[09.05.2008] - Die lustige Witwe

Eldrige

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Ruhig und in sanft glühendem Dämmerlicht einiger gedimmter Lichter lag die herrschaftliche Villa des Prinzen Oliver Buchets. Eigentlich wäre es ein malerisches Bild, sorgfältig ausgewählte und platzierte Büsche, scheinbar Millimeter genau gestutzt, säumten die sich sanft und verträumt hin und her schlängelnden Wege, die Säulen des Gebäudes ragten hoch hinaus und hievten das Dach, mit seinen sanft im Ton changierenden Ziegeln, in den nächtlichen Himmel. Wären die Wolken, die sich dort oben alle Mühe gaben sich in bester Postkarten Manier zusammen zu ballen und in mehreren Ebenen übereinander zu quellen, nicht von einer kränklichen, ungesunden Farbe gewesen, so wie eine klassische Film und Theather Schönheit die plötzlich erkrankte und immer hohlwangiger und ausgezehrter wurde, dies aber mit Schminke und Federboa zu verstecken suchte, man hätte von einem wirklich schönem Anblick sprechen können.
So aber, war es ein wenig, als hätte sich ein Mißton in das Kunstwerk eines Komponisten geschlichen. Wie ein Staubfaden, der auf dem Auge lag und immer wieder in das Sichtfeld lugte, ohne das man ihn entfernt bekäme, egal wie sehr man versuchte das Auge zu reiben.

Der Nosfertau, der auf der rückseitigen Veranda des Anwesens stand und wartete, hatte allerdings mit deutlich mehr zu kämpfen, als nur einigen leichten Mißtönen. Er fühlte sich einfach grauenhaft und war im Augenblick tatsächlich einfach nur froh, dass er es überhaupt bis hier her geschafft hatte. Als in dieser Nacht das widernatürliche Leben in seinem Körper aufgelommen war, hatte er beinahe das Gefühl gehabt, dass irgendwelche Rowdys seinen Leichnam über Tag gefunden hatten und ihn ans Ende ihres Traktors gebunden hatten um mit ihm über eine präparierte Piste aus Nägeln und Glasscherben zu brettern.
Er fühlte sich, als hätte jemand ihm den Wanst aufgeschlitzt, seine Innereien grob aus ihm herausgezerrt, sie tiefgefroren und ihn dann wieder damit gestopft hätte, wie eine Gans. Nicht ohne ihn stümperhaft wieder zusammen zu nähen. Sein Kopf hatte eine absurde Tendenz gehabt am Boden, oder an den Wänden zu kleben, so als hätte er eine Eisenplatte in seinem Schädel und in Wände und Decken seien starke Magneten gewesen. Zuerst hatte er ihn gar nicht vom Boden hoch bekommen und anschließend hatte er immer beim abstützen an den Wänden das Gefühl gehabt, dass er gleich dort kleben bleiben musste. Auch das hastige Reißen und leer saufen einiger erbärmlicher Gestalten die nahe des Hovels unter den Sitzen einer Bushaltestelle gelegen hatten war eher ein mechanischer Vorgang gewesen. Er hatte es damit geschafft sich soweit herzustellen, dass er auf seinen Pfaden durch die Nacht kam. Aber irgendwie hatte es die furchtbare Betäubung die man ihm verpasst hatte nur minimal gelichtet.

Es war nicht mehr zu leugnen. Dies war keine Erschöpfung, weil seit Wochen einfach kein Einhalten und Ruhen mehr möglich war. Er war krank. Die ganze Stadt war krank. Die Luft schmeckte leprös, das Licht war stumpf und alles was er berührte fühlte sich unterschwellig fiebrig an, so als wäre alles von einem kühlendem Schweißfilm bedeckt. Er hatte mehrmals prüfend die Finger aneinander gerieben, aber da war nichts. Er glaubte nur, dass es sich so anfühlen müsste.

Dennoch blieb ihm keine Wahl. Die Ereignisse rasten unbarmherzig weiter und wenn sie es schafften ihn abzuhängen, wenn er strauchelte und liegen blieb, oder sich in die Irre leiten ließ, dann war er verloren. Es blieb ihm nichts anderes übrig als hinterher zu eilen und zu hoffen, dass seine Füße den richtigen Weg fanden, während er versuchte alles im Blick zu behalten. Seine wirklichen Füße folgten indes ihren metaphorischen Vorbildern und hatten ihn ungesehen hier her gebracht, zur Villa der Witwe des Prinzen. Er musste ihr berichten was sich zugetragen hatte.

Es wäre unschicklich gewesen einfach in das Haus einer Dame einzusteigen und sie zu überraschen. Der Vampir Lurker hatte zwar keinerlei Bedenken in das Haus einer schlafenden Frau zu steigen und sie im Schlaf zu fressen, aber dabei ging es nicht um Damen, sondern um Futter. Hier ging es nicht nur darum, dass man nicht in das Haus der 'Lady Noir' einstieg, sondern es war auch noch die Domäne des Prinzen. Auch wenn der Nosferatu sich sicher eher die Zunge abgebissen hätte als es zu zugeben, aber irgendwie hallte Buchet hier noch nach. Dies waren seine Räume, seine Wege und seine Frau. Undenkbar einfach hinein zu schlüpfen.
Also wartete er geduldig und unbemerkt auf der Veranda und blickte durch die hübschen, in Bögen gefassten Fenster und wartete, bis die Seneschall oder ihr Guhl sich blicken ließen. Dann erst würde er sachte anklopfen und um Einlass bitten.
 
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Einmal mehr schien die ehemalige Seneshall dem Nosferatu einen kleinen Schritt voraus. Lurker verbachte keine fünf Minuten auf der Terrasse, als sich plötzlich die Hintertür wie von Geisterthand öffnete und eine sanfte weibliche Stimme aus dem Dunkel erklang.

"Guten Abend mein Freund! Wie angenehm Sie zu sehen. Kommen Sie doch bitte herein..."

