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Desaparecidos

Coheed&C. - Welcome Home
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Er lag auf dem Rücken im Sand und hatte die Augen geschlossen, die Sonne wärmte seine Haut, sein Gesicht.. jede Faser seines Körpers. Es war seltsam, aber er konnte seine Arme und Füße nicht bewegen, fast so als würden sie wie magnetisch von dem Sandboden angezogen. Und es war unheimlich still um ihn herum, nur sein Atem wurde hörbar als er tief Luft holte, und das Klopfen seines Herzens. So als wäre er nur mit sich alleine auf der Welt, auf dem Sand.. wo war er hier eigentlich, und wie war er hergekommen? Das dunkelblonde Haar klebte strähnchenweise an seiner Stirn, die Sonne war viel zu heiß.. noch einmal versuchte er die Arme zu heben.. jedoch ohne Erfolg.
Als sich ein Schatten über sein Gesicht schob runzelte er die Stirn.. aber er öffnete die Augen nicht.
Jack? Jack wach auf. Eine Stimme, so hell als würde sie aus dünnem Glas bestehen. Ohne lange darüber nachzudenken, oder auch nur einen einzigen Blick riskiert zu haben dachte er beim Klang dieser Stimme an einen Engel. Sie war ganz leise, aber doch laut genug um jeden Winkel seiner Seele zu berühren.. Und als er die Augen dann schließlich öffnete, waren es zwei fliederfarbene Augen, die seinen Blick auffingen. Mandelförmig waren sie, umrahmt von dichten schwarzen Wimpern Ich habe schon ganz lange versucht dich zu wecken, Jack.. endlich bist du wach Wieder diese Stimme, und es wurde ein klein wenig wärmer um ihn herum.. sein Blick ging den Weg von ihren Augen über eine kleine Nase –Sie hatte 6 oder 7 winzige Sommersprossen- zu ihren Lippen, welche mit dem leichten Lächeln so verführerisch aussahen, dass er sie am liebsten einfach geküsst hätte. Schwarzes, langes Haar umrandete das Engelsgesicht, bildete einen schönen Kontrast zu der hellen, makellosen Haut. Durch die Sonne in ihrem Rücken wurde ihre Gestalt von einem hellen Strahlen umrandet, und sie wirkte in diesem Moment wirklich wie ein Engel. Jack bewegte sich nicht, nur der Blick glitt über ihre Gesichtszüge, bis er an ihren Augen wieder hängen blieb Du warst schon mal hier? Und ich habe nicht reagiert? er klang etwas verwundert bei seiner Frage, und die Furchen auf seiner Stirn wurden etwas stärker. Wenn sie wirklich schon einmal da gewesen wäre dann hätte er mit Sicherheit auf diese Stimme reagiert. Wo bin ich.. und wer bist du? Sie bewegte sich nicht und sah ihn einen Moment lang schweigend an, ehe sie dann wieder sprach Du bist an einem wunderbaren Ort und du bist bei mir Eine andere Antwort auf seine Frage gab sie ihm nicht, stattdessen setzte sie sich seitlich von ihm hin, und sah zu ihm herunter.
Die Sonne reflektierte sich kurz in dem roten Stein an ihrer Kette und er blickte zu ihrem Hals. Kurz war ihm als wollte etwas nach ihm greifen, als würde ihn etwas rufen.
Was ist das für eine Kette.. ich.. Durch die Sonne war er ein wenig geblendet und konnte ihre Gestalt nur etwas verschwommen wahrnehmen. Er kniff die Augen leicht zusammen aber das Bild wollte nicht besser werden.. und er wollte nicht von dieser Kette wegblicken. Erst als sie ihre Arme hob und mit den Händen in ihren Nacken griff wurde sein Blick von dem Bild der Kette getrennt. Sie ließ die Kette in einer Hand verschwinden und sah ihn dann wieder lächelnd an Oh.. die wurde an den Strand gespült. Ich werfe sie zurück ins Meer.. Die Worte aus Glas waren kaum ausgesprochen, da holte sie aus und in einem Bogen aus reflektierten Sonnenstrahlen flog das Kettchen zurück ins Meer.. jetzt erst konnte er auch das Rauschen der Wellen hören Seltsam.. Sie strich mit der Hand seine Haare ein wenig aus der Stirn und legte sich dann seitlich zu ihm gewandt hin. Eine Weile sah er sie nur verwundert an, fasziniert und irgendwie auch ein wenig verträumt, dann schloss er die Augen. Seine Erinnerung blieb hinter dem dunklen Vorhang des Vergessens verborgen, aber das kümmerte ihn in dem Moment nicht mehr, auf seine Lippen legte sich ein leichtes Lächeln und er konnte nicht mehr sehen, wie das Lächeln seines „Engels“ sich zu einem spöttischen Schmunzeln verzog...

