Diese ominöse "Story" im Rollenspiel. Wer macht sie?

Diese Haltung ist aktuell der Mainstream und glorifiziert die Entwicklungsmöglichkeiten der Welt. Das setzt aber ein Niveau des Spielleitens voraus, das ich - bei aller Liebe - nur in den seltensten Runden beobachten konnte. Der SL, der total elegant auf jegliche Idee der Spieler so flexibel, geistreich und kohärent reagiert, dass sich daraus eine wahnsinnig erfrischende, unvorhergesehene Wendung ergibt. Bevor man diese Propaganda nachplappert, sollte man sich die Realitäten anschauen. Ich habe schon SEHR viele Runden gesehen und auf Basis dieser Eindrücke kann ich Dir versichern: I call this Bullshit.

Hm. Ich mache das schon wesentlich länger als es mainstream ist, ich kenne genügend SLs die das so machen - und zwar überzeugend - also sage ich dir ganz freundlich: The bathroom is over there.
 
Naja, ich kenne genug Leute, die das von sich behaupten. Been there, done that. Die Runden, die dabei in den allerallerallermeisten Fällen herauskommen, sind dann halt so flacher, kampflastiger, langweiliger Nerdrage-Gamismus. Kann man machen. Muss man aber nicht. Aber schön, dass es Dir so gut gefällt. Meine ich ernst.
 
Naja, wie auch immer. Vielleicht bist Du so unfassbar brilliant wie Du behauptest und bekommst alles perfekt unter einen Hut. Kann ja durchaus sein. Ich habe aber so meine Zweifel. Dafür habe ich in Internetforen zu viele Maulhelden getroffen und wurde bitterlich enttäuscht. Andererseits: es gab immer mal wieder begnadete SL dabei, keine Frage. Aus dem Tanelorn könnte ich drei SL nennen, die ich für befähigt hielte, die von Infernal Teddy formulierten Kompetenzen auf dem von mir gewünschten Anspruchsniveau zu bedienen. Aber das ist wirklich verdammt wenig, finde ich. Vielleicht sieht es bei den Blutschwertern ja besser aus. Kann ich schlecht beurteilen. Mein Eindruck geht aber ehrlich gesagt in eine andere Richtung.
 
Wir hatten das auch mal. Da haben sich alle Leute aufs Spielen vorbereitet, der SL natürlich nochmal stärker. Alle haben sich eingebracht und es waren die besten Spielrunden evar.

Können wir heute nicht mehr leisten. In letzter Zeit wird zwar zunehmend wieder mehr Zeit ins Vorbereiten seitens des SL eingebracht. Und einen Großteil an dem was während des Spielabends an zwischenmenschlicherSCler Interaktion hintenrüberfällt, sowie einige Planungen im Hinblick auf die hintergrundbezogene Charakterentwicklung, spielen wir hier in unserem (versteckten) Spielgruppenbereich im Forum aus. Das ist gut.

Unser Spielgeschehen sehe ich aber dennoch eher wie cmd.lightning. Nur ohne Schimpfwörter. ;)
 
Das Problem ist nur, und das wurmt mich dabei, dass die Propagandisten von Ergebnisoffenheit, Sandboxing, Weltenmaschinen und Simulationen (geht ja alles in eine ähnliche Richtung) lauthals die Vorteile ihres Ansatzes verkünden, etwaige Problemchen aber entweder ignorieren oder unter den Tisch fallen lassen. Das gibt dem ganzen einen etwas faden Beigeschmack und deshalb weise ich darauf hin.

Alles hat seinen Preis. Ergebnisoffenheit auch.
 
Es gibt genügend spielleiterlose Rollenspiele um die Aussage "Die Story kommt immer vom Leiter" als Blödsinn abzustempeln.
 
Dann wird gerade diskutiert, wie du leitest? Und nicht, wo die Story generell herkommt?

Nur damit ichs richtig verstanden hab.
 
