Zuflucht [20.05.2008] Die Zeit rennt und was gibts Neues?

Dafür hatte Melody immer ihre Dietriche oder besser gesagt ihr kleines Lockpicking Set in Scheckkartenformat dabei. Das große Set führte sie höchstens mit, wenn sie wusste, was sie vor hatte. So bald sie im Flur war, verhielt Melody sich erst mal eher still und zog wieder die Schatten um sich, falls der Hund einige davon vertrieben haben sollte. So lang das Licht nur in den Wohnungen war, störte es Melody eher weniger. Sie hatte auch nicht vor, sich weiter laut zu verhalten. Irgend wann würde die Tür schon ihren Versuchen folgen. So ganz unbedarft war sie ja nicht in solchen Dingen.
 
Als Melody genauer nachsah stand die Wohnungstür einen winzigen Spalt offen, allerdings war drinnen nichts zu hören und es brannte kein Licht.
 
Mochte sie die offen stehende Tür?

Gänsehaut war es zwar nicht, was ihr dabei über den Rücken kroch, doch wohl fühlte sie sich nicht. Eine ganz normal abgeschlossene Tür...

…. wäre ihr nicht lieber gewesen, als ihr Blick etwas genauer auf die Schließmenchanismen der Tür fiel. Ganz so einfach wäre das wohl nicht geworden.
Einem Geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul, oder?

Innerlich fluchte die junge Ventrue wie ein Rohrspatz. Sie war aber nicht so dumm, davon viel nach aussen dringen zu lassen.. eher so gar nix, wenn man von dem Verdrehen ihrer Augen absah, dass eh niemand sehen konnte. Höchstens irgend ein Großvatergeist. Und da die Tür offen war, würde sie jetzt bestimmt nicht anfangen mit dem zu reden und ihr zu sagen, dass sie nur liebe Dinge will. Wäre ja noch schöner, wenn da drinnen bereits irgend welche anderen Einbrecher zugange waren – unangenehmere Zeitgenossen als sie selbst oder eher viel mehr unangenehmere Zeitgenossen für die junge Frau, die hier wohnte.

Melody wartete ab, bis das Licht im Treppenflur erlosch, bevor sie nochmals die Schatten ein wenig fester um sich zog um möglichst unerkannt ihr Werk zu tun. Sollte die Tür oder der Boden natürlich knarren, jemand dabei womöglich auch noch die Tür im Auge haben, mochte es vergebene Liebesmüh sein, aber die Hoffnung stirbt immer zu letzt.

Melody ging in die Hocke neben die Tür und fasste selbige fast am Boden an. Vorsichtig schob sie die Tür auf, lauschend ob sich irgend wo etwas bewegte, atmete... und auch auf etwaige Türen, die sich in den Treppenflur öffnen mochten, hatte sie ein Ohr, denn für das Erste glühten ihre Augen rötlich. Sie wollte sich nicht so gern von plötzlichen Licht überraschen lassen.
 
Melody roch als erstes Blut und nahm dann eine Blutspur wahr mit der sich jemand aus dem Bad wohl ins Innere der Wohnung geschleppt hatte. Als ihre roten Augen die Dunkelheit durchdrangen sah sie eine sich regende Gestalt auf der Couch liegen.
 
Das wurde ja immer besser. Wie stark war die Kleine wohl traumatisiert? Und wichtiger noch – war noch irgend jemand bei ihr in der Wohnung? Schade, dass sie keine echte Ventrue war oder Tremere. Dann hätte ihr vielleicht der Duft des Blutes schon mehr gesagt. Auch, ob es von einer Frau stammte oder von einem Mann. So reizte es nur das träge, satte Tier in ihr ein wenig.

Melody widerstand dem Impuls mit dem Schädel gegen die Wand zu dotzen, bevor sie sich vorsichtig in die Wohnung schlich. Sie bemühte neben den Schatten, die ihr Eindringen verbergen sollten, auch noch möglichst leise zu sein. Die Tür lehnte sie genau so an, wie sie sie vor ihrem Eindringen vor gefunden hatte. Bei jedem Schritt trat sie nicht mit den Hacken auf sondern mit den Zehen und belastete nur langsam und vorsichtig den Boden, prüfte und achtete auf ein mögliches beginnendes Knarzen. Sie wollte die Frau nicht noch mehr erschrecken, doch bevor sie sich ihr zu erkennen gab, musste sie sicher sein, dass Lara allein hier war – eine mögliche Panik der Kleinen hin oder her – Sicherheit ging vor.

