AW: 06.06.06 Die letzte Schlacht - Ein Engel verhöhnt Gott
Tanja verstand das alles nicht. Sie hatte VERSUCHT stark zu sein. Sie hatte VERSUCHT sich ihre Schwäche nicht anmerken zu lassen. Sie hatte VERSUCHT zu helfen. Sie hatte VERSUCHT dem Horror zu widerstehen. Sie hatte es wirklich VERSUCHT.
Aber nach dem Schmerz zweier Zeitreisen, den Schrecken von Florenz, der schlichten Bosheit die sie dort von manchen erfahren hatte, dem gezwungen Trinken von einem Menschen obwohl sie es nicht wollte, zwei Visionen die sie keine Ruhe finden lassen, ihrer Clansschwäche die sie bis kurz vor den Zusammenbruch gequält hatte und den Schrecken die ihr grade eben noch gebracht worden waren, durch etwas das das nackte Grauen war - und das selbe Blut in sich trug wie sie selbst - war es schlicht und einfach vorbei.
Sie hatte sich grade so eben noch auf den Beinen halten können, die eigene Stärke, die sie mehr mechanisch und mit dem letzten Rest an Geist Melissa gegenübertreten und die letzte Nachricht an Viktor schreiben lies nur mehr kaum ein dünner Hauch...
Und dann griff sie es an... Nicht von aussen... nicht mit Gebrüll, Horror und Schlägen, sondern in ihrem eigenen Geist... Und es war schlicht nichts mehr übrig, dass sie hätte entgegensetzen können...
Als Tanja endlich wieder ein Gefühl in ihren Körper bekam, war sie nicht nahe am, sondern ein gutes Stück weit hinter einem Nervenzusammenbruch... Das Küken hatte die Beine an den Körper gezogen, den Kopf zwischen den eigenen Knien und die Hände vors Gesicht gedrückt... Ihr Körper quetschte sich in die hinterste Ecke der Sitzbank und während sie auf die Seite rollte, liefen blutige, klebrige Tränen zwischen ihren Fingern hervor... Kein Laut kam über ihre Lippen, doch sie konnte die Tränen nicht aufhalten... Sie sickerten in ihr Oberteil und weichten dort ein... Kein einziger Tropfen ran tief genug um die Sitzbank ode reinen anderen Teil des Wagens zu erreichen... Aber das war auch gar nicht nötig.
Sie zitterte am ganzen Leib, Verzweiflung schien sie vollkommen im Griff zu haben... Delilah war fortgegangen. Meyye war heute morgen nicht da gewesen. Ariel kämpfte und konnte ihr nicht helfen. Melissa hatte anderes zu tun... Und Viktor war nicht gekommen.
Sie war alein... Sie war schlicht und einfach alein...
Tanja hatte gewusst, dass diese Welt böse war... Aber in den vergangenen Tagen hatte man es ihr nicht einfach vor Augen geführt... Man hatte sie eher an den Haaren dorthin gezerrt und sie so hart mit der Nase hineingeschmissen, das selbige brach.
Irgendwo, jenseits allen Schmerzes, wusste sie, sie würde auch das hier überstehen... Aber sie würde anders sein. Alles würde anders sein.
Etwas war zerbrochen.