AW: The Eternal Nazi
Ich haette kein Problem damit gehabt, ein paar mehr Hinderances zu kriegen. (schliesslich habe ich nichts dagegen unfaehige Charakter zu spielen).
Hindrances haben zunächst einmal NICHTS mit der KOMPETENZ des Charakters zu tun (Stichwort: "unfähig"). - Ein Charakter mit Hindrances kann SEHR kompetent sein. Natürlich kann man sich auch z.B. körperliche Hindrances wie Blind, Lahm und Schwerhörig wählen, die dann (insbesondere in der Summe) schon einen deutlichen Effekt auf die Kompetenz des Charakters haben werden.
Die Idee der Hindrances bei Savage Worlds ist zum einen, durch BEWUSSTES Auswählen eines Nachteils bei der Charaktererschaffung, einen "Preis" für mehr Kompetenz des Charakters bei Spielbeginn zu zahlen. Zum anderen sollen Nachteile folgende Funktion im Spiel haben:
"Hindrances are character flaws and physical handicaps that occasionally make life a little tougher for your hero. Some Hindrances are more or less subjective (such as Overconfident). They’re there to help you roleplay your character, and might even net you more bennies!"
"Make life a LITTLE tougher for your hero"
Hindrances sollen den Charakter nicht zu einem unspielbaren "Pflegefall", einem "unfähigen Charakter"(!), machen. Ein Charakter in Savage Worlds soll immer noch etwas reißen können. Daher auch die de facto Obergrenze für Hindrances bei 1 Major und 2 Minor Hindrances. Mehr bringen bei Charaktererschaffung nicht nur nichts, sondern machen den Charakter zu einer LUSCHE (tm). Solche Charaktere bekommen ihr Charakterblatt in den Aktenvernichter geschoben. Kein Savage Worlds Spieler wird einen Charakter mit mehr als den drei Hindrances "mit Gegenwert" spielen WOLLEN. (Bei Settings wie DL:R kann man sich aber während des Spiels jede Menge entsprechender zusätzlicher Hindrances einfangen. - Das ist NIE angenehm, weil das dem Charakter das Leben nicht mehr nur "a little harder" macht, sondern ihn immer unfähiger werden läßt. - Und das will keiner.)
"Some Hindrances are more or less subjective"
Nachteile haben dabei unterschiedliche Effekte: manche sind erst im eigentlichen und ebenso bewußten AUSSPIELEN zum Wirken zu bringen (Übervorsichtig (Cautious)), andere wirken sich STÄNDIG auf Spielwerte und Handlungen des Charakters aus (Blind), andere wirken unter bestimmten Bedingungen (Blutrünstig (Bloodthirsty) - erst wenn jemand das entsprechende Verhalten mitbekommt, wirkt der Charisma-Abzug). - Hindrances sollen den SPIELER des betroffenen Charakter NICHT EINSCHRÄNKEN in seinem spielerischen AUSGESTALTEN, im AUSSPIELEN der Hindrances.
Ein noch so konkreter Effekt wie z.B. bei Bad Luck ( 1 Bennie weniger bei Spielrundenbeginn ) kann von einem Spieler hingenommen werden und der Text zu Bad Luck (
"Your hero is a little less lucky than most.") einfach ignoriert werden. Oder der Spieler SPIELT seinen Charakter als Pechvogel aus. - Beides ist möglich, beides ist von den Autoren GEWOLLT! Wer nur einen Nachteil nimmt, um mehr Charaktererschaffungspunkte zu bekommen, diesen Nachteil aber NIE ausspielt (bis auf die regelmechanischen Effekte, die ja klaren Wirkungsbereich haben), der spielt korrekt nach den Regeln und korrekt nach der ABSICHT der Autoren. Niemand wird GEZWUNGEN seine Nachteile auszuspielen.
Aber Achtung! - Der Spielleiter wird hingegen durchaus dazu ANGEHALTEN den Spielern die GELEGENHEIT zu geben, ihre Nachteile zum Tragen zu bringen. - Damit wäre man beim nächsten Punkt:
"They(Hindrances)’re there to HELP YOU ROLEPLAY your character, and might even net you MORE BENNIES!"
