[05.05.08] Je später der Abend, ...

ObiwahnKa

It's time to kick ass, ..
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21. Juli 2008
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„Herr Albert Holzheim, wenn ich mich richtig erinnere. Wie ich sehe, haben sie bereits etwas zu trinken bekommen. Kommen wir also gleich zum Geschäftlichen.“

Die Gräfin saß einem sichtlich verschüchterten Männchen gegenüber. Dieser hatte ein Glas mit irgendeiner hochprozentigen Flüssigkeit in der Hand. Seine Augen flogen durch den Raum. Er roch nach Angst. Rufus hatte es aber auch ein wenig übertrieben. Zumindest ankleiden hätte er ihn ja lassen können. Nun saß der Arme hier in seinem gestreiften Pyjama und wusste nicht, was hier gerade passierte.

„Nun denn, ich muss mich für das rüde Verhalten meiner Bediensteten in aller Form bei ihnen entschuldigen. Aber es ist schwer gutes Personal zu finden und ab und an schießen sie über ihr Ziel hinaus, meine Wünsche zu erfüllen. Ich hoffe, dass mir das gleiche bei ihnen nicht passiert.

Ich denke mir, dass sie darauf brennen zu erfahren, was sie zu dem Vergnügen bringt, heute Nacht noch mein Gast zu sein. Es geht um die Chancen, die sie haben. … Nein. Ich muss es anderes ausdrücken und ein wenig weiter ausholen:

Ich vertrete eine international operierende Gesellschaft. Ein Ziel ist in Finstertal behaftet und wir gedenken in naher Zukunft hier mit einem unserer Betriebe ansässig zu werden und damit Arbeitsplätze zu schaffen. Dafür suchen wir ein geeignetes Gebiet, das für den Bau unseres Zentrums und unseren Produktionsstätten ausreichend ist. Leider stehen diesen Plänen nicht alle städtischen Verantwortlichen positiv gegenüber, sodass Missgunst und Neid ein paar wenige Leute etwas borniert reagieren ließ. Ein mögliches Gebiet wäre das kleine Wäldchen mit der Mine im Süden der Stadt. Leider wurde behauptet, dass dort ein Naturschutzgebiet liegt und dass außerdem die dortige Gegend von ehemaligen Stollen und Tunneln durchzogen sei, die eine Bebauung unmöglich machen.

UNMÖGLICH!? Dieses Wort gibt es bei uns nicht.

Bei der Bearbeitung dieses Problems fiel mir dann ein, dass ich einen netten Herrn in der Stadtverwaltung kenne, der mir bestimmt einen kleinen Gefallen erweisen möchte. Nämlich SIE! …

Nein, keine Angst. Ich weiß recht gut, wo die Grenzen jedes einzelnen anzusiedeln sind. Da mir die Verwaltung nach einer offiziellen Anfrage nach Plänen zwar bestätigte, dass es einen Altbestand solcher Unterlagen gäbe, dieser aber nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sei, kommen sie ins Spiel.

ICH benötige diese Pläne und Unterlagen!

SIE besorgen mir diese Pläne und Unterlagen!

Und damit das Ganze noch ein wenig spannender wird, sagen wir, dass sie bis morgen Abend Zeit haben. … Nun, was sagen sie dazu?“

Die Gräfin spielte mit ihrem Opfer wie die Katze mit der Maus. Sie fing ihn mit ihrer Stimme ein, umgarnte ihn, schmeichelte ihm mit ihrer Gestik. Ihrer Präsenz war für den Überrumpelten fast nichts entgegenzusetzen.

Dann plötzlich endete ihr Monolog, sie lehnte sich zurück, faltete ihre Hände vor der Brust und starrte ihm in die Augen. Eine beklemmende Stille lag im Raum und Franziska wartete auf eine Reaktion, die zweifelsfrei kommen würde.
 
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"Ich kann absolut verstehen, das diese Sache äußerst wichtig für Sie ist Madame. Leider sind mir in dieser Angelegenheit die Hände gebunden."

Holzheim fühlte sich sichtlich unwohl und wirkte beinahe, wie ein Schüler im Zimmer des Direktors, den man beim Rauchen erwischt hatte. Trotzdem versuchte er verzweifelt ein letztes bisschen Würde zu bewahren. Nicht sonderlich leicht, wenn man die Umstände betrachtete.

"Die Naturschutzgebiete, sowohl das große im Süden, als auch der schmale Gebirgsstreifen zwischen der Stadt und Burgh sind Eigentum von "World Hope". Diese Stiftung wird durch die Firma "World Science" betreut und von der hiesigen Kunstakademie finanziert. Letztere hat auch alle Unterlagen zu diesem Gebiet inne, da der Oberbürgermeister selbst angeordnet hat, dass allein die Verantwortlichen von World Hope über Baumaßnahmen und Veränderungen entscheiden sollen. Das hiesige Bauamt und damit meine ich alle Fachbereiche, sind hiervon vollkommen ausgenommen. Sie wissen schon, die ganze Sache gilt als Naturförderungsprojekt der EU. Bei uns wurde ein großes Rudel Wölfe ausgesetzt, welches zwar wissenschaftlich erforscht, aber ansonsten völlig unbelassen Leben soll."

