[15.05.2008] Zentrale an...

Zur Zeit war es Jenny herzlich egal was in der Stadt vorging.
Sie wollte sich nur schnell im Cafe sehen lassen, damit ihr nachher niemand nachsagen konnte, sie hätte sich nicht ordnungsgemäß zurückgemeldet.

Nein, ihr vor der Camarilla buckelnden Lutscher! Ich werde ganz sicher nicht demütig in die Akademie geschlichen kommen und mich vor irgendeinem aalglatten Heini auf den Bauch werfen! Anmelden, pah! Ich habe mich doch -gerade jetzt und hier- auf dem Terrain der Bosse blicken lassen, reicht das nicht? Bemerken muss seine Gnaden mich schon selbst. Wenn nicht jetzt, dann später. Ich werde schon noch einige Male auf mich aufmerksam machen. Lautstark und unübersehbar! Versprochen! Bis dahin sei froh, dass ich nicht urplötzlich hinter dir auftauche und dir meine Krallen in den Hals ramme... Prinzlein!

Die Caitiff wusste nicht einmal genau ob es überhaupt nötig war, sich nach ein paar Tagen bei irgendwem zu melden. Die Geißeln standen auf so etwas, dass hatte sie zu genüge am eigenen Leib erfahren müssen.

Aber sie war ja seit Neustem eine Ancilla...
...war sie doch?
Oder nicht?

Jenny hatte er vergessen. Irgendein Titel war es gewesen, der sie als wichtige Person des hiesigen Schützenvereins auswies. Ja... Ancilla war das Wort. Sie war sicher...

Was einem auf einmal alles durch den Kopf ging, wenn man erst mal wichtig war.
Kein Wunder, dass die Schlipsträger der alten Schule immer so schlechte Laune hatten.

Jenny stellte sich an die Theke und zog an ihrer Kippe.
Maya begrüßte sie mit der Hand, die Fremde in der Sitzgruppe mit einem kurzen Nicken.

"Nen Jack für mich und ein Päckchen von den blauen Franzosen. Beides zum mitnehmen. Oh und nen Tasse Kaffee, wenn es keine Umstände macht! Schwarz bitte, wie er aus der Maschine kommt und ohne irgendwas drin."

Ein breites Grinsen beendete den Satz.
Gewinnend und von bläulichem Rauch ummantelt der ihr dabei zwischen den blankweißen Zähnen hervorquoll.

"Nicht viel los heute, hrm? Geben die Schlipse wieder irgendwo einen aus? Oder richten sie mal wieder publikumswirksam irgendeinen Unschuldigen zu Grunde?"
 
Maya schüttelte Jennys Hand, immerhin war es schön, daß es noch welche gab, die nicht versuchten, sie in eine Schublade zu stecken.

"Bekommst du und Kaffee natürlich auch, magst du einen Becher oder nur eine Tasse." Sie deutete auf die grössere Tasse, die sie neben sich auf der inneren Seite der Theke stehen hatte. "Du warst ja nicht da, die sind oben bei der alten Mine, die Werwölfe vernichten, ob die unschuldig sind? Ich glaube nicht." Sie lächelte auch freundlich und erfreut. "Was hat dich denn die letzten Tage vertrieben?"

Irgendwie hatte sie den Eindruck, die rauflustige Jenny hätte bestimmt an der Aktion bei der Mine Spass gehabt.

"Es sind alle dort, außer Frau Hagen, ich glaube, die muss hier die Stellung halten."
 
Das Warten zog sich hin. Nach einiger Zeit tauchte Maya auf. Dann war sie wieder verschwunden. Dann... passierte nichts. Nach einer Weile nichts war Maya wieder da. Und schließlich betrat eine Frau das Café und marschierte schnurstracks zur Theke. Marta erwiderte das Nicken der Neuen freundlich.

Das... Jenny? Ist der Einsatz vorbei? Wenn sie sich richtig erinnerte war die Clanlose schon vor einigen Tagen an einem Kampfeinsatz beteiligt gewesen, und dann wieder vor dem Museum. Aber als Rittersfrau einen Prinzen retten? Eine kurze Musterung ergab nichts neues - weder waren offensichtliche Kampfspuren noch Verletzungen zu erkennen. Aber bei einer Vampirin war das wenig aussagekräftig vor allem wenn diese mit der Routine "duschen und umziehen" vertraut war. Und gerade kleinere Verletzungen konnte man auch problemlos unter der Kleidung verbergen.

