Rollenspieltheorie D&D ist kein Rollenspiel! [Wick versus Pundit]

Teylen

Kainit
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Nachdem es selbst MRH aufgegriffen hat und es bejubelte mag ich auf einen Blog Eintrag von John Wick hinweisen: Chess is not an RPG: The Illusion of Game Balance

Im Grunde stellt er die These auf das Regeln irrelevant sind, Waffenlisten Mist, Regeln für soziale Interaktion die Pest und jedes taktischere Rollenspiel überhaupt gar kein Rollenspiel ist. Unter anderem wäre D&D gar kein Rollenspiel!
Im Gegensatz zu rollenspielerischen Glanzstücken wie die WoD (Vampire) oder CoC.

Das brachte wenig überraschend den Pundit auf: John Wick Has NEVER Played D&D

Wobei es natürlich auch einige gute Blog-Artikelantworten neben dem von Pundit gibt.
Es hat wohl nur die Diskussion gestartet.

Eure Meinung?

Meiner Meinung nach schwafelt John Wick sich da recht großen, dummen Müll zusammen.
Unter anderem weil er vollkommen aussen vor läßt das Game Balance durchaus auch die Spielanteile regeln kann und sollte. Das heißt wenn man den Angel Summoner und BMX Bandit in eine Gruppe packt sollte man in einem taktischen Rollenspiel irgendwo die Möglichkeiten der Charaktere aneinander anpassen oder in einem narrativen Rollenspiel die Erzählrechte.
Das Video präsentiert eindrücklich was passiert wenn weder das eine (Der Summoner ist sehr viel stärker) noch das andere (Der Summoner quatscht dem Bandit immer ziemlich direkt in den Plan und nimmt dem sein Spotlight) gegeben ist.

Von dem anderen Unsinn (Was alles kein RPG sei, Verteufelung sozialer Spielmechaniken, Besserspielertum) abgesehen..
 
Meiner Meinung nach schwafelt John Wick sich da recht großen, dummen Müll zusammen.
In der Tat. Aber das hat nicht viel mit seiner offenkundigen Unkenntnis früherer D&D-Editionen zu tun (dass man 4e ohne Rollenspiel spielen kann, würde ich ja noch zugestehen, bei 3rd ist es schon zweifelhaft, aber wie soll das bei 1st oder 2nd AD&D gehen?) noch mit seiner völlig am Ziel vorbeigehenden Tirade gegen kleinteilige Regelelemente. Sondern mit:

"Because the focus of an RPG is to tell stories."

Dass dies nur eine mögliche Herangehensweise ist, und dazu noch eine äußerst beschränkte, sollte ein erfahrener Spieldesigner eigentlich wissen. Wer nicht von der ja auch hier sehr verbreiteten Krankheit befallen ist, GNS, threefold und ähnliches bis zur Unkenntlichkeit kaputtzudefinieren, kann auch ziemlich genau benennen, welche.
 
Ich mag den John Wick ja, gerade weil er manchmal solch kontroversen Quatsch schreibt.

Das man Regeln nicht braucht hat er so ja nicht unbedingt geschrieben. D&D oder irgendeinem Rollenspiel den Status ein Rollenspiel zu sein abzusprechen halte ich für ziemlichen Murks.
Einen Denkfehler sehen ich in seiner Argumentationskette. Wenn der Fokus von Rollenspielen auf dem Erzählen von Stories liegt, wie kann ich denn das Rollenspiel D&D erfolgreich spielen ohne darauf einzugehen? Und daraus den Schluß ziehen, das es kein Rollenspiel ist, weil es sich erfolgreich so spielen lässt? Wie gut die D&D Regeln das erreichen, mag ja wider ein ganz anderes Thema sein. Aber auf diesen Punkt geht der Pundit ja auch weitgehend ein.

Wo Wick allerdings einen guten Punkt macht, ist das man hinterfragen sollte, in wie weit Regeln dem Ziel und Fokus des gespielten Rollenspiels dienlich sind. Oder einfach nur da sind, weil man das halt so macht. Und ich bin mir auch nicht sicher, warum ich für investigativen cthuloiden Horror drei dicht beschriebene Seiten Waffenlisten brauche, in den Stockdegen, Schwert, Rapier und Säbel mit minimalst unterschiedlichen Werten abgebildet werden.
 
John Wick schrieb:
Roleplaying, in the end, sabotages the goal of the game.

Das ist allerdings das Gefühl, das ich bei D&D- und Pathfinder-Sessions sehr oft bekomme: Rollenspiel auf Kosten der taktischen Effektivität ist hochgradig unerwünscht.
 
Das ist allerdings das Gefühl, das ich bei D&D- und Pathfinder-Sessions sehr oft bekomme: Rollenspiel auf Kosten der taktischen Effektivität ist hochgradig unerwünscht.

