Rezension Starcraft Frontline 2 [B!-Rezi]

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Starcraft Frontline Band 2


Starcraft Frontline 2 enthält – ebenso wie Band 1 der Serie (die Rezi dazu befindet sich hier) – vier Kurzgeschichten aus dem Starcraft-Universum:

Der Schutzpanzer – Teil 2
von Simon Furman und Jesse Elliot
Der Mechpilot Wes Carter setzt den Kampf gegen seinen Mentor und Lehrmeister John Dyre fort, der den Verstand verloren hat. Um die terranischen Siedler vor dem wahnsinniger Dyre zu beschützen, sieht sich Carter gezwungen, den Mann auszutricksen, von dem er selbst alle Tricks gelernt hat…

Kriecher
von Simon Furman und Tomàs Aira
"Kriecher" (im Original: Creep) ist der lebende "Teppich", auf dem und aus dem die Zerg ihre Gebäude errichten und der den Zerg-Larven als Nahrung dient. In einer abgelegenen Forschungsstation der Protoss untersucht eine Gruppe unorthodoxer Wissenschaftler eine Kriecher-Probe, um Schwachstellen und vielleicht sogar eine Waffe gegen diese Lebensgrundlage der Zerg zu entwickeln. Aber mit etwas herumzuexperimentieren, das man kaum versteht, birgt immer auch Gefahren…

Eine Nachricht wert
von Grace Randolph und Nam Kim
Für die Reporterin Kate Lockwell ist es die Chance ihres Lebens: Sie erhält die Erlaubnis, eine Einheit terranischer Marines auf einer Routinemission zu begleiten. Für Lockwell könnte das das Sprungbrett zu einer großen Karriere sein, für die Marines eine Chance, ihr angeknackstes Image zu verbessern. Als sich die Missionsziele der Marines aber plötzlich ändern, wird Lockwells journalistischer Spürsinn geweckt und sie stößt auf ein furchtbares Geheimnis…

Eine Geistergeschichte
von Kieron Gillen und Hector Sevilla
Eine vierköpfige Bergungscrew landet auf einer verlassenen Kolonie, die früher von einer religiösen Sekte genutzt wurde. Sie hoffen, dort wertvolle Daten und Technologie zu finden. Tatsächlich müssen sie feststellen, dass die Kolonie nicht so verlassen ist wie sie dachten und sie in den Lebensraum eines unsichtbaren Wesens eingedrungen sind. Eines Geistes…

Wieder sollen in diesem Band über vier nicht miteinander zusammenhängende Geschichten verschiedene Facetten des Starcraft-Universums beleuchtet werden. Dies ist eine nette Gelegenheit, diejenigen Details dieses Franchises mit Leben zu erfüllen, die in den "großen" Geschichten, die die PC-Spiele und Romane erzählen, etwas zu kurz kommen. Nur leider beweist der zweite Band der Serie, dass man über das Universum seines Lieblingsspiels vielleicht auch gar nicht alles wissen muss…