Aber von rumsitzen und glotzen wurde man auch nicht schlauer. Marta erhob sich und kam langsam auf die Theke zu. Das häufig vorhandene Klacken fehlte heute. Viel hatte sie nicht mitbekommen, gerade Mayas letzte Worte.

"Hallo!. Ja, ich bin hier quasi die allerletzte Reserve. Gibt es... Neuigkeiten?"

Vielleicht etwas dreist, aber Martas entschuldigen-sie-das-ich-mich-einfach-so-reinhänge-Blick war perfekt.
 
"Eine Tasse bitte!"

Eine kurze Pause reinen Zuhörens folgte.

"Wölfe vernichten? Ist die Population der hiesigen Kainiten wieder einmal so stark angestiegen, dass die Herren Prinz und Prinzregentin sie ausdünnen müssen? Das ist doch früher schon schief gegangen..."

Jenny erinnerte sich an frühere Begegnungen mit den Pelzriesen. Jede von ihnen brandgefährlich.
Der Caitiff ging ein eiskalter Schauer über den Rücken.

"Hat das mit denen denn nie ein Ende?"

Eine Fremde gesellte sich zu ihnen. Jenny kombinierte ihre Informationen und identifizierte sie als Marta Hagen. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor, sie hatten sich schon einmal gesprochen. Nur wann und wo konnte sie nicht mehr sagen. Ein Detail das sie ärgerte, denn normalerweise war ihr Oberflächlichkeit ein Graus. Verstöße gegen die Etikette, gutes Benehmen oder allgemeine Umgangsformen, prallten hingegen vollkommen unbemerkt an ihr ab, daher konnte sie den entschuldigenden Blick nicht recht deuten...

"Neuigkeiten? Keine Ahnung? Ich war ein paar Tage in meiner alten Heimat um ein paar offene Rechnungen zu begleichen und Freunde zu besuchen. Allerdings kann ich mit Sicherheit sagen, dass ein Kampf gegen die Garou nicht ohne Folgen geblieben sein wird? Die Pelze sind übel...?"

Jenny fiel etwas ein und sie stockte um die Idee einmal durch den Kopf gehen zu lassen.

"Wieso sind eigentlich noch welche übrig? Hatten wir die Viecher nicht besiegt? Oder wenigstens einen Waffenstillstand ausgehandelt? War da nicht was....?"
 
Deshalb bin ich auch hier geblieben - unter anderem... Die Liste der Gründe, warum sie nicht bei dem Kampfeinsatz dabei sein wollte, war lang und begann mit solch trivialen Dingen wie Blutverlust. Auch wenn andere Dinge deutlich mehr Gewicht hatten - doch momentan gab es keinen Grund näher darauf einzugehen. Dass Jenny den Blick nicht deuten konnte, war für Marta eher positiv. Vermutlich hätte es Jenny sogar als befremdlich empfunden, wenn sie sich 'korrekt' verhalten hätte.

"Nach dem was ich verstanden habe, ist das Ziel des heutigen Manövers die Rettung des ehemaligen Prinzen. Der wird in der alten Mine von Burgh vermutet, wo sich wohl eine Art 'Werwölfsekte' eingenistet hat. Irgendwelche schwarzen Tänzer oder so..."

Marta war erstaunt, dass man anscheinend tatsächlich einen Waffenstillstand mit den Wölfen in Betracht gezogen hatte. Mit blutrünstigen Bestien kann man sich wohl kaum vernünftig einigen. Wahrscheinlicher war es da, dass eine Seite bei den 'Verhandlungen' ihren Kopf verlor. Besser bleibt man fern von den Dingern. Das war genau, was sie beabsichtigte.
 
"Du willst sagen, dass sich die ganze Stadt in Gerfahr bringt um einen Prinzen zu retten? Nicht irgendeinen, sondern den Arsch, dem wir den ganzen Schlamassel der letzten Wochen zu verdanken haben? Ernsthaft? Vor ein paar Nächten wurde hier im Cafe einer meiner Sorte wegen ein paar vollkommen unbedeutender Verfehlungen umgebracht. Hingerichtet! Weil er clanlos war und ein Herumtreiber! Ein Prinz hingegegen, darf tun und lassen was er will! Städte vor die Wand fahren und dutzende Cainiten ins Messer laufen lassen und wird noch gerettet. Aus den Händen durchgeknallter Fellberge!"