Es wird diskutiert, wo die Story herkommt. Ich habe beigetragen, dass sie in den meisten Runden wohl hauptsächlich vom SL kommt. Über meinen Leitstil habe ich nichts gesagt und darüber wurde meines Wissens auch nicht diskutiert. Wenn es Dich interessiert, mach doch dazu einen Thread auf.
 
"von mir gewünschte Anspruchsniveaus". Da kann ich nur laut lachen
*lach*
so.
Also alle SLs, die ich erlebe und von sich behaupten, unglaublich tiefsinnige, lyrische Erzählungen zu präsentieren machten sich nur ganz fürchterlich lächerlich.
Und zwar egal, ob als Railroad oder Sandboxabenteuer. Dasselbe bei Spielern mit "tiefschichtigen" Charakteren. Alles Poser.

Und das ist ok. Ich meine, wenn man gar nicht erst behauptet ein anspruchsvolles Spiel, sondern einfach nur ein simples Gesellschaftsspiel zu spielen, ist es ok, "nicht anspruchsvoll zu sein". Ich lege wert darauf, daß SCs die Welt beeinflussen können, das genügt mir, dazu brauche ich im Notfall nicht mehr als einen gut gestalteten Dungeon. Aber wenn es ein einfacher Kriminalfall ist, ist das auch ok.
Aber noch nie war es irgendwie "anspruchsvoll". Und ich will das auch gar nicht.


Ansonsten würden mich die Nachteile von Sandbox interessieren. Wobei ich mir denken kann, wo die herkommen.
 
Du verstehst da was nicht oder falsch.

Noch mal anders: welche Kompetenzen benötigt ein Spielleiter? Mir fallen da Dinge ein wie Kreativität, schauspielerisches Talent, Spontaneität, Eloquenz etc. Kurzes Beispiel: wenn die SC sich in irgendeinem Hafenviertel nach einem humpelnden Tuchmacher umschauen, dann müssen ja NSC auftauchen und interagieren. Die muss sich der SL ausdenken und ausspielen. Die Vielfalt möglicher Resultate ist dabei nahezu unbegrenzt, was ja einer der Reize von Rollenspielen ist. Gleichzeitig wird das Spiel ja auch von allen Beteiligten rezipiert und bewertet. Das beinhaltet auch die Beiträge des SL und in Summe ergibt sich irgendwann ein Bild über dessen spezifische Kompetenzen. Jeder hat halt andere Stärken und Schwächen. Wunderbar.

Nun mag ich es beispielsweise überhaupt nicht, wenn im Rollenspiel die Kommunikation, insbesondere von Seiten des SL, hölzern wirkt. Ein SL muss nach meiner Ansicht ein Mindestmaß an Eloquenz und (auch non-verbaler) Wandlungsfähigkeit besitzen, damit ich mich auf das Spiel einlassen kann und Spaß habe. Auf übergroße Theatralik habe ich dabei ebenso wenig Bock wie auf diese Mittelalterfutzies mit deren furchtbarer Sprache. Erfüllt ein SL diese Voraussetzung einer gewissen Kommunikationskompetenz nicht, spiele ich nicht mit. Alternativ könnte ich auch sagen: wenn der SL unter meinem Anspruchsniveau hinsichtlich seiner Kommunikationskompetenz bleibt, spiele ich halt nicht mit.

Hoffe, das war nun verständlich. Die Nachteile einer Sandbox lassen sich daraus übrigens ziemlich natürlich ableiten. Ist letztendlich alles eine Frage der Priorisierung oder, im Sinne des Posts, von Unterschieden in den Profilen der Anspruchsniveaus aller Beteiligten.
 
Dasselbe bei Spielern mit "tiefschichtigen" Charakteren. Alles Poser.

Das ist ein No-Brainer. Natürlich besitzen Poser nicht ausreichend Persönlichkeits-Eigenkapital, um ausgerechnet ihren ausgedachten Figürchen mehr Charakter anzuschrauben, als sie selbst besitzen.

