Eine Nacht im Wald

SeelenBlut

Devil was an angel too
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26. Januar 2004
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"Ich bin dann weg", so rief er ein letztes Mal in die karge Hütte hinein. ein Blick auf seine Baby-G.: 23:45:59, leuchtete es aus seinem Display. Gedanklich geht er es noch einmal durch. Hatte er alles dabei? Fernglas? Fotokamera? Zettel? Stift?. Ja, das alles hatte er in seinem rucksack verstaut. So stapfte er fort von den Ferienhäusern, diese Blockhütten im kanadischen Stil. "Geradeaus, nach 500 Metern kommt eine Abzweigung, die nimmst du rechts, dann einfach wieder Geradeaus", so hatte es ihm der Förster erklärt. Dann käme er auf eine Anhöhe und er könnte die Sterne beobachten. Sternschnuppen! So war die Voraussage für heute Nacht. dazu war er hier mitten in einem Wald und Vollmond gab es auch noch. So, ja so stellte er sich den perfekten Urlaub vor. Sollten doch allesam bleiben wo der Pfeffer wächst. besonders sie! Grimmig stopfte er seine klammen Finger in seine Jacke. Er hatte sie so sehr geliebt. Und? Er erwischte sie mit diesem Schönling.

Das Piepen seiner Uhr rieß ihn aus seinen gedanken. 0.00 Uhr. Er atmete durch und blinzelte, Anhöhe? Nein, er war hier auf einer Lichtung. "Oh Mist" nuschelte er. RECHTS. Er war links abgebogen. Ein schmunzeln über seine eigene Zerstreutheit. Ein seuftzen und er regt sein gesicht dem Himmel endgegen. DA! Da war er der Vollmond. "Wie ein Teller Milchsuppe", tragen ihn seine Gedanken wieder fort und er kehrte erst von seinem gedanklichen Ausflug zurück als er das Rascheln im Unterholz hört. Er kneift die Augen zusammen, eine Geste um seine Augen an die Dunkelheit zu zwingen. Dort! Da war etwas! ein Schatten! Nein, eine Frau. Mit langen roten Haaren, Haare wie flüssige Bronze, weiche Locken, wie Daunen. "Hallo" er lächelte der Frau endgegen. "Wollcen sie sich auch die Sternschnuppen ansehen?" Keine Antwort. Seltsam. Diese Frau, so seltsam, mit Feuerhaar. Ein lächeln als sie ihn ansieht und er denkt noch bei sich, "Wo bekommt man denn so einen Mantel her?" So wie sie ihn trägt. Himmelblau, mit Sternen bestickt? Bestimmt gehört sie einem dieser Gewandungsclubs an. Doch noch immer lächelt die Frau, wie unter Hypnose staart er ihr endgegen. Hatte er geblinzelt? Doch auf einmal stand sie nackt vor ihm. Diese Frau mit Feuerhaar! Nun sah er sie! Haut wie abgeschöpfte Milch! Milchsuppe. wortlos und so unendlich lang sah er ihr endgegen, doch so lang kann es nicht gewesen sein. Denn nun stand sie bei ihm und umarmte ihn. Feuerhaar. Milchhaut. Körpereis. Wie Eis war ihre Haut.

Ja, manchmal verschwinden Menschen. Tausende jedes Jahr.

30.11.03 NVG
 
Warum sprach sie nicht? Nicht ein Wort, schon seit Stunden. Seitdem er hier war.
Hier... Wo war überhaupt hier? Er wusste es nicht. Aber war es nicht auch egal? Diese Frau war direkt seinen Träumen entstiegen. Allein sie zu bewundern war Balsam für seine Seele.
Seit Stunden... – Tagen? Wochen? Er hatte schon lange kein Zeitgefühl mehr – kniete sie dort. Auf dem Boden. Nein, Boden konnte man es eigentlich nicht nennen. Es war ein weicher Untergrund, wie Moos, aber von einer hellen, sonniggelben Farbe.
Sie hatte sich ihm zugewandt, blickte ihn an, als würde sie ein Gespräch mit ihm führen wollen, aber sie sprach nicht. Nur ihr Lippen bewegten sich. Lippen, so rot wie Erdbeeren. Er fragte sich wie sie schmecken würden, doch er wagte nicht einmal sich zu rühren oder zu sprechen. Vielleicht würde dieser Traum, wie eine Seifenblase zerplatzen, wenn er etwas unüberlegtes tat.

Sie rührte sich, sie sprach noch immer kein Wort. Konnte sie vielleicht gar nicht reden?
Ihre Hand berührte ihn an der Wange und ein Schauer kühlen Eises kroch seine Haut empor. Er konnte regelrecht fühlen, wie seine Wange unter ihrer Berührung gefror, das Blut in seinen Adern begann zu gerinnen. Er stiess überrascht den Atem aus, der sich in kleinen weissen Wölkchen ihrem Gesicht nährerte. Oder näherte sich ihr Gesicht seinem?
Sie beugte sich vor und küsste ihn. Sein Atem setzte für einen Moment aus. Er schloss die Augen und genoss ihre sanften, kühlen Lippen auf seinen, bis das Gefühl langsam nachliess. Er schlug die Augen wieder auf und blickte direkt in die ihrigen. Nein, sie hatte den Kuss nicht gelöst...seine Lippen hatten nur durch die Kälte die sie ausstrahlte jegliches Gefühl verloren.
Eine roten Locke löste sich aus der zusammengesteckten Frisur und fiel über ihre Stirn. Sanft kitzelte das Haar seine Stirn, seine Nasenspitze... und dann setzte das Brennen ein. Es war, als wäre ihr Haar flüssiges Feuer, das sich in seine Haut hinein brannte
Sie löste sich von ihm, sie lächelte, so der Welt entrückt.
Er stand da, mit eisiger Wange, blau gefrorenen Lippen und der versenkten Stirn. Kurz stieg ihm der Geruch verbrannten Fleisches in die Nase, aber es wurde schnell überdeckt von dem lieblichen Duft, den sie ihm entgegen zu hauchen schien.
„Wer bist du“, fragte er atemlos. Aber sie antwortete nicht. „Kannst du nicht sprechen? .. oder verstehst du meine Sprache nicht? Do you speak english?“
Sie lächelte und mit diesem Lächeln fegte sie jede seiner Fragen fort, fegte jeden Gedanken hinweg, der sich in seinem Kopf befand.

Manchmal muss man Fragen vergessen und nur seine Augen öffnen...


28.1.2004, AIM
 
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