4.4.04 - Wölfe in der Schafherde

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Der Weg ist zu Fuß gar nicht so kurz... und besteht vor allem aus einer endlos langen Hauptstraße, aber irgendwann kommen die Wanderer an der Disco an, von der es Meyye schon sehr wundern würde, wenn heute mal weniger los wäre als sonst immer. Auch Wochentage haben die jungen Leute nie gestört dabei, sich hier zusammenzurotten und sich gehenzulassen oder sich Bekanntschaften zu suchen.

Und da fallen dann auch Meyye und Tatjana höchstens Einzelnen positiv auf, als sie ankommen.
 
Meyye merkt eindeutig, dass Tatjana irgendwie nervös wirkte. "Ich hatte zumindest noch nicht diese Art von Spaß ... ich bin ja froh, dass ich seit einem halben Jahr überhaupt etwas auf eigene Faust machen darf ... ist nicht so leicht ... als Metis." Scheu blickt sie sich in der Menge um ...
 
Meyye verzieht den Mund ein wenig mitleidig, tätschelt Tatjana am Arm und sagt nichts. Wenn sie das Tribunal übersteht ist es mit den Alleingängen erstmal aus, alles andere würde sie jedenfalls ziemlich wundern. Aber sie findet recht schnell wieder zu guter Laune (oder zumindest deren Ausdruck) zurück. "Na dann schauen wir mal, was wir da machen können." meint sie schmunzelnd und zieht die Freundin weiter.

Sie hat auch keine Hemmungen zum Ellbogeneinsatz, wo es nötig ist, bleibt aber freundlich und bedenkt beiseitegeschobene Leute mit einem entschuldigenden Lächeln. Schließlich geht es die Treppe zum eigentlichen Eingang hinauf und zu den Türstehern, denen sie nur mal zuwinken muß damit sie zurücklächeln und sie und ihre Begleiterin durchwinken. Sie geht auch gleich weiter in den Bereich, in dem es so richtig laut wird und die Bässe dröhnen. Gottlob weniger die Charthits als die netten House-Stücke und andere beatslastige Stücke, wie es sich gehört. Meyye sieht zufrieden aus als sie sich so umschaut auf der nur von Lasern und Stroboskob erhellten Tanzfläche, den Bars und diversen anderen Plätzen. Sie schaut auch mal hoch zum Balkon, wo sich viele weitere Leute eingefunden haben um sich zu unterhalten und auf die Tanzfläche hinunterzuschauen. Dann sieht sie Tatjana an um zu sehen, wie es ihr gefällt.
 
Tatjana lächelte Meyye an ... Sie war etwas nervös und sah sich um "Sag mal ... hätte ich einen Ausweis, wäre ich bestimmt zu jung für den Schuppen ... meinst du nicht?" Sie holte einmal tief Luft und musste von dem Qualm etwas husten. "Gehen wir was trinken. Ich will mich erst was umsehen ... " Noch konnte sie sich nicht vorstellen, dass das hier Spaß machen konnte, aber sie lächelte weiterhin vor sich her.
 
Meyye runzelt die Stirn. Auf was für absonderliche Ideen Tatjana kommen kann! Sie wäre jetzt nie auf die Idee gekommen, sich um die Altersbeschränkung und Ausweise zu sorgen. "Hmja... na und?" ist dann auch ihre sorglose Antwort. "Keine Angst, du bist mit mir hier... wenn dir einer blöd kommt kriegt er Ärger."

Sie nickt auf Tatjanas Absicht hin und geht mit ihr aus dem ärgsten Qualm und an die Bar, setzt sich auf einen Hocker. Dort beugt sie sich nahe an ihr Ohr, was auch nötig ist wegen des Sounds. "Ich kann zwar was mitbestellen... aber trinken kann ich nichts. Das mußt du dann übernehmen." sagt sie ihr und schmunzelt sie an. "Was willst du haben?" fragt sie und deutet auf die Karte und Preisliste. Das ist die einfachere Lösung, und der Beginn der Qual der Wahl. Jedenfalls für Tatjana.
 