Also wir haben weder bei D&D/Pathfinder noch bei Shadowrun das Problem trotz Taktischer Effektivität Rollen zu Spielen. Aber ja der Typ der im Stockdunklen Arcologiebunker beim Überraschungsangriff der Zombinazininjakonzernsoldaten meint die Taschenlampe Fallen zu lassen nur weil es der Story dienen soll ist in der tat nicht Taktisch Effektiv und auch zumindest bei uns am Tisch nicht erwünscht.
 
Ah, da ist er ja, der subtile Hinweis auf den Taschenlampenfallenlasser. Ich wusste, ich brauche maximal ein paar Minuten darauf zu warten. ^^ Also hat John Wick wirklich recht.
 
Das ist allerdings das Gefühl, das ich bei D&D- und Pathfinder-Sessions sehr oft bekomme: Rollenspiel auf Kosten der taktischen Effektivität ist hochgradig unerwünscht.
Man könnte das Rollenspiel ja auch im Einklang mit der taktischen Effektivität gestalten?
Nur so als Idee.
Das bietet dann sogar eine gewissen Anspruch, fordert einen heraus. Im Gegensatz dazu einfach entgegen der Wünsche der Mitspieler zu agieren und im Spiel für sich zu beanspruchen das doch das eigentliche Spiel, die Mechanik, aussetzen mögen soll.

Kennst du das Video auf Youtube mit den beiden Koalas, die miteinander zanken?
Nein, aber das klingt süß,... Link?
 
Man könnte das Rollenspiel ja auch im Einklang mit der taktischen Effektivität gestalten?
Nur so als Idee.

Man könnte auch die taktische Effektivität nicht zum heiligen Gral des Spiels erklären? Nur so als Idee.

Das bietet dann sogar eine gewissen Anspruch, fordert einen heraus. Im Gegensatz dazu einfach entgegen der Wünsche der Mitspieler zu agieren und im Spiel für sich zu beanspruchen das doch das eigentliche Spiel, die Mechanik, aussetzen mögen soll.

*gähn* Zahlenschubsereien auf dem Blatt Papier sind nur Mathematik. Das ist nun wirklich nicht der Grund, warum ich rollenspiele. Wenn die Primärüberlegung bei der Charaerschaffung sein muss, wie effektiv sie moshen, buffen, healen oder facen kann, ist schonmal was grundsätzlich falsch gelaufen. Dann sind wir nämlich wirklich an dem Punkt, dass das Rollenspiel an sich dem Ziel des Spiels anscheinend entgegensteht. Siehe oben; Charakterspieler = Taschenlampenfallenlasser.
 
Ich spiele nun sehr viel D&D in einer Prä-4e-Version und bei uns wird im Kampf eigentlich immer gerollenspielt. Gerade wieder bei einem Kampf erlebt: Der Krieger stürzt sich auf einen überlegenen Gegner, der ihn beleidigt hat, während der Rest der Gruppe sich feige in der Ecke verkriecht und erst zum Abstauben hervorkraucht, nachdem der Krieger beinahe gewonnen hat. So kommt man dann auch zu einer guten Geschichte. Genau dieses Verhalten ist bei D&D seit jeher erforderlich und war seit Anbeginn in den Regeln verankert. D&D fördert dieses Verhalten also.

Tachenlampenfallenlasser hingegen erzeugen keine gute Geschichte, sondern bestenfalls einen TPK. Zudem agieren Taschenlampenfallenlasser auch nie aus ihrer Figur heraus, spielen also keine Rolle, sondern basieren ihre Handlungen auf einer Metabasis (Effektivitätsüberlegung). Sie verstoßen mit ihrem Handeln sogar gegen die Grundannahmen gemeinsamen Geschichtenerzählens und greifen stattdessen zu billigen Tricks, die in Horrorfilmen zu guter Recht bloß ein Augenverdrehen hervorrufen.

Es ist zudem vollkommen rollengerecht, wenn erfahrene Kämpfer unwillig auf Sabotageversuche á la Taschenlampfenfallenlassen eines Verbündete reagieren - schließlich gefährdet es ihre eigenen Überlebenschancen massiv. Spieler, die so etwas einfach reaktionslos hinnehmen, spielen daher ihre Rolle nicht mehr aus und daher ebenfalls kein Rollenspiel mehr.
 
Siehe oben; Charakterspieler = Taschenlampenfallenlasser.