Ja dies war die Villa des Prinzen und als solche wieß sie eine Vielzahl an übernatürlichen und herkömmlichen Schutzvorrichtungen auf. Natürlich! Wie konnte jemand annehmen sich unbemerkt dem zentralen Heim der finstertaler Macht nähern zu können? Caitlin McKinney und Enio Pareto mochten derzeit die Macht in der Stadt innehaben, trotzdem -egal was auch immer sie taten und versuchten- sie würden niemals aus dem Schatten heraustreten können den Buchet noch immer über die untote Gesellschaft warf. Wahrscheinlich war dies sogar einer der Hautpgründe für das Versagen Noirs. Egal wie sehr sie sich auch anstrengte, egal was auch immer sie versuchte, sie würde gemessen an der Macht eines Oliver Buchet stets wie eine Dilettant wirken. Nicht anders würde es den beiden ergehen die derzeit König und Königin spielten.

Als Lurker durch die Terassentür schritt gelangte er in eine Art Wohnzimmer. Nirgendwo brannte Licht, Dunkelheit beherrschte das Innere. Einzig der Schein des Mondes bewirkte, dass Lurker sich nicht bei jedem Schritt voran das Knie anstieß. Die Inneneinrichtung war schemenhaft zu erkennen und erleichterte so ein Vorankommen. Endlich erkannte er auch Noir. Die charismatische Frau saß ruhig in einer ledernen Rundsitzecke und blickte den Nosferatu in die von Schatten umspielten Augen.

"Ich habe mich gefragt ob Sie mich besuchen kommen würden? Unser letztes Gespräch war zu fruchtbar, aber auch in seinem Resultat zu unbefriedigend um es nicht ein weiteres Mal aufzugreifen. Sind Sie deshalb zu mir gekommen Lurker? Um zu reden? Oder treiben Sie die neuen Herrscher der Stadt als Mörder in mein Heim?"
 
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Er war sich sicher niemanden gesehen zu haben, bevor ihm Einlass gewährt wurde, aber er durfte sich wohl als letztes darüber beschweren, wenn jemand derartige Spielchen trieb. Das er nun ein kaltes Prickeln in der Magengrube verspürte lag nicht an der Frau die er besuchen wollte, egal wie unheimlich das schattenhafte Wesen auch war, sondern tatsächlich an dem Gedanken, dass er nun mehr noch als die heiligen Hallen des Prinzen betrat. Er spazierte praktisch in dessen Schlafzimmer. Die Tatsache dass er bemerkt worden war, ließ ihn indessen nicht stutzen. Zum Einem wollte er bemerkt werden und zum Zweiten hatte die Noir bereits bewiesen, dass sie unter bestimmten Umständen in der Lage war ihn wahr zu nehmen. An irgendwelchen Hokuspokus der als Alarmanlage diente hätte er ganz sicher nicht geglaubt. Sicher durfte jeder Vampir so viele Schutzzeichen in seinen Bettpfosten ritzen, und so viele Mehlkreise streuen wie er wollte. Wenn es half das man nicht durchdrehte weil man sich nicht sicher fühlte, bitte schön. Interessant würde es wohl erst werden, wenn man einen Schutzkreis gegen Vertreter oder Drücker Kolonnen entwickelte.

Er fühlte sich linkisch und fehl am Platze, als er den im dunklen liegenden Raum betrat, aber das hatte er erwartet. Jetzt gerade kam ihm das Gefühl der Zerschlagenheit zu Gute, denn er war einfach zu ausgehöhlt und leer um sich im normalem Maß klein und wurmartig zu fühlen. Das Entsetzen, dass ihn zu solchen Gelegenheiten zu begleiten pflegte, bekam einfach nicht den nötigen emotionalen Resonanzraum und blieb daher ein dumpfes Unbehagen. Eine angenehme Abwechslung.

Guten Abend Mylady. Ich habe das Ritual nicht und auch sonst keiner. Zumindest keiner aus der Fraktion die Zacharii vernichten wollen. Als wir die alte Ruine aufsuchten hat der Koldun uns mit einem Hirngespinst geblendet, so dass wir dachten, wir wären im Untergrund, aber es war nur ein Trugbild, eine vorgegaukelte Welt, die sich nur in unseren Köpfen abspielte und so waren wir in uns selbst gefangen. Als es mir gelungen ist die Illusion zu brechen war es schon beinahe zu spät. Er hatte geplant uns der Sonne auszusetzen und er hätte es beinahe geschafft. Das Ritual war den ganzen Tag über mit diesem Zieglowsky und einigen Werbestien eingesperrt. Ich vermute sie haben es vernichtet, aber das werde ich heute Nacht herausfinden. Ich werden den Menschen gleich verhören. Ein interessantes Detail, der Tzimisce hat sich ihrer Gestalt bedient, als er in seinem eigenen Traum auftrat und zu uns sprach. So war es mir auch möglich die Illusion zu zerstören. Ich vermute, dass er schon zu lange nicht mehr in unserer Realität war und dass er daher das Gefühl dafür verloren hat, wie der Grundtenor und die Logik unserer Welt funktionieren. Wenn man aufmerksam ist, kann man so minimale Risse in seinen Konstrukten finden, weil manche Details zu unwirklich sind. Zumindest glaube ich, dass es so ist. Meine zweite Theorie ist deutlich weniger erfreulich und dreht sich darum, dass wir jetzt, in diesem Augenblick, in dem wir doch glauben dass alles echt und wahr ist, genauso in einer dieser Traumwelten festhängen.

Er hatte damit begonnen auf und ab zu gehen, während er nüchtern berichtete, was sich zugetragen hatte in jener Nacht und welche Schlüsse er daraus gezogen hatte. Zumindest seine letzte Idee war ungeheuerlich und entsprang wohl weniger nüchternem Verstand, als paranoidem Wahn, denn man begann an der einen Realität zu zweifeln, wo wollte man dann mit den Zweifeln jemals wieder aufhören. Wann konnte man sich sicher sein nicht mehr zu träumen?
Ganz so als wollte er sich erden, oder sich seiner eigenen Stofflichkeit versichern, legte er eine seiner Hände auf die Lehne des Sitzmöbels.