So schickte sich der Vampir eingehüllt von der Dunkelheit, die Blicke von ihr ablenkte, an die Wohnung zu durchsuchen. Geschlossene Türen würde sie allerdings nicht öffnen. Sie hatte keine Ahnung, wie achtsam das Wesen auf der Couch war, was hoffentlich die gesuchte Lara war. Also würde bei solchen Türen ein lauschendes Ohr reichen müssen. Und Achtsamkeit – ganz viel Achtsamkeit – vor allem auch auf Dinge, die eventuell nicht an dem Ort waren, wo sie hin gehörten, Dinge die Lärm machen konnten, wenn sie sie unvorsichtig berührte. Die galt es in jedem Fall zu meiden.
 
Melodys tier begann sich zu regen...der Blutgestank und das wehrlose Opfer waren verlockend. Immerhin hatte hier jemand eine tolle Vorarbeit geleistet und das Opfer in die richtige Stimmung gebracht. Die bestie warf sich mit Gewalt gegen die Ketten die die Neu-Ventrue ihm angelegt hatte...würden sie halten?
 
Und da sollte noch mal einer sagen, Melody könne sich nicht beherrschen, wenn es wichtig war!

Hey.. sie war cool. Sie war die Ruhe selbst.

Das Tier sprang gegen ein Bollwerk von inneren Wänden an.

Ja doch. Die waren papierdünn wie immer. Aber zum Glück hatte das Mistviech sie eine Stelle ausgesucht, wo ausnahmsweise mal richtig viele... na, wenn schon nicht viele so doch aber ausreichend dicke Schichten vor waren, dass es sich für das erste den Kopf einrannte.

Trotz ihrer leichten, dezenten Nervosität ob des verlockenden Geruches hielt die Ventrue an ihrem Plan fest und kontrollierte als erstes die Wohnung im Hinblick auf ungebetene Gäste. Und blieb dabei immer schön achtsam. Sollte sich nix finden, konnte sie sich von der Wohnungstür aus bemerkbar machen, in dem sie eher leise anklopfte. Worte wie 'Lara? Die Tür stand offen. Eine Freundin deines Großvaters Theodorus schickt mich.' waren im Zweifelsfall hoffentlich geeignet, die Kleine ruhig reagieren zu lassen.
 
Die Wohnung war verlassen bis auf die Gestalt die sich auf der Couch zusammengerollt hatte. Im Bad fand Melody schnell Spuren von Gewalt. Der Duschvorhang war aus seiner Halterung gerissen worden, Wasser war durch das gesamte Bad gespritzt und Blut war in den Abfluss des Waschbeckens getropft und dort in seltsamen Mustern festgetrocknet...Wäsche zum Wechseln lag unbeschadet und sauber auf dem Toilettensitz. Hier hatte ein heftiger Kampf stattgefunden und offensichtlich war die junge Frau das Opfer eines Gewaltverbrechens geworden...das würde Caitlin nicht gefallen.
 
Das gefiel nicht nur Caitlin nicht. Melody fand es auch alles andere als prickelnd. Aber wem nützten solche Empfindungen? Niemanden. Also schlich sie zurück zur Tür. Fast widerwillig löste sie die Schatten um sich herum auf, während sie in der Dunkelheit des Wohnungsflures stand und zog die Tür erneut auf, wenn es auf dem Treppenflur dunkel war und auf dem Flur nichts zu hören war. Gleichzeitig mit dem Verscgwinden der Schatten erlosch auch das Rot ihrer Augen. In der offenen Tür stehend klopfte sie leise. "Lara? Die Tür stand offen. Eine Freundin ihres Großvaters Theodorus schickt mich." Die fremde Frau betätigte exakt beim letzten Wort den Lichtschalter des Wohnungsflures und stieß ein ersticktes "Oh mein Gott, was ist hier passiert?! Ich darf nicht zu spät sein. Bitte. Bitte!" Die Tür schloss die fremde Brünette ohne dem scheinbar wirklich eine Beachtung zu schenken. "Lara?" , fragte sie aus dem Flur heraus, während sie schnell zu der Verletzten ging. "Lara?! Oh mein Gott es tut mir so leid. Ich war nicht schnell genug." Sie ging neben der Verletzten in die Hocke um noch weniger bedrohlich zu wirken. "Was ist passiert? Ich bin Sarah."
 
