AW: Dark Ages gegen Maskerade
Mir ist aufgefallen, daß es bedeutend schwerer ist, "Masquerade" zu spielen. Und ich denke, ihr fragt euch sicherlich, wie ich zu dieser Annahme komme. Will ich euch gern in diesem Posting erklären.
Im Mittelalter war zwar der Hexenwahn, sonstiges recht groß, aber die sogenannten Hohen Herren, Pfeffersäcke (ja, ich weiß um die Herkunft des Clansnamens Ventrue) und Gelehrte hatten doch einiges an Privilegien. Und so man zum Beispiel einen Ritter spielt - so wie ich oder einen Mönch, dann kann einiges viel besser klappen. Man hat den Ruf, daß man exzentrisch (auch wenn das hier jetzt im ursprünglichen Sinn gemeint ist) war. Und damit wurde man fast automatisch in Ruhe gelassen. Ein Gelehrter wie ein Mönch muß zum Beispiel tagsüber in Ruhe seine Gebete verrichten oder ein "normaler" Gelehrter eben seinen Forschungen nachgehen, sprich: wenn da jemand kommt, hat man eher (wenn man denn Ghoul des Betreffenden ist) eine gute Ausrede parat.
Bei Rittern ist das sogar noch simpler: die haben ein Wappen auf der Brust, und wenn die vor dem verschlossenen Stadttor stehen und hineinwollen - auch kurz vor Sonnenaufgang - dann genügt meistens entweder ein entsprechender Befehl (dafür braucht man noch nicht einmal unbedingt Beherrschung) oder ein entsprechender "Hinweis", daß man dem Vorgesetzten (in der Regel dem Hauptmann der Wache) einen Hinweis auf seine nachlässigen Untergebenen geben wird und daß man ein solches Verhalten absolut nicht tolerieren wird. Das im entsprechenden Tonfall vorgebracht bringt oft den gewünschten Erfolg. Ich denke, ihr seht, auf was ich hinaus möchte.
Kommen wir zur Neuzeit. In der "Masquerade" ist es für ein Kainskind verdammt schwer. Ich glaube, ich würde den Zeitpunkt dafür ansetzen, als die Eisenbahn erfunden wurde. Später kam dann das Telegraphieren dazu, und da wurde es erst richtig kompliziert. Immerhin hatte man ab da die Möglichkeit, Nachforschungen anzustellen. Und je näher man der Aufklärung (jetzt nicht als Zeitalter-Bezeichnung anzusehen) kam, desto heftiger wurde es. Identifikationspapiere wurden erfunden. Ok, die kann man in ihrer alten Form sicherlich recht einfach fälschen. (Das konnte man natürlich auch in den Dark Ages, aber da ein Wappen zu fälschen, ist ein ganz schöner Aufwand. Und was passiert, wenn man ein Wappen fälscht? Oftmals wurde man wegen Hochverrat gehenkt oder ähnliches, weil es nur dem Adel erlaubt war, Farben und Wappen zu tragen.) Daß selbst die Pässe mit Photo nicht fälschungssicher sind, wissen wir alle.
Aber: das größte Problem, mit dem das Kainskind von heute zu kämpfen hat (nein, damit meine ich nicht den Sabbat oder so), ist der Mensch und die Neugier. Daß es Vampire gibt, ist ja durchaus wie in den Dark Ages bekannt. Aber der Mensch läßt sich heute eben nicht mehr beeindrucken. Gut, die üblichen Aussagen über das Essen, daß man sich gerade den Magen verdorben hat oder keinen Hunger, das ist simpel. Passiert das aber häufiger, ist man irgendwann in Erklärungsnotstand.
Außerdem ist es sicherlich recht problematisch, eben trotz solcher Disziplinen wie "Dominate" oder "Presence" da zum Beispiel eine Polizeiakte verschwinden zu lassen. Oder bei der Staatsanwaltschaft. Die Vernetzung der Computersysteme ist global, es gibt Interpol, Europol und die lokalen Einrichtungen. In der BRD eben BKA, LKA, usw. Auch mit "Hacken" kommt man nicht immer weiter. Aber um noch einmal auf das Problem mit dem Paß hinzuweisen: Frankreich plant zB einen Fingerabdruck einzuführen und das bereits nächstes Jahr. Also wird es da schon mal schwierig.
Und wenn ihr hier von Waffen sprecht: habt ihr euch mal klar gemacht, daß fast jede Hülse, die man davon zurückläßt, eigentlich ein Masquerade-Bruch darstellt? Ballern ist genial, sicher. Aber nachher aufräumen ist fein.
Vergessen wir im Hinblick auf die Masquerade auch folgendes nicht. Manchmal lacht man drüber, daß es Menschen gibt, die auf einem Kissen am Fenster nach draußen sehen und anscheinend tatsächlich nichts anderes zu tun haben, als das den lieben langen Tag zu tun oder auch die Nacht. Und Leute, die schwarze Anzüge tragen und sich dabei dann auch noch in dunklen Limousinen herumfahren lassen, danach in einem Haus verschwinden, sind sicherlich nicht das, was man gern hätte.
Das ist wieder mal die Neugierde. Ich habe es erlebt, daß ein Betonwerk gesprengt wurde, weil man das, was von den Wolflingen kam, falsch interpretiert hatte. Was das in Zeiten von El Kaida und ähnlichem (man denke an London) bedeutet, muß ich wohl kaum ausführen.
Im Live ist mir aufgefallen, daß manche Mitspieler gern die wirkliche Welt ausblenden, wenn es um das Spiel geht. Klar, um Vitae zu stellen und um zu dienen, gern. Aber dann, wenn es für das jeweilige Kainskind direkt geht und es bedrohen könnte, scheinen viele von einer gewissen Ignoranz befallen zu sein.
Ich spiele beide Systeme gleich gern.
Gruß,
Felix