AW: Alternate Earths
Mit eine größeren Expansion Chinas hätte meine Idee auch zu tun.
China ist zwar nun (weitgehend) christlich, aber eben immer noch chinesisch und wird vor allem nicht von Europäern beherrscht. Aber die religiös bedingte Annäherung an den Westen sorgt dafür, das das China der (in dieser Dimension weiter bestehenden) Ming-Dynastie eben nicht in einer selbst gewählten Isolation vor sich hin verrottet, sondern weltoffener wird. Im 18. und 19. Jahrhundert wird China im pazifischen Raum wieder eine Seemacht mit der man rechnen muss und reiht sich während des viktorianischen Zeitalters ein in die Riege der imperialistischen Industrienationen. In Japan findet zwar die Meji-Restauration statt, aber das Inselreich muss sich mit dem Platz des ewigen Zweiten begnügen. Trotz agressiver Militär- und Fortschittspolitik schaffen es die Japaner niemals, die Chinesen im nationalen Vergleich zu überholen. Im politischen Machtgefüge des späten 19. Jahrhunderts steht China dem britischen Empire und dem deutschen Reich sehr nahe (da diese beiden Mächte Zentren des Protestantismus sind). Russland, Frankreich und Östereich-Ungarn steht man eher neutral gegenüber (vor allem Östereich-Ungarn, da es mit diesem Staat kaum Berührungspunkte gibt). Der Intimfeind des Chinesischen Reiches sind die USA, da beide Weltmächte um die Vorherrschaft im Pazifikraum kämpfen. Japan und Korea sind unsichere Kantonisten, da die Haltung hier stetig zwischen dem Befürworten eines großen panasiatischen Blocks und agressiv chinafeindlichen Nationalismus schwankt.
Ähnlich wie die europäischen Großmächte erbeutet auch China Kolonien - besonders wichtig sind hierbei die Kronkolonie Vietnam, Siam (ein spezielles Problem für die chinesischen besatzer), Neuseeland, Indonesien und Borneo. Den australischen Kontinent teilen sich die Chinesen faktisch mit England. Als schweres Desaster entpuppte sich 1862 die versuchte Besetzung Kaliforniens. Offiziell wurde diese Aktion damit begründet, den unterdrückten chinesischen Siedlern in Nordamerika helfen zu wollen. (die Situation der chinesischen Einwanderer war auch in dieser Dimension nicht besser als bei uns) Zwar gelang es den Chinesen während den Wirren des Sezessionskrieges Kalifornien zu besetzen, aber der Triumph war nur von kurzer Dauer und 1866 mussten die Chinesen den amerikanischen Kontinent wieder verlassen. Blutige Anschlagsreihen auf die chinesische Oberschicht und rassistische Hetze machten den Aufenthalt für chinesische Zivilisten im Kalifornien fast unmöglich. Nach dem Ende des Bürgerkrieges sind die USA zudem wieder in der Lage, auch militärisch gegen den chinesischen Erzfeind vorzugehen.
Im afrikanischen Kolonialpoker ist China nicht sehr stark vertreten. Allerdings überfällt 1872 ein chinesisches Expeditionschor das freie Äthiopien und die Kolonie "Chinesisch-Eritrea" entsteht. Dieses "Afrikanische Abenteuer" wird in der chinesischen Öffentlichkeit allerdings nicht gut aufgenommen und ist auch finanziell eine mittlere Katastrophe. Nach dem Massaker von Adis-Abeba 1887, bei dem die chinesischen Besatzer aufständische Afrikaner mit Maschinengewehren niedermähen, ist die Stimmung im Reich allgemein so aufgeladen, daß der umstrittene Minister für koloniale Angelegenheiten seinen Hut nehmen muss und nach einem kurzen Schauprozess nach Borneo verbannt wird. Die chinesische Marine fußt traditionellerweise auf schwerfälligen und schwerstbewaffneten Großkampfschiffen, die sich im Kampf gegen schnelle Torpedoboote allerdings als weitgehend unbrauchbar erweisen. Aber immerhin wird die chinesische Schiffsbaudoktrin während des ersten Weltkrieges (China steht auf Seiten der Achsenmächte) zur Entwicklung des ersten Flugzeugträgers der Welt, der "Glorreiche Faust des Hong-Wu". führen.
In technischer Hinsicht teilt sich China den Platz an der Weltspitze zusammen mit England und dem Deutschen Reich. Allerdings ist das Technologiegefälle in China wesentlich größer als in Europa. Während die Landbevölkerung größtenteils noch sehr traditionell lebt, entwickeln sich um die kaiserliche Hauptstadt Peking und um Kanton herum riesige, ausufernde Industriegebiete. Gerade Kanton entwickelt sich aufgrund der elenden Zustände in den Arbeiterrevieren zur asiatischen Hochburg für Sozialdemokraten und Kommunisten. Nach dem großen Arbeiteraufstand von 1886 wird sogar kurzzeitig die Räterepublik Kanton ausgerufen. Allerdings schlug die kaiserliche Armee den Aufstand nach zwei Wochen blutig nieder.
Die wesentlich größere Bedeutung Chinas in der Welt ruft natürlich auch Reaktionen in der westlichen Welt hervor. Die chinesischen Klassiker werden in Europa reichlich rezipiert und die chinesische Antike hat im öffentlichen Bewusstsein der Europäer schon fast den selben Stellenwert wie die römisch-griechische Antike. In bürgerlichen Händlerkreisen mausert sich Pidgin, eine Mischung aus Englisch und Chinesisch, sogar zur allgemeinen Verkehrssprache. In Mitteleuropa ist die Rezeption chinesischer Philosophie sogar soweit gediehen, daß die Schriften des Konfuzius in Gymnasien zum allgemeinen Lehrkanon gehören, in gutbürgerlichen Haushalten direkt neben "Soll und Haben" (der "Bibel des deutschen Bürgertums") zu finden sind und an Universitäten Alt-Chinesisch fast so wichtig wird wie Latein.
Was haltet ihr bis hierher von diesem Entwurf ?