Ich betätige mich hier mal als Thread-Nekromant:
In der Tat, aber wo wird das Thema den ernsthaft diskutiert? Ausserdem: Shadowrun. Eines der beliebtesten RPGs Deutschlands. Da spielst du nicht die Guten. Da tötest Du regelmäßig Menschen (und auch die Metamenschen sind dort "nur" Menschen), die einfach nur ihren Job machen.
Nur um das klarzustellen, kaum einer meiner Charaktere bei Shadowrun bringt Wachleute um, Runner sind Geschäftsleute und als solche muss der Kosten-Nutzen-Faktor abgewogen werden. Jeder den ich nicht umbringe kann ein Verbündeter, ein Komplize, Kontakt oder anderweitig noch nützlich sein, Betäubungsmittel und Taser sind auf lange Sicht billiger und einfacher zu bekommen als Munition für Feuergefechte und am wichtigsten: Je weniger ich umbringe, desto weniger wollen mir an den Kragen, denn nichts ergibt einen erbitterteren Feind als jemand, dem man einen odere mehrere geliebten Menschen genommen hat (man schaue sich Batman als Beispiel an), bzw. wenn ich nicht unnötig töte, sondern nur Kram/Infos klaue, am besten unerkannt, und ich mir einen entsprechenden Ruf aneigne, desto wahrscheinlicher komme ich nochmal mit dem Leben davon, falls man mich doch schnappt, eventuell sogar mit einem bloßem Klapps auf die Finger im Tausch gegen Informationen/Kram.
Klar mein Charakter bei AC ist momentan noch völlig anders drauf (und schießt auch auf Spielercharaktere, die auch nur erwähnen einen Brand legen zu wollen), eben weil er entsprechend vorbelastet ist und sich (noch, hoffe ich doch jedenfalls auf Besserung) am Rande der Besessenheit auf Rache für sein Dorf befindet.
Da die Welt von AC seit längerem regelrecht brachliegt, nehmen wir den Hintergrund lediglich als Anregegung und nicht wie es im Buche soundso steht.
Ich bin bisher leider erst bei Seite 10 des Threads, musste aber mal für die Halb-Pazifisten bei Shadowrun in die Bresche springen.
OnTopic: Grundsätzlich passt die Lektion zum Rest der Kriegshunde-Schule, als solches hat sie eine gewisse Daseinsberechtigung. Problematisch finde ich, dass genau wie mit Mord, Diebstahl und anderen Verbrechen eher stiefmütterlich umgegangen wird, mit Moral scheint es in Kreijor einfach nicht sonderlich weit zu sein. Jedoch gibt es auch in anderen AC-Publikationen entsprechende Passagen, so gibt es Hinweise auf Strafen für alle möglichen Verbrechen, darunter explizit auch Vergewaltigung genannt, in einigen Quellenbänden (und ich vermute stark, dass einem die Lust darauf vergeht, wenn das eigene Gemächt mit glühendem Stahl bearbeitet wurde). Da es tatsächlich auch recht viele Spieler*innen gibt, die ERPG praktizieren und meine wenigen Erfahrungen in diesem Bereich nahelegen, dass Vergewaltigungsfantasien weit häufiger zu sein scheinen als allgemein angenommen wird; weil nunmal allgemein angenommen wird, dies sei anormal, verwerflich ja regelrecht widernatürlich (was es selbstverständlich nicht ist, der Mensch ist nur wenig mehr als andere Tiere, wenn überhaupt).
Mittlerweile hat NaSta, oder wohl eher DriveThru, nachgebessert und so findet das Kompendium bei Drivethru nur wer explizit die Option "mature content"-findenzukönnen aktiviert.
Im übrigen stimme ich Zornhau in sofern zu, als das man von einem Autoren verlangen können darf, dass dieser sich über potenzielle Konsequenzen seiner Texte stellt, sich also potenzieller Traumata bewusst sein sollte und zumindest vorwarnt, dass diese Thematik in der Beschreibung folgender Schule/Geschichte/Textstelle/was auch immer behandelt wird, wenn es nicht bereits von vornhinein klar ist. Letzteres kann bei einem Spiel jedoch nicht vorausgesetzt werden, wenn es nicht wie bei den Black Dog Regelwerken (ein Ableger von White Wolf für die Sachen der WoD, die sie als definitiv "mature content" erachten) bereits draußen draufsteht.
