[Ich hätte gerne noch ein oder zwei Rechtschreibfehler aus dem obigen Text entfernt und ein paar Ergänzungen gemacht, aber es scheint, meine Sicherheitsstufe ist nicht hoch genug, mein eigenes Posting nachträglich zu editieren. Daher hier einfach die zweite Version...]
Ich habe mir Space:1889 vorhin gekauft und jetzt einmal durchgeblättert.
Für 40€ bekommt man ein gediegenes Hardcover mit 260 Seiten in schwarz/weiß (bzw. bräunlich/hellgrau) und 8 Farbseiten mit Beispielcharakteren. Das Buch ist ähnlich aufgemacht wie Hollow Earth Expedition (HEX) vom selben Verlag.
Auf den ersten 130 Seiten werden Erde, Mars, Venus und Merkur beschrieben. Der Erdmond findet auf einer Seite Erwähnung. Die anderen Abschnitte wirken sehr umfangreich, allerdings täuschen auch die stimmungsvollen Illustrationen nicht darüber hinweg, dass das viel Text ist. Pro Welt findet man Informationen zur Geschichte, Kultur, wichtigen Orten und einigen Kreaturen (insgesamt ca. 50). Neben England (und anderen Nationen) wird insbesondere auch auf Deutschland eingegangen, sodass es möglich sein sollte, auch einen deutschstämmigen Abenteurer zu spielen (bei GDW waren die nur als Bösewichte gut).
Es folgen 6 Seiten über den Äther und den Raumflug. Leider gibt es keine Regeln, eigene Ätherschiffe zu konstruieren oder auch nur eine Übersicht über verschiedene Raumschiffe.
Eine (kümmerliche) Seite erwähnt ein paar Spielleitergeheimnisse. Andernfalls gibt es im Buch immer nur Andeutungen und Gerüchte, sodass (um dem etwas positives abzugewinnen) auch Spieler die übrigens 259 Seiten lesen können sollten.
40 Seiten beschreiben dann die Charaktererschaffung nach Ubiquity-Regeln. Man wählt einen Archetypen (aus 15), Motivation (aus 14), Attribute (die üblichen 6), Fertigkeiten (~30), Talente und Schwächen. Ich vermute, die Regeln unterscheiden sich nicht von HEX und habe sie mir nicht weiter angeschaut. 16 der 40 Seiten beschreiben die 8 Beispielcharaktere (Marsianischer Buttler, Diplomat, Reporter, Erfinderin, Offizier, Marsianische Prinzessin, Entdecker und Missionarin - 5 davon gab es auch schon in den vor zwei Jahren erschienen Schnellstartregeln - die übrigens auch reichen, um Ubiquity zu lernen).
10 Seiten beschreiben die allgemeinen Regeln, weitere 14 gehen auf den Kampf ein und 2 Seiten enthalten ein Beispiel, wie man die Regeln anwendet.
Es folgen 15 Seiten mit der Beschreibung von normaler Ausrüstung (~30 Nahkampfwaffen und ebenso viele Fernkampfwaffen inkl. diverser Maschinengewehren) und besonderen Dingen (18), die man erfinden könnte. Eine Seite zeigt 8 Flugboote, aber das war's dann auch, was diese Schiffe angeht. Etwas über Zeppeline oder Details zu Ätherschiffen habe ich gar nicht gesehen.
Das Buch schließt mit 3 Seiten, die Bücher und Filme als Inspirationsquelle listen und einigen Seiten mit Glossar und Index sowie einem doppelseitigen Charakterbogen.
Leider enthält das Buch keine Abenteuer (vor zwei Jahren gab es mal eines als Teil der Schnellstartregeln zum Download). Abenteuerideen, die den doch recht nüchternen ersten Teil etwas auflockern würden oder stimmungsvolle Beispiele im Regelteil hätten dem Buch sicherlich nicht geschadet. Auch vermisse ich die Regeln aus dem Original, wie man sich selbst ein Raumschiff entwirft oder wie der Luftkampf funktioniert. Ich hätte mir einen umfangreicheren Spielleiterteil als eine Seite gewünscht, in dem mehr - und vor allen Dingen konkreter - auf die Geheimnisse des Space:1889-Universums eingegangen wird - zumal es da genug altes Material geben sollte, aus dem man sich hätte bedienen können.
