Brainstorming Tod der Spielercharaktere

Re: Tod der Spieler

blut_und_glas schrieb:
Der Tod sollte sinnlos sein dürfen.
Du meinst in dem Sinne: Ein lange jahre geführter und entwickelter Charakter geht auf der Straße entlang und gerät in ein Drive-By-Shooting. Er wird ohne jegliche Verwicklung vom Hintergrund der Kampagne oder ähnliches erschossen. Einfach so. Oder: Ein Charakter erhält in einer hektischen Situation einen Schlaganfall und stirbt daran. Einfach so. Oder: Ein Charakter fährt auf der Autobahn und ein Drängler kommt von hinten, er verpatzt seinen Autofahren-Wurf, kommt von der Straße ab und verbrennt eingeklemmt im Wrack seines Autos. Einfach so.

Der Tod im realen Leben ist eigentlich immer "einfach so".

Ich will NICHT im Spiel eine 1:1-Abbildung des realen, tristen, langweiligen und menschenverachtenden Alltags, wo man tatsächlich einfach so umkommen kann. Durch Unfall, Krankheit, eigene Dummheit, die Dummheit anderer, durch Kriege,...

Für das Rollenspiel-Spiel möchte ich Protagonisten in Geschichten spielen, die ich gut finde, die ich auch als Buch oder als Film gut fände, die mich unterhalten und anrühren können, OHNE den ganzen Zynismus der realen Welt, in der man nie wirklich eine Chance hat etwas zu bewegen. Ich mag es im Spiel tatsächlich etwas zu bewegen. Ich mag es für meine Ideale einzustehen, sie zu vertreten, ein gutes Beispiel zu geben und - in letzter Konsequenz - auch dafür zu sterben. Aber das bitte NUR im Spiel.

Wenn man einen von einem Spieler langgehegten ausgearbeiteten Charakter "einfach so", also sinnlos, im Spiel tötet - meinst Du, der Spieler hat daran Spaß?

Warum ist Cthulhu wohl stets nur ein Zweit-Rollenspiel und wird es auch bleiben? Weil dort genau das immer wieder passiert: die Charaktere überleben meist nicht lange genug, um eine echte, langandauernde Identifikation zu erlauben (ich will hier bewußt nicht eine tiefe Identifikation auch mit One-Shot-Charakteren ausschließen, da genau so etwas eine der Stärken von "guten" Cthulhu-Spielern ist - ich meine hier die Kampagnensicht, also den Roman, nicht die Kurzgeschichte). Ich mag Abreißblock-Charaktere nur ab und an für "dazwischen". Mir macht es mehr Spaß einen Charakter zu entwickeln und ein interessantes Schicksa mit ihm zu erleben, an dessen Ende durchaus auch einmal der Tod des Charakter im Spiel stehen kann.

Aber wenn Du einen sinnlosen Tod, der "einfach so" einen Charakter ausschaltet, als Möglichkeit miteinschließt, so macht eine solche Perspektive einfach keinen Spaß. Mir nicht. Und - so glaube ich - den meisten anderen auch nicht. (Siehe meine kurze Geschichte von meinem ersten Rollenspielcharakter und seinem unspektakulären und sinnlosen Tod. Ich hätte beinahe nie wieder was mit solchen Spielen zu tun haben wollen, wenn nur Frusterlebnisse ohne Hintersinn dabei herauskommen.)

Aber vielleicht hast Du ja in Deinen Gruppen Spieler, die nicht so an ihren einzelnen Charakteren hängen und öfter mal neue Charaktere zu generieren als Abwechslung auffassen? Dann ist es ja in Ordnung. Dann ist das für diese Spielergruppe auch Spaß.
 
Re: Tod der Spieler

blut_und_glas schrieb:
Dann lehne ich mich mal etwas aus dem Fenster:

Der Tod sollte sinnlos sein dürfen.

mfG
jdw

Endlich dieser Beitrag! Ich hab gerade ganz oben angefangen zu lesen und war ehrlich erschreckt davon, dass dieser Aspekt bis zu dieser Stelle so ganz vernachlässigt wurde. :eeek:

Unter "sinnlos" verstehe ich hier aber nicht "grundlos", wie Zornhau es aufgefasst hat, sondern viel eher "zwecklos". Bei euch kam es so rüber, als müsste JEDER Chara (Achtung! Übertreibung!) einen bedeutungsvollen Heldentod sterben. Gerade in einer harten Cyberpunkwelt wie Shadowrun, die ja schon als Beispiel angeführt wurde, halte ich einen total unspektakulären Tod des Charakters (Runner biegt auf der Flucht um eine Ecke, steht direkt vor der Knarre eines Konzernmanns und wird erschossen - einfach so), der absolut NICHTS bewirkt für weitaus realistischer und häufiger als den "Heldentod" (den ich damit aber auch nicht völlig ausschließen möchte).



PS: Ändert den Threadnamen! Ich will ja nicht nerven, aber es irritiert echt ;)
 
Re: Tod der Spieler

Oje, jetzt kommt mal wieder die "Realismus"-Thematik aus ihren Löchern.

Rollenspiel ist ein SPIEL. Ein gemeinschaftliches Herumphantasieren in imaginären Welten. Realismus hat mit Rollenspiel rein gar nichts zu tun.

Was damit häufig gemeint ist, so nehme ich mal an, ist eine gewisse "Stimmigkeit" der Reaktionen von NSCs und überhaupt dem Rest der Welt auf die Aktionen der SCs. Wenn es also eine Welt gibt, in der man "um die Ecke rennen kann und einfach so von einem Konzernmann erschossen wird", dann gehört das als Element genau dieser Spielwelt vielleicht tatsächlich ins Spiel eingebaut, um eine gewisse Stimmigkeit zu erzielen.

Nun kommt es aber erst: Beispiel "Die Hard" - der Film. Der Polizist, der als einziger im Hochhaus nicht eine Geisel der Entführer ist, geht um eine Ecke wo zwei Geiselgangster mit schweren Knarren stehen. Beide feuern sofort. Polizist tot. Film zuende. Will das irgendjemand sehen? Also ich nicht.

Ich will Spaß im Rollenspiel haben. Und mir ist es zehnmal egal, ob in einer Spielwelt die Chance auf offener Straße einfach so umgeballert zu werden größer 90% ist. Das macht keinen Spaß. Das will ich nicht spielen. Letztlich ist das totlangweiliges Selbstfrustrieren, daß ich nach einem frustenden langen Arbeitstag nicht auch noch im Spiel haben mag.

Vielleicht meinen die Vertreter des "Realismus", durch solche Ereignisse ein intensiveres Spielerlebnis und ein erinnerungswürdigeres Szenario erzeugen zu können.

Es gibt Spielsettings, wo es tatsächlich an der Tagesordnung ist, daß SCs umkommen. Shadowrun z.B. hat für mich nichts, wirklich gar nichts, was ich dem Setting abgewinnen kann, daß ich es spielen möchte. Bei Cthulhu kommen auch oft die Charakter um. Aber andererseits hat man dort die Chance mit vereinten Kräften gegen Universums-durchdringende Widerstände einen (kleinen!) Sieg oder zumindest keine vollständige Niederlage zu erzielen. Und das macht Sinn. Somit also kein sinnloser Tod der SCs.

Aber: jeder spielt, wie er es braucht um Spaß zu haben. Als ich noch Schüler war, haben mich Settings, die ich heute öde oder widerlich finde, noch interessieren können. Wenn man jung und nicht in der Arbeitsmühle ist, dann gefallen einem andere Sachen im Rollenspiel, als wenn man älter ist. Ich spiele jetzt seit 25 Jahren Rollenspiele und habe vom D&D Basic Set und Midgard in DIN/A5-Büchlein schon eine ganze Menge Spiele und Spielwelten kommen und gehen gesehen. Ich weiß jetzt besser als früher, was mir gefällt und was nicht.