Aber das beweist doch nix. ;)

Ich finde das ausgesprochen kurzsichtig.

Lustigerweise ist dein Widerspruch und die Erklärung dafür genau dasselbe wie das, was Zornhau geschrieben hat. "Wenn Es nicht auf den Tisch kommt", ist dasselbe wie "Wenn man Es ausblendet". Das Zornhau "Es" mit "Welthintergrund" gleichsetzt und du "Es" noch zusätzlich mit "Kopfkino, Emotionen, Verbindungen zu Romanen und Filmen etc" aufwertest, stört Große Geister bloß peripher. Ich bilde mir jedenfalls ein, euch beide problemlos verstanden zu haben und kann dem daher auch problemlos zustimmen.
 
cmd.lightning schrieb:
Hoffe, das war nun verständlich.
Ja, es ist also so, wie ich sagte. Vielleicht hat dieser nicht eloquente SL ja andere Stärken, bei denen du unter SEINEM Niveau liegst.
Vielleicht stottert er oder hat einen anderen Sprachfehler. Das ist vielleicht unter deinem Niveau, aber ich bin flexibel bei meinen Mitspielern, so lange sich jeder an ein paar RPG Grundkonzepte hält.
 
Wobei ein stotternder Spielleiter schon ein Handicap besäße, das direkt einen negativen Einfluss auf einen nicht unbedeutenden Teil seines Aufgabenbereichs hätte. RPG Grundkonzept hipp oder hopp, lass den Kerl den totalen Kumpeltyp sein, das wäre schon irgendwie ziemlich Kacke.
 
Deine Haltung ist aktuell der Mainstream und glorifiziert die Entwicklungsmöglichkeiten der Welt. Das setzt aber ein Niveau des Spielleitens voraus, das ich - bei aller Liebe - nur in den seltensten Runden beobachten konnte. Der SL, der total elegant auf jegliche Idee der Spieler so flexibel, geistreich und kohärent reagiert, dass sich daraus eine wahnsinnig erfrischende, unvorhergesehene Wendung ergibt, ist eine Legende.

Gottseidank.
Ein solcher Selbstdarsteller würde mir tierisch auf die Nerven gehen...

Wenn die Spieler in der Lage sind ihre SCs vernüntig, stimmungsvoll und interessant darzustellen, sollte ein SL auch in der Lage sein selbiges mit NSCs zu tun.
Und zwischendurch beschreibt er noch die Umgebung und ordnet Aufgaben Zahlen zu.

Und labert son bisschen stimmungsvolles Zeug vor sich hin, indem er Wörter und Wendungen wie "ragt in den finsteren Himmel auf" oder "in einer fließenden Bewehegung verbindet sie Eleganz und kompormisslose Effektivität" einstreut.

Mensch, Mensch, Mensch,... manche tun so als müsste man Stephen King sein um ne Welt flexibel leiten zu können, dabei stimmt das genaue Gegenteil:
Nimm dich nicht so wichtig. Hör auf dir irgendwelche Geschichten auszudenken. Bereite den Rahmen und die Ausgangssituation vor und reagier einfach auf das was passiert. Keine Ahnung, warum sich so viele SLs einbilden, sie hätten die alleinige Verantwortung und das Recht, dafür zu sorgen, dass im Spiel was cooles passiert.

Wenn sich meine Spieler beschweren, dass es heute keinen Kampf gab, nachdem sie ihre freundlichen gutgelaunten SCs selbstständig nach Disneyland haben gehen lassen, kann ich nur antworten: Na, dann haut dem Kerl im Goofy-Kostüm auf die Mütze, dann habt ihr euren Kampf.

