AW: Wo kommt der Ausdruck "Rollenspielerische Herausforderung" her?
[wiki]Rollenspielerische Herausforderung[/wiki], ... würde jetzt gerne hier wissen wo der Ausdruck erstmals aufkam,
Gar nicht mal so gut, die Frage.
Kann da vielleicht jemand auf eine konkrete Quelle verweisen?
Anders als Ausdrücke wie "Erwin", die EXAKT an genaue EINER PERSON in ihrer auf das Rollenspiel gemünzten Begriffsumdeutung zurückführbar sind, gibt es durchaus eine große Anzahl an Begriffen, die NICHT auf KONKRETE Quellen zurückzuführen sind.
Was ist mit "Spielfigur" (wird bei Midgard verwendet, wo andere Rollenspiele "Charakter" verwenden)? Spielfiguren gibt es ja auch bei Halma, Monopoly, etc. - Was ist dafür DIE KONKRETE Quelle?
Eben.
Und mit der "rollenspielerischen Herausforderung" verhält es sich exakt genauso.
Der Begriff liegt so nah, dass er sich zeitgleich an mehreren Orten gebildet haben kann.
Und wie naheliegend solch ein Begriff ist!
Wir haben sportliche Herausforderungen, wenn etwas in einem Sport schwierig zu schaffen ist. Wir haben *seufz* unternehmerische Herausforderungen. Wir haben gesundheitspolitische Herausforderungen. - Was soll denn nun Die Eine Wahre Quelle (tm) für den parallel gebildeten und - zunächst ohne jegliche Ironie gemeinten - Begriff "rollenspielerische Herausforderung" sein?
Ein normaler deutscher Wortschatz, würde ich jetzt mal vermuten.
Im Leben gibt es viele Dinge, die man als normaler Mensch als Herausforderung begreifen kann. Etwas, das im Rollenspiel nicht leicht, sondern nur mittels besonderer Leistung, besonderem Glück, besonderem Geschick zu schaffen ist, das ist ganz nüchtern betrachtet eine rollenspielerische Herausforderung.
Und so, GENAU SO habe ich den Begriff ca. um 1980 herum das erstmal von mehreren D&D-Spielern in meiner Schule gehört.
Dabei ging es überhaupt nicht darum, daß man überpowerte Charaktere spielen wollte, und den Begriff "rollenspielerische Herausforderung" als Rechtfertigung des Über-Charakters mittels einer verquasten Charakterhintergrundgeschichte, die ihm all die coolen Powers liefern sollte, die der Spieler gerne haben wollte, verwandt hatte.
Im GEGENTEIL!
D&D hat eine zufallsbestimmte Charaktererschaffung (nein, ich meine nicht D&D 3.0, sondern
D&D - das allererste, noch ohne jegliche Versionsnummern dran; die kamen erst später, und auch die nicht-zufallsbestimmte Charaktererschaffung.). Im Rahmen des Auswürfelns eines Charakters kam es ab und an vor, daß man sich ziemlich am unteren Ende des möglichen Wertebereichs bewegt hatte.
Einen solchen Nieten-Charakter DOCH noch zu spielen. Zu sehen, wie weit und wie lange der mithalten kann, DAS IST FÜR MICH die allererste Verwendung des Begriffs "rollenspielerische Herausforderung" gewesen.
Das sagten wir immer, wenn ein Mitspieler seine Miene beim - natürlich offen vor allen stattfindenden - Auswürfeln seines Charakters verzog und er nun einen Fighter mit Stärke 12, Konstitution 10, Weisheit 8, Geschicklichkeit 8, Intelligenz 10 und Charisma 9 ausgewürfelt hatte. - Den MUSSTE er NICHT spielen, aber er KONNTE. Und wenn er es trotz der miesen Werte tat, dann eben WEIL das eine RICHTIGE ROLLENSPIELERISCHE HERAUSFORDERUNG war.
Das war damals.
Da ich noch nie einen ähnlichen Ausdruck im englischsprachigen Raum gehört habe
Dann hättest Du aber mehr Dragon-Magazine mit den ganz kleinen Nummern lesen sollen...
"Roleplaying Challenge", "Challenging Roleplay", "Roleplay Challenge", etc.
