Entschuldigung vs Motiv
Auch in der Realität haben Böse Menschen nicht immer einen Grund um Böse zu sein.
Hui
@Floki, ich habe den Eindruck, da bist Du ein wenig über das Ziel hinaus geschossen.
Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, ging es
@QuickAndDirty weniger um Erklärungen und Entschuldigungen, auf die etwa ein Anwalt in Sachen mildernder Umstände für seinen Klienten pochen würde, sondern bloß um Absichten und Ziele, die mit bestimmten Handlungen verfolgt werden.
Als Vernunftbegabtes Wesen ist der Mensch mit einem Bewusstsein ausgestattet, dass ihn die Kausalität von Ursache und Wirkung seiner Handlungen erkennen und diese gezielt einsezten lässt.
Um nicht mehr als diese Ausrichtung von Handlungen auf bestimmte Wirkungen und Ziele, ging es meiner Ansicht nach bei der Frage nach möglichen Motiven.
Die Frage nach Motiven und Handlungsabsichten von Charakteren ist mir persönlich bei der Erzählung einer Geschichte schon sehr wichtig.
In diesem Sinne sehe ich mich selbst sehr nahe bei
@QuickAndDirty, wenn er schreibt.
Ich mag Settings in denen Handlungen aus Motivationen entspringen und in denen wirklich jeder irgendwelche Bedürfnisse und Motive hat.
Würde was micht persönlich betrifft sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, Settings, die das nicht bieten, sind für mich so uninteressant, dass ich sie lieber links liegen lasse, als mich über längere Zeit damit zu beschäftigen.
Beispiele
Um zu verdeutlichen, worauf ich mit dem Unterschied zwischen Entschuldigung und Handlungsabsicht hinaus will, habe ich mir eine Reihe von Beispielen aus Deinem letzten Post heraus gegriffen, um es an ihnen zu verdeutlichen.
Vergewaltigung und Massenmord
Auch wenn die Gesellschaft uns gerne etwas anderes vorgaukelt ist nicht jeder Vergewaltiger, Pädophilier und Serienmörder ein Opfer eben jener Gesellschaft die ihn nicht verstanden und Quasie in diese Rolle gedrängt hat.
Wer oder Was Wen in welche Rolle gedrängt hat, oder auch nicht, ist nur dann erheblich, wenn wir, im Sinne einer Rechtsprechung oder einer moralischen Beurteilung etwa, nach möglichen Gründen für das Handeln suchen, die
außerhalb des Täters selbst liegen.
Genau um diese geht es mir bei der Motiv-Geschichte aber eben nicht.
Sondern einzig und allein um die Faktoren, die
im Täter selbst liegen.
Besonders in den ersten Beiden Fällen dürfte vor allem persönlicher Lustgewinn sowohl sexueller Natur, als auch im Sinne des Ausleben von Machtphantasien eine Rolle spielen.
Worin genau mögliche Motive liegen können, müsste man ganz konkret im gegebenen Fall sehen.
Die Vorstellung, dass die Handlungen des Täters auf ein bestimmtes Ziel hingerichtet und nicht nur reines Zufallsprodukt sind, scheint mir hier sehr viel weniger abwegig, als der umgekehrte Fall.
Böse um des Böse Seins Willen
Manche Menschen sind einfach Böse um des Böse seins Willen.
Bei diesem Beispiel hast Du ja bereits ein besonders starkes Motiv.
"... um des Böse sein Willens" ist hier das ganz konkrete Handlungsziel.
Egal ob Du es nun Selbstinszenierung nennen willst, oder wie auch immer.
Sobald Du ein solches "
um ..." finden kannst, das Du der Handlung zuordnen kannst, hast Du schon ein "Motiv" in dem Sinne, in dem ich es meine, gefunden.
Der Reitende Berg
Die Serie Game of Thrones kenne ich leider nicht, weshalb ich zu dem konkreten Beispiel nicht viel sagen kann.
Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass (Völker)Mord und Vergewaltigung schon immer beliebte Instrumente waren, um eigene Machtpositionen zu stärken.
