Seeker - The Role Playing Game [Team-Rezi]

Infernal Teddy

mag Caninchen
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Seeker – The Role Playing Game


[Team-Rezi] von Durro-Dhun


Heute steht ein etwas weniger mainstreamiges Rollenspiel auf dem Plan: “Seeker – The Role Playing Game”. Protagonisten sind hierbei sogenannte „Seeker“, also Suchende, die ihr Alltag zwei Dingen verschrieben haben: sich selbst zu vervollkommnen und das Universum zu verstehen. Okay, ambitious little bastards, it seems, doesn’t it?



OPTIK

Als Rezensionsgrundlage dient mir die PDF-Version von DriveThroughRPG. Leider muss ich hier auch gleich einen Kritikpunkt los werden: Das PDF beginnt mit der erste Seite des Buches. Das durchaus ansprechende Cover, das man von den Thumbnails im Internet kennt ist leider nicht im PDF mit inbegriffen – für jeden, der sich das Teil selbst ausdrucken will meiner Meinung nach sehr lästig! Der Text ist zweispaltig angeordnet, das Layout ist ansprechend, die schwarzweißen Illustrationen sind zwar ein wenig spärlich gesät, aber von meiner Meinung nach guter Qualität. Der Satz ist meist in Ordnung, hier und da wirkt noch ein Absatz etwas selbstgestrickt, im Großen und Ganzen ist das Layout aber ordentlich.

Geboten werden 188 Seiten Inhalt, für das PDF bezahlt man je nach Dollarkurs etwa 3,60€, die Toter-Baum-Version schlägt mit 23€ zu Buche.

DIE STORY

Wie oben in der Einleitung schon erwähnt, beschäftigt sich Seeker mit den sogenannten Suchenden, die nach Erkenntnis und Vervollkommnung streben. Diese Suchenden jedenfalls können aus allen möglichen Gesellschaftsschichten oder Hintergründen kommen und ganz unterschiedliche Gründe für ihre eigene Suche haben. Ihnen ist jedoch gemein, dass sie kaum an einem Ort verweilen können, sondern durchstreifen die Lande. Ihre Wanderungen können sie dabei quer durch die Welt bringen, das vorliegende Regelwerk fokussiert sich jedoch auf die Reise der Seeker auf den Landstraßen der Vereinigten Staaten. Dabei treffen sie auf andere Suchende, die sie unter Umständen eine Weile auf ihrem Weg begleiten. Und obwohl jeder von ihnen auf seine ganz eigene Weise nach seiner ganz eigenen Weisheit sucht, suchen sie so doch gemeinsam.
Bei ihrer Suche begegnet ihnen das Übernatürliche, Dämonen, Versuchungen, andere Gedanken… und was immer dem Spielleiter sonst noch einfällt…



DAS SYSTEM

Seeker verwendet das ORC-L oder auch Organic Rule Components System Light.

Es gibt hier 8 Attribute die jeweils von 1 bis 5 Dots reichen. Diese Attribute sind Agility, Awareness, Charm, Endurance, Intelligenze, Speed, Strength und Willpower. Zu Spielbeginn können 24 Punkte verteilt warden, ein Attributswert von 1 steht für eine unterentwickelte Ausprägung des Attributes, Werte von 2 bis 3 stellen den menschlichen Durchschnitt dar und ein Wert von 5 ist gerade noch nicht übermenschlich. WoD-Fans dürften sich also heimisch fühlen.
Zu den Attributen hinzu kommen Skills, mit einem Wert von 0 bis 5.