Das einzige Geräusch das Melody als Antwort bekam war ein hysterisches Schluchzen...der Schatten auf der Couch bewegte sich und verkroch sich noch tiefer in die Sitzecke.
 
„Shhht, Shhhht.“

machte Melody das allseits bekannte und beruhigende Geräusch. Sie hielt nach einer Decke ausschau, die sie Lara über legen konnte. Für das erste verzichtete sie darauf, die andere Frau zu berühren. Das könnte sie in zusätzliche Panik versetzen und Melody könnte ihr damit auch unabsichtlich weh tun. Das hatte sie nicht vor.
„Ich mache mal etwas mehr Licht an, Lara. Ich muss sehen, wie schwer deine Verletzungen sind.“ Natürlich wollte sich Lara viel lieber verkriechen und wollte Dunkelheit und an nichts denken. Das Licht sollte ihr aber auch ein Stück Normalität und Realität zurück geben, auch wenn insbesondere letztere wohl verflucht schwer zu schlucken war. Es sollte auch symbolisieren, dass Melody niemand bedrohliches war, der sich in den Schatten versteckte. Ja, verdammt, behaltet die Ironie für euch. Jemand, der sie angreifen wollte, würde wohl kaum extra Licht dafür anmachen uns riskieren, dass jemand anderes leichter darauf aufmerksam wurde. Lara würde sich darüber wohl kaum Gedanken machen, aber in ihrem Unterbewusstsein bewirkte es mit ein klein wenig Glück doch etwas. Wenn es ein kleines Licht gab, dass für indirekte Beleuchtung sorgte, würde Melody das anstellen, aber zur Not tat es auch das ganz normale Deckenlicht. War eine Decke greifbar, die sie für den ersten Moment der Verletzten um die Schultern legen konnte? So eine Decke konnte ein psychischer Schutzschild sein und Lara konnte nun wirklich alles an Schutz gebrauchen, was Melody ihr angedeihen lassen konnte.

Melody setzte sich auf den Boden vor die Sitzecke, so dass Lara höchstens den Blick zu ihr wenden musste ohne groß den Kopf zu heben, wenn sie sie sehen wollte. Eine Hand legte sie mit der Handfläche nach oben auf die Couch, so dass Lara sie greifen konnte, wenn sie wollte. Sie fing noch mal von vorne an. Immerhin schluchzte Lara nur und schrie nicht laut um Hilfe, weil eine Fremde in ihre Wohnung eingedrungen war. Das war doch schon mal was.
„Ich bin Sarah, Lara. Dein Großvater Theodorus hatte eine Freundin, die er gebeten hat, ein Auge auf dich zu haben. Sie hat gemerkt, dass etwas nicht stimmt bei dir und deshalb hat sie mich gebeten zu dir zu kommen, weil sie selbst viele Verpflichtungen hat, denen sie nach kommen muss. Sie sorgt sich um dich und sie hat mich gebeten, dich zu schützen. Dein Großvater ist tot, nicht wahr? Du wirst noch nie von ihr gehört haben. Ich soll dir sagen: Auch wenn sich nicht alle seine Ideen durch gesetzt haben, er ist kein Spinner. Wenigstens so was ähnliches hat sie mir gesagt. Ich hoffe, dich erinnert das an was und weckt eine Erinnerungen, die du mit deinem Großvater verbindest? Mir selbst sagt es leider nicht viel.“ Melody hatte die Anlehnung an Mark Twain nicht verstanden, auf die Caitlin sich bezogen hatte, aber bei Lara mochte das etwas anderes sein. Sie mochte den entsprechenden Ausspruch vielleicht von ihrem Großvater kennen.

„Es tut mir leid, dass ich zu spät bin, um dich vor dem zu bewahren, was dir hier passiert ist. Ich habe erst heute von dir erfahren und bin sofort zu dir gekommen. Das Anrufen und das Klingeln war ich. Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich musste genauer nach sehen. Caitlin hat mir gesagt, sie fürchtet, dass du einer kriminellen Organisation mit irgend was in die Quere gekommen bist und das sie um deine Sicherheit fürchtet. So wie es hier aussieht, hatte sie wohl recht oder? Dir hat jemand einen Denkzettel verpasst? Es war kein beschissener Ex oder eine Zufallsbekanntschaft? Denn du hast nicht die Polizei gerufen und keinen Krankenwagen. Auch keine andere Hilfe.

Deine Wohnung ist ein halbes Schlachtfeld.

