AW: [20.04. 2008] Ankunft beim Primogen
„Aber nein, ein morgiges Clanstreffenist nicht zu kurzfristig. Ich begrüße es die Ventrue der Domäne so bald wie möglich kennenzulernen. Und natürlich wäre eine effiziente clansinterne Zusammenarbeit gut, dazu werde ich gern meinen Beitrag leisten. Und ich werde Ihnen auch gern etwas mehr über mich erzählen.“
Dann lachte sie auf und versprühte ihren natürlichen Charme.
„Ob meine Geschichte in Ihren Augen gut und unterhaltsam ist kann ich allerdings nicht versprechen, auch ahne ich nicht im Geringsten, welcherlei Details Sie wohl am meisten interessieren würden.“
Augusta wirkte weder steif noch verkrampft. Und nun erzählte sie fast im Plauderton, wobei sie selbstbewußt und würdevoll wirkte.
„Der Anfang? Nun, meine Vorfahren kamen aus Schweden nach Deutschland, daher also mein schwedischer Nachname. Meine Vorväter waren schon seit Generationen Juweliere gewesen. Mein Vater jedoch wartete vergebens auf einen männlichen Erben. Ich war das erste Kind, meine Mutter starb bei der Geburt des zweiten Kindes, und das Baby auch.
Mein Vater hat mich alles gelehrt was er einem Jungen gelehrt hätte, auch die Goldschmiedekunst, und nun hoffte er, dass ich ihm einen Erben schenken würde, einen Sohn. Später hatte ich gar diesen Sohn, nur leider hat mein Vater das nicht mehr erleben können. Er starb als ich 25 Jahre zählte.
Meine Verwandtschaft drängte mich zu heiraten. Man traute es mir nicht zu, dass ich das Familienunternehmen allein leiten könnte. Wie sehr sich da doch alle getäuscht haben!
Ich konnte das sogar sehr gut. Dafür brauchte ich keinen Mann. Außerdem wollte ich unabhängig bleiben. Ich gebe zu, ich genoss es Herrin über ein Vermögen und ein Unternehmen zu sein. Und all das hätte ich aufgeben sollen um nur noch das schmückende Anhängsel eines Mannes zu sein? Aber nein. Und ich hätte doch niemals meinen geliebten Nachnamen Holmström aufgegeben, schon allein deswegen hätte ich nicht geheiratet.
Übrigens war ich sogar recht abenteuerlustig. Im Jahre 1867 wurden in Südafrika Diamanten und Gold entdeckt, und da machten sich allerlei Glücksritter aus Europa machten auf nach Südafrika, in der Hoffnung reich zu werden. Auch ich war dabei und ließ mich in Pretoria nieder.
Da es jedoch allzu problematisch gewesen wäre als unverheiratete und daher quasi vogelfreie Frau in einem fernen Land zu sein, habe ich meinen Sekretär Ernst Baumgart kurzerhand zu einem angeblichen Gatten Ernst Holmström gemacht. Mit falschen Papieren und gefälschter Heiratsurkunde, versteht sich, es soll ja alles seine Ordnung haben."
Sie lächelte verschmitzt.
"In Südafrika kannte uns niemand, wer also hätte ahnen können, dass Ernst nur ein Stroh-Ehemann war und meinen Nachnamen trug. Die Verhandlungen habe sowieso ich geführt, der gute Ernst war des Öfteren unpässlich, auf meine Anweisung hin.
Ich habe mich an der Finanzierung einer Diamantenmine beteiligt, und das war sehr lohnenswert, es wurden satte Gewinne erzielt. Derweil habe ich in Pretoria auch einen Juwelierladen eröffnet. Als Gewinnbeteiligung erhielt ich auch Rohdiamanten, und die konnte ich dann sogleich zu Schmuck verarbeiten. Denn ich hatte in Südafrika das Diamantenschleifen erlernt.
Während dieser Zeit wurde mein Sohn August geboren. Ernst war jedoch nicht der Vater. Ernst war nur auf dem Papier mein Ehemann, möchte ich betonen.
Ich ahnte nicht, dass ich schon jahrelang von meiner späteren Erzeugerin beobachtet worden war. Sie war mir sogar nach Pretoria gefolgt. Sie wollte eine Frau zu ihrem Kind machen, die ebenso patent war wie sie selbst – stolz, unabhängig, geschäftstüchtig.