Des weiteren gibt es 8 Pfade, denen ein Charakter folgen kann. Man kann dabei 4 „levels“ in Pfaden zu Spielbeginn besitzen, entweder 4 in einem oder diese 4 aufsplitten auf mehrere Pfade. Jeder Pfad gibt den Charakteren dabei Zugang zu sogenannten Path Abilities von denen man für seinen Charakter je nach Pfad-Level jeweils ein bis zwei Specialities und Foci wählen kann.
Die betroffenen Pfade sind übrigens –Thinking, +Thinking, -Self, +Self, -Harmony, +Harmony, -Feeling und +Feeling. Wie nicht schwer zu erkennen sind die Pfade dabei jeweils in sich widersprechende Tupel unterteilt. So denken zum Beispiel Anhängen von „-Thinking“, dass die meisten Probleme aus Logik, Philosophie und Wissenschaft durch eben diese Logik, Philosophie und Wissenschaft erst entstanden sind. „-Thinkers“ lernen deshalb, das Geschnatter des eigenen Geistes zu dämpfen und verstummen zu lassen, um größere Weisheiten und Antworten hören zu können. „+Thinkers“ hingegen stellen menschlichen Fertigkeiten der Logik und des Verstandes die größten Werkzeuge überhaupt dar, deren Kapazität wir noch gar nicht wirklich erfasst haben. Ideen, Abstraktionen und Konzepte stellen für sie daher Schlüssel dar, die ihnen unterschiedliche Türen der Erkenntnis öffnen. Daher sammeln „+Thinkers“ davon so viele wie möglich.
Generell kann man sagen, dass die Pluspfade sich damit beschäftigen, inherente Kräfte der Menschen anzuerkennen und zu verinnerlichen, während sich die Minuspfade dem vermeiden Menschlicher Schwächen (übrigens der selben, die die Pluspfade als positiv erachten) verschreiben.



Abgerundet werden Charaktere mit sogenannten equipment packs (also zum Beispiel einem Auto, einem Fahrrad etc. ) und den fast schon üblichen Vor- und Nachteilen. Hinzu kommen noch eventuelle selbst gewählte „Eccentricities“, Ticks die der Charakter auf seiner Suche entwickelt hat.



So, und jetzt zu den „Proben“. Seeker kommt quasi ohne Würfel aus. Am leichtesten spielt es sich wohl mit Münzen. Denn wenn Charaktere eine Probe ablegen, dann werden die Werte vom betroffenen Attribut + Skill zusammenaddiert, hinzu kommen eventuelle equipment-Boni und dann muss man damit gegen eine festgelegte Schwierigkeit (oder gegen die betreffenden Werte eines anderen Charakters, wenn es eine vergleichende Probe ist) Münzen werfen. Jeder wählt eine Seite der Münze, wer zuerst mehr Erfolge hat, als der gegenüber Summe an Punkten und Equipment (oder sobald man über die festgelegte Schwierigkeit kommt) hat man gewonnen. Das ganze erscheint mir etwas umständlich für ein System, das möglichst „light“ sein will, 10 mal Münze werfen dauert schließlich länger, als wenn beide betroffenen Spieler einfach jeder einmal mit einem Würfelpool würfeln, aber mei… wem’s gefällt… Allerdings könnte man das ganze auch über das Aufdecken von Karten lösen oder bei einem gleichstand der Werte (10 vs. 10) mit einem einzigen „50/50 toss“.



MEIN FAZIT

Seekers versucht in erster Linie originell zu sein. Während mir das beim Inhalt noch recht gut gefällt finde ich persönlich die Verwendung des ORC-L Systems etwas gewöhnungsbedürftig. Ich persönlich würde wahrscheinlich am ehesten noch mit einem Set Pokerkarten spielen und einfach die Spieler gegenseitig Karten aufdecken lassen und dann bestimmen, wer wann höher lag. So geht es am schnellsten und so sind auch große Punktepools schnell abgearbeitet. So ganz glücklich bin ich damit immer noch nicht, aber zur Not kann man ja immer noch den Spielinhalt in ein anderes System portieren.
Der Spielinhalt selbst ist recht interessant: So werden auf etwa 20 Seiten verschiedene Philosophien vorgestellt, nach denen man Erkenntnis erlangen kann, vom Afrikanischen Synkretismus über Sex bis hin zu Westlicher Philosophie. Das alleine ist meiner Meinung nach die 3,60€ des PDFs schon wert.



Wie gesagt.. Seeker will ein klein wenig ein Sonderling sein. Insgesamt gefällt es mir trotzdem ganz gut, einmal so einen Ansatz für ein Rollenspiel gelesen zu haben.