Der Schutzpanzer führt die Geschichte, die im ersten Band der Serie bereits unspektakulär begonnen wurde, zu einem abrupten, wenig originellen Ende. Obwohl die beiden Hauptfiguren eine gemeinsame Geschichte und eine emotionale Beziehung besitzen, was ihren Konflikt interessant machen könnte, beschränkt sich ihr Schlagabtausch leider auf die rein physische Ebene. Hier wird viel erzählerisches Potenzial zugunsten billiger machomäßiger Haudrauf-Action verschenkt. Wenn der Kampf zwischen den beiden Mechs der Hauptfiguren wenigstens noch ansprechend dargestellt würde, aber das Niveau der Zeichnungen ist sogar noch schlechter als in der ersten Hälfte der Geschichte. Perspektive, echte Hintergründe oder eine interessante Anordnung der Panels gibt es leider gar nicht. Der absolute Tiefpunkt der bisherigen Reihe.
Die Ausgangssituation von Kriecher erinnert an Das Ding aus einer anderen Welt: In einer einsamen Forschungsstation sieht sich eine Gruppe verschiedener Individuen mit einem Gegner konfrontiert, der über ungeahnte Fähigkeiten verfügt. Dass man daraus etwas wirklich Spannendes machen kann, haben John W. Campbell Jr. in seiner Kurzgeschichte und Christian Nyby/Howard Hawks und John Carpenter in ihren Filmen bewiesen. Furman und Aira gelingt es in ihrem Comic aber nur sehr bedingt, eine bedrohliche Stimmung oder gar Spannung zu erzeugen. Um die Mentalität und Beweggründe der Figuren zu verstehen, muss man Hintergründe kennen, die in der Geschichte nur ganz grob angerissen werden. Leider wird auch nicht genau erklärt, worin die psychische Verbindung besteht, die die Protoss miteinander teilen, und wie viel sie ihnen bedeutet. Deshalb ist auch die Erschütterung der Hauptfiguren darüber, dass der Kriecher gerade diese Verbindung zum Angriff auf die Protoss-Wissenschaftler benutzt, schwer nachzuvollziehen. Zeichnerisch ist die Geschichte ganz okay, ein etwas ruhigerer Tuschstrich wäre schöner gewesen und hätte auch zur Mentalität der Protoss besser gepasst. Ein durchschnittlicher Beitrag, der immerhin mit einer netten Schlusspointe und dem Mut punkten kann, einmal eine andere Rasse in den Mittelpunkt zu stellen als immer nur die Terraner.
Eine Nachricht wert ist ein netter Versuch, die Schwierigkeiten aufzuzeigen, denen sich das terranische Imperium dadurch ausgesetzt sieht, dass es nicht nur Feinde aus fremden Rassen bekämpfen muss, sondern auch Rebellen und Dissidenten in den eigenen Reihen (etwas, das schon in Warum wir kämpfen in Band 1 angedeutet wurde). Leider schlägt dieser Versuch auf ganzer Länge fehl. Das fängt an bei der extrem nervigen Hauptfigur, deren Charakter ständig zwischen harmlos-naiv, neugierig-dämlich und entschlossen-mutig wechselt – jemand sollte dem Autoren einmal mitteilen, dass Kurzgeschichten zur Darstellung detaillierter Charakterentwicklungen eher nicht geeignet sind. Die Nebenfiguren hingegen sind blasse Stereotypen: Der neugierige Kameramann, der toughe Marinemajor, der leicht beschränkte Soldat und der ehrenvolle Freiheitskämpfer (der ausgerechnet auch noch Michael Liberty heißt…). Die Geschichte wir zwar ganz nett erzählt, ist aber so voller Zufälle und Ungereimtheiten, dass es schon fast den Spaß verdirbt. Immerhin erfahren wir, dass die Terraner (übrigens ebenso wie das Imperium in Krieg der Sterne) nicht nur orten können, wer eine Funkmeldung sendet, sondern auch, wer diese empfängt. Die Zeichnungen sind auf durchschnittlichem US-Manga-Niveau. Interessant sind insofern vor allem die Brüste der Hauptdarstellerin, die so sehr in den Vordergrund springen, dass man – wie bei den Augen in einem gut gemachten Portrait – stets den Eindruck hat, dass sie einen an"starren".
Eine Geistergeschichte lebt vor allem von den stimmungsvollen Zeichnungen Hector Sevillas, die auch schon Kriegswaffe in Band 1 zur optisch beeindruckendsten Geschichte gemacht haben. Auch der Schauplatz ist wieder so gewählt, dass er Sevillas düsterem Stil entgegenkommt: War es in Band 1 eine finstere unterirdische Minenkolonie, ist es hier eine finstere unterirdische verlassene Kolonie. Schön ist, dass sich die Story auf vier – gut unterscheidbare – Hauptpersonen beschränkt, die allesamt keine typischenen Helden sind, sondern ihre unterschiedlichen Schwächen haben. Das erinnert an den Cast von thematisch ähnlich gelagerten Filmen wie Alien oder Das Ding aus einer anderen Welt. Leider hat Kieran Gillen nicht die erzählerischen Qualitäten von Paul Benjamin und Dave Shramek, die in Band 1 Kriegswaffe so nervenzerfetzend spannend aufgebaut haben. So bleibt diese Geschichte etwas blutleer, erzählt die Ereignisse aber immerhin konsequent und logisch bis hin zum (bitteren) Ende. Das Highlight dieses Bandes – was aber nicht viel heißt.

Leider kann Band 2 der Starcraft Frontline-Reihe das überdurchschnittliche Niveau des Auftaktbandes nicht halten. Hier bekommt man genau das, was man angesichts des Konzeptes erwarten kann, nämlich ohne großen Aufwand produzierte Lizenzcomics, die helfen sollen, das Interesse an den Computerspielen aufrecht zu halten, denen es aber nicht wirklich gelingt, diesen wirklich etwas Neues hinzuzufügen. Für Fans der Spiele sicher einen Blick wert, alle anderen sollten sich Geld und Lebenszeit lieber für etwas anderes aufsparen. Vielleicht ja für die beiden nächsten Bände der Serie, bei denen zu hoffen bleibt, dass sie an die Qualitäten von Band 1 anknüpfen können.

Nutzen für Rollenspieler: Mittel
Wie schon in der Rezension zum ersten Band festgestellt, eignet sich das Starcraft-Universum hervorragend als Hintergrund für eine Rollenspiel-Kampagne, vor allem eine mit militärischem Hintergrund. Dieser Band zeigt verschiedene alternative Hintergründe auf: Denkbar wäre zunächst eine Mitwirkung im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes wie in Kriecher – natürlich könnten hier auch militärische "Standard"-SCs als Sicherheitseinheit fungieren. Die Geschichte zeigt außerdem sehr anschaulich, wie eine Forschungsbasis der Protoss aufgebaut ist. Auch ein freier Beruf des Journalisten eignet sich – wie Eine Nachricht wert demonstriert – als Hintergrund eines SCs. Es müssen ja nicht alle Missionen so verwerflich sein wie die in dieser Geschichte und auch ein "embedded reporter" kann ja mal zur Waffe greifen. Schließlich zeigt Eine Geistergeschichte, wie freie Unternehmer in einem von einem Dreiparteienkrieg geplagten Universum existieren können – Warhammr 40K Rogue Trader lässt schön grüßen.Den Artikel im Blog lesen
 
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