...

..Mama, warum haben sie Papa ans Bett gefesselt? die blauen Augen des Mädchens wandten sich nicht von der Glasscheibe ab, durch die sie in das helle Zimmer sehen konnte. Die kleinen Finger wurden kurz gegen die Scheibe gedrückt und hinterließen fettige Spuren als sie sie wieder wegnahm. Nicki legte den Kopf an die Schulter ihrer Mutter und seufzte schwer, viel zu schwer für ein Kind von sieben Jahren. Eine Hand legte sich an ihren Hinterkopf und stützte sie so.. hielt sie fest, oder hielt sich an ihr fest. Papa ist krank mein Schatz.. er muss ganz ruhig liegen Die Stimme ihrer Mutter klang ein wenig fremd, ein wenig abwesend. Aber die Wärme darin war noch immer vorhanden, sie hatte sogar etwas zugenommen seit sie die Klinik betreten hatten Aber er wird wieder gesund, oder? Erst jetzt nahm Nicki den Kopf wieder zurück um ihre Mutter anzusehen und ihr Blick hatte diesen kindlich fragenden Ausdruck, der gleichzeitig auch klar machte dass er eine Lüge erkennen würde. Ihre Mutter wich dem Blick kurz aus und griff nach der Kette an ihrem Hals, nach dem Anhänger mit dem roten Stein Ich weiß es nicht Nicki.. Tränen bildeten sich in ihren Augen, von denen eine sich ihren Weg über die Wange suchte bis sie von Nickis Finger aufgefangen und weg gewischt wurde. Du darfst nicht weinen Mama.. Papa mag dich nicht weinen sehen.. Nicki sah wieder durch die Glasscheibe zu ihrem Vater, der lächelnd in seinem Bett lag
 
Eine durchaus interessante Geschichte.

Ich werde, wenn es dich nicht stört mit etwas Kritik beginnen.

Die Geschichte hat für mich einen Schwachpunkt: Den Zweiten Absatz.
Ich mag es mehr, wenn die eigentliche Natur der Geschichte nicht in ihr selbst erläutert wird.
Damit steuerst du den Leser zu sehr und gibst ihm fast keine Möglichkeit einen eigenen Interpretationsansatz zu entwickeln.
Es ist einfach zu konkret.

Die sonstige Umsetzung, sowie das Thema sind sehr schön.
Grausig schön.
Um das genauer erläutern zu können, lege ich ersteinmal eine Art Interpretation dar.

Der erste Abschnitt beschreibt die Träume dieses komatösen bzw. kranken Familienvaters.
Dieser Mann liegt im Sterben.
Der Engel könnte die Tochter sein.
Eine böswillige Tochter, wenn man so will.
Immerhin ist sie es, die nicht weint und versucht der Mutter (falschen?) Trost zu spenden.
In seinem "Traum" sieht der Mann nun wie der 'Engek' die Kette wegwirft.
Ins Meer, sodass sie in Vergessenheit gerät.
Mit Vergessen assoziiere ich übrigens durchaus auch den Tod, als endgültiges Vergessen.
Die Böswilligkeit attributiere ich der Tochter, weil der 'Engel' spöttisch schmunzelt.
Übrigens eine sehr bemerkenswerte Stelle, weswegen ich sie einmal zitiere:

auf seine Lippen legte sich ein leichtes Lächeln und er konnte nicht mehr sehen, wie das Lächeln seines „Engels“ sich zu einem spöttischen Schmunzeln verzog...

Aus analytischer Sicht ist diese Stelle so besonders, weil hier der Erzähler etwas den Fokus der Perspektive verändert. Aufeinmal werden Dinge beschrieben, die der Mann nicht mitbekommt.
Bekommt er sie wirklich nicht mit?
Bekommt er sie nur unterbewusst mit?

Ein weiterer Ansatz wäre, dass die Mutter der Engel ist.
Und wobei sich die Böswilligkeit der Tochter nur auf ihre Geisteshaltung beschränken würde, regt sich bei mir der Verdacht, dass bei dieser Annahme der Mutter zuzutrauen wäre, ihn umgebracht zu haben.
Dabei wäre das Wegwerfen der Kette für mich ein Zeichen, der Loslösung von Jack; sie gibt ihm zu verstehen, dass sie auf diese Kette, die vielleicht von ihm geschenkt wurde, pfeifft.

So weit ersteinmal. :)
Auf kleinere Schnitzer bei der Formulierung werde ich der aktuellen Uhrzeit eingedenk nicht eingehen. *g*

Grüße,
Hasran, endlich wieder lange Texte verfassend *g*
 
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