Ich bin mir nicht sicher, ob das zutrifft, oder ob Zacharii nur versucht uns in diese Richtung zu verunsichern. Vielleicht ist es für ihn leichter in unsere Realität zu kommen, wenn wir selber diese anzweifeln. Vielleicht wird sie sogar dadurch erst überhaupt durchlässig, ich weiß es nicht. Aus seinem letztem Alptraum wurde ich geschleudert, weil ich gestorben bin.

Eine kurze Pause, dann schüttelte die Gestalt knapp den Kopf. Lurkers Stimme war von einer grimmigen Heiterkeit, auch als er fortfuhr.

Nein, das ist nicht ganz richtig formuliert. Ich..wir...sind nicht 'gestorben', sondern wir wurden abgeschlachtet. Bestialisch. So bestialisch, dass ich das Erstemal seit jener Nacht in der ich tatsächlich starb dankbar bin, dass der Tod dem wir tagsüber anheim fallen traumlos ist.

Der Nosferatu war ein wenig stolz auf sich. Er schaffte es jedes Zittern und jedes Schluchzen aus seiner Stimme zu halten, als die Erinnerungen an diese eingebildete Erfahrung ihn überschwemmen wollten. Einzig die Art, wie seine Stimme zum Ende des Satzes immer höher wurde und die Tonlage schließlich brach, zeugte davon, was ihm widerfahren war. Er hatte noch mit niemandem darüber gesprochen und er war der Letzte gewesen der in dieser Alptraumwelt vernichtet worden war, daher hatte keiner der Anderen es gesehen. Wenn es nach ihm ging, würde er auch niemals darüber sprechen.

Wir sind immer noch hier, also werde ich weitermachen, wenn ich auch noch nicht recht weiß wie.
 
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„Das sind wahrhaft schlechte Neuigkeiten Lurker, Sie haben recht! Einmal mehr sieht es so aus als würden wir den Wettlauf gegen Zacharii verlieren. Und doch! Wir sind noch nicht am Ende, auch wir haben unsere kleinen Tricks, nicht wahr.“

Noir versuchte ein aufmunterndes Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern.

Es gelang ihr recht gut, auch wenn man es in der Dunkelheit die sie umschmeichelte kaum erkennen konnte. Die ehemalige Seneshall war übrigens recht dankbar, dass Lurker darauf verzichtete auf Licht zu bestehen. Dies war einer der Vorteile wenn man mit einem Nosferatu sprach. Nur der Clan der Verborgenen fühlte sich in der Dunkelheit annähernd so wohl wie ein Lasombra.

„Einen ganz besonders wichtigen Punkt vorneweg! Das Ritual kann nicht vernichtet werden! Ebenso wenig kann es verloren gehen. Auch Zacharii weiß das. Er will gar nicht, dass wir das Pergament verlieren. Er spielt einzig und allein auf Zeit und das mit Verlaub, gelingt ihm außerordentlich gut. Zacharii weiß das wir uneins sind. Er weiß, dass mir niemand traut und dass die halbe Stadt annimmt, dass es sich bei mir um ein ebenso großes Monster handelt wie bei ihm. Deshalb versucht er nach Kräften uns gegeneinander auszuspielen. Deshalb ist es euch gelungen Ziege zu fassen. Wenn ihr ihn foltert und eure Wut an ihm auslasst verstreicht Zeit. Indem ihr mich bekämpft, vergeht Zeit. Indem ihr ihn bekämpft, verstreicht Zeit. Und Zeit ist alles was Zacharii braucht! Wir brauchen Ziege nicht, was soll uns dieser Wicht helfen? Ziege weiß gar nichts, außer einer Tatsache! Das er uns aufhalten muss! Und das wird ihm gelingen, mein Wort darauf! Geben Sie mir ein paar Stunden und dann sage ich Ihnen wo sich das Ritual zu finden ist. Wie glauben Sie habe ich herausgefunden, dass es sich im Keller der Burgruine befindet?“

Wie so oft unterbrach sich Noir und ließ eine kurze Pause des Schweigens folgen.

„Allein das Ritual kann uns noch retten! Allein ihm sollten all unsere Bemühungen gelten. Wir müssen es zurückerobern –koste es was es wolle- und dann müssen wir einen gepfählten Kainiten mit einer Mischung aus Vitae und der Asche von Zachariis Körper füllen. Anschließend führen wir das Ritual durch. Hierzu benötige ich unbedingt die Hilfe von Enio Pareto und die meines Kindes Laura Raabe, die ich nach ihrer Zeugung allein auf diesen einen Moment vorbereitet habe. Aber soweit sind wir noch nicht! Trotzdem verdienen Sie es, den Ablauf der Dinge zu kennen. Wer weiß was noch passiert? Ich bin sicher nicht jeder von uns wird die morgige Nacht noch erleben! Unsere Feinde werden stärker und stärker! Minütlich! Wenn wir also hier fertig sind, werde ich mich sofort daran machen das Ritual aufzuspüren. Ein nicht ungefährlicher Akt, wie ich unterstreichen möchte. Versuchen Sie beim nächsten Mal erfolgreich zu sein, bitte! Sobald ich fündig geworden bin, werde ich mich bei Ihnen melden Lurker und dann sehen wir weiter. Wir müssen uns eilen, aber wir sollten einen Schritt nach dem anderen machen. Meinen Sie nicht auch?“
 