Es gibt jede Menge Spieler, die sich WIRKLICH schwer damit tun, Nachteile ihres Charakters ins Spiel zu bringen. - Die wollen nicht einmal nur die Charaktererschaffungspunkte abgreifen und die Nachteile dann einfach ignorieren, sondern sie wissen nicht, wie sie ihren Charakter mit einem bestimmten Nachteil denn agieren lassen sollen.
Und dabei sollen die unterschiedlichen Hindrances eben HELFEN. Manche von diesen haben ganz konkrete Auslöser, konkrete Wirkungsbereiche und verläßliche Effekte. Das gibt solchen Spielern die Sicherheit, daß der Nachteil des Charakters auch SPIELBAR ist und man es MERKT, daß der Charakter diesen Nachteil hat. - Spieler, die mit sehr wenig konkreten Nachteilen viel anfangen können, haben bei der Liste an Hindrances auch die sehr breit angelegten als eine für sie SPIELBARE Wahlmöglichkeit (z.B. Quirk - kann ja alles mögliche an Verhalten betreffen, ist absichtlich sehr offen angelegt).
WARUM sollte denn ein Charakter seine Nachteile überhaupt ausspielen WOLLEN?
Hier kommt dann tatsächlich der "Belohnungsaspekt" auf. - Es ist völlig legitim und regelkonform, wenn man nur die regelmechanischen Konsequenzen eines Nachteils in Kauf nimmt, um Charaktererschaffungspunkte abzugreifen. Die Savage Worlds Autoren finden es aber für IHR EIGENES SPIELEN schöner, wenn die Charaktere nicht allesamt aalglatte Teflonhelden sind, ohne Ecken und Kanten. Daher haben sie einen ANREIZ geschaffen, einen Charakter zu erschaffen, der nicht nur auf dem Papier einen Nachteil stehen hat (und dafür Charaktererschaffungspunkte bekommen hat), sondern dessen Nachteil sich auch im Spiel AKTIV AUSWIRKT. Das soll das von den Autoren beabsichtigte Spielerlebnis, welches von den Regeln unterstützt werden soll, fördern.
Und daher gibt es eine "Belohnung", wenn man einen Nachteil im Spiel zum Tragen bringt. - Da es eine Vielzahl an Nachteilen gibt, da diese vielen Nachteile für unterschiedliche Spielerpersönlichkeiten entwickelt wurden (siehe oben die beiden Beispiele), ist es nicht mit vertretbarem Aufwand möglich wirklich JEDEN Nachteil in JEDER Anwendungsmöglichkeit im Spiel (und Savage Worlds ist ja als generisches System auch noch in sehr vielen möglichen Genres vertreten!) klar und fest zu regeln. - Daher ist es eine STIL-Frage, die den Spielleitungsstil und den Spielstil des Spielers des Charakters betrifft.
Die Kernfrage: "Wann ist ein Ausspielen, ein zum Tragen bringen eines Nachteils denn nun einen Bennie wert?" ist immer nur individuell von Gruppe zu Gruppe, von Fall zu Fall zu beantworten.
MEINE FAUSTREGEL für die Bennie-Vergabe (aus Deadlands Classic geprägt, wo es für Nachteile im Spiel weiße, rote oder blaue Chips gibt, je nach "Hinderlichkeit" des Nachteils für den Charakter): Wenn es den Charakter tatsächlich BEHINDERT, wenn es ihm (ein wenig!) DAS LEBEN SCHWER MACHT, wenn er sich IN GEFAHR BEGIBT, wenn er sich EINEN LEICHTEN WEG VERBAUT, wenn er EINE KOMPLEXERE LÖSUNG FINDEN MUSS, ... , dann ist es einen Bennie wert.