Ein deprimierend geschüttelter Kopf beendete den Satz.

"Scheint, als wärst du die einzige, die sich nicht für einen Blödsinn einspannen lässt. Freut mich!"
 
Einer von unserer Sorte. Trapper hatte ihr seine Sicht der Dinge erklärt, doch sie würde einen Teufel tun, ihn in Schutz zu nehmen. Die Tatsache blieb: Er hatte den Clanlosen öffentlich hingerichtet. Und das war ein Fehler. Zumindest der 'öffentlich'-Teil, wie Jenny eben demonstrierte. Ansonsten konnte Marta sich kein Urteil erlauben, hatte sie das Opfer doch nie kennen gelernt.

"Das habe ich wohl Helena zu verdanken - keine Ahnung, ob alle anderen teilnehmen. Frau de Groote ist zumindest für die Versorgung zuständig und sollte eigentlich nichts mit den eigentlichen Kämpfen zu schaffen haben."

Das ganze hette sich jedenfalls sehr nach einer Art Pflichtaktion angehört. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass es genau Freiwillige für so etwas gibt. Mehr als 'die Dankbarkeit der Archonten und der Domäne' hatte man ihr zumindest nicht in Aussicht gestellt. Das war sicherlich mehr wert als es klang - doch bei weitem nicht genug um die eigene Existenz dafür zu gefährden. Wegen mir dürfen die Wölfe den Alten gerne behalten.

"Ich glaube die Beteiligung ist genau der Grund, warum die Aktion stattfindet. Die Archonten erhoffen sich wahrscheinlich Informationen über... das was passiert ist." Mal sehen, inwieweit die Hexer das zulassen. "Sag mal, du warst doch auch auf dieser Party - bist du direkt verschwunden als dieser 'Gitarrenspieler' aufgetaucht ist?"
 
"Die halbe Stadt wird sich den Viechern nicht in den Rachen schmeißen ohne das es einen triftigen Grund dafür gibt. Wird also alles so seine Richtigkeit haben. Wenn auch... wenn ich auch sagen muss, dass ein Kampf gegen drei Meter große Killermaschinen nie eine sonderlich gute Idee ist!?"

Jenny zuckte mit den Schultern. Im Grunde war es ihr egal, ob jemand bei diesem wahnwitzigen Angriff draufging oder nicht. Die meisten Untoten in dieser Stadt konnte sie nicht ausstehen und die wenigen, bei denen das anders war konnten hoffentlich auf sich aufpassen.

...oder waren wenigstens so klug, ihren Arsch aus den größten Schwierigkeiten herauszuhalten...

Martas letzter Satz verwirrte die Caitiff sichtlich. Sie hatte in den letzten Tagen und Wochen derart viele Partys besucht, dass ihr unmöglich einfallen wollte, was gemeint sein konnte.

"Welche Party meinst du? Und welchen Gitarrespieler?"

Offensichtlich wusste Jenny tatsächlich nicht, worum es ging.
 
"Die Party am Montag - die Vorstellungsparty des neuen Prinzen. Da wo du mit dem Riesen aufgekreuzt bist..."

Jenny bekam ein Zwinkern ab. Dieser Duke war schon eine imposante Erscheinung. Und auch ziemlich gutaussehend. Ihn würde Jenny wohl kaum vergessen haben. Und strenggenommen gab es an diesem Abend sogar zwei Gitarrenspieler, doch nur einer war wirklich erwähnenswert.

"Ist nicht ganz so gut gelaufen, würde ich sagen. Kurz gesagt gab es einen Partycrasher. Der ist einfach so mit seiner Gitarre reingelaufen und hat begonnen vom letzten Gericht zu singen. Dabei hat er irgendetwas gemacht, dass allerhand Erinnerungen hochgeholt hat. Dinge... die man lieber vergessen würde. Hat nur unsereins betroffen, nicht aber das Personal und ein ziemliches Chaos veranstaltet. Dann ist er einfach wieder rausmarschiert... Sagt dir der Begriff 'Gehenna' was?"
 