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Sicher hätte sich niemand gewundert, dass eine Kellerassel wie Lurker es vorzug in der dämmrigen Dunkelheit des wolkenverhangenen Mondes zu bleiben, aber der Grund dafür hätte es vielleicht. Natürlich hatte er eine Affinität dazu sich so wenig wie möglich im Hellem herumzutreiben, aber ironischerweise war er in diesem Moment so höchstzufrieden damit, weil er so nur die Umrisse von allem zu sehen bekam. Er war sich sicher, dass die Inneneinrichtung des Prinzen erdürckend gewirkt hätte und ein wenig fürchtete er sich davor, dass er in einen Spiegel blickte und dort immer noch den alten Toreador erspähte, dessen Ausstrahlung so stark zu sein vermochte, dass man wohl glauben konnte er hätte sein Abbild wie ein Wasserzeichen dort eingebrannt. Die Sitzgarnitur an sich, wie sie so im Dunklen stand, war einfach nur ein Sitzmöbel. Aber wer wusste schon, was alles auf ihn einstürmen wollte, wenn erst einmal das Licht alles Details aus den Schatten schälen würde?

Das Lächeln der Frau war wie eine heiße Dusche nach einer kalten Nachtwache. Eigentlich wollte er sich nicht auf so etwas einlassen, denn es galt immer noch, das diese Frau ein zutiefst manipulatives Miststück war. Ein Tiger war ein Tiger, das durfte man nicht ausblenden wenn man in den Käfig stieg, egal wie vertraut man damit war. Aber er fühlte sich so miserabel und geschunden, dass er nicht anders konnte als sich einen kurzen Moment zu gönnen, indem er die Aufmunterung der Anderen einfach akzeptierte. Warum sollte er sich nicht einfach einmal gut fühlen? Warum sollte es für ihn nicht auch einmal jemanden geben mit dem man ein verschwörerisches Grinsen austauschen konnte? Immerhin war die gefallene Toreador doch ein Paradebeispiel für eine gescheiterte Existenz der hoch heiligen Vampirgesellschaft und damit gehörten sie auf eine merkwürdige Art und Weise zusammen. Tatsächlich auf die selbe verdrehte Art wie eine Caitiff seine Tochter war, oder ein Tzimisce zu seinem Bruder wurde, wie eines der Lieblingshaustiere des Rosenclans sein Blut teilte und ein Teil von ihm wurde oder das Kind des alten Malkavianers Chezmoi zu einem Schützling wurde. Wenn man ein abartiges Ding war, dann waren solche Beziehungen vielleicht einfach das Einzige was man bekam. Also ließ er es zu, dass diese Wärme ihn für einen Moment erfüllte und seine kalten, matten Glieder durchströmte, so wie der erste warme Regen im Frühling das verharrschte Eis der Schneedecke wegspülte. Nur für einen kurzen Moment. Und so beantwortete er das kleine Lächeln seinerseits mit seinen zerstörten Zahnreihen und einer kleinen Verbeugung um der Lady Noir seine Zustimmung zu signalisieren, während er diesen Augenblick in seinem Innerem wegschloß wie ein kostbares Juwel.

Wie sie wünschen.

Er ersparte ihnen einen galligen Kommentar über irgendwelchen Hokuspokus und Unsinn. Der Rosenclan war feinsinnig und sie waren bekannt für ihre außergewöhnliche Wahrnehmung. Wenn einer von ihnen seine Sinne expansiv genug erweiterte und sich ausreichend auf seine Umgebung einließ, die Schwingungen der Stadt aufnahm und sich dem Atem und Puls des sie umgebenden Finstertals hingab, dann war es sicher möglich, dass sie einen Gegenstand wie dieses Ritual erspüren konnten. Vor allem, wenn sich die Energien so vieler Wesen darauf konzentrierten und nicht nur an es dachten, sondern es mit soviel Elan haben wollten. Außerdem war sich mit diesem Schriftstück sehr vertraut. Wer kannte das nicht? Eigentlich war es dasselbe Phänomen, dass einem einen geliebten Gegenstand wiederfinden ließ, auch wenn man glaubte ihn irgendwo verloren zu haben. Wenn man sich darauf einließ, war es sicher möglich. Wie man zu so einer Wahrnehmung gelangte war eigentlich zweitrangig. Der eine mochte die Beine verknoten und meditieren, der nächste die Luft mit Räucherstäbchen verpesten und wieder andere hörten möglicherweise Walgesänge um sich in die richtige Stimmung zu bringen. Wenn die Noir halt ein wenig Simsalabim veranstaltete um sich auf das einzustimmen was sie tun wollte, bitte.

Er glaubte zwar nicht an die Unzerstörbarkeit des Pergamentes, seiner Meinung nach gab es nur einen Grund dafür wenn dieses Ding noch immer existierte, nämliche den, dass es schlicht zu kostbar war als das man es vernichtete, aber im Augenblick fiel ihm selber schließlich nicht wirklich etwas sinnvolles ein, dass er tun konnte um Zacharri zu besiegen. Dazu brauchte man nun mal jemanden, der sich auf diese magischen Spielchen einließ. Wenn man also alternativenlos war, konnte man genauso gut in eine Schnepfenjagd einwilligen. Vielleicht kam einem ja dabei ein guter Gedanke und man war zumindest an der frischen Luft und bewegte sich. Ein wenig positives Denken war dringend nötig, sonst drehte man durch. Man konnte also auch aus reinem Pragmatismus heraus optimistisch sein.

Ich werde also zu Pareto gehen und sehen was wir bewirken können und anschließend komme ich wieder hier her.

Ein plötzlicher Impuls ließ ihn inne halten. Hatte der kurze Moment der Schwäche den er sich erlaubt hatte schon etwas verändert? Kümmerte es ihn plötzlich, was aus diesem anderem Monster wurde? Hatte er Sympathie, oder zumindest Empathie entwickelt? Oder war es einfach nur die Tatsache, dass ihr aller mögliches Ende so unausweichlich auf sie zu kam, so dass es jetzt auch nichts mehr ausmachte einfach mal 'nett' zu sein?