Immer wieder in alten Dragons, im alten White Dwarf und anderen Publikationen, die eh keiner mehr kennt (meist auch besser so) zu lesen. Und zwar so gut wie IMMER im Kontext, daß man auch mal versuchen sollte einen schlecht ausgewürfelten oder auf den ersten Blick nicht so supertollen Charakter zu spielen. Dieser könnte sich zu einem wahren Schatz für die Gruppe erweisen, könnte auf andere Art seinen Platz in der Gruppe behaupten als nur über seine nackten Spielwerte.
Wer kennt hier noch die
"Navero"-Chroniken?
Das ist die Usenet-D&D-Kampagnen-Aufschrieb-Serie, die ALLE die viele langen Kampagnen-Aufschriebe der späteren Zeit ausgelöst hat. Nach "Navero" kamen die Leute auf den Geschmack ausführliche Kampagne-Tagebücher zu führen und von ihren Charakteren zu erzählen (und wir haben es hier Ende der Achtziger Jahre, was bedeutet HTML und WWW und Foren und Wiki und BLOG standen nicht zur Diskussion. Wrong TechLevel!).
Navero zeigt, wie es eine NIETE von Charakter und auch noch gespielt von einem GLÜCKLOSEN Spieler zum BELIEBTESTEN Charakter der gesamten Kampagne geschafft hat - und dem einzigen, den man bei seinen diversen Todesfällen immer wieder hat auferstehen lassen.
Das waren die rollenspielerischen Herausforderungen, die man so kannte, wenn man Ende der 70er, Anfang der 80er mit dem Rollenspiel nicht nur ein herausforderndes Szenario (aus unverständlichen Gründen "Modul" genannt) spielen wollte, sondern auf einer anderen Ebene, der des Charakters, auch noch sich einer Herausforderung zu stellen ein Herz gefaßt hatte.
Nix Ironie.
Nix Bedeutung ins Lächerliche ziehen.
Nimm die Worte für das, was sie ausdrücken.
Eine Herausforderung im Rollenspiel.
So war das.
Und bei den Amis hieß dies: "A roleplaying challenge", was mir einer der US-Soldaten, die 1984 in unserer AD&D-Runde gespielt haben, sagte, als ich ihm von meinem nonkombattanten Händler-Charakter bei Midgard erzählt hatte. Und er meinte das NICHT abwertend, sondern fand es wirklich schwierig zu spielen - und erzählte mir von seinen Herausforderungen in dieser Hinsicht, wie einem stets in Schlägereien geratenden 1. Level Magic-User mit 2 Hitpoints z.B.
Mann, das waren noch völlig unzynische Zeiten, damals.
Was auch im Dunkeln liegt ist, wo die negativ-ironische Auslegung des Begriffs ursprünglich herkommt.
Warum legt MAN einen Begriff gegenteilig aus? Warum verwendet man einen Begriff in einer Form, in der man jemanden oder etwas ins Lächerliche zieht?
Weil MAN ES KANN!
Und wenn man jemanden herabsetzen will, dann sagt man das, was ich auch auf manchen der ersten STARD-Cons in Hamburg zu meinen Kumpels, die mit mir dort waren, über die Überpowerten Freak-Charaktere von manch einem überaus mitteilsamen Rollenspieler gesagt habe: "Wow, Leute, das ist aber mal 'ne rollenspielerische Herausforderung, was? Strength 18/00, Dex 18, Con 18, Wisdom 17, Int 18, Charisma 3. Ja, das ist echt schwer den zu spielen..."
(Ich kann nicht beschwören, daß dies GENAU diese Werte waren, aber sie lagen verdammt nah dran. Charisma 3 war auf alle Fälle drin, und mehr 18er als man je hören wollte.)
Du willst eine Quelle?
OK.
Wann: STARD-Con 4 (oder 5 - genauer krieg ich's nicht zusammen)
Wo: Hamburg
Wer: ICH.
Ja, genau.
ICH war's.
Ich hab's zuerst böswillig benutzt. (Ich habe auch als erster "Herzlich willkommen!" auf eine Weise verwendet, die Leute ärgert und herabwürdigt. - Ich bin halt ein Naturtalent und war schon immer so verdorben.)
Ist damit die Frage geklärt?
Hm, ich würde einfach mal auf den Hort alles Bösen tippen: WW.
Nein. Die sind noch längst nicht lang genug auf dem Markt. Solche Newcomer-Rollenspielverlage brauchen wir uns hier nicht anzuschauen.