Jenny erinnerte sich!
Allerdings würde sie das Gehampel der blulosen Wichtigtuer niemals als Party bezeichnen.

"Gehenna? Nö. nie gehört!"

Sie wandte sich kurz an Maya.

"Ich hatte auswärts zu tun! Nichts wichtiges und schon gar nicht interessantes. Ein paar alte Schulden die bezahlt, und einige die eingetrieben werden wollten... Freunde, die man daran erinnert das man noch lebt und Feinde denen man zeigt, dass die Nächte noch immer gefährlich sind. Solche Sachen... Gibst du mir noch ein Feuerzeug dazu? Meinem ist der Sprit ausgegangen."

Den Worten folgte ein zwanzig Euroschein.
Danach bekam Marta ein Lächeln.

"Nennen wir gecrashte Partys so? Oder ist es ein Musikstil mit Gitarre? Die neuste Hitparade des Gehenna-Shanty?"

Die Caitiff musste kichern.
Das erste seit Tagen.

"Sorry! War wohl zu lange im Norden!"
 
Maya nahm ein Feuerzeug aus der Schublade und schob es Jenny hin, wortlos, da diese inzwischen schon mit Marta im Gespräch war. Gehenna klang irgendwie na nem jüdischen Feiertag, aber sie hatte natürlich in den vergangenen Tagen mitbekommen, was es sein sollte.

Ihre ganz persönliche Meinung, war allerdings, dass ein Urvater der Vampire sich genauso einen feuchten Kehricht um seine Nachkommen oder Schöpfungen kummerte, wie ein Urvater der Menschen. Wenn sie persönlich die Urmutter der Menschen wäre und einen Plan gehabt hätte ... nun von dem was heute so über die Welt lief, würde sie sich aber auch sehr weit distanzieren.
 
Sie musste über den Kommentar grinsen - oder das Kichern war einfach ansteckend. Sie trat leicht zur Seite, bevor sie antwortete. Wie durch Zufall hatte sich ihr Gesicht dadurch ein bisschen weiter vom Feuerzeug entfernt, ohne dass ihre Position zu Jenny und Maya großartig verändert war.

"Das ist so eine Art religiöses Weltuntergangsszenario. Wie sich bei den Christen erzählt wird, dass du in die Hölle kommst, wenn du nicht artig bist, so sollen zu Gehenna irgendwelche Uralten erwachen und über ihre Nachfahren richten. Wahrscheinlich, weil 'nach deinem Tod' bei unsereins weniger gut wirkt."

Sie bezweifelte zwar stark, dass es auch nur ein Vampir tatsächlich schaffte würde ewig zu überdauern - scheinbar unsterblicher Ghul hin oder her. Alles hat irgendwann ein Ende. Doch als Vampir hatte man manchmal die Chance dieses möglich weit aufzuschieben. Schritt eins: Kein Kuscheln mit Werwölfen.

"Der Typ hält sich wohl für so etwas wie einen Propheten. Einer von vielen Spinnern, die plötzlich irgendwo aufkreuzen und den baldigen Weltuntergang zu verkünden. Bloß das dieser hier anscheinend recht mächtig ist."

Oder aber die hiesigen Ahnen sind nicht so stark wie sie sein sollten. Oder auch beides. Das Ganze war mit Sicherheit kein Ruhmesblatt für den neuen Prinzen. Der Gitarrenspieler hatte ihm mit dieser Aktion geradezu ins Gesicht gespuckt und seine Autorität mit Füßen getreten. Und passiert ist ihm... nichts.

"Dazu kommt, dass der ganze Gehenna-Kram die 'Staatsreligion' des Sabbat sein soll... Naja, jedenfalls wurde davon abgeraten, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen."

Natürlich hatte sie das auch nicht vor gehabt. Dieser Partycrasher war mit Sicherheit mehrere Nummer zu groß für sie. Wenn du dem zu lästig wirst endest du entweder als Häufchen Asche oder sabberndes Wrack. Und im schlimmsten Fall hatte er noch einen ganzen Kult hinter sich. Schritt zwei...
 