Ich hatte früher auch gedacht, daß ich z.B. endlich einmal ein "realistisches" Kampfsystem im Rollenspiel sehen wollte, statt des sehr abstrakten D&D-Kampfsystems (ich meine hier VOR AD&D 1st. Ed. - nur um keine Mißverständnisse mit D&D 3.5 oder so aufkommen zu lassen, was übrigens immer noch ein extrem unrealistisches Kampfsystem aufweist). Als ich dann an der Uni mit Kampfkunst angefangen hatte und wirkliche Freikampferfahrung gemacht hatte, war mir klar, daß so etwas wie ein "realistisches" Kampfsystem überhaupt nicht zu machen ist, außer man schlägt sich mit genau den Waffen im Ernstkampf, mit denen man kämpfen möchte. Selbst LARP ist nur eine unkontrollierte Kissenschlacht mit Riesend***os. Da habe ich mir die Frage gestellt, was ich mir eigentlich von einem "realistischeren" Kampfsystem versprochen habe. Nun, ganz einfach. Mehr und beliebige Aktionsmöglichkeiten. Meine spontanen Ideen für eine Aktion sofort in die Tat umsetzen zu können, statt nachzublättern, ob es dafür vielleicht schon eine Regel gibt - die dann, falls man sie gefunden hat, auch nicht paßt oder die Aktion so kompliziert macht, daß der ganze spontane Spaß weg war. - Nun, das was ich damals gesucht habe, hatte ich dann bei sehr regelarmen Systemen gefunden (RuneQuest nach BRP, Cthulhu, in den letzten Jahren Engel).

Wer den "Realismus" im Rollenspiel für wichtig erachtet, sollte sich mal fragen, warum?
Wer nur die n-tv-Nachrichten-Brutalität nachspielen will, und seinen Spaß daraus ziehen kann, der hat auf jeden Fall zuviel Freizeit und wahrscheinlich keinen Vollzeitjob.

Ich will spielen um mich zu unterhalten. Da kann ich keine zynisch-übersteigerte eine Pseudo-Realität vorgaukelnde Schwelgerei in Unmenschlichkeiten und kaltschnäuzigen Brutalitäten gebrauchen. Das ist auch der Grund, warum ich bestimmte Rollenspielsettings eben so mies finde, daß ich sie nicht spielen mag.
 
Re: Tod der Spieler

Ardettes schrieb:
Stimme b_u_g vollkommen zu! ist ja im RL auch nicht anders, das mancher Tod vollkommen Sinnlos ist und absolut nichts mit dem Verhalten der Person zu tun hat. Manchmal kommt es halt so!


*autsch* Da nimmt uns einer unsere Illusionen, von wegen unser Leben hat einen Sinn und so :motz:

Ne, aber mal ehrlich, so'n bißchen Kitsch wird doch noch erlaubt sein, oder zumindest die hoffnung dass weder in RealLife noch in-character das Leben (und der Tod) sinnlos sind ....
 
Re: Tod der Spieler

hmm also der Tod eines Charakters...

ich ahbe keine Richtlinien... ich habe hars wegen dummheiten die sie verzapft haben sterben lassen, aber auch Chars überleben lassen, in Situationen wo jedre Spieler den Char schon als Tot abgestempelt hat...

Chars sind wegen NIchtigkeiten gestorben, odre haben sich für die Gruppe geopfert...

ICh stimme überein, das ein Tod sehr viel Theatralik bieten kann, und ich lasse Spieler diese gerne ausspielen wenn sie mögen...

Allerdings tendier ich lieber in die Richtung Chars bei Dummheiten mit geistigen und körperlichen Verkrüppelungen davon kommen zu lassen...
a) da viele Spieler aus sowas eher lernen, wenn sie einen gehandicapten Char weiter spielen, als sich einen neuen zu erschaffen, und B) kann durch sowas viele neue Plothooks erstellt werden...
 
Erst einmal möchte ich Zornhau meine Anerkennung für seine beiden hervorragenden Postings aussprechen. :)

Im folgenden werde ich mir dann jetzt allerdings Teile von ihnen zusammenklauben und ihnen wohl über mehr oder minder weite Strecken widersprechen. :D
Dabei werde ich mich nicht eines längeren Flusstextes bedienen - was ich übrigens bei seinen beiden Postings für äusserst gelungen und, ich würde sagen, vorbildlich halte - unter anderem deshalb, weil mir dafür momentan schlicht und ergreifend die Zeit fehlt. Ich will mich allerdings bemühen die zitierten und kommentierten Abschnitte nicht (zu sehr) aus ihrem grösseren Zusammenhang zu reissen - sollte dies doch geschehen war es mit (noch ;)) höherer Wahrscheinlichkeit als sonst wohl keine Absicht.

Aber genug der Vorrede.

Zornhau schrieb:
Du meinst in dem Sinne: Ein lange jahre geführter und entwickelter Charakter geht auf der Straße entlang und gerät in ein Drive-By-Shooting. Er wird ohne jegliche Verwicklung vom Hintergrund der Kampagne oder ähnliches erschossen. Einfach so. Oder: Ein Charakter erhält in einer hektischen Situation einen Schlaganfall und stirbt daran. Einfach so. Oder: Ein Charakter fährt auf der Autobahn und ein Drängler kommt von hinten, er verpatzt seinen Autofahren-Wurf, kommt von der Straße ab und verbrennt eingeklemmt im Wrack seines Autos. Einfach so.

Ja.

Wobei mein persönlicher Favorit eigentlich schon immer gewesen ist, dass ein Charakter beim Überqueren einer Strasse überfahren wird.
Wahlweise noch um das Element der Ablenkung oder um das Element eines grossen Glücksfalls oder Erfolges direkt vor dem Unfall erweitert - aber das gewinnt für den Zweck eines völlig sinnlosen Todes eigentlich schon zu viel Dramatik.

Für das Rollenspiel-Spiel möchte ich Protagonisten in Geschichten spielen, die ich gut finde, die ich auch als Buch oder als Film gut fände, die mich unterhalten und anrühren können, OHNE den ganzen Zynismus der realen Welt, in der man nie wirklich eine Chance hat etwas zu bewegen. Ich mag es im Spiel tatsächlich etwas zu bewegen. Ich mag es für meine Ideale einzustehen, sie zu vertreten, ein gutes Beispiel zu geben und - in letzter Konsequenz - auch dafür zu sterben. Aber das bitte NUR im Spiel.

Ich sehe nicht so den rechten Widerspruch zum sinnlosen Tod.

Ansonsten kann ich mich hier eigentlich mit nur zwei Einschränkungen, wenn man es richtig dreht sogar nur mit einer, anschließen. Ich bestehe nicht auf dem Ausschluss des "Zynismus der realen Welt", genausowenig bestehe ich allerdings auf seiner Unterbringung innerhalb des Spiels. Und ich könnte von mir nicht guten Gewissens sagen, eine bestimmte "Vorgehensweise" zu mögen, in dem Sinne, dass ich diese tatsächlich (allen) anderen deutlich vorziehe. Letztlich handelt es sich also bei den Einschränkungen einzig darum, dass ich dem Zitierten als gleichsam einem Ausschnitt meiner Sicht auf Rollenspiel zustimme, und nicht als, um bei der Metapher zu bleiben, einem Panorama.

Wenn man einen von einem Spieler langgehegten ausgearbeiteten Charakter "einfach so", also sinnlos, im Spiel tötet - meinst Du, der Spieler hat daran Spaß?

In Abhängigkeit von den Begleitumständen, halte ich das für durchaus möglich, ja.
Abgesehen davon bin ich auch etwas über die genaue Aussage irritiert. Da wird das Töten ja als ein Akt dargestellt, mit dem der Spieler nichts zu tun, auf den er keinen Einfluss hat, das muss nun aber nicht der Fall sein, nur weil der Tod an sich ein sinnloser ist.

Warum ist Cthulhu wohl stets nur ein Zweit-Rollenspiel und wird es auch bleiben?

