AW: Suche Western RPG
blut_und_glas schrieb:
Das genial möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen.
Whoa, Tex!
Tu's lieber nicht. Im Westen ist es niemals gut, wenn einer zuviel unterstreicht.
Im Gegensatz zu
Iron Kingdoms, deren zaubernde Fantasy-Gunslinger zusammen mit einer umfangreichen, ausgearbeiteten Spielwelt beschrieben und in dieser eingebettet sind, stellt
Spellslinger nur eine SEHR KNAPPE Ideensammlung dar. Wie auch schon
Redline aus der gleichen Reihe an MINISETTINGS liefert
Spellslinger auf seinen knappen 64 Seiten kein ausgearbeitetes Setting mit (und noch nicht einmal richtige Beispielcharaktere). Hier ist reichlich 'Do-It-Yourself' angezeigt.
Für Spielleiter mit Pioniergeist und der Bereitschaft in die vom Würfeln schwieligen Hände zu spucken, die zerschlissenen Ärmel hochzukrempeln und mit dem Spaten in der Hand eine taugliche Spielumgebung dem steinigen Boden dieser Setting-IDEE abzutrotzen ganz annehmbar (da es ja auch noch vergleichsweise günstig ist mit ca. $15).
Wenn ich ein Western-Rollenspiel mit Zusatzelementen (Magie, Fremdrassen, Untote, Steamtech, was auch immer) heranziehe, so kann ich mich in der Regel beim Hintergrund auf die üblichen WOHLBEKANNTEN Versatzstücke der endlosen Menge an Western-Filmen, -Comics, -Büchern verlassen.
Bei
Spellslinger wurden zwar die Versatzstücke mit den Elves, Dwarves, Orcs der typischen Fantasy ganz geschickt verknüpft, doch habe ich hier essentiell eine ganz NEUE, UNBEKANNTE Welt (die 'Territories'), bei der ich nur bedingt auf typische Western-Elemente "out of the pinebox" zurückgreifen kann. Ich muß immer die Abbildung dieser Elemente in EDO-Fantasy vornehmen und stets prüfen, auf welche Fremdrasse nun welches Western-Verhaltens(!)-Klischee passen könnte. Das habe ich bei
Werwolf Wild West,
Deadlands,
Sixguns&Sorcery nicht nötig. Da kann ich genau den Vorteil des rundum bekannten Western-Genres nutzen: JEDER kann sich da SOFORT in einer Tiefe hineinempfinden, die mit einem Kebab-Pizza-Burger-Ansatz wie
Spellslinger nicht so leicht gelingt.
Das heißt nicht, daß
Spellslinger wirklich problematisch wäre. Es ist nur nicht das Western-Setting von jenseits des Mississippi. Es wirkt auf mich so, als erfordere es reichlich Vorarbeiten des Spielleiters es zum Leben zu erwecken. Etwas, daß mich - mit meiner knapper als Goldnuggets verfügbaren Zeit - vom aktiven Spieltest abgehalten hat. Eventuell hat ja ein anderer Gentleman hier Gelegenheit gehabt im aktiven Spiel das Kaliber von Spellslinger besser einzuschätzen. Dann wäre es nett, wenn wir etwas von seiner Erfahrung im Spiel erzählt bekämen.
Meiner Meinung nach hat die Kargheit der Information hier Methode. Das liegt am 'Bare Bones'-Ansatz der gesamten Horizon-Reihe, in der es erschienen ist. Da SOLLEN ja nur knappste Informationen sein, die ein Selbermachen nur ein wenig erleichtern sollen. - Für mich ist das zu wenig. YMMV.
Ich denke, mit doppeltem Umfang - die zusätzlichen Seiten in Setting-Information, Beispielstädte, Szenarien, politische Verhältnisses etc. gesteckt - wäre es als gut bis sehr gut zu bewerten. Aber genial? Und noch unterstrichen?!? - Genial ist ja selbst mein D20-Old West-Favorit
Sidewinder:Recoiled nicht (weil dort die 'Injuns' ziemlich ausgeblendet wurden).
Bei
Iron Kingdoms wurden ein paar Western-Versatzstücke mit einer eigenständigen Fantasy-Welt verknüpft, die auch OHNE diese Western-Versatzstücke für sich genommen interessant genug wäre. Da ist der Gunslinger ein nicht im Vordergrund stehendes Element. Die Welt, die Historie, die Rassen, die Kreaturen machen da die "Musik". In der interessanten Welt der
Iron Kingdoms kann man zaubernde Gunslinger spielen, die aus einem Guß mit dem Rest der Welt, mit der dortigen Gesellschaft, den politischen Verhältnissen, den Rassen etc. interagieren können. Wenn man Gunslinger in Fantasywelten mit D20-System spielen möchte, dann ist man mit Iron Kingdoms (natürlich für mehr Scheine) sicherlich reichhaltiger bedient. Für "Gelegenheits-Gunslinger" ist das wohl finanzieller Overkill. Wer also mit 'Bring Your Own Game World' leben kann, und wer keine längere, ergiebigere Verwicklung seiner Posse in der Spielwelt als unabdingbar erachtet, der sollte sich das zumindest mal anschauen.
Spellslinger ist interessant, als D20-Umsetzung für einen Spielleiter mit der Bereitschaft an einem Setting zu arbeiten, wo er nur bedingt auf Western-Vorkenntnisse seiner Spieler bauen kann. Es wird ihm für relativ wenig Geld alles Notwendige geliefert, doch nicht mehr.
Spellslinger soll aber auch garnicht mehr als ein 'One-Trick-Pony' sein. In diesem Sinne ist das Büchlein durchaus erfolgreich einen Fantasy-Western-Mix (vor allem regeltechnisch) zu präsentieren. Aber man bekommt eben nur das bleiche Gerippe, dem es noch an Fleisch und Blut für mehr als nur gelegentliches Spiel fehlt.