Wenn du unsere Hilfe zu lässt, können wir dich schützen. Ich mag klein und zierlich sein, aber glaube mir, ich weiss, wie ich mit solchen Arschlöchern umspringen muss.

Du bist verletzt. Du musst mich sehen lassen, wie schwer deine Verletzungen sind. Ich habe hier viel zu viel Blut gesehen. Ich werde dich nicht ohne Schutz hier allein lassen, Lara. Du kannst wählen, ob du mir vertrauen möchtest und meine Hilfe annehmen. Wenn du dich dagegen entscheidest, werde ich die Polizei und den Notarzt anrufen. Deine Verletzungen müssen versorgt werden und du brauchst Schutz. Vor den Fragen der Polizei kann ich dich nur bewahren, wenn du dich entscheidest, mir zu vertrauen. Ich kann Dinge wie das hier regeln. Deshalb hat Caitlin mich geschickt. Ich kann dich schützen, Lara.“

Entmündigte Melody Lara gerade ein klitze klein wenig? Aye, aber sicher doch. Aber so war es, wenn man Leute mit einem Trauma, Verletzungen oder ähnlichem vor sich hatte. Am besten bekamen die ganz klare Ansagen über die Dinge, die zu geschehen hatten und das natürlich auch gegebenenfalls gegen deren Willen? Wollte Melody die Polizei oder den Notarzt rufen? Ganz bestimmt nicht. Sie hoffte sogar sehr stark darauf, dass Lara dem ebenfalls sehr abgeneigt war. Dennoch, bevor sie Lara hier allein zurück ließ, waren Polizei und Krankenwagen sicher die bessere Alternative als sie allein in der Wohnung zurück zu lassen. Die Betonung auf 'Schutz' und schützen' und die mehrfache Wiederholung genau dieser Worte kamen auch nicht von ungefähr.
 
"Nein, kein Licht...kam eine hysterische Reaktion des Opfers, das wie Melody jetzt merkte sich bereits eine Decke über den Kopf gezogen hatte. Schließlich lies sie Melody sehen. Der Körper der Frau war mit Hematomen übersät, mehrere Rippen schienen gebrochen zu sein und es gab Schnittwunden sowie ein auf brutale Größe angeschwollenes linkes Auge. Außerdem wirkte die Frau dehydriert, schien sich seit einiger Zeit nicht bewegt zu haben, entsprechend verspannt wirkte ihr Körper. Offensichtlich lag aber keine Vergewaltigung vor...es sah so aus als habe der Täter kurz vorher aufgehört.

Auf die Referenz auf Theodorus reagierte Lara eher abwesend..."Opa Theo, der ist doch tot seit ich einkleines Kind war...den hab ich kaum gekannt..." stammelte die junge Frau. "Ich kenne keine Caitlin."

Bei der Frage nach dem Täter brach Lara in wildes Schluchzen aus und war zu keiner Antwort in der Lage.
 
„Ich hole dir etwas zu trinken.“, sagte Melody sanft und ruhig, während ihr Gesicht aufrichtiges Mitgefühl für die junge Frau zeigte, jedoch wenig bis gar kein Entsetzen. Man konnte sagen, dass der Täter ziemliches Glück und guten Instinkt damit bewiesen hatte, die Frau nicht zu vergewaltigen. Melody hatte bereits den Ansatz von Fantasien gehabt, die sich mit Stahlbürsten beschäftigten, wie sie sie zum Reinigen von Waffen benutzte. So oder so stand der Unterwelt von Finstertal eine neue Art des Grauens bevor, wenn sie der Meinung war, Vergewaltigung sei eine der Form der Lektionen, die man speziell Frauen erteilen müsse. Das fand Melody so gar nicht witzig. Der andere Scheiss, der Lara hier passiert war, war ohne Frage ebenfalls sehr übel und hinterließ psychische Schäden. Dennoch hatte die Kleine Glück im Unglück gehabt.

Ihre klaren Ankündigungen, was Melody tun wollte, hatten ihren Grund.. Sie sollten Lara Sicherheit geben, wenn es auch eine trügerische war. Sie sollte sich nicht fragen müssen, was die andere tat und gleichzeitig sollte es ihr nach und nach zusätzlich vermitteln, dass Melody wusste was zu tun war, selbst wenn es um Kleinigkeiten ging. In der Küche suchte sie nach einem Becher oder Glas für etwas zu trinken und öffnete den Kühlschrank um den Inhalt zu inspizieren. Hier interessierten sie weniger mögliche Getränke als viel mehr die Lebensmittel. Hatte Lara Brot oder gar Toastbrot da? Ne Scheibe Brot ohne Rinde wäre sicher nicht verkehrt. Auch Milch konnte helfen, den gröbsten Hunger erst mal zu stillen.