Tatjana suchte sich einen Cocktail aus. Sie wusste, dass sowas mit Sahne war .. und das mochte sie. "Bestell dir noch nen Cocktail ... die mag ich doch so gern ... glaub ich." Ein breites, echtes Grinsen erschien. Meyye konnte die Vorfreude schon richtig in Tatjanas Gesicht erkennen. Dann sah sie sich mal etwas genauer die ganzen Gestalten in dem Laden an.
 
Meyye nickt grinsend und bestellt sich einen mit, führt ihn dann auch noch an die Lippen um so zu tun, als würde sie trinken. Und gerade läuft Kelis.. 'Milk Shake', wie passend. Und eigentlich hat sie jetzt Lust auf Tanzen. Sie freut sich immer, dass wenigstens das noch so ist wie früher... dass sie glaubt, die Beats (wenn sie gut sind) in den Beinen zu spüren und sich bewegen zu müssen. "Ich seh schon, du kommst hier zurecht. Ich geh auf die Tanzfläche. Kannst ja nachkommen, wenn du Lust hast." ruft sie Tatjana aus nächster Nähe entgegen.

Dann wendet sie sich ab und geht wie angekündigt auf den Floor. Der Song wechselt, Kosheens 'Hide you'... sehr gut. Der gefällt ihr, und es läßt sich gut darauf tanzen... zumindest für sie, viele andere finden Drum&Bass sehr schwierig, und auch für Meyye wird es knifflig, auf die später hereinkommenden komplementären HiHats zu reagieren... aber wenn sie es nicht täte, wär's ja langweilig, oder? Und so bewegt sie sich zur Musik, läßt die Hüften kreisen, macht schnelle Schritte und dazu passende Armbewegungen, wenn sie sich nicht gerade mit der Hand über den Bauch streicht... beinahe schon laszive Bewegungen, die sie immer wieder einstreut, und die ihre Wirkung auf eventuelle Beobachter nicht verfehlen.

Das sind Momente, in denen sich Meyye verlieren und die Welt drumherum vergessen kann. Sie ist keine Vampirin mehr und die Sonne nicht ihr Feind... sie ist nur ein Teil des Rhythmus und außer ihm ist auch nichts mehr wichtig. Da kann es schonmal passieren, dass sie Geschehnissen gegenüber, die mit der Musik nichts zu tun haben, blind und taub ist...
 
Tatjana sog an ihren Cocktails, lächelte und schien überglücklich zu sein. Immerwieder sah sie zu Meyye auf die Tanzfläche, die aber vollkommen in der Musik aufzugehen schien. Plötzlich saß ein schwarzhaariger junger Mann neben Tatjana. Sie lächelte scheu. Der Kerl lächelte freundlich "Ich hoffe doch, dass der Stuhl noch frei ist oder?" Er reicht ihr seine Hand. "Ich bin Simon und recht neu hier in der Stadt. Bist du öfter hier?" Die Garou wurde rot im Gesicht und lächelte schüchtern. "Ich bin ... Tatjana und schon etwas länger in der Stadt ... aber das erste mal hier in der Disco."

Es folgte noch etwas Konversation und die beiden sahen sich tief und lange in die Augen. Dann wurde Tatjana plötzlich sehr viel steifer, das Lächeln war verschwunden. Sie nickte Simon zu und sie verliessen die Disco. Nur das erste Glas von den Cocktails war angerührt. Meyye merkte überhaupt nichts davon, dass Tatjana plötzlich weg war.
 
Hin und wieder trifft der DJ eine Entscheidung, die Meyye nicht so behagt. Aber das gehört zur Natur der Sache, und immerhin kann sie so mal ein wenig kürzer treten und nach Tatjana schauen. ... Tatjana?