Nein, es gibt keinen englischen Begriff dafür,
Doch. "Roleplaying Challenge" oder auch "Challenging Roleplay". - Zugegeben, das haben US-Autoren und US-AD&D-Spieler der Pershing II Einheiten in Süddeutschland verwendet. Vielleicht zählt das nur als "bad english" statt als "englischen Begriff"?
aber es gibt genug Bücher, die explizit darauf hinweisen, wie schwer dieser oder jener Charakter zu spielen ist. Deswegen wäre es möglich, daß im Zuge einer Übersetzung dieser Begriff geschaffen wurde.
Nicht in die Ferne schweifen. Dafür braucht es KEINE Übersetzungen.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube in Midgard (oder Abenteuer in Magira) wurde auch schon erwähnt, daß bei der - wie in Rollenspielen gute alte Tradition - rein ZUFALLSBESTIMMTEN Charaktererschaffung Charaktere herauskommen können, die nicht so recht begeisternde HELDEN-Charakteristika aufweisen. Diese DENNOCH zu spielen sei nicht leicht, aber lohnend (oder so ähnlich). Ob nun direkt von "Herausforderung" gesprochen wurde, das mag ich nicht definitiv bestätigen (wenn ihr genug Zeit habt, dann lest doch selbst in den alten Schinken nach).
Auf alle Fälle kamen die "rollenspielerischen Herausforderungen" immer dort auf, wo es ZUFALLSBESTIMMTE CHARAKTERERSCHAFFUNG gab, und man mit dem erwürfelten Charakter unzufrieden sein konnte (meist ja zurecht!).
Oft waren es die Rollenspiel-Autoren, die sich diese zufällige Charakter-Erwürfelung haben einfallen lassen, die sich damit aus der Affäre ziehen wollten. Sie hätten ja auch dafür sorgen können, daß man bei Werten von 01 bis 100 nicht die GESAMTE Breite des Wertebereichs erwürfeln konnte, sondern nur einen "heldenverträglichen", höheren Ausschnitt des Wertebereichs (wie es übrigens DSA - ja, auch hier meine ich DSA OHNE Versionsnummern, halt das EINZIGE DSA, was es damals gab - inklusive Maske
- damals schon geregelt hatte; bei Midgard blieb einem nach Erwürfeln von zuvielen Attributen unter 60 nichts anderes übrig, als ALLES von vorne zu erwürfeln; bei Traveller konnte ein Luschen-Charakter ja schon beim Auswürfeln STERBEN! Manchmal war es besser so.
).
Quellen kann ich dir leider keine nennen, aber ich verbinde den Begriff mit D&D.
Ich auch. Genauer mit "roleplaying challenge" aus den damals nur englisch verfügbaren D&D-Bänden und anderem Material wie von Judges Guild etc.
Damals war "Rollenspielerische Herausforderung" die klischehafte Begründung mit der ein klischeehafter Munchkin versuchte sein Recht, einen Drow u.ä. zu spielen, durchzuboxen.
Mein "damals" kickt Deinem "damals" so dermaßen in die Eier!
In meinem "damals" konnte NIEMAND einen Drow-Spielercharakter spielen, da Drow MONSTER waren. PUNKT. MONSTER! Die legt man um! Die spielt man doch nicht!
Übrigens spielt man auch keine Werwölfe, keine Vampire, keine Schwarzmagier, etc. - Die sind alle nur EVIL (mit Zertifikat) und man DARF, man SOLL, man MUSS sie umlegen, denn sie geben einem ihre XP nicht anders (umlegen und die Kohle mitnehmen - sonst nicht genug XP).
In meinem "damals" waren alle ethischen Fragen mittels "Know Alignment" lösbar.
Und den Begriff "Munchkin" kannte man damals hierzulande eh nicht.
Aber natürlich gab es immer Leute, die mit ihren STR-18/00-Multi-Classed-seltene-NPC-Klasse-aus-dem-Dragon-als-PC-Klasse-verwendenden-Charakteren auftraten.