Nachdem sie die Möglichkeiten für etwas schnelles, eher weiches zu Essen ausgekundschaftet hatte, brachte sie Lara aber erst mal einen großen Becher mit schlichtem Leitungswasser, das nur leicht kühl war. Keine Schmerzen für Magen und Speiseröhre, keine Belastung.

„Hier... Nimm.“,sagte Melody und reichte ihr den Becher an. „Du brauchst Flüssigkeit. Danach bekommst du mehr. Ich weiss.“, schwang Melody dann schnell wieder auf das Thema mit dem Großvater um, nachdem die erste Versorgung von Lara begonnen hatte. „Deshalb habe ich ja Caitlin auch gefragt, was ich dir überhaupt sagen kann, dass du mir und ihr glaubst, dass wir dir helfen wollen. Und da sagte sie mir diese Sache mit den nicht durchgesetzten Ideen und das er trotzdem kein Spinner war. Ganz ehrlich? Ich hab echt keinen Plan, was dir das sagen soll. Aber kann es sein, dass es etwas ist, was dein Großvater früher gesagt hat?“

Melody zuckte leicht mit den Schultern. „Tut mir leid.Ich weiss, dass es schwer ist, wenn man gerade so was durch gemacht hat. Aber mehr als das und die Art, wie ich mich dir gegenüber verhalte, kann ich dir nicht geben, damit du mir vertrauen kannst. Und wenn du die Polizei hier raus halten willst, ist es deine einzige andere Möglichkeit. Ich werde nicht zu lassen, dass diese Arschlöcher sich noch einmal an dir vergreifen entweder auf die eine oder andere Art. Entweder lässt du mich jemanden besorgen, der dich medizinisch versorgen kann und den Mund halten und lässt mich dich an einen sicheren Ort bringen oder du bist innerhalb der nächsten zwei Stunden im Krankenhaus und die Polizei ist informiert. Du wirst hier nicht mehr allein im Dunkeln liegen, Lara. Das lasse ich nicht zu.“

Natürlich hätte Melody ihr auch erzählen können, sie solle sich auf ihren Großvater konzentrieren und mit ihm reden. Nur irgend wie... Wenn Lara das häufiger tat, kam sie bestimmt von selbst auf die Idee und würde die Gelegenheit nutzen, wenn sie in der Küche rum werkelte und wenn nicht, würde sie sich durch diese Anregung wohl höchstens unglaubwürdiger machen.

„Wir können das hier für dich regeln und vor allem können wir dafür sorgen, dass dir die nichts mehr antun können. Welcher der Fraktionen bist du auf die Füße getreten und womit?“
 
Als Lara das Glas entgegennahm streifte sie dabei die Hand ihrer Helferin und blickte daraufhin überrascht zu Melody. "Eiskalt" kam es leise wispernd über ihre Lippen aber der Gedanke an ein Krankenhaus erschreckte die Frau und lenkte sie ab.
"Kein Krankenhaus und keine Polizei. Er hat gesagt das er das nächste mal nicht aufhört...und ich weiss nicht wer das war, hab den Kerl noch nie gesehen. Ich weiss nicht wem ich da auf die Füsse getreten bin...ich bin bei der Verwaltung im Hafen für die Zuteilung von Ankerplätzen zuständig. Wen interessiert sowas und wer schickt dafür Schläger los?"
 
"Ja.. 'tschuldige. Mein Blutdruck ist meistens im Keller. Mein Freund hat auch immer wegen meiner Eispfoten gejault." Kurz huschte ein trauriger Ausdruck über Melodys Gesicht, als sie an Marty dachte. Doch der war schnell wieder weg . "Bin gleich wieder da." Wieder huschte Melody in die Küche. Irgend n Brot, von dem sie die Rinde abschnitt mit Belag oder fast besser noch eine Dosensuppe, die sie in der Mikrowelle oder so erhitzen konnte, würde sie schon finden, um sie der ausgedörrten und wahrscheinlich auch hungrigen Frau zu bringen. Ihre Beute brachte sie ins Wohnzimmer. "Versuch zum Wasser eine Kleinigkeit zu essen."