Bestenfalls sich auch mit den moralischen Fragen auseinandersetzt und nicht drüberwegbügelt.
So und nun lese ich mal die anderen bislang 18 Seiten.
EDIT: Verdammt ich komme gradmal eine Seite weiter und will schon wieder meinen Senf dazu geben...
Ich habe es überwiegend als Kritik daran verstanden, daß im konkreten Fall bei AC die Vergewaltigung
regeltechnisch belohnt wird, beinahe so, als würde man EPs dafür geben - und eine Belohnung für Ver-
gewaltigung finde ich auch recht geschmacklos.
Ich muss zugeben, ich finde eine solche nicht geschmackloser als eine für Mord. Allerdings muss ich zugeben, dass Apocalypse World Spielrunden sehr viel leichter in ERPG-Runden abgleiten, da dort Sex (alternativ auch tiefgründige persönliche Gespräche, aber welcher Con-Char hat für sowas schon genug ausgearbeiteten Hintergrund) mit EP belohnt wird, die meisten SLs hoffen ja die Spieler überlesen das und haben einen Plot vorbereitet, aber solange am Ende jeder seinen Spaß hatte...
Ich denke, dass das durchaus Setting spezifisch ist. Natürlich: Jedes Spiel kann (sexuell) gewalttätig sein, ebenso kann jedes Spiel auch sauber wie eine Sagrotantube sein. Trotzdem lassen verschiedene Settings verschiedenes erwarten:
Ein PP&P ist in seinen Grundzügen eher lustig, sarkastisch und zeigt recht wenig bösartigen Inhalt bzw. dieser wird auf amüsante Weise weichgespült. Dass es plötzlich eine Gang gibt, die sich vergewaltigend durch die Stofftierabteilungen zieht ist als solches nicht zu erwarten und verträgt sich auch nicht unbedingt mit dem Setting.
Aber es könnte Haustiere geben... Jeder kennt doch diese kleinen Hunde, die sich an allem möglichen vergehen, bestenfalls nutzt man dann als Vorlage ein real existierendes Haustier eines Mitspielers, dass sich einen entsprechenden Ruf eingehandelt hat... Es IST also durchaus möglich, allerdings nicht wirklich geeignet um über Moral nachzudenken, eher zur Belustigung aber mit meist leichtem Ekel verbunden, aber vielleicht schafft man es auf die Weise Angst um die Charaktere bei den Spielern hervorzurufen?
Wenn ich Shadowrun spiele mit seinen Millionen Zusatzbänden gibt es viele verschiedene Settings die man erwarten kann. Das Grundthema ist jedoch: Verbrecher am Rande der Gesellschaft, die losziehen und Aufträge unter Verdeck für andere erledigen. Dabei bewegt man sich in "den Schatten". Ein Ort, der für die Anonymität und den damit verbundenen Risikofaktoren und Möglichkeiten steht. Shadowrun macht keinen Hehl daraus, dass man in den Schatten alles kriegen kann. Angefangen bei illegalem Matrix Anschluss bis hin zur perfekt designten und erzogenen Hausnutte, die keine Fragen mehr stellt sondern Spaß hat an dem was ich ihr antue. Diese Absurditäten werden teils recht offen angesprochen (in den Quellenbüchern) und bieten vom ganzen drum herum her AUCH die Möglichkeiten Spielabende die in Richtung des Films 8mm gehen zu verbringen.
Das alles allerdings gehört explizit zum Genre Cyberpunk dazu, wie detailliert man dies nutzen möchte, ist dann Rundensache. Desweiteren gehen die Autoren, meines Erachtens nach, von moralisch halbwegs intakten Charakteren aus, in der zweiten Edition gab es tatsächlich Erfahrungspunkteinbußen für amoralisches Verhalten, inklusive unnötigen oder übermäßigen Tötungen, und -boni für "korrektes" Verhaltendie Erfahrung wurde nicht ohnehin Karma genannt.
