Oh, sie kann es sich schon lebhaft vorstellen wie sie zu Tatjanas Bestehen beitragen kann. Vor ihrem geistigen Auge tritt sie zwischen einem Spalier von Werwölfen hervor an ein Feuer und einen langen Tisch, an dem altehrwürdige Wölfe mit grauem Fell sitzen. Vor dem Feuer Tatjana und ihr Vater. Und er sagt: 'Jetzt beweise uns, dass du noch eine von uns bist! Töte die Vampirin, und du wirst wieder aufgenommen!' Ach Meyye, du hast zuviele pathetische Filme gesehen...
Wer weiß schon, wie es kommt. Dennoch nickt sie, denn grundsätzlich will sie Tatjana schon helfen, wenn sie das kann. Sie hört aufmerksam zu und sagt kein Wort, bis Silvia zum Ende gekommen ist. Als diese ihr Ohr sieht, streicht sie unwillkürlich ihre Haare davor zurecht und vermeidet einen düsteren Blick, der im roten Leuchten ihrer Augen sowieso nicht angekommen wäre. Und eigentlich wollte sie doch nicht andauernd mit der Hilfe einer Disziplin herumlaufen, denn das schwächt die anderen Sinne. Das unnatürlich Leuchten erlischt.
Schließlich lacht sie. Ja, sie scheint Silvias Rede, oder Teile davon, komisch zu finden. Es ist nur ein kurzes Lachen, begleitet von einem leichten Kopfschütteln. "Ob ich diese Aufgabe übernehmen will? Das hast du übersehen, Schwester, da bin ich schon mittendrin statt nur dabei. Frag ihren Vater, was ich gemacht hab als er uns erwischt und sie geschlagen hat. Dass ich gerade mehr Familie für sie bin als irgendwer sonst glaub ich gern."
Sie blickt zurück, wo Tatjana diese ganze Unterredung hoffentlich nicht mit irgendeiner Lauschgabe mithört sondern sich ausruht, wie sie sollte. "Ich weiß nicht, ob ich noch echte Gefühle hab." sagt sie schließlich, und es klingt ernst und ein wenig traurig. "Vielleicht erinnere ich mich nur daran wie es war, welche zu haben. Aber dann muß das halt genügen. Ich werd alles tun, damit das gut ausgeht... nicht gerade das übliche Ende für Geschichten mit unsereins, aber vielleicht hilfts ja dass sie kein Mensch ist sondern ein.. Garou. Es ist ja nicht nur sie, die sich an mich dranhängt. Hölle, seit Jahren hab ich keine Freunde mehr, war immer allein unterwegs und mochte es auch so. Sie treffe ich gerade zweimal und wir verstehen einander als wären wir... Seelenverwandte."
Sie schaut Silvia auf deren Grummeln scharf an. "Ich bin keine Rasse." versetzt sie. "Ich bin Meyye. Und ich weiß was Vertrauen ist. Sie war bei mir.. am Tag, wenn dir das was sagt."