Hier liegt die Vermutung nahe, dass ähnliche Motive hinter den genannten Handlungen stehen könnten.
Gesehen habe ich die Serie selbst nicht, deshalb nicht mehr, als ein Schuß ins Blaue.
"Weil ich es kann!"
Er hatte keinen Grund.
Er tat es nicht weil er es Befohlen bekam oder er so erzogen wurde.
Sondern einfach nur weil er es kann
Ich habe den Eindruck auch hier verhedderst Du Dich ein wenig zu sehr in moralischen Überlegungen, die zwar ein Motiv sein können, aber eben nicht müssen.
Den Menschen, der allein deshalb in den Supermarkt geht, weil er es kann, habe ich bis heute nicht getroffen.
In der Regel gehen Menschen dort hin um einzukaufen. Andere um zu stehlen, oder ihn zu überfallen. Wiederum andere bloß um unter Menschen zu kommen oder um einen Plausch mit der netten Kassiererin halten, etc.
"Weil ich es kann!" ist eine der klassischsten Erwiederung auf die Frage "Warum?", die man in der Erzählung von Geschichten finden kann.
Der Trick an der ganzen Geschichte ist, dass es hier in der Regel nicht um die Motive des Täters im Sinne des Erreichens bestimmter Ziele geht, sondern viel mehr um die moralischen Aspekte seines Handelns.
In der Regel sind die angestreben Ziele des Antagonisten hierbei so klar, dass sie keiner weiteren Erklärung bedürfen.
Die gestellte Frage "Warum?" zielt hierbei viel mehr auf das Inkauf-Nehmen moralisch bedenklicher Begleitumstände des Handelns ab.
Gleichwohl ist die Antwort "Weil ich es kann!" in der Regel nicht mehr als die Auskunft, dass moralische Fragen bei der Wahl von Mitteln und Wegen für den Handelnden keine Rolle spielen, weil einzig die Machbarkeit ausschlaggebendes Kriterium ist.
Anders formuliert: Die Antwort "Weil ich es kann!" schließt moralische Gesichtspunkte als mögliches Motiv aus. Sagt aber nicht aus, dass überhaupt keine Motive vorhanden sind.
Warum sind Motive wichtig?
In Sachen Rollenspiel sind auch mir persönlich erkennbare Motive sehr wichtig, gerade wenn es um "böse" Charaktere geht.
Eine tolle Sache beim Pen & Paper Rollenspiel, die kein geskriptetes Computerspiel in dieser Tiefe nachempfinden kann, ist die Freiheit der Spieler bei der Wahl von Handlungsoptionen.
Spricht man den "bösen" Charakteren jegliche Motive und Handlungsabsichten ab, die von den Spielern auf kreative Weise genutzt werden können, so beraubt man sie zahlreicher Möglichkeiten.
Sei es Fallen zu stellen, dipomatische Kompromisse zu erzielen, den Übeltäter zu Beschwichtigen, auf andere Ziele zu lenken, oder auf andere Art und Weise zu überlisten.
Das ansonsten reichhaltige Arsenal von Handlungsoptionen verkürzt sich in diesem Fall sehr schnell auf ein festverdrahtetes "immer feste druff!", das mir persönlich für Pen & Paper Spiele zu langweilig ist.
Mechanische Settings wie diese spiele ich lieber am Computer.
Was tun?
Nun, ganz so dramatisch sieht es im konkreten Fall glücklicher Weise gar nicht aus.
Erhalt der eigenen Macht hatte ich Dir als sehr starkes Motiv für die Exarchen unterbreitet.
Eine ganze Reihe von konkreten Tipps das umzusetzen hat Dir
@Sethnacht bereits geliefert.
Für den Fall, dass Dir diese Vorschläge nicht reichen, wäre es gut, wenn Du versuchen könntest den empfundenen Mangel noch einmal genauer zu beschreiben oder einen Katalog ganz konkreter Fragen zu erstellen, anhand derer man sich weitere Gedanken machen kann.