AW: Ein Fan-Setting fürs deutsche Savage Worlds (erstes Brainstorming)
Folgendes Setting habe ich auf dem Schirm, parallel zu meiner Abschlussarbeit grade (deswegen nur kurz umrissen):
Alternate Reality
Spielercharaktere sind "Besondere" oder "Andere" Menschen in einem zeitgenössischen Szenario. Vorzugsweise mit Zugang zu Bildung, aber nicht zwangsweise. Die "Besonderen" oder "Anderen" Menschen unterscheiden sich nur in einer Hinsicht gravierend von "Normalsterblichen"; sie können eine segmentierte Parallelwelt betreten, die nur ihnen zugänglich ist. Der Wechsel geschieht tatsächlich, sind sie "dort", sind sie nicht mehr 'hier'.
Die "Besonderen" liegen in einem ständigem Wettstreit miteinander und existieren in einer regelrechten Jäger-Beutebeziehung; sie müssen sich nicht zwangsweise bekämpfen, aber die Dominanz über andere "Besondere" erweitert ihr Machtspektrum.
Die beiden Welten, 'unsere' und die Parallelwelt, beeinflussen sich gegenseitig. Was
dort geschieht, hat
hier impact und umgekehrt. Die Art der gegenseitigen Beeinflussung ist subtil bis direkt, alles gekoppelt an die metaphysische Nähe des Ereignisses zum jeweiligen Charakter. Subtil: Erfährt der Charakter in seinem "Splitter" in der Parallelwelt (später mehr) eine Störung (Dürre, Epedemie unter den Gefolgsleuten etc), so wird er in der 'Realität' krank oder ihm widerfahren andere Schicksalsschläge.
Direkt: Wird der Charakter hier oder da bspw umgeschossen, ist er tot, sein Splitter wird geschwächt.
Die Realität, 'unsere Welt', existiert nach den gängigen und leidlich langweiligen Gesetzen der Physik, die "Besonderen" agieren 'hier' den entsprechenden Umständen entsprechend - dabei jedoch ihr generelles Ziel der Dominanz/des Machtgewinns/ des Wissenszuwachses unablässig verfolgend. Ein Spielercharakter könnte zB ein Drogenbaron sein, der sein Kartell und seine Gewinne hauptsächlich nutzt, um sich 'hier' vor anderen "Besonderen" effektiv zu schützen und seine Feldzüge (solo oder in Gruppe, bzw mit Gefolge) in der Parallelwelt ungestört unternehmen zu können.
Die Paralellwelt ist aus "Splittern", "Schnittmengen" und "Zwischenräumen" aufgebaut. Ein "Splitter" ist mit etwas wie der manifestierten Gedankenwelt eines oder mehrerer "Besonderer" vergleichbar.
Der Trick ist, dass die Gesetze der Physik in der Parallelwelt sich durch die Gedanken und Willenskraft der "Besonderen" 'biegen' lassen. So ist
da drüben erstmal alles grundsätzlich so wie hier. Weil die Gedanken der "Besonderen" ihrer Sozialisation in dieser Welt entsprechen. Aber die "Besonderen" gibt es schon sehr lange - wo kommen sie eigentlich her, weiß man's? - und so wurden die "Splitter" schon tausendfach von den Gedanken einzelner "Besonderer" im Laufe der Geschichte geformt und verändert.
Es gibt "Splitter", die dem Altertum entsprechen, dem Früh- bis Hochmittelalter, und allen anderen Epochen bis hin zur Neuzeit - immer durchsetzt von Irrealitäten; Träumen, Fantasien und Albträumen der "Besonderen". Zu beachten ist, dass so eine zeitgeschichtliche Strömung einen "Splitter" nur beeinflusst, nicht beherrscht. So ist es denkbar und theoretisch möglich, dass ein "Besonderer" mit 'ner AK-47 in einem HdR- Szenario rumspaziert und reihenweise Noldo mit Feuerstößen umlegt, um einen Konkurrenten zu schwächen (dieses Beispiel gibt die diesbezüglichen Verwicklungen nur unzureichend wieder und soll veranschaulichen, was möglich wäre).