Etwas im Blick der Caitiff wurde sehr nachdenklich.
Nachdem Marta ihre Erklärung beendet hatte, drehte sich Jenny zur Theke und nippte an ihrem Kaffee. Er war stark, heiß und exzellent gekocht. Trotzdem hatte er viel von seinem ehemaligen Zauber verloren. Eines der Dinge, die sie am Dasein als Untote hasste. Man hatte ihr das Vergnügen am Genuss genommen. Wahren Genuss, nicht die Befriedigung einer Gier, wenn man Blut trank. Nicht das stillen des unsäglichen Durstes, sondern eine der einfachsten Freuden, die einem Menschen gegeben waren.

Marta wollte sich schon abwenden, weil keinerlei Reaktion von ihrer Gegenüber mehr kam, als Jenny unverhofft doch noch einmal zu sprechen begann.

"Gehenna! Geee-heeee-naaa! Könnte mein neues Lieblingswort werden! Ein Wort das für alles steht, was ich mir ersehen! Der Untergang aller Vampire! Aller verlogenen Gemeinschaften. Ein Tag, den selbst die Bonzen fürchten. Ich könnte endlich Frieden finden, vielleicht sogar kämpfend sterben? Sterben in dem Wissen, dass niemand von denen die ich so sehr hasse am Leben bleibt..."

Sie grinste zu ihrer Gesprächspartnerin herüber.

"Ich mache nur Witze!"
 
Wirklich? Nicht, dass sie Jenny jetzt irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt hatte. Es gab Gründe warum der Kult nicht gern gesehen war. Davon abgesehen, dass ein Großteil der Gläubigen zu einer zweifelhaften Sekte gehörte...

"Letztendlich ist es ja bloß ein Märchen. Dazu da unsereins abzurichten, eben das zu tun. Also ich meine nicht das Witze machen..."

Fragte sich bloß, ob der Mythos dazu diente gegen die Ahnen zu hetzen oder potentielle zukünftige Gefahren zeitnah auszuschalten. Oder einfach Chaos zu verursachen... Menschen, die an einen Weltuntergang oder eine Erlösung nach dem Tode glaubten, hörten häufig auf vernünftig zu denken. Allein das war oft schon genug.

"In der Wirklichkeit sterben bloß die Fußsoldaten, denen man die 'schöne' Geschichte erzählt hat. Die Hintermänner existieren weiter." Bis sie ein größerer Fisch frisst.

Einen letzten Satz verkniff sich die junge Frau. Du kannst deinen Feinden wohl keinen größeren Gefallen tun als mit 'Gehenna' auf den Lippen in deinen Tod zu rennen. Das war dann wohl Schritt drei.

"Aber genug vom Weltuntergang! Ich denke wir haben im Moment dringendere Sorgen..."
 
Haben wir?

"Es stirbt immer nur der Soldat an der Front und niemals der General im sicheren Versteck. So war es zu unseren Lebzeiten und so ist es auch über den Tod hinaus. Wahrscheinlich funktioniert diese Gehenna-Sache genau deshalb so gut, weil sich viele wünschen das es endlich mal andersherum ist? Die Realität sieht jedoch anders aus. Irgendeiner schreit, -Los wir retten unseren Prinzen! Den Typen den wir beinahe den Untergang der ganzen Stadt zu verdanken haben. Den Kerl, der uns belogen, betrogen und hintergangen hat!!!- Und alles schreit, -Jaaaaaaaaaaaa!-... Und rennt voll innerer Begeisterung den Krallen der Garou entgegen... Pffft!!!"

Jenny schnaubte abfällig durch die Nase.

"Vampire sind unverbesserlich! Irgendwo habe ich mal gehört, dass einer von uns sagte, der wir die Spitze der Nahrungskette sein und das die Menschen nicht mehr wäre als Vieh. Schafe, die uns allein zu Nahrungszwecken dienen."

Es folgte eine künstlerische Pause von einigen Sekunden. Die Caitiff nippte an ihrem Kaffee.

"In Wirklichkeit, aber sind wir auch nur Schafe. Gehorsame Herden, dressierte Tierchen die jedem Befehl unserer.... 'Hirten' voller Dankbarkeit und ohne Fragen zu stellen gehorchen. Wo sind die Stimmen, die fordern das der olle Buchet gefälligst hingerichtet wird? Gefesselt an einen Stuhl und vor laufender Kamera? DAS wäre mal ein Schritt, den ich begrüßen würde...."
 