Andersherum könnte man auch fragen, warum Call of Cthulhu innerhalb der Horror-Nische seit langer Zeit die konstante Grösse darstellt, die es nun einmal ist. Oder weshalb so viele Rollenspieler (Achtung, zum einen höchtens auf persönlichen Beobachtungen fussend, zum anderen der Rhetorik halber verzerrt) Call of Cthulhu treu bleiben oder zu ihm zurückkehren, während sie andere Systeme wechseln und sie hinter sich lassen. Oder wo der Grund dafür liegt, dass zahlreiche Spieler (siehe oben ;)) Call of Cthulhu für so ein übermäßig gutes System halten...

Mir macht es mehr Spaß einen Charakter zu entwickeln und ein interessantes Schicksa mit ihm zu erleben, an dessen Ende durchaus auch einmal der Tod des Charakter im Spiel stehen kann.

Und dieser Tod könnte niemals ein sinnloser Tode sein?

Aber nehmen wir einfach einmal an, die Antwort auf diese Frage würde für dich persönlich "ja" lauten, dann würde dies doch immer noch nicht bedeuten, dass sich generell diese beiden Aspekte, der Spass an der Entwicklung, der Geschichte, dem Werdegang, dem Erleben, einerseits und die Sinnlosigkeit des Todes andererseits, nicht miteinander vereinbaren ließen.
Der Punkt ist, ich wehre mich etwas gegen die strikte Trennung, die ich aus deinem Beitrag herauszulesen glaube, in die "Abreißblock-Charaktere" auf der einen, die "Entwicklungs-Charaktere" auf der anderen Seite, gerade wenn es um die Statthaftigkeit von Todesarten geht.

Aber wenn Du einen sinnlosen Tod, der "einfach so" einen Charakter ausschaltet, als Möglichkeit miteinschließt, so macht eine solche Perspektive einfach keinen Spaß. Mir nicht. Und - so glaube ich - den meisten anderen auch nicht.

Aber die Frage ist doch immer wo man eine solche Möglichkeit ein- oder ausschließt. Du selbst warst der Erste (?), der hier in diesem Thread auf die Bedeutung von Setting, und um dies etwas zu erweitern, von Genre und Spielstil, für den Tod von Charakteren und seine Umstände eingegangen ist.


Aus dem zweiten Posting habe ich mir im Gegensatz zum ersten nur zwei Passagen herausgegriffen, die ich jede auf ihre Art für besonders interessant und wichtig halte. Mit dem eigentlichen Thema des Todes von Spielercharakteren haben allerdings beide letzten Endes wohl nicht mehr wirklich viel zu tun.

Zornhau schrieb:
Oje, jetzt kommt mal wieder die "Realismus"-Thematik aus ihren Löchern.

Rollenspiel ist ein SPIEL. Ein gemeinschaftliches Herumphantasieren in imaginären Welten. Realismus hat mit Rollenspiel rein gar nichts zu tun.

Ja. Nein.
Wieder kommt es, unter anderem, auf das Setting an (und natürlich auf die genaue Definition von Realismus die man anlegen möchte). ;)
Millenium's End ohne Realismus beispielsweise ist zwar natürlich möglich, entfernt sich aber eben doch weit von dem, was das System üblicherweise darzustellen versucht - man könnte gar sagen, Realismus sei eines der entscheidenden Kernelemente dieses Spiels.

Realismus hat mit Rollenspiel also so viel zu tun, wie man es möchte. Er stellt einen möglichen Punkt auf der Achse dessen dar, was du als Stimmigkeit, was andere (wenn auch nicht hier) als Glaubwürdigkeit, bezeichnet haben.
Realismus kann genauso eine Geschichte, das Produkt "eines gemeinschaftlichen Herumphantasierens in imaginären Welten", zerstören, wie er sie auch, beispielsweise mittles durch ihn gekennzeichnete Genre-Treue, retten und auszeichnen kann.

Generell zu sagen er habe mit Rollenspiel rein gar nichts zu tun, halte ich daher für verfehlt.
Allenfalls könnte man sagen er sei kein genereller Bestandteil von Rollenspielen. ;)

Ich will spielen um mich zu unterhalten. Da kann ich keine zynisch-übersteigerte eine Pseudo-Realität vorgaukelnde Schwelgerei in Unmenschlichkeiten und kaltschnäuzigen Brutalitäten gebrauchen. Das ist auch der Grund, warum ich bestimmte Rollenspielsettings eben so mies finde, daß ich sie nicht spielen mag.

Und da stossen wir auf einen sehr grundlegenden Unterschied.

Ich will nicht spielen um mich zu unterhalten.

Oder besser gesagt: Ich will nicht unbedingt spielen um mich zu unterhalten.
Und daraus wiederum ergibt sich im folgenden dann (vielleicht?) auch die unterschiedliche Bewertung mancher Settings oder auch - um gegen Ende doch noch einmal den Bogen zum ursprünglichen Thema des Threads zu schlagen - der Möglichkeit eines sinnlosen Charakter-Todes.

mfG
jdw

PS: Gäbe es was den Realismus-Aspekt in Bezug auf Kampf- und/oder Schadenssysteme angeht Interesse an einer eigenständigen Diskussion? (Die Frage ist vor allem an Zornhau gerichtet, aber wenn jemand anderes Interesse zeigt...)
 
Skar schrieb:
Wie steht ihr zum Tod von Spielercharakteren?

- Ist der Tod von Spielercharakteren bei euch eher ein Tabu?
- Oder lasst ihr alles durch den Würfel entscheiden (Würfelpech=Tod)?
- Oder versucht ihr den Tod eines Spielers weitestgehend auszuschliessen?
- Oder setzt ihr den Tod der SC gerne als dramaturgisches Stilmittel ein?

Nun, ich habe in den letzten Jahren selten die andere Seite des Spielleiterschirmes gesehen, daher beziehen sich meine Antworten in erster Linie auf die Spielleiterseite.

Generell versuche ich, den Tod der Spieler durch Umstände, auf die sie keinen Einfluß haben, auszuschliessen. Versuche, wohlgemerkt, es klappt nämlich nicht immer.
Die Würfel haben in einer Situation auf Leben und Tod meist nur dekorativen Charakter. Bevor ich einem Spieler zumute, aufgrund eines Würfelwurfes draufzugehen (auf den er keinen Einfluß hat, siehe oben!), sollte er schon mental den Tod seines Charakters in Kauf genommen haben.

Es ist okay, wenn er bei dem Versuch stirbt, einen Feind lange genug aufzuhalten um seinen Kameraden die Flucht zu ermöglichen. Er hat diese Entscheidung getroffen, er kennt das Risiko.
Es ist nicht okay, wenn ihn ein Scharfschütze ohne Vorwarnung (also auch nicht In-Game der Hinweis, das es hier Scharfschützen gibt) aufgrund eines verbockten Würfelwurfes umzulegen.


Sollte der Spieler allerdings bewußt gehirnamputiert handeln, muß er mit seinem Ableben rechnen. Wer nackt in ein Feuergefecht springt und die Warnungen von Mutter Natur ignoriert (blutende Schusswunden), der stirbt eben. Basta.

Realistisch ist das natürlich nicht, aber ich will keine Simulation, ich will eine akzeptable Story.

Der Tod eines Spielercharacters als Stilmittel halte ich für keine gute Idee. Um die Gefährlichkeit einer Situation, Person oder eines Objektes zu veranschaulichen genügt ein (am besten Liebgewonnener) NSC vollends. Etwas anderes ist es natürlich, wenn der Spieler den Character in den Ruhestand versetzen möchte, dann kann man einen würdevollen und/oder heroischen Abgang durchaus einbauen.

Aber als Stilmittel den Protagonisten killen? Hilfe! Der Tod eines SC sollte zwar kein Tabu sein, aber um als billiger Special Effect verheizt zu werden ist fast jeder SC zu schade.

Abschliessend möchte ich vielleicht noch auf das Gamist/Simulationist/Narrativist-Modell hinweisen (keine Panik, bin kein Modellbauer); verschiedene Spiel(leit)ertypen legen verschiedene Schwerpunkte, der Tod eines SC ist einer davon.