Gleiches gilt für das generische Fantasy Setting à la D&D oder AC. Ob es nun Dungeon Crawls sind, Minneabende am Lagerfeuer oder der Versuch Königreiche zu stürzen. Kein Fantasy Setting, das ich kenne (sind aber wenige zugegeben) gibt sich dermaßen zugeknöpft, dass Elemente wie "Schatten" und "Unterwelt" völlig ausgeschlossen werden. Es wird geraubt, es wird gemordet, es wird gesoffen - hinzu kommen besagte Versuche Königreiche zu stürzen. Das kann man sauber machen mit Kämpfen Mano-a-Mano oder aber dreckig (mit vergiften des Brunnenwassers und so). Und was macht man also wenn man denn gesiegt hat und das befeindete Volk unter sich geknechtet hat? Versklaven? Ja, schon. Saufen? Bestimmt. Rumhuren? Auf jeden Fall. Werden die Sklaven gefragt ob sie das auch möchten? Wahrscheinlich genausowenig, wie sie als freie Menschen gefragt wurden ob sie belagert werden wollen.
Was ich sagen will:
Nur weil einige Leute ein Problem damit haben und manche Sachen kategorisch ausklammern, heißt das nicht, dass das Setting das nicht auch völlig legitim hergibt. Man kann für sich am Spieltisch entscheiden "Sowas machen wir aber nicht" - das ist ja auch völlig okay. Trotzdem ist es erwartbar, dass auch Vergewaltigung inhärenter Teil des Settings ist, neben dem ach so liebgewonnenen Morden, Rauben, Plündern und Brandschatzen.
Will heißen: Wenn ich ein Spiel habe das zu einer gewissen Zeit, gewisse Elemente darstellt, dann sollte ich mich nicht wundern, wenn es das konsequent macht.
Die meisten Fantasy-Settings gehen davon aus, dass die SCs "Helden" oder zumindest "Antihelden" auf der guten Seite sind und die Gegner entsprechend böse.
Hier bildet AC tatsächlich eine Ausnahme, die aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Klar weist das DARK Fantasy ein bisschen daraufhin, dass die SCs nicht zwangsläufig gut sind und auch sonst die Einteilung eher schwierig ist (oder sein sollte), die Räuber sind Ausgestoßene, denen nichts anderes bleibt als zu stehlen, der König paktiert heimlich mit Dämonen, ... Aber dennoch zieht das Gros der Spieler die Grenze bei sexueller Gewalt, insbesondere im Spiel mit ihnen persönlich bekannten Menschen; In anonymen Chat- oder Forenrunden sieht das teilweise drastisch anders aus. Mein größter Kritikpunkt ist der überall vertretene negativ hervorstechende Nationalismus, überall halten sich die Heimischen für Über"menschen" (/elfen/zwerge/was-auch-immer) und Durchreisende werden bestenfalls geduldet, diesen Punkt haben wir in unserer Runde stark aufgeweicht, da dies längeren interessanten Reisen direkt den Riegel vorschiebt, solange nicht der Großteil der Gruppe aus Ortsansässigen besteht (wofür man sich auf einen relativ festen Ort hätte einigen müssen).
Aber genau das ist de facto nicht der Fall. Skyrocks Zitat der betreffenden Regelstelle sagt, dass der Plünderer heilt , wenn er es erfolgreich schafft jemanden des anderen Geschlechts zu demütigen und in Panik zu versetzen. Die sexuelle Dominanz durch Vergewaltigung ist kein Muss - sie wird in aller Regel trotzdem praktiziert.
Und genau da setzt doch die Doppelmoral an:
Wenn explizit von Vergewaltigung die Rede ist, ist es böse. Wenn man es nicht macht, aber die Aktion im Grunde genau dasselbe macht, dann ist es okay. Gedankenkontrolle, Orgasmuszauber, etc.
Man muss kein AC-Fanboy sein um zu erkennen, dass die Argumentation hinkt.