Spitze der Nahrungskette? Vermutlich. Zumindest war Marta nicht bekannt, dass sich etwas von Vampiren ernährte. Das macht uns aber nicht gleich zur größten Kraft. Die Existenz der Werwölfe war Beweis genug. Ernähren die sich vielleicht von uns? Wohl eher nicht - wahrscheinlich war das die Wölfe einfach das kleinere Raubtier als potentielle Gefahr aus dem Weg räumten. In diesem Sinne war das heutige Manöver gleich doppelt dämlich: Man rannte den Bestien direkt vor die Nase und präsentierte sich als Gefahr. Was die Sterblichen anging...

"Wenn sie wirklich bloß Vieh wären, würde es die Traditionen nicht in der heutigen Form geben. Unsereins stellt sich da gerne gerne mächtiger und einflussreicher dar, als es der Realität entspricht."

Der Mythos von der vampirgesteuerten Geschichte - so ein Humbug. Klar mochten die Blutsauger mehr und bessere Einflussmöglichkeiten besitzen doch am Ende waren sie doch nur wenige und an die Nacht gebunden. Sicherlich hatte der ein odere andere auch bei einigem seine Finger im Spiel - doch die 'Kontrolle' war eher wunschdenken als alles andere. Sie zuckte mit den Schultern.

"Also normalerweise ist das auch die übliche Vorgehensweise." Schon allein, dass der Platz frei wird. "Aber wie es aussieht, hat der Alte wohl mächtige Freunde." Sehr mächtige - und sehr gute - Freunde. "Gab es da nicht so einen Hexer...?"
 
"Gibt es nicht immer irgendeinen?"

Jenny zuckte mit den Schultern und stürzte den restlichen Kaffee hinunter.

"Und wenn es kein Hexer ist, dann ein mieser Schläger, ein Heckenritter, Mordbuben, Anwalt oder Investmenmanager. Wenn kümmert's? Wenn es wirklich sowas gibt wie einen Gehenna, dann soll er soviele mit ins endgültige Ende reißen, wie nur irgend möglich. Wenn nicht, muss ich das wohl erledigen. Kann auch klappen, wird nur länger dauern...."

Ja! Ich weiß, bevor ich auch nur einem das Licht ausblase, beiße ich selbst ins Gras! Aber das ist der Plan! Auch wenn es mir keiner glaubt, ich hasse was ich bin! Wie ich bin,.... was ich getan habe.
Davon abgesehen! Ich habe bereits getötet! Bonzen! Geißel.... Einen Krieg vom Zaun gebrochen... naja vielleicht nicht wirklich!? Aber streng genommen... Manchmal reicht ein Schneeball der den Berg hinabrollt...
Wenn das stimmt, denkt man diesen Gedanken zu Ende... bin ich selbst eine Gehenna... Aber es stimmt natürlich nicht! Nicht ich! Eine... eine Kette ungünstiger Umstände... Oder? Egal, vorbei, vergessen und unwichtig!

Ein breites Grinsen überflog die Lippen der Caitiff.
Es wirkte beinahe fröhlich.

"Hat Spaß gemacht mit dir zu quatschen! Ich kann dich gut leiden und glaub mir, ich sage so etwas nicht sonderlich oft. Normalerweise gehe ich mit anderen über ein paar Runden bevor ich mir ein Urteil über sie erlaube. Aber es gibt Ausnahmen! Mir scheint, du bist keine der üblichen Camarillasklaven!? Bist du eine Caitiff? Wie ich? Irgendetwas an dir ist.... anders!"
 
Schade... Sie hatte gehofft, dass Jenny eventuell noch etwas über diese Dinge wusste. War aber nicht zu erwarten gewesen und nicht weiter tragisch. Aber Jennys Einschätzung war dann doch etwas überraschend.

"Wie sieht denn der typische Camarillasklave aus? Also ich bin bestimmt kein Anarch oder so..."

Was Marta anging, so mochte sie den Begriff 'Caitiff' nicht. Es klang einfach abwertend und wurde von vielen Clansangehörigen schon beinahe wie ein Schimpfwort verwendet. Daher sträubte sich auch etwas in ihr, sich - und ihresgleichen - als solche zu bezeichnen.