Ich persönlich denke, das am Ende des Abends eine Story entstanden sein sollte, die getrost weitererzählen kann. Und das da ein "Ja, und drei Räume hinterm Eingang standen 4 Oger, die haben uns kaputtgeschlagen; nach der Wiederbelebung sind wir da nochmal rein und haben aufgeräumt!" einfach nur Panne wirkt.
Ein "T'n's'r hat sich für uns geopfert. Er hat Lynne und mich durch die Luke geschoben, die Tür verriegelt und uns genug Zeit verschafft, um aus dem Komplex rauszukommen. Gott, ich werde den alten Haudegen vermissen..." hat einfach mehr Drama. YMMV, wie üblich.

Ich denke auch, das der Tod eines Charakters eine permanente Angelegenheit sein sollte, und nicht nur eine (reversible) Statusänderung auf dem Charakterblatt.

-Silver
 
Silvermane schrieb:
Ich denke auch, das der Tod eines Charakters eine permanente Angelegenheit sein sollte, und nicht nur eine (reversible) Statusänderung auf dem Charakterblatt.
Sehe ich auch so - außer: in Deadlands ist ein Aspekt des Settings, daß gerade Charaktere mit gewisser Erfahrung im Kampf gegen die üblen "Abrechner" dazu tendieren, auch nach dem Tod des Charakters wiederzukommen. Aber wie das so ist, bringen sie dann mehr mit, als sie ursprünglich hatten...

Wir haben jahrelange D&D und AD&D Kampagnen gespielt, ohne jegliche Wiederbelebung. Wenn ein Charakter starb, was nicht so oft, aber eben doch ab und an mal vorkam, dann war das stets ein besonderes und (in den meisten Fällen) trauriges Ereignis mit Erinnerungswert.

Ich glaube, letzteres - also der Erinnerungswert - ist es, was für mich wesentlich die Akzeptanz von Schicksalsschlägen für einen Charakter bzw. für eine Gruppe von Charakteren beeinflußt. Wenn es eine "gute" Story ist, an die man sich gerne wieder erinnert, dann war es in Ordnung.

Noch was anderes zum "spontanen Charaktertod" ohne Vorwarnung und ohne Spielereinflußmöglichkeit (eigentlich sogar zum Charaktertod MIT Spielereinflußmöglichkeit):

Ich setze mich mit 4 anderen Spielern und einem Spielleiter an einem Spieleabend zusammen, um mich rollenspielenderweise zu unterhalten. Nach etwa 15 Minuten Spielzeit im Szenario wird ein Spielercharakter plötzlich und unerwartet aus der Gruppe gerissen - für immer. Der Spielleiter hat es uns (wieder mal?) gezeigt, daß so etwas eben schon mal passieren kann auf seiner/unserer Spielwelt.
Nur: der Spieler, der - wie ich z.B. - erst mal eine dreiviertel Stunde nach stressiger Arbeit in eine Nachbarstadt zum Spielen gefahren ist, weil dort der Großteil der anderen Spieler wohnt, darf sich jetzt an einen Nebentisch setzen und anfangen einen neuen Charakter zu bestimmen (je nach System eine Frage von ein paar Minuten bis zu Stunden - Insbesondere bei Systemen/Welten, die eine gut ausgearbeitete, tiefe Hintergrundgeschichte und Verwurzelung der Charaktere in einer Kultur erfordern, kann so etwas recht lange dauern).

Bitte mal eine kurze Umfrage: Wer glaubt, dieser Spieler hat wirklich Spaß daran, durch einen unbeeinflußbaren, unmotivierten Charaktertod aus dem gemeinsamen Spiel mit seinen Freunden (für eine gewisse Zeit) ausgeschlossen worden zu sein?

Dann gibt es ja noch Szenarien - ich meine hier insbesondere die Kauf-Kampagnen unterschiedlicher Spielsysteme - in denen nach Beginn der Kampagne einfach KEIN NEUER Charakter mehr aufgenommen werden kann, da das Szenario dadurch inkonsistent würde. Wenn in Deadlands ein Aufgebot von 6 Hombres in den Canyon o'Doom hinabgestiegen ist, dann kommen sie frühestens nach 40 Stunden Spielzeit (bei uns in der Gruppe heißt das nach 10 Wochen) da wieder heraus. Kommt jetzt ein Charakter um, so kann kein Ersatzcharakter irgendwoher "gebeamt" werden. Das Aufgebot ist um einen Charakter kleiner und einer unserer Freunde kann leider die nächsten Monate nur den Erzählungen der anderen lauschen, was die so erlebt haben. Für mich ist, wenn ich solch ein Szenario spielen will (und dafür gibt es sehr gute Gründe - gerade für das Beispiel Canyon o'Doom, da dieses den Deadlands-Metaplot massiv vorantreibt und ich so etwas meinen Spieler als Erlebnis nicht vorenthalten möchte), dann muß ich mit dem Spielercharaktertod sehr, sehr vorsichtig umgehen. Da sind die schon erwähnten anderen Nachteile wie ein Bein lahm geschossen, die Pistolenhand verkrüppelt etc. vollkommen ausreichend um einen Fehlschlag der Taktik der Spieler (oder Pech) zu dokumentieren. Außerdem möchte ich einfach mit meinen Freunden zusammen spielen. Deshalb treffen wir uns ja regelmäßig.

[potentiell OT]
@Blut_und_Glas: Du schreibst, daß Du Rollenspiel nicht (zumindest nicht vordergründig) zur Unterhaltung spielst. - Ähm, Du meinst aber schon damit die Roleplaying Games = Rollenspiel-Spiele, über die hier bisher ausschließlich gesprochen wurde, oder?

Ich kann ja verstehen, daß ein Psychotherapeut die therapeutische Variante der Rollenspiele, die zwar verwandt zum Unterhaltungs-Rollenspiel-Spiel ist, aber doch etwas von der Zielsetzung her völlig anderes, nicht zu seiner Unterhaltung praktiziert, sondern um seinen Patienten zu helfen.

Aber mit Spielen, die nur zu Unterhaltungszwecken produziert werden, und nur zu Unterhaltungszwecken verkauft und konsumiert werden, sollte man wirklich vorsichtig sein, eine andere Zielsetzung zu verbinden.

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, aus welchen anderen Gründen außer zur Unterhaltung Du ein Rollenspiel-Spiel spielen kannst. Das geht eigentlich grundsätzlich garnicht. Rollenspiele sind ja Spiele und keine Medien, über die man Inhalte vermitteln oder gar eine differenzierte Auseinandersetzung mit bestimmten Themen durchführen könnte. Genauso kann man mit Skat, Schach, Mensch-Ärgere-Dich-Nicht oder den Mario Brothers versuchen etwas anderes als nur Unterhaltung zu produzieren - und mit dem gleichen Erfolg.

Das ist jetzt schon wieder etwas OT, aber ich glaube Deine Idee von dem "sinnlosen Tod" und dem Nicht-Unterhaltungs-Rollenspiel hängen da irgendwie zusammen. Ich bin da schon neugierig, ob meine Vermutung korrekt ist. Nur habe ich ein ungutes Gefühl dabei, was dann Deine "wahre" Motivation für Rollenspiele sein mag. Jedenfalls wohl kaum eine, die den "Normalgebrauch" von Rollenspielen gegen Langeweile und zur geselligen Unterhaltung beinhaltet, vermute ich mal.

[/potentiell OT]
---------
[definitiv OT]

Zur Frage nach einer eigenständigen Diskussion über Realismus-Aspekte in Bezug auf Kampf- und/oder Schadenssysteme: Ich glaube, das ist nicht nötig, weil grundsätzlich unproduktiv.

Die Diskussionen kenne ich seit über zwanzig Jahren. Und alle gehen an dem wesentlichen Aspekt vorbei: Was will ich mit mehr/weniger "Realismus" in einem Kampfsystem für meine eigenen Rollenspielrunden anfangen?

