AW: Worüber definiert ihr euren Charakter?
Ich weiß nicht ob man Stat-Ausrüstung und Signatur-Ausrüstung so einfach trennen kann.
Nehmen wir mal ein ganz simples Beispiel: Den klassischen Wald-und-Wiesen-Dieb, wie in uns D&D und seine Kopien gezeigt haben. Er kann nicht toll kämpfen, er kann nicht zaubern, aber wo er sein Spotlight hat ist das Entschärfen von Fallen. "Fallen entschärfen" ist also seine Signaturfähigkeit - wenn er die nicht hätte hätte er seine Spotlightsituationen nicht und wäre nicht der gleiche Charakter.
Wenn er nun eine "Magische Werkzeugkiste der Fallenentschärfung +3" findet dann wird er sie wohl immer einsetzen (schließlich unterstützt sie _die_ Spotlightsituation von ihm) und somit zu seiner Signaturausrüstung machen.
(Natürlich könnte man sagen dass er sie wahrscheinlich einmottet wenn er eine Werkzeugkiste+4 findet. Das kann man aber von jeder Signaturausrüstung behaupten - würde Artus sein Schwert Excalibur +3 behalten wenn er ein Excalibur +4 findet, nur "weil es halt in-character wäre"? Würde Dschingis Khan "wegen der Wahrung des Konzepts" auf der Mongolei sitzen bleiben (die seine Signatur"ausrüstung" ist), wenn er zusätzlich ein gutes Stück China erobern könnte? Die meisten Mover und Shaker der realen Welt sind ziemliche Munchkins.)
Klar neigen viele Systeme dazu jeden Mist an Ausrüstung mechanisch zu modellieren und damit einen Anreiz dafür zu schaffen Plunder anzuhäufen. Das ist dann aber ein Feature des Systems, den man als Bug betrachten kann - oder auch nicht, je nachdem was für ein Spielerlebnis man eigentlich haben will. (CP2020 stünde etwa nicht so hoch im Kurs bei mir wenn es nicht die 4 Chromebooks gäbe - Ausrüstung anhäufen um dann völlig abgebrannt einen Plan zu schmieden um neue Eurobucks aufzutreiben gehört da einfach mit dazu. Andererseits fände ich Sorcerer weitaus schlechter wenn es da eine ebenso erschlagende Ausrüstungsliste wie in den Chromebooks gäbe, da das am gewünschten Spielerlebnis vorbeizielt.)
Als interessanten Kompromiss empfinde ich The Shadow of Yesterday.
Ausrüstung wird einfach als "Secret" (sozusagen ein durch XP käufliches Feat) modelliert, als Waffe oder als Rüstung betrachtet [1] und je nach Breite der Anwendbarkeit mit einem oder mehreren +1- bis+3-Mods versehen. Ein guter Dolch könnte etwa als +1-Waffe in allen physischen Kämpfen fungieren (Kosten: 5XP, da nur 1 Rating); ein für eine bestimmte Mission maßgeschneiderter Assassinendolch könnte neben dem +1 im physischen Kampf +2 bei Angriffen aus dem Hinterhalt und +3 bei Angriffen gegen den König von Aquilonien geben (Kosten: 15XP, da 3 Ratings).
Man kann natürlich auch einen Dolch haben wenn man das zugehörige Secret nicht gekauft hat, aber in dem Fall ist er eine Allerweltswaffe die nur als Fluff dient. Ebenso ist als Secret gekaufte Ausrüstung geschützt - wenn der Charakter sie verliert gewinnt er sie bald wieder oder findet einen Ersatz, während ein Dieb der nicht die XPs ausgibt um das Secret zu erwerben die Ausrüstung bald wieder verliert.
Die XP-Kosten sorgen dafür dass die Spieler nur das anhäufen was sie wirklich haben wollen, anstatt jeden erschlagenen Ork um seine 3 Kupferstücke und seine schmutzigen Socken (+2-Waffe beim Bauen von Stinkbomben) zu erleichtern. Gleichzeitig schützt es vor Deprotagonisierung, da der SL nicht einfach willkürlich die Sachen permanent wegnehmen kann, die die Spieler durch das Secret als Signaturausrüstung markiert haben.
[1] "Waffe" und "Rüstung" beschränkt sich bei TSoY nicht auf Schwerter und Harnische, sondern auf alle Dinge die in Konflikten die Offensive unterstützen bzw. die Defensive stärken. Ein Siegelring der einen als königlichen Gesandten ausweist und einen +1 Schutz vor dem Gesetz gibt wäre also ebenso eine "Rüstung", wie ein tief ausgeschnittenes Kleid, das bei sozialer Interaktion mit Männern +2 Offensive gibt, eine "Waffe" wäre.