"Clanlos - ja. Merkt man das so deutlich? Oder liegt das bloß an dieser Vorstellungsrunde vom letzten Wochenende?"

Bei dem Treffen waren ja nicht nur Clanslose anwesend gewesen. Thürmer zum Beispiel - wie Marta mittlerweile wusste ein Nosferatu, hatte sich sogar erfolgreich eingebracht. Jenny auf der anderen Seite war ihr als Clanlose in Erinnerung, daher verzichtete sie auf eine entsprechende Frage.

"Ich denke mal in einer Stadt wie dieser ist jeder mehr oder weniger ein Diener der Camarilla. Vor allem solange die Archonten hier sind..."

Stell dir einfach Trapper vor - aber doppelt so alt und doppelt so mächtig und davon auch noch zwei.
 
Vorstellungsrunde? Welche Vorstellungsrunde! Oh man, Jenny! Du musst echt anfangen dich besser zu konzentrieren. Du bis jetzt ne Ancilla, da kannst du nicht alles und jeden unbemerkt an dir vorbeiziehen lassen...

Dem Satz folgte ein innerliches Schulterzucken.

"Ja, merkt man!", sie lächelte. "Alle Camarillavampire sind gedrillt was ihren Aberglauben und ihre Gesetze angeht. Frag einen von denen nach Gehenna und du bekommst eine so detailgetreue Antwort, dass sie sogar bei allen mehr oder weniger gleich ausfallen dürfte. oder ihre Traditionen. Vier Geißeln habe ich mittlerweile verschlissen und jede von ihnen wünschte sich nichts sehnlicher, als mich ihre kleinen Regeln aufsagen zu sehen. Außerdem wärst du, wenn du an irgendeinen Primogen gebunden wärst, mit in den Krieg gerissen worden. Kein Clan hätte es akzeptiert, dass sich einer von ihnen ungenutzt auf die Reservebank setzt. Das dürfen nur solche, die allen egal sind...."

Sie blickte Marta stolz an.
War doch gar nicht so schlecht kombiniert oder?

"Ich würde dir übrigens jetzt gerne sagen, dass ich hier die einzige bin, die sich nie hat einwickeln lassen. Aber wenn ich kritisch auf mich herab blicke, dann habe auch ich mich schon zum Diener machen lassen. Aus anderen Gründen, als den Altherrenverein! Es ging eher um Freundschaft und aufrichtige Zuneigung. Aber das sind letztlich auch nur Werkzeuge, mit denen man uns -erfolgreich- zu manipulieren sucht."
 
Die Folgerungen waren ganz ordentlich, aber es gab wohl die ein oder andere Lücke. Na Johann - wie hast du mich denn dann gedrillt? Doch vielleicht war das bei seinem Clan auch zu erwarten gewesen.

"Also zumindest der Clan der Gelehrten scheint bei so etwas oft andere Vorstellungen zu haben. Ich weiß aber gar nicht, ob bis auf den Großen noch so viele da sind. Herr Pareto ist ja nicht mehr in der Stadt."

Anhand der Aussprache konnte man wohl entnehmen, dass Marta dem Italienischen mächtig war. Ansonsten war der Kommentar eher beiläufig - sie hatte einfach nicht daran gedacht, dass diese Information für Jenny neu war. Entsprechend hielt sie sich auch nicht weiter auf und redete einfach weiter.

"Frau de Groote war ja vorhin noch da - ist aber dann mit einem Großteil des" abgestandenen "Blutes nach Burgh gefahren - quasi damit die Versorgung schneller geht."

Strenggenommen saß die Harpyie damit auch auf der Reservebank. Und strenggenommen war Marta mit Helena auch an eine Erstgeborene gebunden - bloß war diese so freundlich gewesen, sie nicht als Hundefutter einzuteilen. Doch das war wohl alles Ansichtssache und manch einer würde wohl darauf hinweisen, dass die Harpyie per Definition zu einer wichtigen Aufgabe eingeteilt wurde und dass eine Clanlose niemals eine richtiger Primogen sein konnte.

"Aus Freundschaft ist doch okay - das heißt ja, dass es auf Gegenseitigkeit beruht. Und ansonsten..."

...wenn die Bezahlung passt?
 
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