Brauchen sie sonst etwas? Sind sie...nun..in Ordnung?

Sicher, ein Teil von Lurker, ein sehr wichtiger Teil, eben jener, der ihn bereits so vieles erleben, und vor allem überleben, hatte lassen, war sich immer noch der Möglichkeit bewusst, dass dies hier alles ein großer Trick sein konnte und dass Zacharri und das etwas das sein 'Eheweib' gewesen war unter einer Decke steckten, und dass sie ihnen in diesem Augenblick tatsächlich halfen und dass sie selber es waren, die den Koldunen in diese Welt zurückbrachten, eben gerade durch dieses Ritual. Aber wie gehabt. Alternativenlos. Irgendwie war das auch ein Stück weit befreiend. Wenn die paranoide Stimme in seinem Innerem Recht behielt, blieb einem wohl auch nichts anderes übrig, als den Beiden zu diesem Meisterstück zu gratulieren.
Aber wenn die Noir wirklich das war, was sie sagte. Wenn sie wirklich helfen wollte und einfach nur alleine war gegen alle, dann verdiente sie...jemanden. Und wer sollte das schon sein, wenn sich alle anderen abgewandt hatten?
 
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Glücklicherweise war es dunkel in dem Raum, denn sonst hätte Lurker Dinge im Gesicht der ehemaligen Seneshall gesehen, die er so sicher nie geglaubt hätte. Noir entglitten für den Bruchteil einer Sekunde die Gesichtszüge. Sie, die man von allen Seiten mit Mißtrauen, Anfeindungen und Anschuldigungen überschüttete, wurde ausgerechnet von einem Nosferatu nach ihrem Befinden gefragt. Zum ersten Mal, seit sie den tragischen Versuch unternommen hatte in der Astralebene nach der Ursache für einige seltsame Ereignisse zu forschen, interessierte sich jemand ernsthaft dafür wie es ihr ging.

Noir schluckte einen viel zu groß wirkenden Kloß hinunter und antwortete nur zögerlich. Ihre Worte kamen nur langsam und äußerst bedächtig, da sie fürchtete andernfalls die Beherrschung zu verlieren und ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Welch Mühe ihr dieser Versuch kostete, würde sich Lurker selbst in seinen kühnsten Vorstellungen nicht ausmalen können.

"Ich... Vielen Dank für diese Frage Lurker! Wenn ich ehrlich sein soll, es geht mir denkbar schlecht! Nicht nur das ich meines Postens als Seneshall enthoben wurde, man hat mich auch von der Spitze meines Clans verstoßen. Und das wo es kaum noch Toreador in Finstertal gibt. Wie es aussieht stehe ich derzeit unter Helena O'Niels Kommando und damit sogar noch unter dem Stand der Harpyie. Noch hat es niemand in Worte gefasst, aber wenn man es aus politsiche gesellschaftlicher Sicht sieht, bin ich demnach nicht einmal mehr ein Ahn. Verstehen Sie mich nicht falsch Lurker! Es geht mir nicht um die verlorene Macht - nun ich will ehrlich sein, nicht in erster Linie - nein, es geht mir um die Demütigung! Man hat mir alles genommen was mich ausgemacht hat und man ist damit sogar im Begriff das Andenken an meinen Mann auszuradieren. Der Name Buchet hat in Finstertal keinen Wert mehr und das trifft mich härter als ich es mit Worten ausdrücken kann."

Sie seufzte und brauchte einige Sekunden um sich zu fassen.

"Trotzdem will ich mich weiter für die Stadt verwenden und mein möglichstes tun. Nicht weil ich die Wesen hier so mag, ganz sicher nicht -nicht nachdem was man mir angetan hat- sondern weil es die Stadt meines Mannes ist und ich mich ihm nach wie vor verbunden fühle. Aber es bleibt nicht mehr viel Zeit! Abgesehen davon das Zacharii beinahe am Ziel ist, es haben sich auch ein paar Archonten angekündigt die Finstertal im Namen der Toreador retten und auf den Weg der Tugend zurückführen wollen. Für mich bedeutet dies nach dem jetzigen Stand der Dinge eine Hinrichtung durch Sonnenlicht! Bestenfalls...."

So ehrlich und offen hatte Noir lange nicht gesprochen. Sicher, sie war eine herausragende Schauspielerin, aber die letzten Worte wirkten durch und durch aufrichtig und echt. Sollte sie die letzten Sätze nur gespielt haben, wäre es wohl der Zenit ihres bisherigen Wirkens, der Oscar-Clip, wenn man so wollte.
 
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Später einmal würde es ihm sicher schwer fallen, zusammenzufassen wie und warum er sich ausgerechnet in einem Bund mit der mutmaßlichen Witwe des Prinzen Buchets wiedergefunden hatte. Natürlich gab es ganz nüchterne Fakten. Der Kampf um die Stadt, ihre gemeinsame Flucht und ihr gemeinsames Verstecken in der Nähe der alten Irrenanstalt, die Tatsache das er sich alle Türchen offen halten wollte und daher ohnehin Allianzen in jede erdenkliche Richtung schmiedete. Er würde alle diese Gründe wohl auch immer vorschieben, sogar um sie vor sich selbst zu rechtfertigen. Trotzdem hatte er nicht aus einem berechnendem Grund gefragt. Er wusste nicht wann es passiert war, aber irgendwann in diesen Nächten war die Noir eine Ausgestoßene geworden. Gehetzt, verlacht, ausgegrenzt und an den Rand gedrängt. Auf eine seltsame Art und Weise gehörte sie nun zu 'ihnen' und man kümmerte sich umeinander, da wo Lurker stand.