"Wenn du bereit bist, unsere Hilfe an zu nehmen, können wir Polizei und Krankenhaus weg lassen. Aber Hilfe brauchst du. Das schuldet Caitlin deinem Großvater. Wen so was interessiert und wer dir nen Schläger auf den Hals schickt? Irgend eine der kriminellen Organisationen in Finstertal würde ich vermuten. Als erstes kommen da die Italiener, die Russen oder die Südamerikaner in Frage.... oder die Asiaten.", fügte sie nach einem kurzen Zögern noch hin zu, weil sie an ihr Gespräch mit Hergül dachte. "Wie sah er denn aus? Was genau hat er zu dir gesagt? Du bist bei deiner Arbeit wahrscheinlich über irgend was gestolpert."
 
Lara verschlang Brot und Suppe mit Heisshunger. Auf Melodys Frage dachte sie nach. Die Ventrue konnte geradezu sehen wie es in ihrem Kopf arbeitete. Wobei sie sich wohl überlegte woher eine recht normal aussehende Frau wie Melody mit den kalten Fingern sowas wusste und wer diese Caitlin war die ihren schon sehr lange toten Opa gekannt hatte?
"Wenn du das so aufzählst könnten der am ehesten Südamerikaner gewesen sein...er nannte mich Puta, das ist doch spanisch, oder?"
 
Melody hob eine Augenbraue und pustete sich Haare aus dem Gesicht. "Hey, du kannst mir mit Englisch kommen aber nicht mit viel mehr. Auf der anderen Seite: nen Asiaten hättest du sicher unterscheiden können und als russisches oder italienisches Schimpfwort habe ich es noch nicht gehört. Online Wörterbücher lassen grüßen. Wir werden es bald wissen." Fast ein wenig gluckenhaft beobachtete Melody wie Lara das Essen fast fraß. Es war wohl genau das richtige gewesen, die schlichten körperlichen Instinkte der Frau an zu sprechen, damit sie wieder ein wenig zu Besinnung kam. "Mach ein bisschen langsam mit dem Essen. Mir scheint fast, du hast die ganze Zeit hier nur gelegen ohne zu essen und zu trinken. Dein Körper braucht zwar die Kraft, aber du tust dir keinen Gefallen, wenn du deinen Magen überforderst. Immerhin sollst du alles hübsch bei dir behalten.

War denn bei deiner Arbeit irgend was seltsam in der letzten Zeit? Und für welche Liegeplätze bist du zuständig?"
 
"So groß ist der Hafen ja nicht, aber wir hatten eine Anfrage für eine größere Luxusyacht in der Nähe des Golfplatzes den wir gegen eine Liegegebühr vergeben haben. Da haben wir ein paar Mitarbeiter vorbeigeschickt die sich umgesehen haben, aber sonst war dort nichts auffälliges."
Lara schien sich langsam zu beruhigen und auch ein wenig Kraft zu schöpfen. Gehorsam begann sie langsamer zu essen.
 
Melody zuckte leicht mit einer Schulter. "Hmmh. Wenn es um die Yacht ging, würde ich eher vermuten, dass sie auf die Leute los gegangen wären, die vor Ort waren.

Oder wart mal. Meinst'e gar dass ihr da ward, als die Yacht angelegt hat, sondern quasi vorher und ist da sonst nicht so viel mit Schiffen los oder warum habt ihr euch das direkt angesehen?" Melody zog beim Grübeln die Stirn kraus. Am liebsten würde sie ja ihre Füße auf die Couch hoch nehmen, aber dafür müsste sie ihr Schuhwerk los werden und eigentlich wollte sie Lara möglichst fix hier raus bugsieren - mal abgesehen von den Infos, die sie ihr möglichst noch vor Caitlin aus der Nase ziehen wollte.
 
Lara war erschöpft und die Fragen ihrer Helferin wurden langsam nervig, das zeigte Ihre Mimik nur allzu deutlich. "Ich war garnicht da. Wir haben nur ein Schild am Anleger angebracht das der reserviert ist und dann ne Kamera um überwachen zu können das dort frei ist wenn die Yacht dieses neuen Clubs dort anlegen will. Hilfst Du mir hoch, ich will frische Kleider anziehen."
Lara bewegte sich als wäre sie bereits im Rentenalter. Es mussten wirklich einige Rippen geprellt oder gebrochen sein. Bei jedem Schritt verzog die junge Frau vor Schmerz das Gesicht.
 

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