Ich verstehe nicht, wieso viele Fertigkeiten ein Qualitätsmerkmal für Regelsysteme sein soll. Mehr Fertigkeiten heißt im Umkehrschluss meist, dass Charaktere weniger können, weil sie unmöglich alle Fertigkeiten beherrschen können. Ich finde, so zwischen 15-25 ist eine gute Zahl. Entscheidender wäre für mich, dass Regeln nicht zu "unrealistisch" sind (was das auch immer im jeweiligen Hintergrund bedeuten möge) und man etwa Gegner oder eigene Charaktere mit Kugeln vollpumpen kann und sie sterben einfach nicht oder wenn auch ein Sturz von 40m kein Problem bedeutet oder, oder, oder. Aber das nur nebenbei.
Müssen der bei der Frage nach einem SF-RPG die Regeln und der Hintergrund aus einer Hand stammen? Ich denke z.B., man könnte die Traveller-Regeln auch benutzen, um damit Abenteuer im Startrek-Univerum zu spielen. Den Life-Path muss man ja nicht benutzen. Stattdessen kann man optional sich Attribute und Fertigkeiten auch zusammenkaufen. Die Traveller-Regeln erzeugen relativ normale Leute, keine Superhelden. Fertigkeiten sollte es auch genug geben
Mit Hilfe der Cthulhu-Regeln (die ja auf Deutsch vorliegen) kann man sich selbst eine Art Basic-Role-Playing-System (das Chaosium in den 80ern mal als eigenständiges System propagiert hat und das vor wenigen Jahren wieder neu aufgelegt wurde) basteln und damit auch SF spielen. Hier hat man ebenfalls eher normale Leute denn Superhelden. Fertigkeiten muss man sich selbst zusammenstellen, Astrogation ist vielleicht wichtiger als Bibliotheksbenutzung
Umgekehrt wäre Barbarians of Lemuria (ein Regelwerk, das mir ob seiner Einfachheit sehr gut gefällt) ein Beispiel, wie man "echte Helden" spielen kann. Nur auf Englisch verfügbar ist eine Variante von BoL, die in einem Endzeit-Setting spielt und dafür auch moderne Waffen etc. spezifiziert. Dort kann man als Spielleiter ja abgucken. BoL hat einen sehr simplen IMHO funktionieren "Life Path", den man sich auch für SF anpassen kann. Dieser hängt natürlich stark vom Hintergrund ab.
GURPS wäre das ultimative generische System und ich meine, GURPS Space ist sogar auch mal auf deutsch erschienen. Das Buch ist wahrscheinlich der ultimative Baukasten für SF-Hintergründe. Ein komplexeres Auswürfelsystem für Sonnensysteme habe ich bislang noch nicht gesehen. Zwar keine Fertigkeiten, aber ein Quell von Details. Auf englisch bekommt man zudem noch diverses Zusatzmaterial wie ein sehr komplexes System um Fahrzeuge und Raumschiffe zu erstellen.
Ich mag Savage Worlds und sähe auch da wenig Schwierigkeiten, es als Basis für ein SF-System zu benutzen. Wem die Informationen in den deutschsprachigen Regelwerk zu wenig sind, kann sich das englische SF-Toolkit besorgen oder mal in die Kurzregeln für Daring Tales of the Space Lanes bzw. Sprawl hineinschauen. Erstes ist eine Serie von Abenteuern, die (bei leider mäßiger Qualität) Starwars vom Gefühl nachahmen und letzteres eine Serie von Cyberpunk-Abenteuern, die ich mir nie angeschaut habe.
Das alte deutsche Starwars-Rollenspiel wurde ja schon erwähnt. Dafür gab es auf Englisch wirklich tonnenweise zum Teil sehr gutes Material und die eigentlichen Regeln gibt es als Open D6 sogar kostenlos - allerdings wieder nur auf englisch. Ob die Anzahl der Fertigkeiten ausreicht, muss eure Gruppe dann entscheiden
Ich glaube, Fate könnte auch eine gute Regel-Basis für ein SF-Spiel sein, gerade wenn nicht Kämpfe im Vordergrund stehen sollen, sondern das Geschichtenerzählen. FreeFate gibt es in einer guten deutschen Übersetzung und Fate-to-Go finde ich ebenfalls interessat, wird aber mit seinen 9 Fertigkeiten nicht so passend sein.
Wer noch ein Word-of-Darkness-Regelwerk rumliegen hat, kann diese Regeln garantiert auch für ein SF-Spiel einsetzen. Man müsste sich halt nur 5 Organisationen, die im Geheimen operieren und sich gegenseitig nicht mögen, ausdenken. Oder wie das Standardrezept von White Wolf da auch immer aussah. Nein, ersthaft, ich habe das mal gemacht und es war eigentlich nicht schwer, einen Satz von Fertigkeiten auszuwählen (von Traveller abgeschaut) und der Rest der Regeln passte schon.
Ach, und nur 3 Jahre oder so verspätet, ist doch inzwischen tatsächlich Space 1889 auf deutsch erschienen. Der Hintergrund ist klasse, aber kein klassisches SF. Als Regeln wird das Ubiquity-System benutzt, das ich mal etwas gehässig als als nicht-furioses Savage Worlds bezeichnen würde. Die Konzepte sind ähnlich, aber D2 als Würfel machen mir nicht so viel Spaß.
Was den Hintergrund angeht, solltet ihr euch klar werden, was es denn sein soll: Das galaktische Imperium der alten klassischen SF-Ära, eine Utopie wie bei Startrek, eine Dystopie, in der alles den Bach runter geht, Menschen im Krieg gegen Aliens, ein kunterbuntes Universum wie bei Starwars, eher mehr Fantasy oder mehr Technologie, die nahe Zukunft oder ferne Jahrtausende, realistisch oder überkandidelt, gigantisch oder reduziert. Oder werden die Charaktere herausfinden, dass sie nur in einer Matrix leben?
Stefan