AW: [07.05.2008] Vor der Primogenssitzung
Wie gesagt ging Julia brav mit. Als sich Ferdinand und Malkik im Foyer ihren kleinen Machtkampf lieferten, wirkte es augenblicklich auf Julia. Wenigstens Henry dürfte bemerken, das sie fast sofort nervös wurde. Sie blickte zu Boden. Sie wollte diesen Disput, diesen Streit nicht mir bekommen! Es war nichts, was ihre Nerven derzeit gut aushielten. Dieser kleine Streit bewirkte auch, das Julia recht verschüchtert war, als Ferdinand sie nach draussen führte. Ihr war gar nicht wohl dabei, der Zankapfel zu sein. Er spürte, wie sie sich zu nächst in seinem Arm angespannt war und fast wäre sie wohl sogar daraus geflohen, als er begann ihre Stirn zu fühlen und durch das Haar zu streichen. Mißtrauen und Angst huschten über ihr ihr Gesicht, bevor sie erkannte, das der Mann an ihrer Seite nicht die Situation ausnutzen wollte zu wissen, was sie getan hatte und sie nun für eine leicht zu habende Frau hielt. Erst als sie erkannte, das seiner Geste keine sexuelle Absicht hinterlag, gelang es ihr, sich in seinem Arm ein wenig zu entspannen. Der Widerstreit ihrer Gefühle war wieder einmal nur all zu deutlich in ihrem Gesicht zu sehen. Sie wusste, das Ferdinand ihr in diesem Augenblick nichts Böses wollte und auch mehr eine Vaterfigur war als alles andere. Und es tat ihr gut. Gleichzeitig hatte sie aber zu viele Wunden davon getragen um die Berührung eines Mannes, die überraschend für sie kam, als angenehm empfinden zu können. Ferdiandn war ihr einfach noch viel zu fremd, als das sie sich wirklich sicher bei ihm fühlen konnte. Was, wenn er nur mit ihr spielte?
„Nicht ganz.“, antwortete sie ihm leise auf seine Frage. Es ist nicht ihre Berührung, die den Schmerz lindert. Schon bevor ich zu ihnen kam, war der Schmerz da, aber eher dumpf und vernachlässigbar, so, wie ich ihn schon aus vielen Situationen zu vor kenne, wenn ich weiss, das ich etwas tun muss, Ereignisse in Gang bringen. Als...“ Sie blickte zu Henry und Verwirrung trat in ihr Gesicht, denn ihr fiel auf, das sie nur den Vornamen des Mannes kannte, der sie durch das Hotel geführt hatte. Mangels einer Alternative verwendete sie ihn dann auch, auch wenn es ihr nicht richtig vor kam. „... Henry mir sagte, sie seien nicht zu sprechen, traf mich der Schmerz das erste Mal mit einer Heftigkeit, die sich zuvor noch nie so schnell aufgebaut hatte. Es hielt an, bis sie nach mir riefen und mich warten hießen. In dieser Zeit ging der Schmerz nahezu sofort auf ein erträgliches Maß zurück.“. Sie lächelte schief und verlegen. „Ich fürchte sie haben einen Eindruck davon erhalten, was ich noch als erträglich betrachte, denn ich fürchte, ich dürfte es kaum verborgen haben. Je mehr ich jedoch erzählte und je ablehnender ihre Haltung wurde, desto stärker wurden meine Schmerzen, weil ich mich mit ihrer Ablehnung immer weiter von der Erfüllung meiner Pflicht entferne.
Ich weiss ja auch nicht, warum es so wichtig ist, das wir fünf in das Gebäude gehen und erledigen, was dort zu tun ist. Und ich weiss wirklich beim besten Willen auch nicht, was wir wegen diesem Unheil dort tun müssen. Ich würde es ihnen nur zu gerne sagen können. Es würde meine Aufgabe, uns dort zusammen zu führen, doch nur erleichtern. Sie sind der Schlüssel, Herr von Rothschild. Wenn ich es schaffe, sie zu überzeugen, dann habe ich nicht nur einen von Fünfen von der Notwendigkeit überzeugt. Sie als Primogen können die anderen zusammen rufen. Fehle ich jedoch bei Ihnen, kann ich jedoch meine Aufgabe keinesfalls mehr so erfüllen, wie sie erfüllt sein will, denn selbst wenn ich es schaffen sollte, die anderen drei zu gewinnen, so würden doch noch immer sie selbst fehlen. Deshalb sind sie, wie ich glaube, zum Angelpunkt geworden. Ihre Einschätzung, ihr Verhalten scheint zur Zeit maßgeblicher Indikator für den Schmerz zu sein, wenn meine Beobachtung stimmt und er jedes mal schlimmer ist, so lang sie ablehnend sind und erträglich, wenn sie mir zu hören und ich die Hoffnung habe, sie überzeugen zu können.
Julia seufzte leise. Sie blickte zu Boden, bevor sie ihn wieder ansah. Von Ferdinand oder der Geißel 'gelesen' zu werden, war wirklich die geringste Sorge die sie zur Zeit hatte. Hoffnung und Verzweiflung spiegelten sich in ihrem Gesicht, als sie Ferdinand dann wieder ansah. „Ich will wirklich nicht gegen ihr Wort verstoßen, Herr von Rothschild. So bin ich nicht, auch wenn die jüngsten Ereignisse ein anderes Bild von mir zeichnen mögen, als bräche ich leichtfertig die Regeln. So bin ich normaler Weise nicht.“ Sie lachte kurz und bitter. Denn sie dachte daran, wie sie oftmals auf Berührungen außerhalb der Jagd reagierte – mit Unbehagen, Abscheu und Mißvergnügen.
„Das bittere ist, mir bleibt keine Wahl. Ich muss in dieses Gebäude hinein und tun, was immer dort nötig ist. Ich muss es tun, bevor mich die Schmerzen völlig handlungsunfähig machen. Sie haben vorhin ja selbst gesehen, wie heftig es mich erwischt hat. Normaler Weise bleibt mir viel länger Zeit als hier, aber ich fürchte, mich davor, das die Schmerzen noch zu nehmen. Ich weiss nicht, wie lange ich warten kann, Stunden, eine Nacht. Ich weiss wahrscheinlich besser als sie selbst, das meine Chancen mehr als gering sein werden, wenn ich mich allein in das Gebäude wage und dennoch habe ich letztendlich keine Wahl im Gegensatz zu ihnen und den anderen. Es wird mich meinen Verstand kosten, wenn ich nicht rechtzeitig gehe.... oder noch mehr.“, fügte sie am Ende fast kaum noch verständlich hinzu.
Ja, Julia hatte Angst und war verzweifelt. Aber da war auch Hoffnung, Hoffnung, das noch alles gut werden würde. Genau so wie Wut, Wut über die Art der Aufgabe und die Unmöglichkeit ihrer Situation. Die Wut war dabei das einzige, was tiefer in ihrem Inneren verborgen war und nicht direkt nach aussen trat und leicht zu lesen war. Eine sehr geübte Person mochte sie vielleicht noch anhand ihrer Körperspannung deuten können. Wie viel davon Ferdinand jedoch verifizieren konnte, wenn er ihre Aura las, blieb abzuwarten.