Es war einer jener magischen Momente, wo zwei Personen, die unter gewöhnlichen Umständen niemals miteinander zu tun gehabt hätten, plötzlich durch einen Schubs des Schicksals in eine gemeinsame Bahn gelenkt wurden und dort feststellten wie es sein mochte in der Haut des Anderen zu stecken. So als wäre man gemeinsam in einen Aufzug gestiegen, der dann stecken blieb und man die Hiobsbotschaft erhielt, dass man nun einige Stunden in dieser erzwungenen Intimität verbringen musste. Zwei Kinder im Ferienlager, die im normalem Leben zwar Nachbarn sein mochten, aber in ihrer gewohnten Umgebung nichts miteinander zu tun haben wollten, weil der Andere dick, oder arm war, die falsche Hautfarbe hatte oder nur in der falschen Straße, und die dann, im Schein einer Taschenlampe eine vergnügliche Nacht unter einer Decke verbrachten und Comics lasen.

Für einen Moment füllte Schweigen den Raum. Allerdings war es nicht die unangenehme, drückende Art von Stille, die auftreten mochte, wenn jemand etwas peinliches gesagt hatte. Es war ein Schweigen unter Freunden, das man zulassen konnte. Es gab einfach nur keinen rechten Grund diese gefürchtete Stille mit Geplapper zu füllen. Es war in Ordnung, gemeinsam nichts zu sagen. Vielleicht war auch das neu für die Seneschall, denn ein Teil von ihr kam aus einem Clan, bei dem so ein Moment der Stille wohl als Mangel von Eloquenz galt und als Schwäche ausgelegt wurde.
Der Nosferatu nickte schließlich sichtbar und als er dann doch sprach, klang seine Stimme warm, trotz des Krächzens.

Ich verstehe. Aber wir sind noch nicht am Ende. Auch wir haben unsere kleinen Tricks, nicht wahr?

Er sagte es aufmunternd und man konnte ein Lächeln durch die Tonalität hören, als er ihre eigenen Worte wiederholte. Er wollte sie aufmuntern und ihr zuflüstern, dass sie noch ein wenig durchhalten musste. Eines schien ebenso erstaunlich wie klar. Er würde nicht aufgeben und er würde nicht flüchten. Er war damals geblieben und hatte gekämpft, als viele Andere, die Finstertal ironischerweise anschließend als Helden gefeiert hatte, geflüchtet waren, und er würde auch diesmal hier sein. Die Noir mochte ahnen, dass er einen sehr persönlichen Grund haben musste, etwas das wichtiger war als alles Andere. Der Nosferatu war hier, weil er etwas, oder jemanden, oder sogar seinen ganzen Clan, seine Familie und alles was ihn ausmachte, hier beschützte.
 
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"Die haben wir, nicht wahr?"

Für einen Sekundenbruchteil klang die Toreador wie ihr verblichener Gatte. Wortwahl, Betonung und Satzbau glichen denen aufs Haar, die auch Buchet in der Vergangenheit benutzt hatte. Noch etwas anderes trug der kurze Satz mit sich. Würde! Egal wie sehr ihr die mächtige Konkurrenz auch zugesetzt hatte, wieviele Demütigungen man ihr hatte angedeihen lassen, eines hatte sie nie verloren. Den Glauben an sich selbst und daran, dass sie das richtige tat. Irgendwann würden auch die größten Kritiker erkennen müssen, dass es alleine ihrer selbstlosen Aufopferung zu verdanken war, dass Finstertal gerettet werden konnte.

Noir sann nicht auf Rache. Die Welt der Kainiten war bis zum Rand des Erträglichen mit Neid, Mißgunst und Intrigen angefüllt. Dies war jedoch nicht die Schuld des Einzelnen, sondern ein Ergebniss von Denk- und Vorgehensweisen die über Jahrhunderte hinweg gewachsen waren. Die Eigendynamik der Sekte verlangte, dass ein Vampir nur dann halbwegs gut durch seine Existenz kam, wenn er rücksichtslos von seinen Ellenbogen gebrauch machte.

Umso erstaunlicher war es, dass ausgerechnet die Nosferatu den Toreador die Stange hielten. Mochte es unter Umständen auch Berechnung sein, Noir war entschlossen sich irgendwann für diese kleinen Gesten erkenntlich zu zeigen. Gerade in einer Situation wie der ihren im Moment, griff man nach netten Worten und verständnisvollen Gesten wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm.

"Wir gehen trotz aller Hindernisse den richtigen Weg! Irgendwann muss auch eine Caitlin McKinney erkennen, dass sie sich in mir geirrt hat. Spätestens dann, wenn wir Zacharii endlich dahin schicken haben wo er hingehört, wird niemand mehr leugnen können, dass ich nicht die bin für die mich alle halten. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg an dem viele Gelegenheiten darauf warten uns zu Fall zu bringen."

Ein aufrichtiges Lächeln trat der Toreador auf die Lippen.

"Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie hier sind Lurker! Habe ich Ihnen das schon gesagt? Ihre Sorge um mein Wohl erfüllt mich mit mehr Kraft. als Sie sich vielleicht vorstellen können!"
 
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Wahrscheinlich wäre es ein Grund schallend zu lachen, wenn man den Nosferatu in die Kategorie der Männer hätte zählen wollen, die sich von der falschen Sorte Frau angezogen fühlten. Bis vor kurzem wäre das wohl ein heiterer Gedanke gewesen, denn kaum eine Frau wäre falscher gewesen, als die frisch vermählte Braut des Prinzen der Domäne Finstertal. Magdalena Buchet vom Blute des Rosenclans und schon zu Lebzeiten in einer Klasse in die der Mensch, der Lurker einst gewesen sein mochte, keinen Zutritt bekommen hätte.
Er hätte wohl selber am lautesten gelacht. Wahrscheinlich weil sie wirklich nicht die Art von Frau war, die etwas in ihm hätte auslösen können. Nett auf ein Podest zu stellen und für einen Moment zu begutachten, vielleicht ein wenig zu schwärmen, schön. Aber in seinem Innerstem wusste er, dass er sich von dieser Art Frau jederzeit abwenden hätte können, um sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern. Die Prinzessin und der hässliche Wurm. Ja, wie lustig, danke, weiter.