(In Deadlands Classic - und in DL:R - gilt bei mir: ist es eine Unannehmlichkeit oder Peinlichkeit: Weißer Chip, ist es körperlicher Schaden oder eine gestreßte Beziehung mit nicht unwichtigen Personen: Roter Chip, ist es potentiell tödliche Gefahr oder der Bruch mit wichtigen Personen: Blauer Chip.)
Andererseits hat es mir wieder gezeigt, wie sehr mich solche "Rollenspiel-Belohnungs-Systeme" stoeren.
Wie oben ausgeführt, handelt es sich NICHT um ein REINES Belohnungssystem, sondern um eine MÖGLICHKEIT, von der Spieler Gebrauch machen KÖNNEN, aber nicht müssen.
Bennies bekommt man auch für den geschmacklosesten Witz am Tisch. Für das artistischste Umschmeißen seiner Teetasse. Für den herzzerreißendsten romantischen Dialog mit seiner Angebeteten. Für den am höchsten explodierten Würfelwurf des Abends. Für ... - Bennies bekommt man eben nicht nur für das aktive ins Spiel bringen von Hindrances. - So gesehen ist es KEINE EXKLUSIVE Belohnung, wenn man seinen Nachteil ausspielt und einen Bennie dafür bekommt. Und man kann für JEDWEDE andere Handlung ja auch einen Bennie bekommen.
Erstens wiederstrebt es mir nun mal, Dinge zu tun, nur weil sie belohnt werden.
Die Belohnung für einen Angriff ist, daß der Gegner nicht mehr kampffähig ist. - Die Belohnung für ein Überreden ist, daß man nun etwas darf oder bekommt, was man sonst nicht bekommen hätte. Die Belohnung für heldenhaftes Retten der Unschuldigen aus dem brennenden Haus ist (falls man das überleben sollte) ein Bennie (die Schicksalsgöttin lächelt einen warm an und man hat bei der nächsten Krise etwas gut bei ihr).
Man tut im Rollenspiel STÄNDIG etwas, weil es im Bereich "in game", "out game" oder "meta game" belohnt wird.
Man wird aber bei Savage Worlds NICHT GEZWUNGEN die Nachteile auszuspielen. Somit ist das "weil" hierbei kein zwingendes, sondern eine OPTION. Eine Chance. Einen Gelegenheit. - Nutze sie, oder nutze sie nicht. - Bennies, die "Währung" der Belohnung für das Meta-Gaming (neben XP), gibt es auch anderweitig. Und auch da kann man es darauf anlegen, oder es gibt spontan eine Situation, die einem einen Bennie einbringt. (Siehe oben den Spruch "Na, zieh's raus!" - bei MIR hätte das sofort einen Bennie gegeben.)
Zweitens lenkt es ab, stoert (mehr oder weniger) den Spielfluss und behindert damit genau gerade das, was es foerdern sollte.
Nachteile im Spiel auszuspielen lenkt genauso ab wie andere Spielelemente, die auf dem Charakterbogen stehen, auszuspielen. - Wenn ich einen Charakter mit Marksman (gilt als "Zielend", wenn er sich nicht bewegt) spiele, dann überlege ich mir schon in manchen Situationen, ob ich nicht lieber stehenbleibe und meinen +2 Bonus für das Zielen nehme, statt mich nun anders zu positionieren. - Ist das "ablenkend"?
Für mich ist das ein AUSSPIELEN (auch in regeltechnischer Hinsicht) des VORTEILS des Charakters, daß er ein ausgebildeter Scharfschütze ist. Die Überlegung des Spielers ist die, ob er seinen Charakter nun auf diese Ausbildung oder trainierte Expertenfähigkeit eines Scharfschützen ausspielen will, oder auf etwas anderes, was auf dem Charakterbogen steht (z.B. Intimidation d10 und Strong Willed (gibt +2 auf Intimidation) - das wäre eine ganz andere Art zu handeln für denselben Charakter!).
Wenn das Ausspielen von Nachteilen schon so störend empfunden wird, wie ist es dann mit anderen Spielwerten? - Wie ist es mit Attributen, Fertigkeiten, Charisma, Vorteilen, Übernatürlichen Fähigkeiten?
