AW: skills definieren
Die Fertigkeiten lassen sich in ihren Bezeichnungen frei definieren, müssen aber unter die vier vorgegebenen Attribute passen.
Es sind, damit man wichtige Fertigkeiten nicht etwa vergißt, eine Handvoll Fertigkeiten vorab mit Standardbezeichnungen angegeben, dies sind die Free Skills, die jeder mindestens auf dem angegebenen Wert hat:
BODY: General Athletics, Struggle
SPEED: Dodge, Driving, Initiative
MIND: General Education, Notice, Conceal
SOUL: Charm, Lying
Skar schrieb:
Ein schönes Maß zwischen stimmungsfördernder Formulierung ("Lügenbaron") und breiter Auslegungsmöglichkeit (Pokerface und Lügner ohne rot zu werden, gut im Geschichten ausdenken, etc.) sollten durchaus möglich sein.
Genau darum geht es - also um beides.
Die "Stimmungsförderung" wird ermöglicht, indem man je nach Art des Charakters solche trockenen Standardbezeichnungen wie "General Education" durch für den Charakter passendere ersetzen kann (und dabei auch schon gewisse Annahmen über die "Geschmacksrichtung", in der diese Standardfertigkeit bei diesem Charakter angelegt ist, machen kann). Also statt "General Education" eben "n-tv Junkie", "Wikipedia-Suchtler", "War in der Schule immer sehr aufmerksam" oder "Löst viele Kreuzworträtsel".
Die möglichst breite Auslegungsmöglichkeit ist der Powergaming-Optimierungsansatz, der in solch einem Spiel wie UA absolut legitim ist. Wenn große Freiheiten erlaubt sind, dann hat man geradzu die Pflicht sie zu nutzen. Also aus dem Standard "Struggle", was einen untrainierten, unraffinierten, unüberlegten Ringkampf mit Kratzen, Beißen, Treten - halt den generischen Nahkampf, den jeder spätestens auf dem Schulhof kennengelernt hat - darstellen soll, könnte man auch "Karate-Sensei", "Rausschmeißer", "Widerstand gegen die Staatsgewalt und Entzug vor der Festnahme", "I kill you D.E.A.D!", "Ich, Tyson" und viele andere mehr wählen. - Nur: der Karate-Sensei wird sich schwer tun, wenn er versucht dem Abgeführtwerden durch eine Polizeistreife zu entgehen. Das ist geradezu das Spezialgebiet von "Widerstand gegen die Staatsgewalt und Entzug vor der Festnahme". Und "I kill you D.E.A.D!" impliziert eine No-holds-barred Zwei-gehen-rein-Einer-geht-raus Kampfesweise, während der "Rausschmeißer" eher non-lethale Gewaltanwendung im Fokus hat.
Diese je nach gesuchter und gefundener Bezeichnung mal breitere oder engere Anwendbarkeit für auch nur die paar Standardskills macht Anfängern oft Probleme - übrigens auf Spielleiterseite mindestens ebenso starke wie auf Spielerseite.
Skar schrieb:
Ist natürlich alles der Gruppenkonvention unterlegen.
Jein. "Natürlich" ist erstmal garnichts. - Man könnte sich in der Gruppe einigen, daß man keine Überflieger-Bezeichnungen wie "NRA's Gun Nut #1" zulassen möchte, weil dies gegenüber einem Charakter in derselben Gruppe, der "KK-Pistolen-Sportschütze" gewählt hat, eine unendlich breitere unterstützte Waffenpalette und einen breiteren Einsatz derselben erlauben würde. - Andererseits steht im Regelwerk ja explizit, daß der Spielleiter (und somit er allein) bestimmte Bezeichnungen zulassen kann oder sie eben auch ablehnen darf.
Silke schrieb:
Und ja, das Definieren der Skills ist tatsächlich so einfach - zumindest aus theoretischer Sicht. Beim tatsächlichen Erstellen des Charakters grübelt man dann doch sehr lange,
Das ist (nicht nur, aber da besonders) ein Anfänger- bzw. UA-Neuling-Problem. Hier gibt es keine 200+ Skills "von der Stange", die man anprobieren, nehmen oder lassen kann, sondern man muß sie im guten alten "Mach's Dir doch selbst!"-Verfahren erstmal ausdenken.
Und das ist bei dem vielen Nachdenken für die Deskriptoren bei den Attributen, für die Obsessionsfertigkeit, für die Rage-, Fear-, Noble-Trigger doch schon nicht wenig an Selbstgebrautem, was hier notwendig ist.