Ameint die Taschenlampe Fallen zu lassen nur weil es der Story dienen soll
Charakterspiel =/= Storyspiel.
Wer sich taktisch ineffektiv verhält, weil es charaktergerecht ist, ist bei mir - nur um meinen Spielstil mal als Beispiel zu nehmen - wohlgelitten. Wer sich taktisch ineffektiv verhält, um eine Story zu erzählen, nicht - wiederum, das ist mein eher simulationistischer Spielstil.
Natürlich darf sich der Spieler im ersteren Falle nicht wundern, wenn die Gruppe hartgesottener Kommandosoldaten, mit denen sein Charakter so rumhängt, ihn fortan in Gefahrensituationen behandelt wie Klein-Doofi mit Plüschohren...
 
Man könnte das Rollenspiel ja auch im Einklang mit der taktischen Effektivität gestalten?
Nur so als Idee.
Man könnte auch die taktische Effektivität nicht zum heiligen Gral des Spiels erklären? Nur so als Idee.
Man könnte auch den Satz aufmerksam lesen? Nur so als Idee.

Da steht nichts davon das es zum heiligen Gral erklärt wird, sondern das es im Einklang gehalten werden sollte.
Allerdings ist so etwas für den geneigten Besserspieler natürlich schon eine Häresie gegenüber der einzig wahren Art Rollenspiel zu spielen. :rolleyes:

Da wird dann auch aus der Idee eines Einklang die Forderung nach einem optimierten Charakter, braucht ja jeder einen Strohmann.
Schnell dann nochmal zur Sicherheit heran gezerrt das jemand die Unart erwähnt hat Rücksichtlos mit dem Spiel der Mitspieler aktiv zu brechen.
Ist schließlich auch ganz schlimm wenn der Begriff Taschenlampenfallenlasser fällt, gleich einmal mit Charakterspieler gleichsetzen und sich dann in die Opferrolle einkugeln.

Ansonsten, wenn man sich zu einem Spiel zusammen findet, aber die Spielregeln ignorieren mag, dann steht das dem (Rollen-)Spiel entgegen.
 
Wenn die Primärüberlegung bei der Charaerschaffung sein muss, wie effektiv sie moshen, buffen, healen oder facen kann, ist schonmal was grundsätzlich falsch gelaufen. Dann sind wir nämlich wirklich an dem Punkt, dass das Rollenspiel an sich dem Ziel des Spiels anscheinend entgegensteht. Siehe oben; Charakterspieler = Taschenlampenfallenlasser.


MUSS sie nicht sein. Aber wenn dein Charakter als "gefährlichste Klinge der Stadtwache" angelegt ist, oder meinethalben "kompetenter Bäcker" - dann sollte der Charakter auch mechanisch in der Lage sein die Behauptung zu untermauern, ansonsten wird es schnell merkwürdig.

Wenn der Charakter als "dümmster Absolvent des Magierlehrganges 1347 D.R." beschrieben wird, dann reicht natürlich auch die Intelligenz auf 9 ... Aber da stellt sich dann das Problem warum die Gruppe den haben will.
 
Ich denke, dass es nicht von der Hand zu weisen ist, dass es in einigen Gruppen zu einer Diskrepanz zwischen "Rollenspiel" und "taktischem Spiel" kommt. Und ich denke weiter, dass das sowohl an den verwendeten Regeln, als auch an dem Gruppenstil liegt und in Kombination am schwersten wiegen kann.
Zum einen gibt es da Systeme, wie etwa Pathfinder, die sehr taktisch orientiert sind, aber so gar kein Anreiz von den Regeln bieten rollenspielerische Nachteile in taktischen Situation auszuspielen. Da gibt es einerseits Lösungen für, etwa in Form von Gummipunkten, wie sie Savage Worlds, FATE, Splittermond und das Storytelllersystem z.B. kennen und die ganz klar sagen, hier nimm hin, damit das was du tust eben nicht taktisch doof ist. Zum anderen muss das für sich genommen noch kein Problem sein. Problematisch wird das ja erst, wenn die Spieler sich nicht in dieser Form einbringen wollen. Ich denke meist, weil sie sich genötigt sehen, alles zu tun um zu gewinnen. Und hier sind wir beim Gruppenstil, wird das taktische System immer hart am Limit ausgefahren? Auch NSCs immer nur taktisch und nie rollengerecht gespielt? Ja dann ist es doch auch nicht verwunderlich, dass man sich nicht Steine in den Weg legt, wenn das Leben des Charakters auf dem Spiel steht. Hat es sich dazu nie etabliert das man sich auch ergeben kann oder flüchten? Tja, dann muss ein Sieg um jeden Preis her.
Im Endeffekt ist es halt immer recht nützlich, sich nochmal vor Augen zu führen, was man, wie und warum spielt. Und was man, wie und warum ändern möchte.

