Gewalt im Rollenspiel

  1. Man muss sich halt auch fragen wieviele Opfer von Mord und Totschlag sich so einen Content in einem CRPG oder RPG ueber sich ergehen lassen muessen?
  2. Und wieviele Opfer von sexueller Gewalt sich so einen Content in einem CRPG oder RPG ueber sich ergehen lassen muessen?

Ich koennte mir vorstellen das die 2-te Gruppe irgendwie groesser ist (selbst wenn man Angehoerige und Freunde mitrechnet)
 
Nee mir ging es eigentlich um dieses völlige Verneinen der moralischen Dimension von Medienerzeugnissen.

Achso. Dann habe ich mich wohl nicht klar genug ausgedrückt, mea culpa.

Ich wollte nicht verneinen, dass es eine moralische Dimension gibt. Ich wollte verdeutlichen, dass man die nicht bei jedem Kuhmist suchen, ans Tageslicht zerren und sich unverhältnismäßig daran reiben muss. Und dass sowas vor allem dann albern ist, wenn es besseres zu kritisieren gibt. Als konkretes Beispiel war hier das RDR Achievement mein Auslöser. In diesem Spiel wird ziemlich offen und deutlich mit Gewalt umgegangen. Das Spiel, die Geschichte, das Setting...alles basiert darauf. Mir wollte und will nach wie vor nicht einleuchten, wieso man ausgerechnet jetzt das eine popelige Achievement und die dazugehörige Mission aus dem ganzen moralischen Dilemma dieses Spiels herausziehen, als daneben bewerten und dadurch auf einen Podest stellen will, wenn gerade diese Sache eine Persiflage auf sinnlose Gewalt und das "Damsel in Distress"-Klischee darstellt und die moralische Dimension damit auf die Schippe nimmt. (Zumal die von mir erwähnte Bison-Ausrottungs-Achievement-Geschichte einen viel interessanteren Aspekt liefert, über Ethik und Endgültigkeit zu diskutieren. Ebenso wie die Tatsache, dass ein bloßes Überziehen eines Tuchs vor den Mund einem im Spiel effektiv immun gegen die im Spiel implementierte Konsequenz eines unmoralischen Verhaltens macht. Habe ich genau aus dem Grund auch beides angesprochen.) Es handelt sich bei dem Schienen-Achievement in meinen Augen bereits um Satire. Was du in dem Moment für mich getan hast, war nichts anderes, als hättest du einen Bericht der Titanic für bare Münze genommen und dich darüber echauffiert. Und darauf habe ich dich ebenfalls aufmerksam machen wollen.

Es gibt eine moralische Dimension, ja. Es ist aber nicht Abstumpfung, die mich unter anderem dazu treibt, darauf hinzuweisen, dass es sich letztlich um Erste Welt Luxusprobleme handelt. Es ist meine ganz persönliche Selbsterkenntnis, dass man sich in solchen Luxusproblemen auch ziemlich aufreiben kann, wenn man sich nicht IMMER WIEDER vor Augen führt, wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion liegen. Ich weiß, dass wir uns dahingehend SEHR ähnlich sind, Rocky, deswegen habe ich es nicht als Flame und Trollerei gemeint, sondern wirklich in erster Linie als gut gemeinten Hinweis. Wenn man sich nämlich nicht immer die Grenzen vor Augen führt, dann fängt man irgendwann an, Disneyfilme und den Holocaust miteinander zu verknüpfen, um über drei Ecken in irgendeinem Forum deutlich zu machen, dass das nicht dasselbe ist. Was ja GANZ OFFENSICHTLICH schon mal deswegen NICHT dasselbe sein kann, weil das eine faktisch Fiktion und das andere faktisch Realität ist. Da spart man sich 'ne Menge Rumgesülze, wenn man stattdessen mal zwei reale Beispiele miteinander vergleicht, um einen Standpunkt klar zu machen, nicht zwei Beispiele, die per Definition schon in vollkommen anderen Dimensionen existieren. So kommt man in Diskussionen dann auch irgendwann mal voran und parkt nicht irgendwo abseits, sich wundernd, warum man nie ans Ziel kommt.
 
@ Kowalski:

Ich glaube, dass auch die Hinterbliebenen von getöteten Menschen nicht unbedingt scharf darauf sind, in einem Spiel mitansehen zu müssen, wie eine Pixelfigur auf genau die Art und Weise zu Tode kommt, wie der geliebte Mensch. Beispielsweise nehme ich an, dass den Angehörigen des jungen Mannes, der vor einiger Zeit hier in Berlin am Alexanderplatz zu Tode getreten wurde, die Lust gründlich vergangen sein dürfte, Spiele zu spielen, in denen man Unschuldige zu Tode treten kann.