Aber vor einigen Nächten hatte sich diese Person verändert. Sicher, sie war immer noch elegant, keine Frage. Ein Neigen ihres Kopfes konnte Assoziationen an Opernbälle, Galas, rote Teppiche und Blitzlichtgewitter erwecken. Aber es hatte sich etwas anderes in sie hinein geschlichen und Lurker hatte es gesehen. Im dunkel der Tunnel tief unterhalb der Straßen, in seiner Domäne, wo man sich nicht verstecken brauchte, wo man einfach sein konnte, wer man war, hatte er es gesehen. Aufregend wie ein Bein, das aus einem geschlitztem Kleid hervor blitzt. Etwas gefährliches, monströses. Etwas das im Schatten lauerte, sich langsam um seine Beute wand, und diese aussaugte, während diese noch versuchte zu erkennen was geschah. Das Lachen wäre dem Verborgenem wohl im Halse stecken geblieben, wenn er vor sich selber hätte zugeben müssen, dass es dieser schwarze Schemen war, der hinter den Bewegungen dieser Frau lauerte, den er aufregend fand. Es gab nämlich auch jene Art von Frau, von der man sich nicht einfach abwandte. Jene zerstörerische Art, die man nicht mehr aus seinen Gedanken verbannt bekam. Wie ein Stachel im Fleisch, der sich nur immer tiefer bohrte, je mehr man kratzte und daran herum puhlte.

Die Maßstäbe änderten sich wenn man starb. Der Reigen zwischen Männlein und Weiblein wurde uninteressant und farblos, mit dem Verschwinden des körperlichen Aspektes. Aber Vorlieben und Interessen hatte man immer noch und die alte, Porzellan Puppen Toreador hätte den Nosferatu sicher nicht gereizt. Aber diese Frau, mit dem Blick einer Schlinge aus Samt und dem dunklen Timbre von etwas verbotenem und gefährlichem, war etwas von dem man sich nicht einfach löste.

Vielleicht auch, weil eine Unterhaltung mit der wirklichen Lady Noir, ein wenig so etwas war wie eine Fahrt auf Meer in tiefer, dunkler Nacht. Plötzlich hob sich die See und alles um einen herum schien drohendes Unheil. Lurker hatte nicht oft mit dem Prinzen der Stadt zu tun gehabt. Er hatte ihn wenige male aus der Ferne gesehen und das hatte ihm auch völlig gereicht. Umso verstörender war es, wenn man plötzlich dem Gefühl einer Rückkopplung in der eigenen Wahrnehmung ausgesetzt war. Der Nosferatu war ein ausgezeichneter Deuter von Mimik und Gestik und las Stimmungen aus Worten, Silben und der Art wie die Stimme am Ende eines Satzes anstieg, oder abfiel. Ein angenehmer Nebeneffekt, wenn man lernte Metakommunikation zu führen, ohne dem Anderem das eigene Gesicht zeigen zu müssen war, dass man bewusst lernte andere Dinge einzusetzen und eben Diese dann auch bei Anderen empfangen konnte. Ein kaltes Prickeln durchfuhr ihn, als er ihre Worte hörte.

Er ist es nicht. Buchet hat sich verdrückt, ist geflohen, abgehauen, untergetaucht. Das kann nicht sein. Es ist unmöglich sich so lange und so perfekt als jemand anderes auszugeben.

Dennoch wäre es ein genialer Plan. Aber nur ein Meister seines eigenen Clans wäre in der Lage so eine Scharade zu bewerkstelligen. Das Gefühl, dass sich die Noir gleich nach vorne lehnen würde und im kalten, kränklich blassem Mondlicht Oliver Buchet zu sehen sein würde verging, als sie schließlich weiter sprach. Für ein paar Wimpernschläge, die bei keinem der Anwesenden wirklich stattfanden, war er benommen und verwirrt, von dem scharfem Ruck, des Dolches aus Angst, der sich in seinen Rücken gebohrt hatte, bei dem kurzem Aufflackern von etwas, dass Lurker später vielleicht als das Erbe Buchets beschreiben würde, dass durch die Venen dieser Frau floss und das für einen Moment wie ein glühender Funke aufgeflammt war. Als sie von der McKinney sprach, hatte er sich bereits wieder gefangen. Nein, langweilig war eine Unterhaltung mit ihr nicht.

Die Hexe wird niemals irgendetwas einsehen. Wie sollte sie auch? Ihr Sein ist ein wackeliger Turm aus Lügen, falschen Versprechungen und blindem Gehorsam gegenüber ihrem Lord. Sie kann nichts anders sein als ein Spielstein ihrer Ahnen. Johardo wird sie benutzen und sie wird folgen. Jedes Mal. Und sie wird nicht müde werden sich herauszureden. Glücklicherweise sind wir aber auch nicht auf die Anerkennung dieser Person angewiesen. Vergessen sie sie einfach. Solange sie uns nützt, werden wir sie gewähren lassen. Aber irgendwann wird ihr Handeln sie bloßstellen als Marionette des Hexenprofessors und dann werden alle Zeichen gegen sie stehen. Keiner von uns wird sich nochmal in die Suppe spucken lassen wollen, wenn wir irgendwann entscheiden müssen den Egel herauszuschneiden, dann werden wir das tun. Daher ist es unerheblich was dieses Weib bis dahin denkt, oder sagt.

Obwohl seine Worte durchaus Gift in sich trugen, war seine Sprechweise eher ruhig und beschwichtigend. Ein wenig als wollte er sie trösten, für die Demütigung durch die Tremere. Was sollte man um die Einsicht dieser Hexe werben? Sie würde doch noch ein Loblied auf Haus und Clan hervorwürgen, während Johardo persönlich ein paar Zoll Holz in ihr totes Herz hämmerte.
Auf den Dank der Anderen wusste Lurker keine Schlagfertige Erwiderung und ein gewinnend, charmantes Lächeln gehörte ganz sicher nicht zu seinem Repertoire. Er war es nicht gewohnt mit so etwas außerhalb der Familie umzugehen. Daher nickte er einfach nur.