Der Platz ist leer. Meyye kommt von der Tanzfläche herunter und geht zu dem Hocker, vor dem auf der Theke noch immer zwei Cocktails stehen die kaum angerührt wurden. Sie schaut sich um, durchdringt das Wirrwarr von Leuten und Lichteffekten und sucht. Aber allzu besorgt ist sie nicht, vielleicht ist Tatjana einfach nur mal kurz zur Toilette gegangen. Da hilft nur Warten.

Nochmal fünf Minuten später wird ihr auch das zu lang. Was, wenn etwas nicht stimmt? Oder es ihr einfach nur zu laut war? Sie war ja noch nie hier. Meyye steht auf und geht zu dem Barkeeper, der ihnen vorher die Getränke hingestellt hatte. "Hey!" schreit sie ihn an, und er dürfte es gerade so hören durch die Schallmonster aus den Boxen. "Hast du gesehen wo meine Freundin hin ist?"
 
Der Barkeeper nickte zustimmend. "Ja ... irgendwi schien es ihr plötzlich nicht mehr so gut zu gehen ... Ihr Freund hat sie dann mit nach draußen genommen." Damit deutete er auf den Ausgang.
 
Jetzt kann jemand Meyye mal entgeistert sehen. "Ihr Freund? Wie sah der aus? Wann war das?" kommen gleich weitere Fragen wie mit der Kalaschnikow abgeschossen, während mehrere Gedanken durch ihren Kopf wirbeln. War einer dieser verdammten Ventrue in der Nähe? Oder haben sie die von ihrem Stamm geholt, jetzt schon? Sie hat Tatjana gar nicht gefragt, wann denn die 'Vorladung' zu erwarten wäre... drängend sieht sie den Barkeeper an, der ihr vielleicht die ein oder andere Antwort liefern kann.
 
Dar Barkeeper machte eine beruhigende Hanbewegung. "Der junge Kerl war wohl so Mitte 20. Er hatte lange schwarze Haare, zu einem ordentlichen Haarzopf gebunden. Eine Sonnenbrille am Shirt stecken, hatte eine Lederhose an ... und war rasiert ... keine Brille. Recht charismatisch, freundlich und hilfsbereit. Am Anfang sah es zwar noch so aus als würde seine Freundin allein laufen können, aber dorthinten wurde es ihr wohl schon schwindelig und sie hat sie gesützt. Ja ... so war das"
 
Meyye lauscht und kann die Beschreibung des Typen nicht einordnen. Sie kennt ihn nicht. Soweit, so gut. Könnte aber auch noch weitaus schlechter sein als ihr Vater oder ein anderer Vampir (gegen solche kann sie sich ja wehren, wenn es sein muß). Und was der Keeper über Tatjanas Verhalten gesagt hat, alarmiert sie. Sie wendet sich um ohne sich zu bedanken und läuft, so schnell es die Menschenmassen und ihre Durchschlängelkünste erlauben, auf den Ausgang zu.

Dort angekommen schaut sie sich angestrengt um. Sie kann eigentlich den ganzen Parkplatz überblicken, aber es sind viele Leute unterwegs, und sie weiß nicht, wie lange es her ist... zu lange, wahrscheinlich. Sie wendet sich an einen der Türsteher, den der sie durchgewunken hat. "Hey... hast du meine Freundin gesehen? Sie ist hier rausgekommen, zusammen mit einem Typen, schwarze Haare, Sonnenbrille am Shirt... kannst du mir sagen, wo sie hin sind?" Sie klingt etwas beunruhigt, das ist merklich. Beunruhigt, aber nicht wütend sondern eher furchtsam. Selten bis gar nicht dürften die flüchtigen Bekannten (wie zum Beispiel die Türsteher des Mexican) sie bisher so erlebt haben.
 
Der Türsteher runzelte die Stirn ... "Ja stimmt ... da war so ein Pärchen ... sie war wirklich sehr jung schien mir. Und ihr gings nicht gut. Sie war irgendwie blass im Gesicht. Er hatte sie am Arm. Sie sind in ... Moment da war was ... irgenwas hat sie gesagt ... warte mal ..." Der große Typ wirkte angespannt und dachte scharf nach ...
 