Bevor man diese Propaganda nachplappert, sollte man sich die Realitäten anschauen. Ich habe schon SEHR viele Runden gesehen, dabei einige wirkliche gute SL erlebt und auf Basis dieser Eindrücke kann ich Dir dennoch versichern: I call this Bullshit.
95% aller SLs - ob gut oder schlecht - haben einfach nicht den geringsten Plan, was sie da eigentlich machen... Da fliegen dann irgendwelche ideologischen Fetzen pro und Contra "Railroading", "Sandboxing", "Entscheidungsfreiheit", "Balancing", "Cineastik (an dieser Stelle einen schönen Gruß und ein schönes Wochenende an Zornhau)" etc. durch den Kopf... und wenn man mal 3 Worte mit dem SL darber wechselt, WARUM denn für ihn Railroading böse sei und Balancing wichtig, wie er das konkret umsetzt und die Nachhaltigkeit sicherstellt...

bleibt nur Geblubber übrig.

Kurz:
Das Problem ist nicht die Idee "sei flexibel", sondern dass die meisten einfach nicht begriffen haben, was das überhaupt bringen soll - bzw. die Frage nie FÜR SICH SELBST beantwortet haben.
Wenn ich mich am Ende doch nur wieder selbst als Story-Designer profilieren will, der auf jede Spieler-Aktion mit nem neuen genialen Story-Element kontert, dann liefert das kaum mehr Freiheit und kein bisschen mehr Realismus, als ein gutes gerailroadetes Abenteuer.

Es erfüllt einzig und allein den Zweck, dass der SL mal den Spielern zeigen kann, wie schnell er sich nen neuen Railraoding-Plot aus den Fingern saugen kann - von der Eisenbahnrundfahrt zum Schienennetz. Frei ist dennoch anders.
 
Es gab mal einen weisen Mann, der hatte 12 Freunde und gaaanz viele Fans auf Facebook. Er sprach in Gleichnissen, sa dass man ihn auch verstehe.

In den Landen Narabuniten gab es einen Barden, der sang die schönsten Weisen und bezog all seine Zuhörer mit ein. Er munterte sie auf, sich am Gesang zu beteiligen und das Liedgut nach ihren Vorlieben weiterzuführen. Nur eines war ihm dabei wichtig, das Lied solle nicht abrupt enden und das Lied solle wohlklingend und einen wohtuenden Gesamteindruck hinterlassen.
Er reiste bis in die Länger der Gamabuniten und wurde dort beim Überschreiten der Grenze gesteinigt.

Ebenso erging es einem Barden der Gamabuniten. Er sang die schönsten Weisen. Diese hatten abrupte Wendungen, Endungen ohne Schlussakkorde als seien sie mehr dem Zufall als der schönen Kunst entsprungen. Sein Blut benetzte den Grenzstein zu den Landen der Narabuniten.

Auch in unseren Landen wurde kürzlich von BESCHEISSEN gesprochen und Menschen straften sich gegenseitig mit Missbilligung und Unbill.

Verstehst du meine Worte jetzt, mein Sohn?

Dich mit Jesus zu vergleichen, ist sowohl geschmack-, pietäts-, sinn- und zwecklos.
 
Den Vergleich mit Jesus muss man aber schon sehen wollen um ihn geschmack-, pietäts-, sinn- und zwecklos zu finden. In einem Rollenspielforum solle man bei sowas vielleicht nicht so empfindlich sein ;).
 
Story ist in einem Rollenspiel einfach das zwangsläufig folgende Ergebnis der Interaktion der aufgeführten Beteiligten und deren freien Interaktion.
Sie wird nicht gemacht, sondern ist sozusagen Nebenprodukt.
Akut wird es erst, wenn einer eben gezielten Einfluss auf dieses Nebenprodukt als Ergebnis nehmen will ("bessere Story") und um das zu Erreichen die anderen Beteiligten als Einfluss herausnehmen muss und problematisch, wenn diese nicht bereitwillig sind diesen ihren Einfluss und den Charakter des Spiels für ein fremdbestimmten "Machen" dieses Nebeneffektes aufzugeben.
 
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