Ja, ich nehme durchaus wie du an, dass der Schmerz des Geschädigten einer Vergewaltigung größer ist, als der Schmerz eines Verstorbenen. Das liegt in der Natur der Sache. Weiterhin nehme ich jedoch an, dass der Schmerz der Hinterbliebenen in sehr vielen Fällen größer sein wird, als der Schmerz von Menschen, die mit dem/der Geschädigten einer Vergewaltigung zumindest noch den geliebten Menschen nicht gänzlich verloren haben. (Ich bewerte das natürlich auch anhand meiner persönlichen, egoistischen Einstellung.) Ich blende die Menschen innerhalb beider Gruppen - die Angehörigen, Freunde etc. -, nicht aus, oder spreche ihnen die Legitimation ab, Schmerz empfinden zu dürfen, sondern beziehe sie zudem in meine persönliche Bewertung mit ein.

Ich hoffe, dass wir uns zumindest darauf einigen können, das Aufrechnerei hier letztlich fehl am Platze ist. Beide Gruppen kennen Geschädigte. Beide Gruppen haben ein Recht auf Schmerz und Trauer. Keine der beiden Gruppen hat es verdient, dass ihre Trauer de facto* als nichtiger eingestuft wird, als die Trauer der anderen Gruppe. Und deswegen lässt sich meiner Ansicht nach durchaus vortrefflich über die Notwendigkeit diskutieren, ob man den Hintergrund der Geschädigten beider Gruppen zum Thema eines Spieleabends oder Computerspiels machen sollte, oder eben nicht, statt das nur einseitig zu diskutieren.

(Meine zugegebenermaßen kühle und distanzierte Grundeinstellung zur Thematik ist, dass der Rest der Welt, so tragisch der Verlust der direkt Betroffenen auch ist, deswegen nicht (ewig) stehen bleiben, sondern sich weiterdrehen dürfen muss. Auch deshalb, weil es den direkt Betroffenen erleichtern kann, zurück ins Leben zu finden.)



*Zur Klarstellung: Ich will wirklich nicht sagen, dass "Vergewaltigungsopfer generell mal froh sein sollen, dass sie nicht auch tot sind". Ich habe hier erstmal nur von meinem persönlichen Empfinden diesbezüglich gesprochen. Und da bewerte ich für mich selbst, dass der Tod ein endgültigerer und daher beklagenswerterer Umstand ist, als die Vergewaltigung. Das soll jeder gerne auch anders herum sehen dürfen. (Aus meinem Blickwinkel heraus beunruhigt es mich, folgern zu können, dass es nicht betroffene Menschen gibt, die subjektiv der Ansicht sind, es wäre besser, Vergewaltigungsgeschädigte dann gnädigerweise hinterher gleich noch umzubringen. Bringt uns aber auch nicht weiter, das groß und breit zu diskutieren. Irgendwann wäre wohl auch bei mir der Punkt erreicht, wo "am Leben zu sein" kein wirklicher Vorteil mehr wäre, den es anzustreben gilt. Wenn diese Grenze bei anderen schneller erreicht ist, als bei mir, dann ist das so.)
 
Du hast in jedem Fall insofern Recht, als dass das eine Diskussion mit nem recht schlechten Kosten/Nutzen-Verhältnis ist.
Aber dennoch freue ich mich auch irgendwie, wenn mein moralisches Empfinden hin und wieder anschlägt und sowas wie den Railroad-gag als total flach und unnötig brutal markiert. Wobei das gerade in einem Spiel über Spaghetti-Western, in denen doch flach und unnötig brutal geradezu Genrekonventionen sind, schon wieder ein recht gelungener Metawitz ist.
 
Naja, brutal und flach ist eine Wertung, die zu tätigen ich auch niemandem absprechen wollte. Wenn das bei dir so ankam, entschuldige bitte noch einmal.
 
Ich empfehle anzuhören was Jimquisition (Rape vs. Murder) dazu sagt.

Hab mir den dann mal heute Morgen angeschaut und möchte dem streckenweise zustimmen. Allerdings finde ich explizit die Aussage, "Tötung wäre deshalb weniger dramatisch als Vergewaltigung, weil der zukünftig Geschädigte sich im ersten Fall immerhin wehren kann" unglücklich gewählt. Ich spiele gerade Last of Us und schleiche mich am laufenden Band an Typen ran, um sie hinterrücks mit Messern abzustechen. Diese Sorte Spiele, in denen das möglich ist, gibt es mittlerweile wirklich genug auf dem Markt. Es wirkt konstruiert auf mich, wenn man einem Pixelmenschen, an den man sich als erfahrener Attentäter von hinten anschleichen kann, Wehrhaftigkeit zugesteht, dem Ziel einer geplanten Vergewaltigung aber prinzipiell nicht. Der letzte Tomb Raider Teil bietet ein hervorragendes Gegenbeispiel.
 
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