JEDESMAL entscheidet der SPIELER doch, was er wann und wie im Spiel zum Tragen bringen möchte. Der Scharfschütze MUSS ja nicht schießen. Er kann ganz anders handeln. Der vorsichtige Scharfschütze will vielleicht lieber mehr Deckung haben, bevor er schießt, geht also in Deckung und hat diese Runde seinen Bonus durch Marksman nicht. Der übermütige und willensstarke Scharfschütze verspottet erst einen der Gegner "Du triffst mich eh nicht, Matschauge!" (+2 wegen Strong Willed, -2 wegen Multi-Action-Penalty) und schießt dann auf den anderen (+2 wegen Aim als Marksman, -2 wegen Multi-Action-Penalty). Der arrogante Scharfschütze pickt sich NUR den Anführer der Gegner heraus und verschwendet an die Unterlinge doch nicht seine Kugeln und sein Talent.
Solche Entscheidungen SIND BESTANDTEIL des Ausspielens eines Charakters. - Sie stehen dem Rollenspiel nicht nur nicht im Wege, sie HELFEN und FÖRDERN das Rollenspiel eines lebendiger wirkenden Charakters ungemein.
Im Vergleich dazu sind z.B. Helden-Figuren in Skirmish-Tabletops (wie z.B. dem Deadlands Skirmish "The Great Railwars") mit ihren Vorteilen und Nachteilen TOTAL EINGESCHRÄNKT. Die MÜSSEN ausgespielt werden. Sie WIRKEN IMMER. - Eine Identifikation mit einer Figur auf der Platte findet nicht statt. Man überlegt sich auch KEINERLEI MOTIVATION für die Handlung der Figur. Die Figur ist eine Art Schachfigur und man selbst, der SPIELER, möchte nur eines: GEWINNEN.
Rollenspiel ist anders. Rollenspiel hat zwar Regeln, aber auch IMMER Freiheiten. Die Verteilung auf unterschiedliche Bereiche im eigentlichen Spiel ist für fast jedes Spiel anders. Doch OHNE Freiheiten hat man ein Computerspiel, ein Brettspiel, ein Tabletop. - Klare, feste Regeln und STÄNDIGER ZWANG.
Nur, wenn man dem Spieler die FREIHEIT läßt sich über Motivation, über Handlungsmöglichkeiten, über die Gefühlslage seines Charakters Gedanken zu machen, hat man ein Rollenspiel. Und dieses Gedankenmachen behindert nicht nur den Spielfluß nicht, es GEHÖRT ZUM SPIELFLUSS DAZU!
Drittens verleitet es gerne mal jemanden zu uebertriebenen und zu stereotyper Auslegung von Merkmalen.
Wie schon oben geschrieben: NIEMAND MUSS seine Nachteile oder anderen Merkmale ausspielen. Wenn er es aber dennoch MÖCHTE, dann kann er das so "stereotyp", so "klischeebetont" machen wie er will. - NIEMAND MUSS seine Eigenschaften, seine Merkmale "artsy-fartsy" oder oscar-verdächtig darbieten. - Das würde den Kreis der Rollenspieler ja auch zu sehr einschränken auf die "Freunde des gehobenen Laientheaters" (da ja auch der Laien-Komödienstadl zu stereotyp sein dürfte, um dem "erlesenen" Geschmack dieser Klientel zu genügen).
Zudem: "es verleitet gerne mal jemanden" - WEN DENN? Und was für ein Problem hast Du bei einem PULP-Rollenspiel mit KLISCHEES und STEREOTYPEN?
Nazis! - Nazi-Schergen - Nazi-Offiziere mit Übel-Magie!
Meine Güte - das KRACHT doch nur so vor geklauten Stereotypen (gerade aus der "Ursuppe" Indiana Jones)!
