Abschied

SeelenBlut

Devil was an angel too
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26. Januar 2004
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Ich sitze hier und staare aus dem Fenster. Am Rande nehme ich meine sterile weiße Umgebung wahr. Die Sitzgruppe auf der ich jetzt schon seit mehreren Stunden sitze, ist so unbequem, mein Rücken schmerzt und ich schaffe es nicht meine Finger still zu halten. Ich zittere und spüre diesen eisigen Stich in meiner Brust. Wie gern würde ich jetzt weinen, das Brennen in meinen Augen ich kann nicht, ich will nicht alles noch schlimmer machen, also tätschle ich nur die Hand von der Frau die neben mir sitzt. Frau? Nein, mein Fleisch und Blut, aber ich schaffe es nicht meine Gedanken zusammen zu halten, also ist sie weiterhin nur die Frau.

Es ist dunkel, so kalt und ich bin so verloren. Ich halte den Plastikbecher mit dem abgestandenen Kaffee in meiner Hand und ich schaue in den Becher, als wäre er der heilige Gral und ich, ich erwarte Erleuchtung von ihm. Doch ich sehe nur die kleine Schaumkrone, die schwimmt und schwimmt und schwimmt...

Nun bin ich an der Reihe, ziemlich bedächtig reichte ich den Becher an die Frau neben mir weiter. Halt ihn, will ich ihr sagen, er wird unser letzter Halt sein.

Als ich in das Zimmer trete bin ich dankbar dafür das ich das Piepen der Aperaturen höre die dich noch am Leben halten. Himmel, du bist so schön. Du liegst dort als wolltest du dich nur ausruhen, als wolltest du schlafen. Nun ist es zuspät, ich weine, ich schluchze und ich weiß ich werde nichts ändern können. Es macht mich so zornig, es ist so ungerecht. Wofür hast du über die Jahre hinweg gekämpft? Dann will ich dich anbrüllen, du darfst nicht gehen. Deine Söhne, dein Mann sie brauchen dich. Du darfst nicht einfach gehen. Ich fühle mich so hilflos, schlimmer als ein trotziges Kind. Was bin ich nur für ein Mensch wenn ich an deinem Sterbebett solche Gedanken hege. Verachte mich, für meine Selbstsüchtigkeit. Mach irgendwas, tu was, aber verlass uns nicht.

Ich kann es nicht begreifen als du die Augen aufschlägst und mich anlächelst. Du? Du bist diejenige die mir jetzt Kraft schenkt? Die ihren Tod annimmt ohne ihre Stärke ein zu büßen und ohne die Geschlagene zu sein? Nein, du sorgst dich nur um deine Familie und das obwohl der Schmerz des Krebses sich in deine Eingeweide frisst.

Du weißt ich bin nicht sehr gläubig, doch ich bete für dich und ich weine um dich. Und jetzt als das Telefon schellt und meinen Verdacht bestätigt, bin ich mir sicher. Der liebe Gott hat nur seinen Engel heimgeholt.

Für Doris, anstatt Tränen
 
Genial, wenn ich so sagen darf. Dein Schreibstil schockt immer wieder.
Schreib ein Buch, ich kaufe es. ;)
 
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