Wer mir das erstmal erklärt hatte, bei dem hat sich dann sofort herausgestellt, daß die Diskussion über den vermeintlichen Realismus in einem Kampfregelwerk für ein Spiel völlig überflüssig ist. Ein Beispiel: will ich ein Kampfsystem in einem Western-Setting, daß den Powerlevel der Italo-Western abbildet, in dem also ein Gunslinger mittels "Fanning" seine Sixgun binnen 5 Sekunden in seine drei Gegner pumpt und danach seine Mundharmonika bläst, dann nehme ich das Deadlands-Kampfsystem. Will ich eine Robert E. Howard Atmosphäre für Cthulhu Wild West mit unaussprechlichen Grauen indianischen oder weit fremdartigeren Ursprungs erzeugen, dann nehme ich Cthulhu, weil es für die Geschichten dort egal ist, ob und wie gut ein armes Menschlein völlig unwirksame Bleiklumpen in ein herbeibeschworenes Grauen pumpt. Es ist immer die Frage, was für einen Effekt ich mit einem Regelsystem bzw. einer einzelnen Regel erreichen will, der bestimmt, was für die inneren Gesetzmäßigkeiten eines Settings stimmig ist. Mit Realismus hat das rein garnichts zu tun.

Realismus allein ist auch überhaupt kein Wert, der im Rollenspiel eine Bedeutung hat. Man hat nicht deswegen mehr Spaß, weil ein Rollenspiel mit irreführendem "Realismus" wirbt, sondern der Spaß kommt beim Spielen und bei den Geschichten. Ein superkomplexes unhandliches System, welches sich "realistisch" nennen mag, macht jede Kampfszene zu einer Studie in Langeweile und Würfelweitwurf. Das tötet den Spaß eher, statt ihn zu fördern. Eine sich "realistisch" nennende Verwundungs-/Schadens-Regelung führt dazu, daß die Charaktere nach schweren Kämpfen wochenlang oder monatelang zur Rekonvaleszenz im Krankenhaus und dann in der Reha zubringen. Ich weiß nicht wie spaßig so etwas im Spiel sein kann. Meine Vermutung: nicht.

"Wenn es nicht unterhält, dann laßt es weg." "Macht es so einfach wie möglich und nur so komplex wie nötig, um allen den größtmöglichen Spielspaß zu ermöglichen." In dieser Art könnte man noch eine ganze Menge mehr Tips oder Grundregeln aufführen, die ein Rollenspielautor für ein Spiel beachten sollte, falls er will, daß sein Spiel tatsächlich gespielt werden soll und nicht nur eine theoretische Arbeit über maximal-"realistische" Kampfsysteme darstellt.

Noch was: Kampf bedeutet immer Aktion, Gefahr für das Leben der Charaktere. Klettern auch. Insbesondere Freiklettern. Ein Freund von mir macht das seit 15 Jahren. Wenn der auf die Idee käme, eine möglichst "realistische" Kletter-Regelung für Rollenspiele aufzustellen, würde es jeden ankotzen, der im Spiel mal irgendwo auf einen Baum klettern müßte, weil soviele Dinge gleichzeitig zu koordinieren sind, um überhaupt klettern zu können. Übrigens: Radfahren kann auch ungesund und kompliziert sein. Und segeln, schwimmen, ... Wenn man nämlich den Realismus als Wert an sich hochhält, dann darf man eigentlich beim Kampfsystem nicht halt machen. Viel Spaß beim Regel-Ausbrüten. Ich warte auf den Film und spiele dieweil lieber unrealistisch und unterhaltsam weiter Rollenspiele. ;)

[/definitiv OT]
 
Silvermane schrieb:
Ich denke auch, das der Tod eines Charakters eine permanente Angelegenheit sein sollte, und nicht nur eine (reversible) Statusänderung auf dem Charakterblatt.

Hier möchte ich nur in so weit widersprechen, wie Zornhau es ja eigentlich bereits getan hat, wie "umkehrbar" der Tod ist, ist ebenfalls eine Funktion des Settings (Genres, Spielstils, ...). Viele Settings ziehen dabei aber natürlich grossen Nutzen aus einer Endgültigkeit des Todes. Andere dagegen verstehen es seine Widerrufbarkeit geschickt auszunutzen.

Zornhau schrieb:
Ich glaube, letzteres - also der Erinnerungswert - ist es, was für mich wesentlich die Akzeptanz von Schicksalsschlägen für einen Charakter bzw. für eine Gruppe von Charakteren beeinflußt. Wenn es eine "gute" Story ist, an die man sich gerne wieder erinnert, dann war es in Ordnung.

Das halte ich für einen wirklich schönen Gedankengang. Ja, ich denke der Ansatz gefällt mir ausserordentlich gut. Danke. :)

Bitte mal eine kurze Umfrage: Wer glaubt, dieser Spieler hat wirklich Spaß daran, durch einen unbeeinflußbaren, unmotivierten Charaktertod aus dem gemeinsamen Spiel mit seinen Freunden (für eine gewisse Zeit) ausgeschlossen worden zu sein?

Bei genau diesem Spieler unter den geschilderten Umständen ist dies wohl eher unwahrscheinlich. Aber die Frage ist wie und warum kommt es unter diesen Umständen zu einem solchen Ereignis? Rücksichtnahme ist für mich eines der Schlüsselworte in Zusammenhang mit jeder Art von Rollenspiel. Diese Idee liefert unter anderem die Basis für die gemeinsamen Vorstellungen vom Rollenspiel, womit nicht (nur) die eigentliche Spielwelt oder die Regelabläufe gemeint sind. In der beschriebenen Situation mit der Folge, dass der direkt betroffene Spieler keinen Spass hat, liegt das Problem in meinen Augen bei der Missachtung dieses Grundprinzips. Liegt eine solche Missachtung nicht vor, dann bedeutet das , dass der Spieler einverstanden, sein Spass demnach auch nicht beeinträchtigt ist.
Das Problem ist in meinen Augen hier also nicht wirklich beim Charaktertod zu suchen, sondern in viel tiefgehenderen Bereichen, und sei es bloss dass eine schlichte Missverständigung innerhalb der Spielgruppe stattgefunden hat.

Außerdem möchte ich einfach mit meinen Freunden zusammen spielen. Deshalb treffen wir uns ja regelmäßig.

Da habe ich nun (ausnahmsweise :D) einmal nicht die geringsten Einwände. Mein vollste Zustimmung zu diesem Punkt.

Du schreibst, daß Du Rollenspiel nicht (zumindest nicht vordergründig) zur Unterhaltung spielst.

Nicht ganz. ;)

Ich schreibe, dass ich sie nicht nur zur Unterhaltung spiele. Ein vielleicht scheinbar kleiner, aber doch extrem wichtiger Unteschied.

(Abgesehen davon kann man natürlich auch den Begriff Unterhaltung auf vielfältige Art und Weise (um)deuten.)

Rollenspiele sind ja Spiele und keine Medien, über die man Inhalte vermitteln oder gar eine differenzierte Auseinandersetzung mit bestimmten Themen durchführen könnte.

Und genau da sind wir dann scheinbar ganz grundsätzlich anderer Meinung. Ich halte "Rollenspiele", ein Name den ich, wie man vielleicht auch hier ersehen kann, nicht für den besten halte, für durchaus fähig als Medium zu fungieren. Rollenspiel muss nicht so sehr spielen bedeuten, sondern es kann sich auch um einen schöpferischen Prozess handeln, so wie beispielsweise das Schreiben eines Buches. Rollenspiel kann Kunst sein. Rollenspiel kann ein Medium sein. Man beachte, dass ich hier ganz bewusst von "können" spreche, Rollenspiel ist keine Kunst, genauso wenig wie jeder Strich auf einem Blattpapier Kunst ist. Dabei kommt Rollenspiel noch eine Eigenschaft zu Gute, die es von anderen Formen in gewisser Weise abhebt, Rollenspiel macht es sehr einfach zwischen Aktivität und Passivität, zwischen einem "Zustand" als Konsument und einem als Produzent zu wechseln und auch gleichsam Zwischenstadien einzunehmen.
Greg Costikyan hat einmal sinngemäß geschrieben, er würde sich wünschen das (Rollen)spiel würde als die bestimmende Kunst- und Ausdrucksform des 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen. Ein unrealistischer Wunsch? Bestimmt. Aber ein Wunsch der jeder Grundlage entbehrt? In meinen Augen ganz bestimmt nicht.