Etwas solches fand sich damals nicht allzu oft bei Frauen, leider, was jedoch weniger an der mangelnden Begabung von Frauen lag sondern vielmehr an den ihnen vom Patriarchat auferlegten Restriktionen. Der Sinn und Zweck einer Frau war es doch, gute Ehefrau und Mutter zu sein, mehr nicht. Das hätte mir niemals gereicht!
Heutzutage würde man mich wohl als Emanze bezeichnen. Doch bin gewiss nicht männerfeindlich. Ich komme sehr gut mit Männern zurecht – solange sie nicht versuchen mich anzuketten bzw. völlig von sich abhängig zu machen.
Meine verehrte Erzeugerin ließ mir die Wahl ob ich Mitglied unseres ehrwürdigen Clans werden wollte, und ich habe mich dafür entschieden. So wurde ich also im Jahre 1873 in Pretoria erschaffen. Henriette brachte mir das Nötige bei, ließ mir jedoch allen nur erdenklichen Freiraum, so dass ich mich recht frei entfalten konnte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar, und sie hat diese Großzügigkeit nie bereuen müssen.
Im Jahre 1889 kehrte ich mit Henriette und meinem Sohn August nach Deutschland zurück. Dies war auch das Jahr meiner Freisprechung. Ich wohnte wieder in Köln, und meine Erzeugerin zog in ihre einstige Heimatstadt Braunschweig, dort wohnt sie noch heute.
Dies war auch das Jahr in dem mein Sohn volljährig wurde und ich in der Welt der Sterblichen meinen Tod vortäuschte.
August konnte also nun mein offizieller Erbe sein. Er war auch Juwelier, und ich hatte ihm alles Wichtige selbst beigebracht.
Als er 45 Jahre alt war habe ich mich ihm wieder gezeigt. Er hatte mich tot geglaubt und war natürlich höchst erfreut, dass ich doch noch existierte. Ich machte August zu meinem Ghul. Sein ältester Sohn wiederum war auch Juwelier. Diese Tradition konnte bis heute fortgesetzt werden glücklicherweise.
Im Jahre 1977 stieg ich in den Ancillastatus auf.
10 Jahre später erhielt ich die Erlaubnis ein Kind zu erschaffen, und so konnte ich August zu meinem Kind machen.
Im Jahre 2001 wurde August Holmström freigesprochen, und ich kann stolz sein auf mein Kind.
Köln steht unter Ventrueherrschaft. Prinz ist der verehrter Ahnherr Nicolas Fouquet. Er war so weise mir genau wie meine Erzeugerin viel Freiraum zu lassen, und somit hatte er in mir eine treue Verbündete.
Ich habe vergessen von wem dieses Zitat stammt: „If you command wisely you will be obeyed cheerfully.“
Genau darauf versteht sich Prinz Fouquet vortrefflich - die Mitglieder seiner Domäne zu motivieren, nicht nur die seines Clans. Es ist eine Kunst zu erkennen wann z.B. Härte angebracht ist und wann nicht. Mir gegenüber war Prinz Fouquet stets sehr galant, oh, er weiß genau wie man eine Dame behandelt und motiviert."
Gern dachte sie an diese Zeit zurück und an diesen Prinzen, den sie offensichtlich nicht nur respektierte sondern auch sehr mochte.
"Ich verstehe mich gut auf Diplomatie. Und warum? Weil mir etwas daran liegt Positives für den Clan zu erreichen ich aber andererseits Mitglieder anderer Clans nicht übervorteilen will. Es freut mich stets, wenn ich mit jemandem zu einer einvernehmlichen, für beide Seiten zufrieden stellenden Lösung kommen kann.
Wer nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist, ich glaube, das Gegenüber kann dies nur allzu oft wittern. Am überzeugendsten ist man doch, wenn man wirklich das meint, was man sagt. Prinz Fouquet hat mich also gern eingesetzt wenn es darum ging mit Mitgliedern anderer Clans zu verhandeln.
Vielleicht werden auch Sie mir etwas über sich erzählen? Denn auch ich weiß bislang nichts über Sie.“