Das wird mit ein wenig Erfahrung schon schneller, aber kann bei recht schrägen Charakter-Vorstellungen auch für Nicht-mehr-Anfänger eine Qual der gemußten Kreativität darstellen.
Daher gibt es auch im Regelbuch ein paar Vorschläge und Ideen, wie man solche Fertigkeiten selbst zusammenstellen könnte. Ich kenne aber auch Ansätze von UA-Einsteigerrunden, in denen nur die Standardskills und die im Regelbuch vorgestellten "Serviervorschläge" für freie Skills zugelassen sind. Aus gutem Grund: die kennt der Spielleiter und kann ihren Einsatzbereich, ihre Einsatzbreite und ihre Mächtigkeit und somit ihren Effekt auf die Spielwelt besser beurteilen, als dies bei frisch aus dem Ärmel gezogenen Skills der Fall wäre.
Dies ist eine (und bei weitem nicht die einzige) Stelle, wo ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Gruppe und Spielleiter und ein Konsens über das, was fair und akzeptabel ist, existieren sollte. Da kommt der schon erwähnte Gruppenvertrag ins Spiel. Ohne den kann eine UA-Runde aufgrund stark divergierender Auffassungen, was erlaubt ist, was in den ach so freien Deskriptoren alles reininterpretierbar ist, oder eben vom SL NICHT reininterpretiert wird, genauso den Bach runter gehen wie eine Engel-Runde, in der ja auch alles, Fertigkeiten, Stärken, Schwächen etc. der Charaktere frei definierbar und zudem noch nicht mal quantifiziert sind.
Silke schrieb:
um eine gute (und vielleicht auch lustigklingende) Fertigkeit zu erarbeiten.
Wobei eine "gute", im Sinne von "im aktiven Spiel brauchbare und entsprechend oft einsetzbare" Fertigkeit meist alles andere als eine "lustigklingende" ist. - Man KANN UA auch sehr überdreht, unernst und eben so wie die humorigen Twin Peaks Szenen spielen, aber das ist dann bei all den Würg- und Bäh-Effekten, die in UA "rein-designt" sind, doch vielleicht nicht so ganz das, was üblicherweise unter UA verstanden wird. - YMMV.
Caninus schrieb:
Oh ja... damit ist Charerschaffen nicht einfacher sonder schwieriger, weil man eher Persönlichkeiten erstellt, als doch irgendwie Massenware.
Das Erschaffen von erkennbaren Persönlichkeiten ist keine Funktion eines freiwählbaren Fertigkeitsbezeichners. Das geht mit den meisten Regelsystemen, egal wie rigide oder frei, wie crunchig oder fluffig.
Caninus schrieb:
Und das sind viel einfach nicht gewohnt und fallen dann in das schema zurck, obwohl das System so viel mehr zu bieten hat.
Glaube mal nicht, daß viele nicht gewohnt seien "Persönlichkeiten" zu erschaffen. Es ist eher so, daß man bei einem neuen Spielsystem ersteinmal eine Idee braucht, wen man eigentlich hier darstellen soll, und dann was man hier eigentlich machen kann oder soll. Daher ist es gerade bei UA (aber auch bei HeroQuest/HeroWars und - auf etwas andere Art - bei Castle Falkenstein) zu empfehlen erst einmal ein paar Szenarien mit vorgenerierten, typischen(!) Charakteren zu spielen. Diese sollten am besten vom SL vorgeneriert sein, da dieser damit die "Macht der freien Bezeichnerwahl" auf Basis seiner eigenen Frankenstein-Monster-Charaktere erleben kann. So kann der SL dann beim "ernsten" Charaktererschaffen den Spielern besser, weil informierter, Ratschläge geben, ob ihre Charaktere so überlebensfähig und spieltauglich sind.
Als Alternative kann man sich auch die Abenteuersammlung "One Shots" (demnächst auch auf Deutsch unter dem saublöd übersetzten Titel "Schnellschüsse" zu bekommen) greifen und die fünf One-Shot-Szenarien darin durchspielen. Nur: in manchen dieser Szenarien sind die Charaktere SEHR, SEHR, SEHR speziell auf NUR DIESES EINE Szenario zugeschnitten, so daß man nicht bei allen den Eindruck eines TYPISCHEN UA-Spielercharakters gewinnen kann. - Empfehlenswert ist diese One-Shot-Sammlung aber allemal.