Das ist jetzt schon wieder etwas OT, aber ich glaube Deine Idee von dem "sinnlosen Tod" und dem Nicht-Unterhaltungs-Rollenspiel hängen da irgendwie zusammen.

Auch hier muss ich einmal mehr mit "ja und nein" antworten, denke ich.

Der sinnlose Tod eines Charakters, wobei die Sinnlosigkeit sich vornehmlich auf die Bedeutung des Vorfalls in und für die Spielwelt bezieht, kann meiner Meinung nach auch durchaus Element bei einem Rollenspiel sein, dessen Motivation Unterhaltung ist. Unterhaltung selbst kann ja durchaus auch in den verschiedensten Formen auftreten, und muss nicht mit Erfolg oder dem Bewegen und Verändern der Spielwelt verknüpft sein. Nehmen wir alleine eine tragisch orientierte Kampange. Auch ohne, dass man sich hier um etwas anderes als Unterhaltung bemüht, kann der Tod eines Charakters, wie wir ihn weiter oben in diesem Thread skiziert haben, hier seinen Platz haben, ja, kann sogar zu der gewünschten Unterhaltung beitragen.
Auf der anderen Seite kann man natürlich auch versuchen einen solchen sinnlosen Charakter-Tod für andere Zwecke zu instrumentalisieren, ganz so, wie dies auch im Falle der Unterhaltungs-Kampange geschieht, die mit dem Unfall-Tod des Charakters auf dem Weg zu seiner Geliebten endet.

Ich bin da schon neugierig, ob meine Vermutung korrekt ist.

Was ist denn deine genaue Vermutung über meine Motivation? Oder beziehst du dich auf den von dir postulierten Zusammenhang von sinnlosem Tod und Nicht-Unterhaltung? Jetzt bin ich nämlich neugierig! ;)

Nur habe ich ein ungutes Gefühl dabei, was dann Deine "wahre" Motivation für Rollenspiele sein mag. Jedenfalls wohl kaum eine, die den "Normalgebrauch" von Rollenspielen gegen Langeweile und zur geselligen Unterhaltung beinhaltet, vermute ich mal.

Was ist denn so ungut an der Vorstellung Rollenspiel nicht ausschließlich (aber eben auch, ich denke da lag ein gewisses Missverständnis vor ;)) zur puren Unterhaltung zu betreiben? ;)

Die Definition von Unterhaltung als "Normalgebrauch" suche ich dabei hauptsächlich aus Gründen der leider oft damit einhergehenden Wertung des "abnormalen" meist zu vermeiden.

Aber wie oben schon angerissen, gehe ich tatsächlich davon aus, dass Rollenspiel auch zu anderem fähig ist, ganz so wie auch Buch, Film oder Bild, oder Unterhaltung im Sinne eines Gespräches, es sind. Ob und wie weit sich so etwas nun mit Spass und Unterhaltung verbinden lässt ist eine interessante Frage, die so global wohl kaum zu beantworten ist. Ich denke aber, dass es einen weiten Bereich gibt in dem diese Ansätze problemlos koexistieren, aber auch Randzonen in denen sie sich auszuschließen beginnen beziehungsweise es tun.

Zur Frage nach einer eigenständigen Diskussion über Realismus-Aspekte in Bezug auf Kampf- und/oder Schadenssysteme: Ich glaube, das ist nicht nötig, weil grundsätzlich unproduktiv.

Schade, es ließ sich so gut an... :D

Wäre ein schöner erster Beitrag gewesen.

mfG
jdw
 
ich entspreche in grossen teilen den ausführungen von zornhau. ich möchte die sinnlos-todfans auch noch eine andere sache vor aúgen führen:
wenn man durch einfaches würfelpech jemanden beim überqueren der srasse umnatzt, wird das nur dazu führen, das die leute powergaming betreiben werden, da sie nicht sterben wollen und es einfacher ist, zu überleben, wenn man viele powers hat.
darunter leidet das rollenspiel.
ich würde mir niemals einen ausgefeilten gross angelegten hintergrund ausdenken, wenn ich damit rechnen muss, einen unfelxiblen sl zu haben, der ihn wegen würfelpech in den ersten abenden umnatzt, ohne das eine entscheidung zu grunde lag, welche dem charakter entsprach, und das ist nicht, bei einer zufallsbegegnung erschossen zu werden!
ohne hintergrund weniger identifikation mit dem char, mit weniger identifikation weniger rollen spiel.
realismusim spiel:
sollte soweit eine rolle spielen, das trotzdem die spieler ihre chars gut auspielen können. mehr realismus kann das eintauchen in die spielwelt erhöhen (und tut es bei mir auch) aber, wenn der regelaufbau zu komplex wird, wird das rollenspiel darunter leiden.
in meinem eigenen system habe ich imo den richtigen kompromiss gefunden (hab selber viel kampfsport und kunst gemacht und war auch schon in ernstfälle verstrickt), dies ist aber ja bisher erstmal nur meinen mitarbeitern zugänglich :] ,vn denen ich aber immer noch mehr kompetente gebrauchen könnte.
 
Okay, ihr habt recht, ein sinnloser Tod (auf der Straße von irgendeinem Bus überfahren) ist nicht das, was dem Rollenspiel förderlich ist.
Aber welcher SL würfelt, wenn ein SC über die Straße geht, ob jetzt ein (um beim obigen Beispiel zu bleiben) Bus um die Ecke kurvt, der den SC jetzt platt macht.

Doch um das ganze mal zu relativieren: Wenn es jetzt zb in einer Kampsituation dazu kommt, das ein Spieler durch Würfelpech (Parade verbockt oder sonstwie) draufgeht, dann ist der für mich tot!

Hatte in einer meiner ersten DnD runden so einen Fall, das mein Druide vom 2. oder 3. Giftbolzen dahingerafft wurde. Sowas kann passieren. Hatte dann aber das (mehr oder weniger) Glück, von einem Mitspieler in der nächsten Runde nochmal ins Leben zurückgerufen zu werden.
Um ehrlich zu sein: wenn die mich nicht gerettet hätten, hätt ich halt einen neuen Char gebastelt und wäre dann sonstwie weider zu der Gruppe gestoßen, aber dem SL die Schuld geben, das der Druide draufgegangen wäre hätte ich nie gemacht.
Ja, er ist gestorben, und ja, es war kein allzu Heldenhafter Tod, aber er wurde halt niedergemacht, bevor die anderen hin waren. Verluste gibts in jedem Krieg!
 
Doomguard schrieb:
ich möchte die sinnlos-todfans auch noch eine andere sache vor aúgen führen:
wenn man durch einfaches würfelpech jemanden beim überqueren der srasse umnatzt, wird das nur dazu führen, das die leute powergaming betreiben werden, da sie nicht sterben wollen und es einfacher ist, zu überleben, wenn man viele powers hat.

Diese Ausfürhrungen halte ich für meinen Teil zwar für sehr gut nachvollziehbar, aber mit nichten für einen Automatismus. Auch muss ich sagen, dass ich "einfaches Würfelpech" und einen "sinnlosen Tod" für nicht ganz das gleiche halte. Einfaches Würfelpech kann durchaus auch in einem "sinnvollen", bewegenden und bedeutungsschweren Heldentod münden, während ein sinnloser Tod ebenso gut wie jeder andere sorgfältig vorausgeplant und vorbereitet sein kann. Sinnlosigkeit ist dabei für mich nämlich, wie ich auch schon weiter oben in diesem Thread anmerkte, vornehmlich eine Funktion der Spielwelt - nicht so sehr eine auf der Ebene der Spieler.

darunter leidet das rollenspiel.