Jeder "Besondere" besitzt ein "Refugium", dass ist sein kleiner, privater Ausschnitt der Parallelwelt, eine Art Tasche im Raum, die von der Bedeutung her seinem Körper 'hier' gleichkommt. Normalerweise kann kein "Besonderer" das Refugium eines anderen Auffinden (bzw betreten, ohne ihn zu zerstören). Die "Refugien" entsprechen völlig den Vorstellungen eines "Besonderen". Sie sind - jedes für sich - in "Splitter gleicher Art" eingebettet.
So gruppieren sich in der Parallelwelt beispielsweise "lichtdurchflutete Waldlichtungen mit Quelle und Wasserfall und tanzenden Nymphen" - Refugien in den "viel schönes Grün und freundliche Fantasywesen"- Splitter.
Es sind auch Wüstensplitter, Indstriezonensplitter und all so Zeug denkbar.
Eingangs hätte ich mich vermutlich auf drei, vier Grundstimmungs(Splitter)szenarien beschränkt.
"Splitter" sind mit ähnlichen "Splittern" über "Schnittmengen" verbunden; geht man von der grünen, saftigen, lichtdurchfluteten Waldlichtung in den Wald selbst, wo es dunkler und düsterer wird, so betritt man die "Schnittmenge" zu den "Dunkelwaldsplittern" und danach, geht man weiter, jene selbst.
Die "Splitter" sind von den enstprechenden Manifestationen höheren und niederen Lebens bewohnt, die da einem geregelten Tagewerk nachgehen. Also einfache Bauern, komplexe Bauern, Waldkreaturen in low und high-Fantasy, flanierende Höflinge oder eine Gendarmerie in städtischem Umfeld, marschierende Heere in einer desolaten und von Schrott überzogenen Wüstenei, alles mögliche.
Der Trick ist jetzt, dass jeder Spielercharakter in Spielmechanik übersetzt einen oder mehrere Splitterhintergründe hat; in Realitas entspricht das seinen Vorlieben, seinem Wesen 'hier'. Splitterbewohner sind "Besonderen", die ihrem Splitter entsprechen, besonders gewogen bis hin zu freundschaftlich verbunden. Auch das Gegenteil in umgekehrtem Sinne selbstverständlich.
"Besondere" können die Realität der Parallelwelt durch Willenskraft beeinflussen. Entsprechend ihrer Erfahrung sind minimalste bis schwerwiegende Veränderungen denkbar. Den Köcher/ das Magazin auffüllen, eine Tür schaffen, wo vorher keine war, all so Zeug. Wildcards ohne entsprechende Fertigkeit können dies -unter Umständen- über entsprechende Spirit-Proben; es ist grundsätzlich möglich, wird aber über Schwierigkeiten reguliert und nur durch spezielle Edges zugänglich.
Hierbei ist wichtig, dass die Natur eines Splitters bestimmte Formen der Beeinflussung erschweren oder unmöglich machen kann, bzw die ihm eigenen Eigenschaften unter Umständen verstärkt. So ist die obige Situation mit dem AK-47 führenden Kollegen in einer Art Elbenwald sehr unwahrscheinlich. Obwohl er eine AK hat, wird es dennoch zu Ladehemmungen und Fehlzündungen am laufenden Meter kommen, wenn der Charakter nicht mit entsprechendem Impact auffährt; im Gegensatz dazu wird ihn seine Schutzweste vielleicht nicht so gut vor den Elbenpfeilen zu schützen vermögen, wie er es sonst bei Handfeuerwaffenprojektilen gewohnt ist.