Wie "differenziert" soll man denn bitteschön KANONENFUTTER (und das sind in Pulp-Geschichten solche Schergen nun einmal - nennt sich Genre-Konvention) ausspielen? (Siehe Austin Powers mit den Wachmännern von Dr. Evil: "Auf Smitty!")
Tja, ich habe die Nazi-Mooks (vielleicht wegen der pauschalen Erschwernis von +2 im Wald?) auch als kompetenter als die SC-Wildcards empfunden...
Eine Runde zu zielen und/oder eine Ablenkung zuzurufen hat da doch schon was ausgemacht!
Insbesondere sind die Nazis ja auch noch mit mieser Kampfmoral ausgestattet: nach Überfliegen sah ich, daß sie -2 auf ALLE ihre Spirit-Würfe bekommen. - Folge: sie sind leich eingeschüchtert, und wenn sie durch Einschüchtern oder Kampfeinwirkung Shaken sind, dann bleiben sie das auch recht lange (so daß das zweite Shaken sie kampfunfähig machen kann!). - Sie haben mit d8 in manchen Attributen und Fertigkeiten recht gute Werte, so daß man sie an ihrer Schwachstelle packen muß. (Hier wäre ein guter Notice-Wurf z.B. des Reporters angebracht, der feststellen kann, daß diese Nazi-Schergen wenig motiviert wirken und alles andere als Mustersoldaten für die Wochenschau wären.)
Und ob es einem nun gefällt, dass die geschichtslosen Gegnerhorden so viel weniger aushalten als die SCs ist natürlich Geschmackssache, doch ich hab was diese beiden Punkte angeht von SW genau das bekommen, was ich mir davon versprochen hatte! :]
Wenn man sich Pulp-Action, Leute verhauen, Leute erschießen, Leute elektroschocken, Leute umfahren, etc. davon verspricht, dann hält Savage Worlds genau das. - Ob das bei diesem Szenario so der Fall war, kann ich nicht genau sagen (ich werde es mir aber noch einmal anschauen). Bei dem SCHWER PULPIGEN "Eye of the Kilquato" ist alles drin: Faustkampf, Verfolgungsjagd, Dschungelgekrauche, Eingeborene, Nazis, noch mehr (und durchgeknallte) Eingeborene, Krokodile, Schamanen, seltsame archäologische Kuriositäten mit noch seltsameren Fähigkeiten.
Das KANN man erwarten, und das BEKOMMT man auch.
Was "Hindrances ausspielen und dafür Bennies bekommen" angeht, so kann ich mir zwar vorstellen, dass das über einen längeren Zeitraum ausgespielt bestimmt besser klappt, aber grade in einem One-Sheet mit vorgefertigten Charakteren verleitet es doch schon sehr zu "seltsamen" Verhaltensweisen, nur um möglicherweise(!) kurz einen Vorteil abzugreifen. (Man denke mal an das Hin und Her zwischen Buck Savage und dem Doc, als Letzterer sich mal die Schusswunde von Buck anschauen wollte...
Doc: "Lass mal sehen."
Buck: "
Ach was, ist doch bloß eine Fleischwunde!"
Doc: "Ich will aber auf Nummer sicher gehen, ob es wirklich nichts Ernstes ist!" Spieler des Docs an den SL: "Ich bin stur, bekomme ich einen Bennie?" )
Buck: "Nein, das ist nicht ernst, das schaust du dir nicht an!" Spielerin von Buck an SL: "Ich bin auch stur, bekomme ich einen Bennie?" )
Das habe ICH in meinen Runden (auch in meinen Savage Worlds One-Shots (nicht One-Sheets!)) NOCH NIE erlebt.
Warum?
Weil ich klar von anfang an zu Hindrances erklärt habe, daß sie für den jeweiligen Charakter auch tatsächlich im Spiel, innerhalb der Spielwelt, im Spielgeschehen einen NACHTEIL bewirken müssen.