Ob ich es allerdings jemals mit meiner Truppe spielen werde, wage ich zu bezweifeln. Dafür dürfte die Thematik einfach zu sehr Randinteressengebiet sein. Die Buchversion empfehle ich deswegen nur Sammlern und Liebhabern. Das bißchen Kleingeld für das PDF ist aber auf jeden Fall gut angelegt und wird euch zumindest ein paar philosophische Einsichten und ein paar Ideen für andere Rollenspiele liefern – wenn nicht sogar ein faszinierendes nicht all zu alltägliches Rollenspiel ;-)



Somit lautet meine Empfehlung: Cool – für die, die es zu schätzen wissen. Eindeutig aber keine Mainstream-Kost!
Euer DurroDen Artikel im Blog lesen
 
Bist du sicher das das Cover nicht evtl. in einer eigenen Datei gekommen ist?

Und aus was genau könnten denn hier Abenteuer bestehen? Du hast von "Übernatürlichem" gesprochen. Ist da eine Geschichte dahinter?
Was für Versuchungen?
Welche Gedanken?
Kannst du das noch etwas ausführlicher darlegen?
 
Eine Frage die sich mir angesichts der Vorstellung stellt ist wie eine Gruppe von Spielercharaktere zusammen findet und in wie weit es dafuer geeignet ist das Spielercharaktere laenger zusammen agieren / reisen.
Eine kleinere Frage waere ob ein Ende der Reise der Spielercharaktere vorgesehen ist.
 
@Lush:

Jup, bin mir sicher. Leider keine separate Datei.

Bezüglich der restlichen Fragen müsste ich mich noch einmal einlesen, aber vieles ist absichtlich relativ vage gehalten. Übernatürliches wird aber beispielsweise in Form von Dämonen thematisiert, aber hier und auch bezüglich der Versuchungen ist dem SL sehr freie Wahl gelassen und die Vorschläge scheinen eher in Richtung Brainstorming zu gehen denn in richtung Kanon.


@Teylen:
Klassisches Grund für die SCs zusammen zu reisen wäre das gemeinsame Bestehen eines Einführungsabenteuers oder eifnach nur - wie zum Beispiel in Realität manche Pilger auf dem Jakobsweg erfahren - die Tatsache, dass man ein gemeinsames Tempo hat und vor hat, in die gleiche Richtung zu laufen - schon ist man eine Herde Gruppe.

Bezüglich dem Ende der Reise scheint Seeker sehr viel Betonung auf "Der Weg ist das Ziel" zu legen ;)
 
Deja Vu. :D

Uh, nice one. *gekauft*
Das System klingt kacke, aber es klingt auch so, als könnte man es ganz einwandfrei mit den nWoD Regeln spielen.
Danke für die Rezi!

 
Wenn du die älteren Spiele von dem Mann kennen würdest würdest du dich ganz ehrlich über das "schlankere" neue aufrichtig freuen :)
 
Nach dem Einlesen:
Wie gesagt.. Seeker will ein klein wenig ein Sonderling sein.
Das ist imho eine äußerst freundliche Untertreibung. Ich hatte beim Lesen das definitive Gefühl, die Autoren würden sich für was Besseres halten, und ich muss mich echt zusammenreißen, um diese allgegenwärtige Einstellung auch weiterhin daran zu hindern, das Gesamtbild irreparabel zu verzerren.

Denn die Megalomanie zwischen den Zeilen ändert nichts daran, dass die Setting-spezifischen Konzepte (allen voran die Paths und Traditions) durchaus sehr klug durchdacht und umfassend aufgebaut sind. Als Tie-In für die WoD -- eventuell mit etwas weniger elitärem Hitchhiking-Hipster-Flair -- eignet sich Seeker hervorragend. Speziell, wenn man die Main Charas mal mit ein paar subtilen Superpowers ausstatten will, ohne auf Ritualmagie/Psi-Kräfte zurückzugreifen oder sie gleich in Untote oder Feen zu verwandeln (und ihnen nebenbei gleich ein tolles, gemeinsames Spielziel zu verpassen).

In kurz: Tolles Spiel (mit Kackregeln), dass sich aber für die Behauptung, sich nicht auf ideologische Einzelpunkte zu verfestigen, viel zu wenig relativiert und damit viel zu viel verfestigt. Es ist vom Hintergrund her ein unbewusst ironisches Gesamtpaket.
 
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