Der arme Mann räusperte sich, er war sich absolut im Klaren darüber, dass die Dame genau diese Sachen nicht hatte hören wollen. Aber was sollte er machen? Es wurde ja alles noch viel schlimmer.

"Was die Miene angeht... Darüber gibt es bereits seit dem Krieg keine Unterlagen mehr. Was bekannt ist: In den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Stollen begonnen und bis zum Ende des Krieges betrieben. Im April 1945 wurde das Bergwerk dann unverhofft geschlossen und für baufällig erklärt. Zur gleichen Zeit verschwanden alle Akten. Wie dem auch sei, mittlerweile dürfte dort ganz sicher nichts mehr zu holen sein. Sechzig Jahre Umwelteinfluss und Zerfall... Ich muss nicht sagen wie es dort unten wahrscheinlich aussehen wird!"
 
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Gräfin Franziskas Gedanken rasten. Sie verarbeitete die Informationen. Fragen wurden beantwortet und gleichzeitig taten sich Neue auf. Und es war in der Tat nicht das was sie hören wollte. Aber sie hatte fast mit so etwas gerechnet. Sie hatte einen Ballon steigen lassen, ein wenig Druck erzeugt und ein Ergebnis erhalten. Außerdem war nicht alles was der arme Tropf sagte wertlos. Zumindest für sie.

Während sie darüber nachdachte, fixierte sie den Armen. Sie starrte ihn an, ohne nur einmal zu blinzeln. Sah er kurz weg und wieder hin, hatte sie sich keinen Deut verändert. Gefühlte 10 Minuten oder war es noch länger herrschte absolute Stille. Nur sein Atem war zu hören. Die Alte schien nicht zu atmen, aber das kann ja nicht sein, dachte Holzheim.
Dann fing sie auch noch an auf die Schreibtischunterlage mit den Fingern zu tippen. Ein nervendes Geräusch. ´Tip-Tip-Tip` und immer noch dieser Blick.

"World Science also. Soso.“

Wieder Stille.

Wo hatte sie den Namen schon einmal gehört? Hatte Stahl ihn erwähnt? Ja, das war es. Und waren die Werwölfe da nicht mit im Spiel? Oder interpretierte sie das nur, weil diese Stiftung mit der Ansiedlung von Wölfen zu tun hatte.

Kein Muskel zuckte. Kein Blinzeln. Schlief die Alte? War sie eingenickt? Mit offenen Augen?

Nein!

„Nun mein Lieber. Das sind ja Nachrichten, wie ich sie ausdrücklich nicht gewünscht habe. Aber ich gestehe ihnen zu, dass sie an den Tatsachen nichts ändern können. Leider. Zumindest hatten sie nicht die Unverfrorenheit sich herauszureden oder gar mich anzulügen.
Ich sehe aber noch eine Möglichkeit, dass sie mir doch einen Gefallen erweisen können und sich so ihr nicht gerade geringes Zubrot verdienen können. Die Mine war also bis Ende des Krieges in Betrieb? Dann lebt bestimmt noch jemand, der sich dort auskennt. Jemand der dort gearbeitet hat oder vielleicht sogar eine leitende Stelle inne hatte. Würden sie morgen einmal ihren ähm, … Computer … benutzen, wer denn da in Frage kommen würde und wer den noch lebt, um mir etwas über die Mine zu erzählen. … Und nur noch einmal zu Erinnerung. Termin ist morgen Abend!
Um das andere kümmere ich mich selber.“

„Falls sie nicht noch Fragen haben, sehe ich das Gespräch als beendet an. Sie sollten sich noch ein wenig hinlegen, damit sie morgen ausgeschlafen sind und konzentriert arbeiten können.“

Sie betätigte einen Knopf und sprach Richtung Telefon. Rufus wurde gebeten den Gast wieder nach Hause zu bringen. Morgen Abend würde man sich mindestens telefonisch bei Holzheim melden.

Die Alte sah auf die Uhr. Es war doch sehr spät geworden. War Stahl noch wach? In Anbetracht der geringen Zeitspanne, musste sie einfach versuchen, ihn noch zu erreichen. Diese Hektik gefiel ihr nicht. Keine Zeit alles zu überdenken und zu planen. Aber so schien es in Finstertal eben zu sein.

Wieder drückte sie Knöpfe auf dem Freisprecher und lauschte dem Tuten, das hoffentlich von Stahls Stimme unterbrochen wurde, …
 
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Holzheim nickte pflichtbewusst und erhob sich von seinem Platz.

"Natürlich meine Dame, ich werde sehen was ich machen kann! Ich werde morgen Abend zur selben Zeit wieder bei Ihnen vorstellig werden. Auf Wiedersehen, schlafen Sie gut!"

Eiligst verließ er das Haus.
Die alte war ja zum fürchten. Dieser Blick und dann dieses elend lange Schweigen. Wie sein Oma. Mit eingezogenem Kopf und einer fast sichtbaren Gänsehaut im Nacken stieg er in seinen Wagen. Ja er hatte schon sein Großmutter gefürchtet. Warum musste er ausgerechnet auf noch so einen Drachen treffen?
 
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