Was ist "Pulp" eigentlich?

AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

In Rollenspielerkreisen (und nicht nur da) hat sich teilweise ein sehr merkwürdiges Verständnis von Pulp breitgemacht, ... , mit anderen Worten, die Liga der Außergewöhnlichen Gentlemen (der Film) und Van Hellsing als Prototyp. Da kriege ich persönlich das Kotzen, und mit Pulp im ursprünglichen Sinne hat das nicht das Geringste zu tun.
So ist es. - Ich bin auch NICHT begeistert darüber, daß Spiele oder Filme mit dem "Pulp"-Etikett daherkommen, aber letztlich nur überkandidelte (Kino-)Action der sinnlosesten Art damit gemeint ist.

Wenn man sich die Pulp-Western von Howard anschaut, dann ist das NICHT Wild-Wild-West-Kinofilm-Klamauk, sondern noch eine ganze Spur bitterer und härter als die meisten Italo-Western.

Wenn man sich Pulp-Science-Fiction anschaut, dann ist das NICHT (nur) Flash-Gordon-Degenduelle-Auf-Röhrenden-Raketenschiffen, sondern wirklich fremdartige, geradezu cthulhoid verstörende Welten von C.L. Moores "Northwest Smith"-Figur (Vorlage für Han Solo übrigens!), oder die damals durchaus als ernst gemeinte Science Fiction von Hamiltons "Captain Future".

Wenn man sich Pulp-Fantasy anschaut, dann ist das nicht der an idiotischen, unmotivierten und völlig unglaubwürdigen Special-Effects mit League of Extraordinary Gentleman konkurrieren könnende HdR (insbesondere Teil 3 - wirklich SCHLECHT!), und auch kein "Röhrender Barbar vor Gebirgskulisse", sondern ebenfalls verstörend-fremdartige, rauhe, brutale Welten von Conan, Kull, Kane, usw.

Überkandidelte, "cinematische" Action sucht man da vergebens.

Das, was diese Pulp-Stoffe auszeichnet, ist ihre GLAUBWÜRDIGKEIT, da sie eben gerade NICHT irgendwelche "Superhelden vs. Mooks" antreten lassen, sondern sich ihre HELDEN tatsächlich mit allem, was sie drauf haben, DURCHSETZEN müssen.

Pulp ist längst nicht nur "schwarz-weiß", sondern kennt - je nach Autor - viele Färbungen. Jirel of Joiry ist geradezu "psychedellische Fantasy". REH Western sind fast nur noch "schwarz", so knallhart sind die. - Strahlende Heldengestalten sucht man in beiden VERGEBENS!
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Das, was diese Pulp-Stoffe auszeichnet, ist ihre GLAUBWÜRDIGKEIT, da sie eben gerade NICHT irgendwelche "Superhelden vs. Mooks" antreten lassen, sondern sich ihre HELDEN tatsächlich mit allem, was sie drauf haben, DURCHSETZEN müssen.

Also, ich weiß nicht. Für viele der klassischen Pulp Crime Stories (The Shadow, Doc Savage, The Spirit usw.) ist es doch eigentlich schon ein kennzeichnendes Element, dass sich dort überlebensgroße Helden u.a. gegen Massen gesichtsloser "Mooks" durchsetzen müssen. Natürlich gibt es auch Oberschurken, die den Helden ebenbürtig sind, aber die Konfrontation mit diesen bildet meist erst das Finale.

Gerade Savage Worlds (ein bekennendes Pulp-Rollenspiel) zeigt m.E. auch sehr deutlich, dass gerade das für die Autoren ein kennzeichnendes Element des Pulp ist. Die Charaktere bei SW haben durch den Wildcard-Würfel und die Bennies schon große Vorteile und viele der Gegner werden ja gerade als "Statisten" geführt.

Dass natürlich auch im Pulp die Hauptfiguren schwierige Hindernisse überwinden und sich durchsetzen müssen, ist klar, aber das ist doch bei zahlreichen anderen Genres so (auch bei Space Opera oder romantischen Geschichten).

Pulp ist längst nicht nur "schwarz-weiß", sondern kennt - je nach Autor - viele Färbungen. Jirel of Joiry ist geradezu "psychedellische Fantasy". REH Western sind fast nur noch "schwarz", so knallhart sind die. - Strahlende Heldengestalten sucht man in beiden VERGEBENS!

Ja, aber was macht denn Pulp dann überhaupt aus? (Um wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen)
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Ist das wirklich ein bezeichnendes Merkmal von Pulp oder trifft das nicht irgendwie auf so gut wie alle Arten der Fiktion zu?

