Man kann eine Figur aus einem Universum in ein anderes verfrachten, ohne, dass es albern wird. Man kann diese Figur auch - und damit spreche ich Arlecchino an -, kopieren und ihr trotzdem ein geiles Eigenleben verpassen, ohne, dass es faul oder uninspiriert daher kommt. Rollenspiel lebt nicht alleine durch Eigeninpiration. Ich möchte behaupten, es lebt zu einem entscheidenen Maße von Kopien. Wäre dem anders, könnten wir so ziemlich jeden Jedi, Zwerg, Vampir und Soldaten getrost in die Tonne treten.
Man kann, wenn da alle Bock drauf haben, auch mit Kopien viel Spaß haben, keine Frage. Ich hab in Eigenbau-Settings schon mit Spielern gespielt, die Lust darauf hatten Figuren aus bekannten popkulturellen Kontexten äußerlich und vom Namen her beinahe 1zu1 zu übernehmen. Die Eigenleistung bestand trotzdem, weil sie sich die Mühe gemacht haben, diese Figur plausibel in die bespielte Welt zu übertragen, so wie es unter anderem auch Zornhau verlangt. Da ging es unter anderem um Piccolo von Dragonball, der in einer sci-fi-Pulp Geschichte als Spielercharakter auftauchen sollte. Aus den Namekianern hat der entsprechende Spieler Marsianer gemacht und noch eine schöne Hintergrundgeschichte in Stichpunkten hinzugefügt, die das Volk in den Kontext der Hintergrundwelt integriert hat. Da in dem Spiel auch Magie eine Rolle gespielt hat, durfte Piccolo (der auch so hieß) sogar fliegen und lustige Stunts hinlegen. Hat auch Niemanden gestört. Es war abgesprochen und zumindest so halb auf das Setting eingestimmt (und es brach schon vorneweg nicht damit). Der Spieler hätte vermutlich auch die Namekianer Namekianer sein lassen können und es hätte Niemanden gestört (das Universum ist groß) - aber es hätte sehr wohl gestört, wenn der bespielte Piccolo ständig von seinem Freund Son Goku auf der Erde erzählt hätte und davon, dass er die sieben Dragonballs finden muss, um den Drachen zu beschwören und sich etwas zu wünschen. Den Kram gab es im bespielten Setting einfach nicht und es hätte mit der Erwartungshaltung gebrochen. Er hätte damit 1. Settingrealitäten erzwungen, wahrscheinlich aus dem inneren Drang heraus, unbedingt Dragonball authentisch nachspielen zu wollen und 2. die Konsistenz der Welt ignoriert und damit die suspension of disbelief der anderen gestört.
Das Beispiel Predator ist im Grunde gar nicht schlecht. Wie gesagt, kann man theoretisch sogar Aussehen und Verhaltensweise übertragen, ohne eine Einbidung in das bespielte Setting bleibt es eine uninspirierte Kopie. Die Faulheit kommt dadurch, dass man sich in dem Fall nicht die Mühe macht, die Plausibilität für die anderen gleich mit zu liefern. Man will im Grunde ein fremdes Setting erzwingen, womit man das, worauf man sich geeinigt hat, boykottiert. Entweder aus mangelnder Inspiration, aus Sturheit, oft geschieht es auch vielleicht einfach aus mangelnder Sensibilität für Settinglogik. Kinder machen das gerne, die haben da auch schonmal keinen Begriff für, dass Ninjas und Spacezombies in "ernsthaften", "authentischen" oder "realistischen" Settings nicht unbedingt viel miteinander zu tun haben, dass die Genres nicht unbedingt kompatibel sind. Weil sie in der Regel auch nicht wissen und auch nicht interessiert, was so ein "ernsthaftes" Ding überhaupt ausmacht. Und wie geschrieben wurde, ist es auch kein Problem, selbst auf dieses "Problematik" zu scheißen, wenn man da Bock drauf hat und einfach mal Spaß haben will.
Natürlich kann man argumentieren, dass der 08/15 Jedi, Zwerg oder Shadowrunner auch im Grunde nur eine Kopie ist. Das kann zutreffen, da wäre dann nicht viel mehr Eigenleistung vorhanden, als einfach den Predator aus den Filmen zu übernehmen. Nur kommt es eben darauf an, ob denn auch alle Bock auf Predator haben, oder ob sie sich darauf geeinigt haben, lieber die Kopie einer Fäntelalterwelt und ihrer Stereotypen mit Eigenleben zu füllen.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Nichts ist automatisch albern, nur, weil's seine Inspiration aus einer Quelle hat, die nicht mit dem Setting verbunden ist und nicht aus dem eigenen Verstand geboren wurde. Das sind Behauptungen von verletzlichen Seelen, die beim Rollenspiel mit zuvielen Kloppsköpfen ihre Zeit verschwendet haben. Mehr nicht. Ein Predator im Star Wars Universum scheint mir nicht uninspirierter oder alberner zu sein, als ein Keyboard spielender, blauer Elephant. Und mit letzterem haben Schlümpfe allgemein auch viel mehr gemein, wenn man's nüchtern betrachtet.
Die Eigeninitiative bzw. eigene, kreative Leistung heißt, zumindest für mich, in diesem Kontext nicht nur "selbst ausgedacht" - was den blauen Elephant ja tendenziell mit einschließt - sondern vor allem "hat sich mit der Welt auseinander gesetzt und versucht im Einklang mit dem Gruppenkonsens einen passenden, stimmigen und in die Welt eingeflochtenen Charakter zu spielen".
Es geht in der Diskussion meiner Meinung nach eher darum, dass Timmy ein Depp ist, wenn er bei Fäntelalter erstmal dran denkt, wie cool es wär, Buzz Lightyear zu spielen und das als SL vielleicht noch seinen Spielern aufzwingt, als darum, dass man Buzz Lightyear angeblich nicht cool und mit Eigenleben darstellen kann, wenn das von allen gewollt ist. Das kann man, wenn man Toy Story spielen will. Oder irgendwas, wo Toy Story, lebendige Spielzeugfigren oder lustige Raumfahrer mit Heldenkompex als Settingelement geduldet werden. Man könnte sogar so weit gehen einen Space Marine nach Buzz Lightyear zu modellieren, wenn mans ein wenig komischer / lockerer haben will. Alles darüber hinaus hat in der Regel aber großes Potential, mehr zu stören, als das Spiel zu bereichern.