Ich würde es nicht Doppelmoral nennen, eher Angst vor dem eigenen tierischem Erbe. Eine Vergewaltigung oder auch nur die Angst davor zu wecken ist ein brutaler, triebhafter Akt, regelrecht "tierhaft" bei dem es nur ums Nehmen geht. Natürlich kann man mittels Gedankenkontrolle genauso brutal sein, aber Gedankenkontrolle kann soviel mehr und ist soviel "zivilisierter" insbesondere wenn man subtil vorgeht und so die Illusion von Geben und Nehmen erzeugt wird, dies geht dann auch in die Richtung Stockholm-Syndrom und ähnliches und ist nicht auf Magie beschränkt. Der von dir angesprochene Orgasmuszauber gibt ebenfalls, ein durchaus gutes Gefühl, wenngleich die Situation womöglich, ach wahrscheinlich oder gar sicherlich nicht passend ist, ohne dass sich dem Opfer gegenüber jemand auch nur ungebührlich benimmt, erschöpfend und verwirrend sicher, traumatisierend wohl eher situationsabhängig, der Wachman der im Museum seine einsame Runde geht wohl kaum, bekommt schließlich niemand mit, im schlimmsten Fall sorgt er dafür dass es einen technischen Defekt in der Überwachung gab. Wohingegen der Akt der brutalen Vergewaltigung (dank fehlender Daten scheinbar) nahezu sicher zu einem Trauma führt und nur um diese Art und die Angst davor geht es bei der Lektion.
Warum? Mord und Plünderung werden doch auch belohnt? Sogar mit EP!!!
Ist das nicht ohnehin das große Dilemma im Rollenspiel?
Das Mord belohnt wird?[...]
Nein, EP gibt es für das Überwinden von Problemen, WIE diese gelöst werden, ist schlichtweg egal, eventuell gibt es einen Bonus, wenn der Ansatz interessant genug ist, aber sonst gibt es die gleiche Anzahl ob man den Wachmann/Dämon/Tyrann nun getötet, bestochen, gedemütigt, was-auch-immer hat, die späteren Folgen aus denen dann wieder Probleme werden unterscheiden sich aber... Und oftmals fällt die Wahl der Mittel leicht, wenn der Troll-Berserker doch nunmal seine Axt hat...
Manche SLs belohnen es, andere schicken mordende SCs in die Todeszelle oder zur lebenslangen
Zwangsarbeit. Manche RPGs belohnen es, manche behandeln es als strafbares Verbrechen. Ich
würde da nicht verallgemeinern.
AC belohnt es UND behandelt es an anderen Stellen als strafbares Verbrechen. Wäre ich SL würde ich wohl ebenfalls beides tun, der Charakter musste sich diese Lektion schließlich erstmal aneignen, also würde ich ihm seine regeltechnischen Belohnungen lassen, aber nach und nach wird sein schlechter Ruf wachsen (ebenfalls eine regeltechnische Konsequenz sind Ruhmeinbußen) und früher oder später wird jemand eine der Geschändeten rächen wollen, eventuell sein eigener Sohn, falls der Char solange leben sollte...
Oder auch einfach vorne "Adult Content" und hinten, im Kleingedruckten "dieses Produkt thematisiert auch Vergewaltigung".
Endlich die Antwort warum Arcane Codex heißt wie es heißt, man wollte einen Namen, bei dem in Diskussionen wegen der Abkürzung gleich erkannt wird, dass das Thema nicht für Minderjährige geeignet ist, hätte man da nicht auch was in Richtung FSK18 oder so finden können?
Naja da das Kompendium nicht einmal zur aktuellen Edition gehört könnte man das auch anders sehen.
Dieselbe Schule steht im Dornenwald-Quellenbuch, inklusive der strittigen Lektion. Desweiteren wird sich auch in Büchern der zweiten Edition auf das Kompendium bezogen, hier dient mir das Veruna-Quellenbuch als Beispiel in dem steht: "Die Lektionen der neunten Legion finden sich im Kompendium auf den Seiten 120-122."