AW: [04.05.08]Notsitzung der Primogene - und solcher die es werden wollen...
Kaum waren sie wieder in diesem Kellergang, nahm Lurker instinktiv von allen Bildern den größtmöglichen Abstand ein, was bedeutete, dass er sich genau in der Mitte des Ganges halten musste. Er spürte auch, dass eine knarzende Stimme in seinem Innerem zu lärmen begann. Irgendetwas war faul. Er hatte etwas übersehen, etwas das wichtig war, sogar gefährlich. Konzentriert versuchte er sowohl die Rosenguhl, als auch die verrätterische kleine Häuptling vom Tierclan im Auge zu behalten. Er musste einen kühlen kopf bewahren, um richtig reagieren zu können, wenn irgendjemand hier unten versuchte ein krummes Ding zu drehen.
Meyyes Bewegung hatte auf den ersten Blick nichts aggressives an sich. Sie hob nur ganz sachte die Hand ein wenig, so als wollte sie mit den Fingern an der Wand entlang streichen. Sie tat aber nichts, es war keine Waffe in ihrer Hand zu sehen und die Geste blieb dass, als was sie begonnen hatte, nur ein kurzes Zucken. Eigentlich harmlos und zu vernachlässigen. Doch dann dämmerte dem Nosferatu plötzlich, was ihn schon die ganze Zeit störte. Die Gangrel ging an der Seite des Ganges und war in Reichweite eines der verfluchten Gemälde. Sie ging absichtlich dort, und nicht wie er, in der Mitte des Ganges. Sie hätte eines der Tücher herunterreißen können um den Dämon, der dem Bild inne wohnen würde, frei zu lassen.
Die Guhl kreischte beinahe, als sie laut auf Meyyes Versuch aufmerksam machte. Selbst wenn Lurker weniger Aufmerksam gewesen wäre, hätte sie ihn spätestens jetzt auf den Versuch der kleinen Verräterin aufmerksam gemacht.
Schlaumeier, was für ein Versuch denn? Sie hatte genug Zeit, bevor das Menschlein sie verraten hatte, wenn sie gewollt hätte.
Aber damit hätte sie sich selber auch dem ausgesetzt, was in dem jeweiligem Bild gelauert hätte. Darum hatte sie es vermutlich auch nicht getan, es wäre ein wenig so gewesen, als wenn sie eine Bombe gezündet hätte um ihn zu erwischen, in dem Wissen, dass es sie auch zerreißen mochte. Kurz wallte Panik in seinem Innerem auf und seine verrotteten Organe schienen rebellieren zu wollen, aber sein Verstand schaltete schneller. Die Guhl plapperte in ihrem Schreck drauf los und klares, logisches Denken legte sich wie kühlender Balsam über die knisternden Funken der Furcht, die sein Inneres mit loderndem Schrecken füllen wollte. Es gab Informationen, keine Zeit Angst zu haben.
War es möglich, dass er aus einem bestimmtem Grund in der Mitte des Ganges blieb? War es vielleicht gar nicht seine vorsicht, die ihn gemahnte dort zu gehen, um möglichst weit weg von den verfluchten Ölschinken aus der Hölle zu bleiben? Tatsächlich war es nämlich nicht nur so, dass er aus diesem Wege von allen Bildern so weit weg wie möglich war, sondern dass er, fatalerweise, so auch alle Bilder am besten sehen könnte, wenn sie denn nicht verhüllt wären. Waren es die Bilder selbst, die ihn dazu brachtenß Oder machten sie sich nur eine natürliche Reaktion zu nutzen die unweigerlich folgen musste? Dies, zusammen mit den Worten von Laura wurde aufgesogen und gut abgespeichert. Informationen die ihm noch nützlich sein würden. Irgendwann, würden sie irgendwo einen guten Preis erbringen.
Der Blick des Nosferatu war pures Gift und er bohrte sich in die Schulterblätter des kleinen, jugendlich aussehndem Mädchen vor ihm. das verräterische Misstück würde schon noch bekommen, was es sich verdient hatte. Etwas so einfaches und gutes wie ihre Vernichtung hatte sie gar nicht verdient. Ganz sicher nicht, das war viel zu simpel. Er würde sie einsperren, zusammen mit einem dieser Menschenkinder die sie so sehr liebte und er würde dabei zusehen wie sie langsam immer hungriger werden würde. Sicherlich würde sie nur das nötigste von ihren geliebten Menschen trinken und damit das unvermeidliche Nächte lang vor sich herschieben, bis nicht mehr genug Saft in dem Menschlein wäre. Dann würde sie, edel wie sie ja war, warten und warten, bis ihre Instinkte irgendwann siegten und sie das geliebte Menschlein zerreisen würde. Ja, das wäre nach seinem Geschmack, darum hatte er gezögert und war nicht gegen sie vorgegangen, ganz sicher.
Sie stiegen die Stufen hinauf und er spürte wie der Druck um ihn herum nachließ. Wenn man so lange und so oft in den Eingeweiden der Erde herumwanderte wie er, entwickelte man recht gutes Gespür für die Tiefe. Ein Mensch der aus einer tiefen Höhle heraustrat mochte ganz ähnlich fühlen, wenn er sich wieder an der Oberfläche befand und bemerkte, dass er nicht mehr von Tonnen von Gestein umgeben war. Wortlos betraten sie den Sitzungssal und der Nosferatu floss wieder in seinen Sessel, ohne jemanden anzusehen, oder eine Bemerkung fallen zu lassen. Für die Anderen war, genau wie zuvor auch, nur seine leer wirkende Kapuze zu sehen und Lurkers Blick mochte auf jedem Anwesendem ruhen, ohne dass es jemand genau zu bestimmen vermochte. Tatsächlich starrte er noch lange nachdenklich auf die Tischplatte.