt noch leistungsorientierter.

Helmut Pfleger (bekannter deutscher Schachspieler) soll ja mal gesagt haben: Sport ist, wenn man hinterher duscht. :)

Trotzdem wird Schach zum Sport gezählt. Ich schätze, dass der Wettbewerb, die Leistungsorientierung und sowas wie Ligen und Ranglisten, aber auch eine gewisse Ersnthaftigkeit zu dieser Einordnung beigetragen haben.

Reines Spiel wird dagegen immer noch viel belächelt.

Die Nähe von Sport und Spiel findet sich ja auch in vielen Worten rund um den Sport wieder. Fußballspiel sei hier mal als ein prominentes Beispiel genannt.
Im Englischen scheint das noch besser abgegrenzt zu sein (play/game/match), aber da müsste vielleicht ein native speaker was zu sagen.
 
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