Bewegen sich die Spieler in der Parallelwelt, so schaffen sie die Passage zwischen verschiedenen Splittern, bzw das Eindringen in Zwischenräume, durch ganz normale Fortbewegung (Laufen, Reiten, Fahren, Fliegen). Einen Übergang schaffen sie durch Spiritproben, bzw wenn sie die Natur des Zielsplitters im Spiel ansteuern.
(Beispiel: Die Gruppe will aus dem (Beispiel!) Fantasy-angehauchten "Trollkönigreich Schwarzwald ((c) Shadowrun)" [Wald- Dunkel- Fantasygesellschaft] heraus und die "Entropie-Schmiede der apokalyptischen Sternenwanderer" erreichen [Postapokalyptische- Technik- Händlergilde] erreichen. Sie kaufen im Trollkönigreich eine Kutsche und setzen sich in tiefer Nachtstunde in Bewegung. Sie bewegen sich, also ist die erste Vorraussetzung für den Übergang geschaffen. Als nächstes formen die Charaktere, die dem Wald-Dunkel-Fantasysetting verbunden sind, über Probenwürfe eine 'Flugfähigkeit' der Kutsche oder Flügel für die Reittiere und man steuert den Sternenhimmel an. Nun bedarf es Gesprächen über das Reiseziel, bzw Konzentration oder Herumspielen an entsprechenden Artefakten, damit sich bald die dunkle, scheibenförmige Silhouette der gewaltigen, schwebenden, staubenden und dampfenden Wolkenstadt der Gilde am nächtlichen Himmel abzeichnet.)
Die "Zwischenräume" sind Niemandsland zwischen den Splittern und Schnittmengen, grob gesagt wohnt da das Chaos oder Cthulhu oder sowas. Die Nähe eines Zwischenraumes erkennen Charaktere daran, dass ihre Fähigkeiten, die Parallelwelt zu formen (so sie diese Fähigkeiten haben) abnehmen. Die Zwischenräume liefern unregelmäßig Schrecknisse (Kreaturen) oder Störungen (Waldbrände uä). Gleichzeitig bergen sie ungeahntes Potential, da die rohe, schöpferische Kraft der Zwischenräume von den Spielercharakteren gebändigt und unterworfen werden kann. Über das "besiegen" von Zwischenräumen können sie den Machtbereich ihres Splitters erweitern, indem sie seine Fläche vergrößern sozusagen.
Anfangs können Charaktere/Wildcards die Parallelwelt nur betreten, wenn sie einen "Noden" bilden (ein "Noden" ist normalerweise die Spielergruppe am Tisch). Magier und Magierähnliche vermögen es vllt - anfangs sehr aufwendig - auch so, später erlauben bestimmte Edges den Übergang allen arten von Charakteren auch solo (so sie aus eigener Kraft wechseln wollen).
Im "hier" haben sich also sinnigerweise Kleingruppen und Geheimgesellschaften - durch gleichartige Denke oder gleiche Ziele verbunden - gebildet, um einen flüssigen Wechsel in die Parallelwelt realisieren zu können. Die Fünf-Uhr-Tee-Gesellschaft auf Schloss Witherbroke in New Hampshire oder der Skatabend der Polizeiwache 43 ist nicht das, was sie zu sein scheint.
Die größten und einflussreichsten Splitter sind also von Kartellen geschaffen, die in beiden Welten ungleich mächtig, aber dennoch angreifbar sind. Ein komplexes Intrigenspiel auf mehreren Ebenen ist möglich.
Es existieren ebenso Nischen für reine Erkundungsabenteuer, Spieler können gezielt Zwischenräume bezwingen und eigene Machtbereiche definieren, ausbauen, verteigen. Gegen selbstgewählte Nachbarn oder zufällige Eindringlinge aus der hiesigen Welt.