Ich denke ich spare mir einmal erneute Ausführungen über die Problematik dieses Wortes. :p

ich würde mir niemals einen ausgefeilten gross angelegten hintergrund ausdenken, wenn ich damit rechnen muss, einen unfelxiblen sl zu haben, der ihn wegen würfelpech in den ersten abenden umnatzt, ohne das eine entscheidung zu grunde lag, welche dem charakter entsprach, und das ist nicht, bei einer zufallsbegegnung erschossen zu werden!

Mit anderen Worten: Ein solches Vorgehen wäre in einer Runde an der du teilnimmst wohl unangebracht. Ich wiederhole gerne wie elementar meines Erachtens nach Rücksichtnahme, und weiterführend Absprachen, für ein gemeinsames Spiel sind. Wer nun bei diesem Blickwinkel auf das obige Beispiel "unflexibel" ist, der Spieler oder die Spielleitung, sei einmal dahingestellt - das Ergebnis ist, das letzten Endes das gesamte Spiel darunter zu leiden hat. Nicht etwa unter dem Charakter-Tod an sich, sondern unter mangelnder Bereitschaft eine gemeinsame Grundlage zu nutzen.

ohne hintergrund weniger identifikation mit dem char, mit weniger identifikation weniger rollen spiel.

Hier wieder einmal nur ein schwacher Einwand, da die grundsätzliche Überlegung ja durchaus ihre Richtigkeit hat. Diese Verknüpfungen von Hintergrund mit Identifikation mit einem positiven Spielerlebnis halte ich nicht für die einzig möglichen. Charaktere können auch ohne, vor allem ohne vorgeschriebenen, Hintergrund sehr plastisch wirken und werden, man denke beispielsweise an Charaktere deren Hintergrund stückweise, während des Spiels entsteht und sich so in die Welt und die laufende Handlung organisch einpasst. Auch das Spielerlebnis braucht nicht hauptsächlich am dargestellten Charakter, oder bestimmten Eigenschaften - die oft gerühmte Individualität kommt mir hier gerade in den Sinn - desselben, zu hängen, so verlangt Pantheon ja beispielsweise geradezu nach extrem klischeehaften Abziehbild-(und Abreißblock- ;))Charakteren.

Ardettes schrieb:
Aber welcher SL würfelt, wenn ein SC über die Straße geht, ob jetzt ein (um beim obigen Beispiel zu bleiben) Bus um die Ecke kurvt, der den SC jetzt platt macht.

Was hat das mit Würfeln zu tun? :D

mfG
jdw
 
Ich persönlich richte mich was den Tod von Spielercharakteren angeht recht stark nach dem Setting in dem gespielt wird.

Einige Setting (viele Fantasysettings zum Beispiel) lassen die Spieler Helden, oder doch zumindest "die Guten" verkörpern. Und mal erhlich; welcher Film- oder Romanheld stirbt schon durch einen zufällig erfolgreichen Schwerthieb?

In einigen anderen Setting (z.B. Cyberpunk, Dark Future oder Postapokalypse) verkörpern die Spieler irgendwelche Typen, die sich mit meist recht fragwürdigen Methoden durchs Leben schlagen, in einer Welt in der der Tod allgegenwärtig ist und sich seine Opfer wahllos aussucht.
Du saßt also hinter einer Kiste in Deckung, während dein Gegner mit einem Glückstreffer einen hervorstehenden Teil deines Kopfes getroffen und die Wand mit deinem Gehirn tapeziert hat. Na und?

Sicher ist es für den Spieler ärgerlich, aber dann soll er sich von solchen Spielwelten fernhalten. Bei einigen Szenarien gehört es für mich halt dazu das SC's auch mal von Otto-Normal-Gegner gekillt werden können. Wäre es anders würde es meiner Ansicht nach nicht ins Szenario passen.

freundlichst,
Kelenas
 
das ist der grund, warum ich fantasy-mittelalterrollenspiele oder werwolf vorziehe, dort stirbst du üblicherweise nicht gleich an nem glücktreffer, es sei denn, bei ww, war es silber, aber das sind dann auch toughe gegner, welche keine zufallsbegegnung sind, und wo man sich meistens vorher überlegt, oder es zumindest sollte, wenn man nicht superfenris ist, ob man den kampf wagen möchte. das man, wenn man einen harten kampf mehr oder weniger freiwillig angeht und nicht flieht, dann auch sterben kann, daß sehe ich auch so. andererseits, wenn der spieler sehr an seinem char hängt, sollte man abwägen oder im zweifelsfall sogar absprechen, ob er ne extrabehandlung will und nur lebensgefährlich verletzt, oder auf andere art, die dann natürlich immer noch in die story passen muss, ein wunder genießt.

bei modernen spielen macht es natürlich einen grossteil des reizes aus, dass man durch feuerwaffen auch wirklich schnell sterben kann, das schafft realismus und bringt den adrenalinspiegel hoch und lässt spannung entstehen. man ist dann auch wirklich froh, ein feuergefecht überlebt zu haben.
richtig liebgewinnen wird man seinen char aber imo nur, wenn man einen gewissen aufwand reinsteckt, welcher sich für glücksschuss und tod einfach nicht lohnt.

zum killen durch ottonormal gegner:
dies sollte natürlich möglich sein. die frage ist, dient es gerade dem spiel. sobald ein spieler denkt, dies ist ottonormalgegner, der ist nicht gefährlich, dann ist irgenwas falsch. (ad&d ist das parade-negativbeispiel) eine waffe sollte in der hand von jedem eine gefahr darstellen. aber es erfüllt seinen zweck aussreichend, wenn z.b. bei mers der tödliche kritische eines bauern oder nebengegner zu bewusstlosigkeit gemindert wird. wenn die gruppe es dann nicht schafft, den kameraden zu retten, ist natürlich auch schluss, aber man vergibt sich nix, wenn man jemden in manchen situationen nicht gleich umbringt, nur weil die würfel eine 99 statt einer 100 zeigen. es sollte allerdings den spielern nicht bewußt sein, dafür ist eijn meisterschirm ne tolle sache...
 
ich geb auch gerne die anekdoten zum besten, wo unter mir als sl spieler gestorben sind:

mers eine ganze gruppe:

die gruppe entschied, einen drachen aufzuspüren und zu erlegen. sie waren gut ausgerüstet und toughe kämpfer. dan, beim abstieg in die hohle patzt einer und fällt runter, macht lärm, drache wacht auf. sie greifen trotzdem an, haben auch gar keine schlechten chancen. dann wurf gegen furcht, der heiler patzt derbst und rennt weg, restgruppe kämpft weiter, würfelt beim kämpfen mies und geht irgendwann nach 1-2 mal augenzudrücke drauf. der heiler rennt draußen dem obersten warg in die arme, kämpft auch nicht so dolle (hatte alleine auch nicht die besten chancen) und beisst auch ins grass.

werwolf:

char stirbt durch übermächtige gegner, da er nicht fliehen will. war aber geplant, und wurde (die anderen bekamen andere chars) durchgespielt. mit einem bestimmten ritual der ebony priesthood, war es von vorneherein so angelegt, dass die sterben geister der garou nicht in das reich der klegenden kommen sondern zu willen der priesterschafft gebunden werden sollten, damit die "notfalltruppe" überall auf der welt einsetzbar ist. die aufgabe des rudels des gestorbenen chars bestand nun darin, den geist zu finden und das ritual rückgängig zu machen, was letzendlich auchgelang, was aber zum endgültigen schluss des chars zumindest inder form geführt hätte, hätte das rudel es nicht auf die reihe bekommen.
dann ein blinder werwolf, kind gaia der auch noch reluctant warrior war. zusätzlich noch eine hohe bereitschaft hatte, sich aufzuopfern. bei so einem char ist es vorprogrammiert, das er irgendwann stirbt, aber er hatte es immerhin in den 3. rang geschafft. tatsächlich hat der rudelführer den örtlichen guhral dazu bewegen können das ritual der widererweckung durchzuführen, obwohl er ein silberfang war.
nach der wiedererweckung hatte der char teilweise gedächtnisverlust.