Und diejenigen, die mitbekommen habe, welch herausforderndes Rollenspiel (im Sinne von "schwer umzulegen"!) einem die dicken Monster wie Vampire, Werwölfe, Drow abverlangen, und die sich wünschten: "Endlich einmal ein Monster als SC spielen dürfen! Hach, wäre das schön! Endlich so mächtig, daß ich nicht mehr -zig Level hart erspielen muß, um dann pro Treffer gleich je zwei abgezogen zu bekommen. *grummel*"
Und für genau DIESE Spieler - so meine Erfahrung als der Newcomer White Wolf seine "rollenspielerischen Herausforderungen" präsentierte - war Vampire: tM und Werewolf: tA etc. geschaffen worden.
Das waren Rollenspiele für Ober-Munchkins, die endlich mal der BÖSE sein wollten, die bei AD&D IMMER den Assassin spielen mußten (oder den Ninja bei OA), und die sofort gespannt hatten, daß Werwölfe in der WoD dermaßen was reißen gegenüber normalen Menschen, daß Vampire coole Powers haben, die ihre Magic-User in AD&D NIE bekommen hätten, weil sie bis dahin schon x-mal abgekackt wären, wegen der wenigen Hitpoints.
So MEIN ganz persönlicher, von so einigen Con-Erlebnissen geprägter Eindruck, wie die WoD nach Deutschland kam (damals noch unübersetzt, aber der schlechte Eindruck blieb auch nach der Übersetzung bestehen).
Erst später haben sich dann goth-freakige Jammergestalten mit zuvielen Jammer-Vampirromanen intus bei Vampire getummelt. - Anfangs war Vampire DER Auffangort für die ÜBER-Munchkins. Sozusagen eine "beschützende Spielstätte".
Und zu dieser Zeit hatten DIE ANDEREN Rollenspieler über die langatmigen, z.T. SEITENLANGEN Rechtfertigungsschreiben - Charakterhintergrundgeschichte, oder gar noch irreführender "Charakterkonzept" genannt - dieser Vamps dann gesagt: "Mann, das sind aber echte rollenspielerische Herausforderungen, die sich diese Leute als Charakter gebastelt haben"
"OK. Lassen wir die da im Dunkelen munkeln. Wer hat Bock nochmal The Great Paladin Hunt zu spielen? Alle? Super. Dann los."
Wie schon anfangs gesagt: Ich bin alt. Wir, d.h. meine Kumpels und ich, wir waren damals so. Das ist, was ich über die laaaaaange Zeit von den Anfängen des Gebrauchs der "rollenspielerischen Herausforderung" in Erinnerung behalten habe.
Aber: heutzutage DENKE ich, wenn ich "rollenspielerische Herausforderung" lese oder höre, ZUERST an die NEUTRALE BEDEUTUNG. Immer! - Ich überlege mir dann, wo die Herausforderung wohl liegen mag. Und dann erst komme ich - öfter als mir lieb ist - zum dem Schluß, daß es wieder eine der vielen Rechtfertigungen für die "rollenspielerische Wunsch-nach-Macht-Erfüllung" ist.
Ich MAG heute immer noch die ECHTE rollenspielerische Herausforderung (Schau! KEINE Anführungszeichen!).
Ich mag Charaktere spielen, bei denen ich mir wirklich überlege, wie die in den harten Weiten des Weltalls, des Weird West, der Kriege gegen die Untoten-Horden, der Weiten der Meere, der Widersacher von jenseits der Zeit überleben können. Das ist für mich eine Herausforderung, die mir, eben weil der Charakter alles andere als überpowert ist, mehr Überlegung in kritischen Szene abverlangt, als das Kampfmonster mit "ich geh hin, ich hau drauf, ich hau drauf, .... , ich hau drauf, Gegner tot".
Herausforderungen gibt es im Rollenspiel an ganz vielfältigen Stellen.
Rollenspielerische Herausforderungen gibt es zuhauf, auch ohne daß man hier - selbst bei bösgläubigster Gesinnung - Mißbräuchlichkeiten in der Regelanwendung/-auslegung/-ausnutzung vermuten wird.
Und wenn ihre Charaktere nicht gestorben sind, dann sind sie auch heute noch eine rollenspielerische Herausforderung.
(Empfehlung: Wer
Navero nicht kennen sollte - LESEN! Man kann die heutigen, oft unsäglichen Kampagnen-Aufschriebe nicht wirklich würdigen, wenn man nicht weiß, was "The Three" sind. *ein Sherman-Panzer rollt im Hintergrund durch die Straßen*)