Ich hab doch die ganze Zeit von "einfach so gelten lassen" geredet. Nur dann versteh ich nicht, wie man sich darüber aufregen kann, das man sie auch so wahrnimmt, wie man sie gelten lassen will.
Du radikalisierst aber auch mal wieder ziemlich die Standpunkte in diesem Thema. Weder ich, noch meines Wissens einer der Kritiker haben behauptet, diese Filme müssten "Kampfansagen gegen den Sexismus" beinhalten. Das wäre ja auch Unsinn, vor allem, wenn man es von einem Superheldenfilm verlangt, basierend auf Comics, die trotz aller Insider-Unkenrufe immer noch meilenweit davon entfernt sind, sich von ihren Altlasten loszusagen, so weit, dass man mittlerweile einfach versucht, diese Altlasten plausibel zu reden, indem man unter nem Berg Titten und Muskeln sozialkritische Aussagen platziert. Die unangenehme Frage, warum Ersteres dann überhaupt noch sein muss, bleibt genrespezifisch ungeklärt - is auch okay so. Nur erwartet halt dann auch gerade Jemand, der zusätzlich noch nichts vom enormen Tiefgang der Vorlagen weiß, nicht besonders viel von einem solchen Film. Ich weiß auch gerade deshalb nicht, wie du darauf kommst, die anderen Strampelanzugträger würden irgendwie "ernster" genommen, als Black Widow.
Im Artikel wird ja auch immer wieder auf das alte Totschlagargument "ja aber, die Männer doch auch!" zurückgegriffen. Was dabei aber immer noch nicht so wirklich beantwortet wird, inwiefern wir bei den Filmen tatsächliche Äquivalente haben. Es besteht ein Unterschied zwischen gutem, vielleicht auch idolisiertem Aussehen und einem inhärenten Charaktermerkmal. Wenn bei Cap "Schild", "Supersoldat", "Patriot", "Führungsfigur" steht, steht bei Black Widow eben neben "Superagentin", "Nahkampfexpertin", "Verhörexpertin" vor allem auch "sieht geil aus". Das ist nicht einfach nur Zufall, das ist Teil des Konzepts. Das sagst du zwar selbst, siehst aber irgendwie nicht, dass das einen enormen Unterschied ausmacht. Wäre sie nicht die einzige Frau im Team würds wahrscheinlich nicht so auffallen. Wär da noch ne männliche Black Widow, hätte mans vielleicht auch anders aufgenommen. Aber es hat einen Grund, warum es die nicht gibt: man wollte es so. Die Filme wollen ne gut aussehende Frau im engen Anzug und dicken Möpsen rumspringen haben, fürs eye candy, für die teenies (frei nach Michael Bay) oder einfach weil. Das ist auch vollkommen okay. Wenn man die Figur und den Film so nehmen möchte, wie er ist, dann muss man das aber auch akzeptieren können - dazu gehören dann auch die Reaktionen.
Man kann sich aber auch quer stellen und behaupten, da wär ja so viel mehr an der Figur in den Filmen und keiner wills sehen, weil sind alles misogyne Schweine. Macht nur nicht viel Sinn, weil man sich im Grunde über die misognye Sexualisierung aus der Comicbuchvorlage und der öffentlichen Wahrnehmung, die zu solchen Figuren führt aufregt und nicht über die Kritiker, die annehmen, dass hinter dem Packet nicht zufällig in einem Popcorn-Blockbuster noch mehr steckt.
Und, auch wenn wir es im Sexismus-Thread schon mehrmals hatten: ne, das eye-candy Argument lässt sich nicht nahtlos auf männliche Charaktere übertragen. Da gabs auch schon echt viele Beiträge und Verlinkungen zu, die relativ einfach erklären, warum zwischen männlicher Idolisierung und weiblicher Sexualisierung in einer männlich-dominierten Gesellschaft ein Unterschied besteht, vor allem auf Themengebiete bezogen, die auch noch klassisch männlich überrepräsentiert sind. Das Thor sein Hemd im Film auch nur auszieht, damit die, die drauf stehen was zu gucken haben, is klar. Aber es ist keine besonders tolle Eigenschaft von Thor, mit seinen Muskeln zu spielen und damit seine Feinde zu irritieren. Wäre anstatt Black Widow vielleicht She-Hulk bei den Avengers rumgesprungen, hätten sich einige Kritiker womöglich auch an ihrer knappen Bekleidung gestört, es wäre wohl aber Niemand auf die Idee gekommen, sie aufgrund ihres verführerischen Aussehens auf die Rolle als eye candy zu reduzieren. Auch Johansson und auch Black Widow hätten, anders dargestellt, viel weniger Angriffsfläche geboten. Wollte man aber nicht, weil man genau wusste was man tat.