OffTopic

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Eskapismus wird begrifflich gern so weit gedehnt, dass jede Art der Fiktion darunter fällt. Viele Autoren versuchen aber mit Fiktion das genaue Gegenteil von Realitätsflucht zu erreichen.


Ich denke weiterhin, dass Nervenkitzel ein zentraler Bestandteil von Pulp ist. Dieser lässt sich mit vielen Stilmitteln erreichen. Sowohl mit einfach gestrickter Moral wie auch ohne, oder mit riesigen Helden wie auch mit unsauberen Halsabschneidern. Diese Dinge fallen stärker unter persönlicher Vorliebe, bzw. notwendige Eigenschaften die eine Geschichte besitzen muss, um beim jeweiligen Leser Nervenkitzel zu erzeugen.

Allerdings würde ich auch eher dazu tendieren, Pulp wenig Feinsinnigkeit zuzuordnen. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass das schwer zu vermeiden ist, wenn man darauf abzielt Nervenkitzel zu erzeugen.
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Ist das wirklich ein bezeichnendes Merkmal von Pulp oder trifft das nicht irgendwie auf so gut wie alle Arten der Fiktion zu?
Es ist schnell, wirksam und überall kostengünstig erhältlich. Die schnelle Dosis Eskapismus für den kleinen Mann aus dem Handwerk.
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Pulp war und ist im weitesten Sinne billige und leicht verdauliche Unterhaltungsliteratur. Hierzulande auch Heftchenroman genannt. Sie wurden ohne viel Anspruch und künstlerische Ambitionen, einfach zum Broterwerb des Autors heruntergeschrieben.

Damals musste man halt sehen, wie man über die Runden kam - gerade Autoren. Die Leser sahen darin eine preisgünstige Weise dem öden Alltag der Depression für ein paar Stunden zu entfliehen.

Format waren die ebengenannten Heftchen und die Tageszeitungen, später (etwa ab 50er) zumeist Taschenbücher. Die Einführung der Pocket Books gilt dann auch als "Ende" der Pulp Era.

Savage Worlds konzentriert sich nun auf einen Teil der Pulp Literatur, eben den ABENTEUERLICHEN Geschichten oder Hero Pulp, gleich welchen Genres. Kennzeichnend sind stark überzeichnete (Anti-)Helden, die zumeist in einer einfach gestrickten Schwarz-Weiß-Welt (mit wenig Grau) ihre spannenden Abenteuer erleben. So wie in den Filmen (und später dann auch in den Fernsehserien) dieser Zeit, gibt es meist klare Abgrenzungen von Gut und Böse und am Ende "reitet der Cowboy siegreich ein Liedchen pfeifend in den Sonnenuntergang".

Die Helden überleben stets die ausweglosesten Situationen, sind aber durch clichéhafte Charakterschwächen ihrem Status als Unsterbliche beraubt und so nur unwesentlich mächtiger als normale Menschen. So konnte sich der Mann auf der Straße recht einfach wieder mit den Figuren identifizieren.
 
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Ah... rekursive Definitionen.

Wir sind anscheinend schon sehr tief im Fledermausland.
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Dann lies das Thema nochmal von vorne und alles ergibt einen Sinn. Incl dem, dass ich recht habe.^^
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Im Deutschen gibt es den Begriff der Groschenhefte/-romane, der Ähnliches bezeichnet. Da das aber nur die Darreichungsform klassifiziert und nicht notwendigerweise innere Kriterien, könnte man vielleicht den Begriff der „Schemaliteratur“ verwenden:

(aus Wikipedia) schrieb:
Diese Schemaliteratur verfügt über die folgenden Merkmale:
  • schematischer Spannungsaufbau
  • melodramatische und sentimentale Handlungen
  • Schwarz-Weiß-Zeichnung bei Charakteren
  • Vermittlung eindeutiger moralischer Ansichten
  • Vortäuschung eines scheinbar klaren Weltbildes.
Ihre starke Bindung an fixe Schemata geht einher mit ihrer Tendenz zur seriellen Erscheinungsweise, wie z.B. in Fortsetzungsromanen, Mainstreamcomicheften oder Romanheften und -reihen. All diese Werke erfüllen das kollektive Bedürfnis der Leser, die vom gewählten Text die Umsetzung gewisser Grundmuster erwarten.

Dadurch setzt sich Schemaliteratur von den Normen des „hochliterarischen“ Systems ab, welches auf normative Gattungsschemata verzichtet und sich durch Originalität, Innovation oder auch Intertextualität auszeichnet.

