[Juni 2006] - Grabesstille

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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2. März 2004
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Es gab Menschen von denen hieß es, sie hätten 'zuviel gesehen'. Manche von ihnen saßen deshalb teilnahmslos in irgendeiner Ecke, die Augen glasig, und quittierten ihre Umwelt nur gelegentlich mit einem Nicken. Andere redeten nur davon wie verzweifelt und grau alles war, wie sinnlos und leer.
Es gab aber auch Orte die zuviel gesehen hatte. Auch Mauern konnten sich vollsaugen mit Angst und Verzweiflung, mit hoffnungslosigkeit und Leid.
Lurker ging entsprechend vorsichtig über die verbrannte Erde, als er den Ruinen der Nervenheilanstalt einen Besuch abstattete. Er war nur ein einziges mal hier gewesen als dieses in Stein gehauene Monument des Irrsinns noch gestanden hatte. Trotzdem erinnerte er sich wie es ausgesehen hatte.

Eigentlich war er es gewohnt das Andere IHN unheimlich fanden, aber hier, alleine zwischen den angekohlten Steinen, die ganz leise Jahrzehnte des Stöhnen und Wehklagens aus dem Innerem der Anstalt in die Nacht azuzudünsten schienen, war er es der kalte Schauern spürte. Entsetzen lag wie ein Film in der Luft, er konnte es ganz hinten auf seiner Zunge schmecken. Schon zwei oder drei mal war er zusammengefahren wenn er sich plötzlich einbildete ein Seufzen gehört zu haben. Seine Nerven waren zum zerreißen gespannt.
Überall roch es noch nach Feuer und nach schlimmerem. Die wenigen Wände waren mit einer seltsamen Schicht bedeckt und obwohl er es nicht genau wußte hatte er dennoch eine Ahnung was dieser Gestank sein mochte.
Menschliches Fett, das dort hineingebrannt war.
Da, schon wieder, er dachte Schritte zu hören, schnelle, tappelnde Schritte die sich rasch entfernten, irgendwo hinter ihm.

Alles nur die Nerven Alter Junge...reiß dich zusammen, du bist das einzige Monster hier.

Eigentlich trieb ihn alles nur von hier fort, doch er spürte die Last einer Pflicht. Ein Besuch war abzuhalten, so etwas wie ein Alter Freund hatte hier seinen Tod gefunden und er mußte dieser Stätte anstelle eines richtigen Grabes seine Aufwartung machen.
So schlich er leise und ungesehen von Raum zu Raum, berührte hier einen verschmolzenen Klumpen Metall der einmal ein Tisch gewesen sein mußte und strich dort über verbranntes, blasiges Leder wo eine Couch gestanden haben mochte.

Der alte Chezmoi hätte sicher amüsiert drein geschaut und ihn gefragt warum der Nosferatu meinte ihm die letzte Ehre erweisen zu müssen. Lurker verharrte und setzte sich in etwas das einmal ein Sessel gewesen sein mochte, zog die Beine hinauf und umschlang seine Knie. Er hätte jetzt tatsächlich gerne mit dem altem Mondkind gesprochen. Obwohl seine Ansichten naiv zu nennen waren hatte sich der Nosferatu im geheimen immer gewünscht das der Andere recht hatte. Er hatte auf die harte Tour gelernt das dem nicht so sein konnte, aber scheinbar brauchten sogar Untote Monster Hoffnung.
Nun war diese Hoffnung verbrannt und hatte sich in die Tonnen von Asche vermischt die in dieser Ruine alles Leben ersetzt hatte.

Asche statt Hoffnung.... wie so oft.

Was sollte er tun ? Er konnte nur weiter machen. Der Malkavianer Ahn hatte es hinter sich. Für alle anderen ging die Nacht weiter, ihre Endlosigkeit war ihr Fluch.
Der Nosferatu blickte zu den Sternen hinauf und lauschte, doch es war nur der Wind zu hören der durch die toten Steine pfiff. Kein Vogel sang, keine Grille zirpte. Schließlich erhob er sich und setzte seinen Weg fort.

Machs gut alter Freund...
 
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