AW: Eine Zensur findet nicht statt - ist das so?
Ist das nicht vielleicht gut so, dass es eine Instanz gibt, die entscheidet wenn und ob einige Medien einfach so abscheulich und menschenverachtend sind, dass man sie besser gar nicht kaufen, verkaufen oder besitzen darf?
Discuss!
Nein ist es nicht, es gibt keinen Grund für soetwas (von gewissen offensichtlich kriminellen Inhalten abgesehen, niemand will Snuff legalisieren^^) - man kann durchaus davon ausgehen, dass der intellektuelle Diskurs einer Gesellschaft mit solchen Dingen umgehen kann.
Davon ab trifft der Jugendschutz permanent erwachsene, ich meine ich bin inzwischen seit vielen Jahren volljährig und kann dennoch keine Spiele und Filme in Deutschland kaufen, weil ich mir nie sicher sein kann, dass ich den Film so bekomme, wie ihn sich der Regisseur (oder zumindest die Studiobosse^^) gedacht haben - die Angst vor der BPjS treibt immer wirrere Selbstzensur-Blüten, die Gründe für indizierung sind teilweise wirklich sehr weit von der Realität entfernt und die Prüfer, welche über solche Dinge erscheinen, neigen dazu, jedes Produkt im schlechtest möglichen Licht zu interpretieren.
Da werden aus intelligenten Filmen, die Gewalt enthalten, plötzlich Splatterfilme in der Zusammenfassung durch die BPjS, das Werbeverbot und den Zugang nur unter der Ladentheke sehe ich irgendwo ein, obwohl das halt auch wieder die Industrie zur Selbstzensur ermutigt, was auch nicht Ziel sein kann.
Ich meine, niemand will den ganzen FSK18 oder nicht freigegebenen Kram an Zwölfjährige verteilen (auch wenn es immer noch keine wissenschaftlich haltbaren Studien über die Schädlichkeit von gewalthaltigen Medien gibt), aber die jetzigen Mechanismen greifen eben auch für lange volljährige Menschen.
Wenn ich z.B. eine unzensierte Version von Half-Life 2, oder irgendeinem anderen Sourcebasierenden Spiel der letzten Zeit möchte, dann steht ein Trip nach Österreich oder die Schweiz, oder ein Besuch auf der britischen Amazonseite an (letzteres funktioniert auch nicht gerade immer) - und das ist irgendwo nicht einzusehen.
Ich bin einfach der Ansicht, dass die alten Damen und Herren von der BPjS nicht mehr oder weniger qualifiziert als ich sind, um zu entscheiden, was Menschen sehen dürfen, daher sollten die ihre Finger wirklich von sämtlichen Mechanismen lassen, die erwachsenen Menschen in ihr Kaufverhalten pfuschen.
Diese stiefmütterliche Behandlung der visuellen Medien ist gewiss auch zu keinem kleinen Teil dafür verantwortlich, dass die deutsche Filmindustrie vor sich hindümpelt und die deutschen Softwarefirmen nur äußerst selten etwas anderes als knuddelige Siedler-Sequels produzieren.
Wenn man daran denkt, dass die Leute von CryTek, den absoluten Superstars der letzten Jahre in der Spieleindustrie, von Politikern auf eine Stufe mit Pädophilen gestellt werden, weil man in ihren Spielen Waffen abfeuern kann, dann braucht man sich auch nicht wundern, wenn eine weitere Firma mit Millionenumsätzen ins Ausland abwandert, wo ihre Angstellten nicht unter Generalverdacht stehen, Snufffilme mit minderjährigen Protagonisten zu konsumieren.
Man sollte erwarten, dass sich das Volk der Dichter und Denker erwachsener mit den Medien auseinandersetzt.
PS: Ich habe aber
ein Lob an die deutschen Zensoren: Wenigstens konzentrieren sie sich in den letzten Jahren auf Gewaltinhalte. Wesentlich seltsamer finde ich z.B. die Kriterien in den USA, wo Gewalt in praktisch jedem Ausmaß für Teenies klargeht, fäkalsprache, suggestiver Humor und Drogen/Sex-Thematik aber sofort eine ab-18-Kennung nach sich zieht - ich muss sagen, wenn ich schon Angst um die Jugend hätte, dann würde ich mir mehr Sorgen um die Hektoliter Kunstblut als um einen einsamen Nippel machen.