Ihr gings nicht gut? Also von den kaum angerührten Drinks kann es kaum gekommen sein... irgendwas stimmt doch hier nicht. Und sie muß schleunigst wissen, was es ist. Daher sieht sie den Türsteher gebannt und mit rapide schwindenden Geduldsreserven an, als er zur großen Nachdenklichkeit ausholt.

"Was?" stößt sie schließlich hervor (nach ca. 3 Sekunden Nachdenken des Gegenübers). "Was hat sie gesagt? Und wo sind sie hin, Mann? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehn..." Ja, so kennen sie Meyye schon eher. Wenn sie mal nicht gut drauf ist, hat sie dieses unterschwellige, eigentümliche Knurrgeräusch in der Stimme, aber das ist vielleicht auch nur eingebildet, weil es durchaus zu ihrem Gesichtsausdruck passen würde.
 
Der Türsteher baut sich vor Meyye auf. "HEE, nicht gleich so unfreundlich ... Irgendwie wollten die glaub ich auf die Wiesen ... irgenwie frische Luft schnappen ... ja das wars ... mehr nicht und jetzt komm wieder runter ..." Er wirkte etwas genervt.
 
Sie winkt nur ab. "Is ja gut." Vielleicht wird sie sich später oder ein andermal für ihren Ausbruch entschuldigen, jetzt jedenfalls ist sie nicht dazu in der Lage. Jetzt rennt sie los, weicht wilde Haken schlagend den Leuten aus, nicht aus Rücksicht, sondern weil es sie aufhalten würde, läuft auf die nahe Wiesen zu und hofft nur, dass sie nicht zu spät kommt... wofür auch immer.

Erfahrungsgemäß sind immer ein paar Turtler oder Chiller vom Mexican hier, aber das ist ihr jetzt egal. Ihre Augen glühen auf, wie rote Suchscheinwerfer schwenken sie von hier nach da, als Meyye auf dem großen Grünflächenareal angekommen ist und langsamer weiterläuft...
 
Meyye wetzt wie eine wilde über die Rasenflächen. Ab und zu stehen verteilt ein paar Bäume und Büsche ... natürlich schenkte sie diesen Ecken besondere Aufmerksamkeit. Bei der fünften Baum-Buschgruppe, wo sie vorbei kommt, kann sie Tatjana erkennen. Sie liegt recht gut verborgen zwischen den Büschen. Reglos und in ihrer Kriegsgestalt ... und von der Entfernung, wo Meyye steht konnte sie auch sonst nichts erkennen.
 
"Scheiße." ist ihr erster Gedanke, den sie auch gleich ausspricht, als sie Tatjana entdeckt. In Kriegsgestalt, allein und ohne sich zu rühren. Sie läuft auf sie zu und schaut sich erst sorgsam um, als sie bei ihr ist, bevor sie auf die Knie geht und die vielen Klauenspuren sieht. "Oh Scheiße, Tatjana... tu mir das nicht an." Sie tastet nach einem Puls, beugt sich vor um ihr ins verwandelte Gesicht zu sehen.

Dann zittert etwas in ihr, streckt sich und testet seine Ketten und die Mauern die es halten. Meyye keucht. Der Blutgeruch ist in ihrer Nase und will nicht mehr weggehen. Sie schüttelt sich, als könne sie ihn dadurch loswerden, wendet sich von ihr ab. Sie muß sich konzentrieren. Tatjana ist verletzt, sie braucht Hilfe. Aber wer kann ihr helfen? Sie? Kein Stück. Krankenhaus? Ja, klar... Herr Doktor, ein Notfall... jaa, ich weiß, es ist ein Werwolf... behandeln sie sie jetzt oder ich trinke Ihr Blut!

"Tati... was soll ich tun?" bringt sie angestrengt hervor und wagt es wieder, hinzuschauen und sich dem Blutgeruch stärker auszusetzen. So anziehend... so verlockend... so furchtbar.
 
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