PS: Der Taschenlampenfallenlasser ist im Grunde ein ganz anderes Problem, das ist ja derjenige, der die Nachteile seines Charakters als Vorwand und Entschuldigung nimmt um die anderen Spieler und deren Charaktere vor den Koffer zu scheißen. Derjenige der sich in einer Situation, wo sein Charakter im Dunklem und angesichts des fiesen Monsters Angst haben könnte und
a) die einzige Taschenlampe erst mal fallen, weglaufen und die anderen Charaktere zu einem chancenlosen Todeskampf verdammen kann oder
b) in Angststarre verfallen, krampfhaft die Taschenlampe umklammern und nach einem emotionalem und ergreifenden Dialog mit einem anderen SC sogar in den Kampf eingreifen kann oder c) irgendetwas anderes cooles machen kann
ganz zielsicher a wählt die Option, die am langweiligsten, für seinen SCs am ungefährlichsten und den Rest der Gruppe am beschissensten ist.
 
Man könnte auch den Satz aufmerksam lesen? Nur so als Idee.

Oh, den habe ich sehr aufmerksam gelesen. Und ich entnehme ihm, dass taktische Effektivität auf jeden Fall eines der Primärziele ist, dem sich andere Komponenten anzupassen haben. Das empfinde ich schlicht nicht so. Natürlich kann ich das in Einklang bringen (und tue es auch oft, irgendeinen Glanzpunkt will ich ja auch für die meisten meiner Chars haben ;) ). Es ist der Zwang dazu, den ich ablehne.
Den Rest kommentiere ich nicht, denn da bist du es der einen Strohmann aufbaut. Den Taschenlampenfallenlasser hat zuerst ADS in die Diskussion gebracht und damit die Gleichsetzung impliziert, aber wenn du das auf dich beziehen willst...

Nun hat zwar der Pundit auch nicht unrecht, dass sich mit jedem Spiel letztlich Rollenspiel betreiben lässt. Aber es lässt sich auch feststellen, dass die sehr mechanischen Taktikspiele wie D&D Spieler anziehen, die gerade an der Mechanik Interesse haben, und (wenn überhaupt) nur sekundär am Rollenspiel. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


MUSS sie nicht sein. Aber wenn dein Charakter als "gefährlichste Klinge der Stadtwache" angelegt ist, oder meinethalben "kompetenter Bäcker" - dann sollte der Charakter auch mechanisch in der Lage sein die Behauptung zu untermauern, ansonsten wird es schnell merkwürdig.

Wenn der Charakter als "dümmster Absolvent des Magierlehrganges 1347 D.R." beschrieben wird, dann reicht natürlich auch die Intelligenz auf 9 ... Aber da stellt sich dann das Problem warum die Gruppe den haben will.

Absolut d'accord, auch wenn du mal wieder Extreme als Beispiel nimmst. Wenn ich nun aber 'Strassenkind aus dem schlimmsten Hafenviertel' als Konzept habe, heisst das nicht, dass ich deswegen Hinterhältiger Angriff total ausmaxen muss - auch wenn es sicherlich im Taktikspiel am effektivsten wäre.
 
Absolut d'accord, auch wenn du mal wieder Extreme als Beispiel nimmst. Wenn ich nun aber 'Strassenkind aus dem schlimmsten Hafenviertel' als Konzept habe, heisst das nicht, dass ich deswegen Hinterhältiger Angriff total ausmaxen muss - auch wenn es sicherlich im Taktikspiel am effektivsten wäre.


Das wäre in der Tat sehr unsinnig - der Charakter sollte wohl eher ein Taschendieb sein. Den könnte man sogar sehr gut in D&D darstellen.

Der Fluch bei D&D ist, dass "Powergaming" hier so einladend simpel ist - man muss gar nicht soviel nachdenken um die effektiven Mechanismen zu finden - darum wird es auch eher als Taktisches Kriegsspiel wahr genommen.
 
Ich weiß wirklich nicht, was diese ganze Streiterei bringen soll.

Ich hab schon Rollenspiel erlebt, das völlig ohne und mit minimalen Regeln ausgekommen ist und Anspruch hatte (kein Improtheater). Und sehr regellastiges D&Dartiges, dass auch Anspruch hatte (kein Tabletop). Und ich hatte schon anspruchslose Funrunden ohne Regeln und solche mit Regeln. Ob und wozu man etwas davon braucht, liegt an individueller Präferenz. Es ist doch gerade ein Vorteil unseres Marktes, dass er für so gut wie jede Präferenz ein Spiel anbietet und im Endeffekt noch die Möglichkeit offen lässt, sich das Ganze dann noch so hinzudrehen, damits wirklich rund passt.

Was hat man jetzt davon, festzulegen, dass dieses Rollenspiel ist und jenes nicht? Abgesehen davon, endlose Polemik zu erzeugen?
 
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