Ich melde mich im Laufe des Abends einfach wieder hier bei ihnen und entweder sie oder ich werden dann Neuigkeiten haben?

So aufregend eine Fahrt auf offener See am Rande des Sturmes auch war, so sehr wünschte man sich zurück in den sicheren Hafen, wenn man darin navigieren musste. Die Zeit war außerdem knapp und es gab noch viel zu tun, daher würden sie wohl beide aufbrechen müssen.
 
AW: [09.05.2008] - Die lustige Witwe

Noir ging einen Schritt auf Lurker zu und fasst ihn an die Schulter. Schon ihr Bewegung auf ihn zu hatte etwas Freundschaftliches, Aufrichtiges, die Berührung selbst war sogar noch mehr als das. Sie verdeutlichte, dass die Toreador in dem Nosferatu etwas wie einen Verbündeten sah. Sie lächelte in den Schatten seiner Kapuze hinein und wandte sich wieder von ihm ab. Als der Blickkontakt unterbrochen wurde, begann sie zu sprechen.

"Es ist wie Sie sagen Lurker! Es spielt keine Rolle mehr! Es ist irrelevant wer wen mag oder nicht mag, wer welche Intrigen spinnt und wer welche Hintergedanken haben mag. Jetzt in diesen dunklen Stunden sind all diese Dinge in den Hintergrund getreten. Es ist nur noch unser letztes Gefecht mit Zacharii das von Bedeutung ist. Das Ritual ist es was zählt! Sollten wir tatsächlich das Unmögliche schaffen, sollte es uns gelingen Zacharii zu gesiegen können wir weites sehen. Aber eben auch erst dann."

Sie lächelte ihr charmantes Lächeln und für einen kurzen Augenblick mochte sich der Gedanke in Lurker festsetzen, dass die seltsame Finsternis die Frau nicht länger unter Kontrolle hatte.... Aber Moment, es handelte sich hier um eine Toreador. Um eine Frau die schon zu Lebzeiten eine berühmte Charakterdarstellerin gewesen war. Niemand, nicht einmal Buchet selbst, mochte seine Mimik besser unter Kontrolle haben.

"Ich denke wir sind hier erst einma fertig? Vielen Dank noch einmal für Ihre Mühen Lurker. Ich warte auf Ihren Bericht!"

Ein Lächen.

"Sollten wir beide das hier irgendwie überleben, sollten wir uns auf ein Glas im Cafe de Trois treffen. Ich wette ab spätestens morgen, haben wir beiden eine Menge was es zu erzählen gibt..."
 
AW: [09.05.2008] - Die lustige Witwe

Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Zumindest musste es so gewesen sein, denn sie überbrückte ihre Distanz, auch wenn der Nosferatu das Gefühl hatte, dass sie eher auf ihn zufloss, als das sie wirklich gegangen war. Ihre Augen waren Schwarz wie Kohle, so als würden sie jeden sterbenden Funken Licht einfach aufsaugen. Oder lag es nur an der Dunkelheit in diesem Raum? Sie streckte ihre Hand nach ihm aus und er spürte lähmende Angst, die ihm die Knie weich werden ließ und dafür sorgte, dass er nicht schreiend davon lief. Als sie ihn berührte, glaubte er ihre Finsternis in sich aufwallen zu spüren. Wie eine Wolke aus Asche ging sie in seinem Innerem auf und bildete eine Decke, die langsam hinab sank. Zuerst hatte er furchtbare Angst und kauerte sich innerlich zusammen, versuchte der Schwärze aus dem Weg zu gehen, so wie man in einer Dusche an die Wand zurückweicht um nicht vom kaltem Wasser benetzt zu werden. Aber es gab kein Entrinnen, denn sie hielt ihn fest und er war nicht in der Lage sich zu rühren. Es war als hätte die Dunkelheit durch ihre Hand in ihm Wuzeln geschlagen und wühle sich nun in seine Seele hinein.

Lurker machte sich bereit für die brennende Kälte die er in der Dunkelheit vermutete. Sicher würde sein Wesen gleich von einer frostigen Schicht überzogen werden, denn so wie jedes Licht erstickt wurde, war er sich sicher, dass auch jede Wärme von der Schwärze absorbiert werden würde.

Kalt...kalt..

Die Kälte kam und sie umschloss ihn vollständig, aber es war nicht der frostige Biss einer tödlichen Kälte, sondern die Kühle eines lindernden Balsams. Seine wungescheuerten, entzündeten Nerven, die in diesen Nächten so gnadenlos unter dem Angriff einer Wesenheit gelitten hatte die er nicht verstand, nahmen sie erleichtert auf. Er hatte hohes Fieber und die Dunkelheit war wie ein Kühlender Streifen Stoff, der ihm mit sanfter Hand um ihn gelegt wurde. Er wurde ruhig und als sich die Lady Noir von ihm zurück zog lächelte sie.

Das sie ihn anschließend im Grunde auf einen Kaffee einlud wäre sonst sicher ein gefundenes Fressen für den sarkastischen, boshaften Lurker gewesen. 'Wir können uns ja mal auf einen Kaffee treffen...das wäre nett'. Bescheuerter und banaler ging es wohl kaum und auch die Idee, dass die Exfrau des Prinzen von Finstertal sich zu einem Plausch mit Gebäck und Kanalratte einfand war wohl ein Brüller, aber gerade wollte ihm der Sarkasmus irgendwie im Halse stecken bleiben. Was sollte man also tun, wenn man im Ernstfall die Eloquenz einer Kellerassel besaß? Überspielen?

Mylady

Mit einer kurzen Verbeugung und einem leisem wehen des Vorhanges war die Dunkelheit wieder alleine.
 
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