Eine einfache Frage zum Spieler des sturen Doc: "Und wenn Du jetzt darauf bestehst die Wunde von Buck anzuschauen, was ist daran für Doc das Unangenehme, das Nachteilige, das GEFÄHRLICHE?" - Selbe Frage an die Spielerin von Buck: "Was ist für Buck das Unangenehme, das Nachteilige, das GEFÄHRLICHE, wenn er sich die Wunde NICHT anschauen läßt?"
Wenn da - wie ICH zumindest im obigen Beispiele entnehme - NICHTS diese grundlegenden Kriterien für das Ausspielen eines NACHTEILS erfüllen kann, dann ist das Thema Bennie für das verbale Gezerre sofort vom Tisch.
Bei so etwas gibt es bei MIR KEINE Bennies.
Hingegen Sonntagnacht auf dem Cat-Con dieses Wochenende: Die heldenhafte Nonne hat vor ein Wunder zum Fesseln von mit Schrotflinten, Äxten etc. bewaffneten Kannibalen zu wirken. Sie kann nur einen Kannibalen von zwei möglichen erwischen. Einer ist bei ihr nur noch einen Schritt vom Nahkampf entfernt und wird sie nach dem Wunder angreifen können. Ein anderer könnte in einiger Entfernung die verrückte Wissenschaftlerin attackieren, die genauso wenig aushält wie die Nonne. - Die Spielerin der Nonne hat sich hier bewußt für das Fessel-Wunder gegen den Kannibalen in der Nähe der Wissenschaftlerin entschieden und sich selbst damit in Gefahr gebracht. Das war mir einen Roten Chip wert, weil vor dem Kannibalen eventuell noch der weit entfernt stehende Shaolin-Mönch etwas hätte unternehmen können (herbeirennen und mit seinem Langstock angreifen oder Wurfsterne auf den Kannibalen schmeißen). Wäre der Kannibale DIREKT hinter der Nonne dran gewesen, dann hätte sie einen Blauen Chip bekommen. Und vermutlich mächtig Schaden von der schweren Axt des Kannibalen noch dazu. (DL:R-Runde mit Way of the Brave Schadenssystem!)
Hier war die Motivation der Spielerin - wie man aus den laut gedachten Überlegungen entnehmen konnte - NICHT das Fate-Chips-Scheffeln, sondern das Ausspielen des Heldenhaft Nachteils. "Was würde Schwester Hildegard in dieser Situation machen? Für ihren Schutz auf Gott vertrauen und die ungläubige Wissenschaftlerin mit Gottes Macht vor Schaden bewahren! Nur so kann man diese verlorenen Schäfchen zurück in Gottes Herde bringen." - So etwas behindert weder den Spielfluß, noch fühlt sich das irgendwie wie "Bennie-Herausschinden" an. Das fühlt sich FÜR MICH wie schönes Charakterspiel an.
Und ich muß nicht erst warten, bis am Abenteuerende XP vergeben werden, sondern kann diese schöne Szene SOFORT mit einem Bennie (Fate-Chip bei DL:R) belohnen. Und diese Belohnung gibt es, weil auch ICH als Spielleiter einer der Zuschauer beim Spiel bin. Und wenn MIR eine Szene gefällt, dann gebe ich "Szenenapplaus" in Form von Bennies. - Diese Art der Bennie-Vergabe soll GANZ BEWUSST die Art von Szenen durch positives und sofortiges Feedback fördern, die ICH in meinen Spielrunden sehen möchte. - Und auch die anderen Spieler können mich zur Bennie-Vergabe auffordern: Spieler X: "Was der Lazarit da gemacht hat, ist doch einen Bennie wert."
Spieler Y: "Ja, das war cool!"
Spielleiter: "Klar doch." *Bennie rüberschmeiß*
Wenn man als Spielleiter bei Savage Worlds mit Bennies nicht knickrig ist, sondern wirklich frühzeitig in einer neu besetzten Runde (gerade bei Neulingen in Savage Worlds) Bennies "fließen" läßt, bekommt man eine Runde, die einfach "läuft". - Das ist MEINE Erfahrung mit Savage Worlds und der Bennievergabe. YMMV