Das Original aus dem Jahre 1988 hatte 200 Seiten, die meisten in schwarz/weiß.
Nach 3 Seiten Einführung kommen 11 Seiten Charaktererschaffung. Später folgen noch knapp 20 Seiten Kampfregeln, von denen 6 Seiten den Schiffskampf beschreiben. Noch einmal 20 weitere Seiten sollen dem Spielleiter helfen, Spielleiter zu sein.
25 Seiten beschreiben Ausrüstung, Erfindungen und auf einer Seite wieder die typischen Flugboote, die ja auch die deutsche Ausgabe zeigt.
Etwa 80 Seiten beschreiben das viktorianische Zeitalter, Mond, Mars und Venus. Die 15 Seiten über den Mond enthalten das Beispielabenteuer.
Dem Thema Wissenschaft und Erfindungen sind 12 Seiten gewidmet - 6 davon zeigen, wie man eigene Ätherschiffe konstruieren kann. Und 10 Seiten beschäftigen sich mit der Reise durch das Weltall.
Das Buch schließt mit 12 raus-trennbaren Tabellen und einem Charakterbogen ab. Zwei Seiten zeigen insbesondere Bodenpläne und Flugboote und eine zeigt den Bodenplan eines Ätherraumschiffs. Das ist mehr als in der deutschen Ausgabe. Auch an anderer Stelle zeigt das Regelwerk mehr oder meist weniger nützliche Bodenpläne von Palästen oder Höhlen.
Das Original fasst sich definitiv (schon wegen seiner augenfreundlichen großen Schrift) meist sehr kurz und hat auch wirklich nicht die besten Regeln, doch es scheint mir mehr verschiedene Themen anzusprechen als die deutsche Ausgabe.
Fazit: Die deutsche Ausgabe wirkt solide, aber ich hätte auch nichts gegen eine etwas größere Schrift oder ein etwas lebendigeres Layout gehabt. Ist natürlich schwer, wenn man viel Informationen unterbringen will. Das aus meiner Sicht ideale Buch lädt mich mit kurzen Informationshappen und viel Abenteuerinspirationen zum Querlesen und Schmökern ein und macht es mir als Spielleiter einfach, sofort los zu spielen. Dieses Buch ist für mich nicht ideal. Ich werde es ins Regal stellen, denn ich verspüre zur Zeit nicht die Lust, mich durch 130 Seiten Text für den Hintergrund zu arbeiten. Das ist aber nur mein persönliches Problem. Ach ja, und ich hätte auch die dümmlichen deutschen Ortsnamen auf der Venus revidiert.
Der Einsteiger und Neuling in Sachen Space:1889 bekommt eine umfangreiche Einführung und ein Spielsystem, das definitiv besser ist, als was GDW damals abgeliefert hat. Dennoch ist das System nach meiner Definition nicht spielfertig, denn als Einsteiger habe ich um so mehr das Problem, dass mir jetzt Abenteuer fehlen. Hier lohnt vielleicht ein Blick auf das englische Red Sands, das allerdings für Savage Worlds geschrieben wurde.
Wenn ich mir anschaue, wie lange es gedauert hat, bis dieses Buch erschienen ist (und wie lange ein Freund von mir auch schon auf den 3. Band von HEX auf Deutsch wartet) bin ich leider skeptisch wann oder ob überhaupt noch weiteres Material für Space:1889 erscheinen wird. Ich befürchte (auch wenn ich es als Fan nicht hoffe), dieses Buch wird auf absehbare Zeit das einzige bleiben. Das ist sehr schade, denn das Setting hat mehr verdient, als einfach nur im Regal zu stehen.
Stefan