das nächste war ein schattenlord ragabash, der sich in einer bestimmten situation, in der sie deutlich unterlegen und die schwächere war, sich nicht unterwerfen wollte. weit und breit war kein anderer beteiligter und so starb sie ziehmlich unrühmlich (was die barden im nachinein aber anders erzählen *ggg*)
 
Auch eine kleine Anekdote zum Thema von mir:

Wir wollten neue Spieler für Midgard erwärmen (Midgard 2 damals noch - d.h. ohne das "2" dran aber mit DIN/A4 statt DIN/A 5 Regelwerken). Mein guter alter Midgard-Kumpel hat den Spielleiter gemacht und ich bin in das Abenteuer, das ich mit ihm als Spielleiter schon 3 Jahre zuvor mal gespielt hatte, mit einem Heiler hinein, mit dem Vorsatz, die Neulinge alle mal machen zu lassen und nur einzuspringen, wenn es einem schlecht erging. Das Abenteuer kennen einige hier vielleicht noch: "Unter den Nebelbergen".

Die Gruppe hatte in einem ersten Vordringen in das Höhlenlabyrinth unter dem Gebirge unter Begleitung eines Magiers - dem Auftraggeber des Szenarios - bereits schnell einen guten Erfolg erzielt, aber noch nicht das magische Kleinod gefunden, welches sich laut Auskunft des Magiers dort befinden sollte. Nach Regeneration, Aufstocken von Ausrüstung und ein wenig "Fortbildung" gingen wir also "zum Aufräumen" noch einmal in die Nebelberge.

In einem der ersten noch unerforschten Gänge wurden wir überraschend von etwa 10-12 Orks, geradeso auf Sichtweite im Laternenschein, konfrontiert. Wir machten uns für einen Kampf bereit. Als einer der ersten kam unser Auftraggeber/Magier dran, welcher eine magische Perle, die einen Feuerkugel-Effekt beim Zerschellen auslösen würde, auf die Gruppe der Orks werfen wollte. Wir wußten alle, daß der Magier zwei dieser schweren Waffen dabei hat. Der Spielleiter würfelt: "Oh, ein kritischer Fehler!" Er bestimmt, wo die Perle beim verpatzten Wurf zu Boden geht. "Oh, mitten vor den Füßen des Magiers/Auftraggebers". Dann bricht die Hölle los. Jeder der Spielercharaktere bekommt massiven Schaden ab. von 6 SCs zu Beginn der Runde stehen (gerade so mit 4 oder 5 Lebenspunkten) noch 3, die anderen sind bei 1 oder 2 Punkten und bewußtlos. Der Magier/Auftraggeber ist tot. Der Spielleiter: "So, das war die erste Feuerkugel, und die zweite in seiner Tasche - oh, die geht jetzt auch hoch"). Endergebnis: TPK (total party kill).

Das war zum einen sinnlos für die Charaktere, da es wirklich ein extrem unglücklicher Ausgang eines kritischen Fehlers war. Auch noch von einem Nichtspielercharakter!. Wenn es ein SC gewesen wäre, dann wäre es nicht ganz so schlimm von der Akzeptanz des Ereignisses gewesen, da es ja in den Händen der Gruppe selbst gelegen hätte. Aber, da ja der Spielleiter es stets in der Hand hat (haben sollte - so unser Konsens als Spieler), wie er die Story voranbringt, erschien uns das als besonders verwerflich. Von der Story her war es natürlich auch völlig sinnlos. Das Szenario war damit zuende, da alle SCs UND der einzige, der einen Grund für die Nachforschungen dort hatte, nämlich der Auftraggeber, auch hinüber waren.

Letztlich hat dieses "Erwärmen" für Midgard zur Auflösung der Spielrunde in dieser Zusammensetzung geführt, da die drei Neulinge im Rollenspiel danach nicht mehr dazu zu bewegen waren, noch einmal irgendetwas Rollenspielartiges zu spielen (auch wenn sie bei unseren Brettspiel-Abenden weiterhin mitgespielt haben - da hatten wir sie ja ursprünglich her "rekrutieren" wollen.)

Die armen Neu-Rollenspieler hatten leider wirklich solch ein sinnloses Sterben durch "Spielleiter-Willkür" nicht verwunden. "Willkür" war übrigens tatsächlich ein Vorwurf in der nachfolgenden langen Diskussion - wir hatten ja noch reichlich Zeit an diesem Spielabend zum Ärgern, da der Vorfall in der ersten Stunde nach Beginn passiert ist. ;) Dabei handelte ja der Spielleiter m.E. nicht willkürlich, sondern eher sogar recht sklavisch nach den Regeln. Es ist eben so schlecht gewürfelt gewesen und er hat in - naiver? - Konsequenz einfach die Folgen, die nach den Regeln eintreten müßten, auch angewandt.

Für mich zeigt das eben ganz deutlich, daß solch eine aus heiterem Himmel kommende Katastrophe den Spielern keinen Spaß gemacht hat und insbesondere der "Gruppenvertrag" - ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang! - verletzt erschien. Natürlich hatten wir keinen schriftlich fixierten Gruppenvertrag. Dieser Begriff kam mir auch erst viel später unter. Aber wir hatten mit sechs Spielern und einem Spielleiter eine Art gemeinsames Verständnis über die ersten paar Spielabende entwickelt, wie die Welt funktioniert und welche Rollen die Charaktere darin zu spielen haben (natürlich Haupt-Rollen ;)). Da paßte solch ein Vorfall nicht in die wahrgenommene und gewollte Konsistenz der Erzähl-/Spielweise hinein. Ich fand besonders schade, daß die drei Kumpels vom Brettspiel-Abend nicht mal mehr eine zweite Chance zum Rollenspielen nutzen wollten. Mir wäre ja nach dem Verlust meines ersten D&D-Charakters auch beinahe die Lust auf Rollenspiele gründlich verdorben gewesen. Ohne das Drängen meiner Schulfreunde vielleicht für immer?

Andererseits: Warum schreibe ich diese Anekdote hier eigentlich? - Weil sie auch noch nach 15 Jahren(!) eine intensive Erinnerung bei mir ist. Und da kommt tatsächlich für mich der einzige wirklich wichtige Punkt "für" einen sinnlosen Tod eines SCs her: ist es erinnerungswürdig, wie es passiert ist? Wenn ja, dann war es gut so. Wenn man sich nach Jahren noch kopfschüttelnd daran erinnert, wie es "mir nichts, dir nichts" eine ganze Gruppe SCs durch einen Patzer(!) eines NSCs ausgelöscht hat, dann war es nicht nur schlimm, sondern (im Nachhinein) auch unterhaltend. Und das ist es ja, warum ich so lange schon Rollenspiele spiele - weil ich unterhalten sein möchte. Deshalb war in diesem Falle auch für mich ein sinnloser unerwarteter Spielercharakter-Tod akzeptabel.
 
Ich will mich dieses Mal gar nicht mit langen Kommentaren und Zerlegen des Postings beschäftigen, dazu ist diese Anekdote und die anknüpfenden Ausführungen zu schön. Eine wirklich überraschende Wendung zum Schluss! Wenn ich könnte, würde ich meinem Beifall jetzt auch noch durch die Foren-Funktion des Karma Ausdruck verleihen, aber so wie die Dinge liegen, bleibt mir nur ihn hier zu Protokoll zu geben. :)

mfG
jdw
 
wenn ich als Meister merke, dass jemand sich absolut assozial verhält und nach mehrmaligem Ermahnen noch immer schwachsinnige Aktionen bringt, die weder für das fortlaufen der Story, noch für die eigene Gruppe von Vorteil sind - dann habe ich kein Problem damit, den bei einer seiner Aktionen sterben zu lassen, wenn er seinen Wurf versaut.
 
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