Das passt doch für 'Pulp'-Rollenspiele/-settings?!
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Eben nicht.
Das Problem ist, dass sogar Leute die es wissen sollten, so wie Anglisten, sich nicht darauf einigen können was Pulp ist. Von den 5 Punkten könnte man sich vielleicht auf 3 einigen. Auf jeweils 3 pro GEsprächspartner den du fragst.
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Das mit den drei aus fünf ist doch schon mal nicht schlecht.
Und gilt so ja auch für beliebige andere Genre. Auch hier gibt es Kriterien, die mehr oder weniger oder auch mal gar nicht zutreffen. Bsp: Viele SF Geschichten spielen im Weltraum, aber längst nicht alle. Manche haben nicht mal Technologien oder Wissenschaft im Focus.
Solange man sich darauf einigen kann, das ein Kriterium nicht als negatives, dh. ausschließendes Kennzeichen wirkt ist doch schon viel gewonnen. :D

Die Genre-Kategorien können kaum absolut sein und sollen es ja nicht sein. Sie geben nur einen Anhalt, eine Richtung und so ist für manche StarWars 'Fantasy in Space' und für andere 'Science Fiction'.
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Also, Graurabes Verweis auf die "Groschenheftliteratur" finde ich gar nicht schlecht, denn die stellt ja eigentlich das deutsche Pendant zu den amerikanischen Pulps dar. Auch die genannten Kriterien sehe ich im Pulp in der Regel auch. Feste Maßstäbe dafür, wenn ein literarisches Produkt in ein bestimmtes Genre einzuordnen ist, sind wohl - nicht nur bei Pulp - sehr schwer zu finden. Dafür sind die Grenzen zu fließend.

Das zeigt - finde auch - auch folgendes Zitat:

Viele SF Geschichten spielen im Weltraum, aber längst nicht alle. Manche haben nicht mal Technologien oder Wissenschaft im Focus.

Kann eine Geschichte, bei der Technologie und Wissenschaft keine wesentliche Rolle spielen, wirklich "Science Fiction" sein? Das scheidet doch begrifflich eigentlich schon aus, oder? ;)

Wahrscheinlich hat jeder Rezipient ein ganz eigenes Verständnis dafür, was Pulp darstellt. Das führt dann natürlich dazu, dass ein Text, den ein Leser eindeutig (nach den von ihm selbst gewählten Kriterien) in den Bereich des "Pulp" einordnet, für einen anderen vielleicht eher "Science Fiction", "Fantasy" oder "Krimi" ist.

Streng genommen (wenn man den eigentlichen Ursprung des Wortes bedenkt, ist ja jedes Druckerzeugnis, das nicht auf billigem holzigen Papier gedruckt wird, eigentlich schonmal kein "Pulp".
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Kann eine Geschichte, bei der Technologie und Wissenschaft keine wesentliche Rolle spielen, wirklich "Science Fiction" sein? Das scheidet doch begrifflich eigentlich schon aus, oder? ;)

Technologie und Wissenschaft sind sicherlich typisch, aber Geschichten, die in der Zukunft spielen und in denen zum Beispiel eine mögliche Entwicklung der Gesellschaft thematisieren wird, werden auch typischerweise zur SF gezählt.

Nein, Star Wars ist Space Opera, nichts anderes.
Ich schätze das Space Operas üblicherweise zur SF gezählt werden, aber viele Kennzeichen von Fantasy treffen bei Star Wars auch zu: Magie (Spirituell nicht wissenschaftlich erklärt), die Queste (als Erzählschema), Religion wird nicht nur mythisch, sondern magisch verstanden, Gut-Böse als moralisches Schema, märchenhafte Rollenklischees (Prinzessinnen & Ritter), etc.

Alles nur Beispiele dafür das eine Einordnung in ein Genre nicht notwendigerweise eindeutig sein müssen.
Die spannende Frage für 'Pulp' währe doch: Welche Kriterien können für Pulp aufgestellt werden, die zutreffen können?
 
AW: Was ist "Pulp" eigentlich?

Technologie und Wissenschaft sind sicherlich typisch, aber Geschichten, die in der Zukunft spielen und in denen zum Beispiel eine mögliche Entwicklung der Gesellschaft thematisieren wird, werden auch typischerweise zur SF gezählt.

Zu Unrecht allerdings. Wenn eine Geschichte sich nicht zumindest auch mit der Entwicklung der Wissenschaft befasst, dann ist sie - per Definition - keine "Wissenschaftsfiktion", also keine "Science Fiction". Schilderungen zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklungen ohne wissenschaftlich-technologische Komponente wären wohl eher "Utopien" (der Begriff "Social Fiction" hat sich ja nun nicht unbedingt eingebürgert).
 
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