Die "Besonderen" haben noch eine Schwachstelle; sie sind - wie schon erwähnt - durch Ereignisse, die ausschließlich in der Parallellwelt stattfinden, evtl betroffen. Der Herzinfarkt des mächtigsten Zuhälters auf der Reeperbahn mag an seiner schlechten Ernährung und dem Beinaheunfall am Fußgängerüberweg liegen, wahrscheinlicher ist hier, dass sein Heimsplitter, der einer sinistren Alice-im-Wunderland-Welt entsprach, von einem Überraschungsangriff einer Entsprechung napoleonischer Streitkräfte verwüstet wurde (er hatte es sich mit dem Splitter klassizistischer "Code-Civil-Fanatiker" verscherzt).
Ich merke grade, dass die Beispiele vielleicht etwas zu abgedreht sind für den Anfang; im Prinzip geht es in diesem Abschnitt darum, zu betonen, das bestimmte Settingelemente, auch sehr konservative, gegeneinander antreten können.
Auch wichtig ist, dass die "Besonderen" sich in der hiesigen Welt auf ganz normalem Wege schaden können (Auftragsmord, Schläger, etc), als auch eben Ereignisse in der Parallellwelt initiieren können, die gezielt einzelnen "Besondere" der hiesigen Welt auch auf metaphysischem Wege Schwierigkeiten bereiten. Die genauen Mechaniken dazu habe ich noch nicht durchdacht, aber es soll bspw die Etablierung einer extremen Horrorrealität in der Parallelwelt in einem bestimmten Kontext dann zu Geistererscheinungen "hier" führen oder zu schwarzen Tentakeln, die aus dem Spiegel kommen und einen würgen. So Zeug.
Auch kann eine Abenteurer-Gruppe (Spieler), ein "Noden", durch bestimmte Mechaniken einen "Zwischenraum" in die Nähe eines "feindlichen" Splitters bewegen und ihn dadurch schwächen, auch können Splitter durch das Verschieben von Zwischenräumen regelrecht abgetrennt werden. Was feindlich ist, entscheiden die Spieler selbst oder es wird für sie entschieden.
Eingangs dachte ich an ein paar "Grundsplitter", die ich nach den Vorlieben und Aversien der Spieler entworfen hätte. Ich würde auch den Grundton des Settings an den Spielervorlieben orientieren. Ein Splitter soll genau das sein, ein Bruchstück einer ganzen, abgeschlossenen Welt, welche durch das Bespielen dann an Umfang gewinnt oder auch nicht.
Neue Splitter könnten durch ein Szenario-Erschaffungssystem (ähnlich dem von "Barbarians of the Aftermath" zB) zügig ausgewürfelt werden, sollte es die Spieler unplanmäßig irgendwohin verschlagen, ansonsten hat der Spielleiter eine handvoll angrenzender Splitter zur Hand.
Mit zunehmender Erfahrung soll dann für die Spieler, zumindest die "magierartigen", ein Splitterwechsel -ohne das Druchqueren von Schnittmengen- möglich sein (und eben auch der Solo-Wechsel).
Bevor ich jetzt die geneigte Leserschaft mit meinem Gedankenpotpourrie vollends überfordere, komme ich lieber vorläufig zum Ende.
Quellen für das obige Setting sind Romane wie
"Die Welt der tausend Ebenen" von Phillip Jose Farmer, natürlich das Planescape-Setting von AD&D und lauter andere Sachen, die mir grad nicht einfallen. Namensgebend ist
Alternate Reality, so'n uralt-Zock.
Mir ist btw völlig bewusst, dass ich dieses Setting jetzt hier in einem öffentlichen Rahmen zum Zerfleischen darbiete; da ich es selber grade erst entwerfe, ist mir das aber schnurzpiep. Da muss auf jeden Fall noch einiges passieren. Sind nur Impulse, darob passte es hier zum Brainstorming.
Ich hab btw überhaupt kein Problem damit, wenn Settings schon bestehenden Ideenkonstrukten ähneln; "Sundering Isles" is auch jeklaut... sowohl der
"Death-Gate-Cycle" (und da speziell die Welt Arianus) und die
Dragonhunters standen da wohl Pate...
edit: ergänzung