AW: Runner vs. Runner
Shub-Schumann schrieb:
Ganz billig und einfach: Wenn ich in meiner eigenen Szene nicht relativ sicher bin, sondern standardmäßig befürchten muss, dass mich irgendein Arschlich erschießt, ist die Szene tot. Niemend würde eine Umgebung zum Saufen aufsuchen, wenn er dort gefährdeter ist, als anderswo.
Andersherum wird ein Schuh draus. Man sucht sich zum Saufen eben weniger gefährdete Regionen aus. Bars mit Runner-Klientel werden wohl gesteigerten Wert auf Sicherheit legen, und Ausschreitungen dort unterbinden.
Und nur weil man in Konkurrenz zueinander steht, heißt das nicht, dass man sich auf Sicht abknallt. Aber man ist nicht plötzlich netter zum Anderen, nur weil er Runner ist.
Shub-Schumann schrieb:
Normalerweise sucht man sich zur Entspannung Ecken, in denen man sich sicher fühlt, bei seinen Leuten eben. Wenn die einem besonders gefährlich werden, dann eht man da nicht mehr hin. Fazit: Die Szene ist erledigt. Die schattenszene gibt es aber seit knapp dreißig Jahren.
Siehe oben. Dem ist noch hinzuzufügen, dass die SR-Welt eine Menge Dinge enthält, die sich ohne die Universalbegründung "is halt so" innerhalb von ein paar Tagen selbst zerstören würden.
Shub-Schumann schrieb:
Der Shadowtalk ist aber ein gutes Beispiel für "kostenlose Infos", von denen dui ja fälschlich behauptest, es gäbe sie gar nicht. Wo es was zu holen gibt, welche johnsons stinken etc. erfährt man dor gratis und franco (cum grano sale).
Gratis? Es wird selten jemand direkt zur Kasse gebeten, wenn du das meinst. Aber einerseits füllt es die Downloads (die wir ja in Form von Büchern in der Hand halten), und die wollen ja von den Shadowland-Operatoren auch verkauft werden.
Auf der anderen Seite findet man dort so gut wie nie wirklich vitale Infos. Das meiste was dort landet, hat vermutlich wenig oder nicht mehr lange Wert.
Außerdem ist derartiger Informationsaustausch Teil der Netzkultur. Indem man ab und zu ein paar Infos gibt (nicht die teuren, eben das billige Zeug, was nach ein paar Tagen oder dem Anwerfen einiger Suchmaschinen eh jeder weiß), erarbeitet man sich in der Netzkultur einen Ruf, und dieser ist schließlich Teil der Gesamtreputation. Das kann gewissen Personen dann dabei helfen, sich in bestimmten Bereichen zu profilieren. Als Inforbroker beispielsweise kommt man nur schwer an Kunden, wenn einen keiner kennt. Wenn man aber in mehreren Shadowlands aktiv ist, und dort allgemein durch kompetente Beiträge auffällt, ist das schon Werbung. Und so gilt das in gewissem Maße für alle User. Im Shadowland lesen nicht nur Runner sondern auch Schieber, Johnsons und Ähnliches Gesocks, und ein Matrix-Ruf kann eine hervorragende Ergänzung zum Straßenruf sein.
Shub-Schumann schrieb:
Wenn du dich auf deinen Lieferanten nicht verlassen kannst, bist du erledigt.
Ähem, ein Schieber kann grundsätzlich mit jedem Geschäfte machen. Er wird vielleicht mal eingreifen, wenn sich zwei seiner besten Kunden gegenseitig massakrieren wollen, aber ansonsten scheren ihn Runner herzlich wenig. Was ihn schert sind sein Ruf und seine Kundebasis. Kunden kann er immer wieder neue bekommen, solange der Ruf in Ordnung ist. Er wird nicht zulassen, dass der eine Kunde den Anderen am Treffpunkt massakriert, und bei guten Kunden Jemandem vielleicht abraten, irgendwas direktes gegen ihn zu unternehmen. Aber das ist auch schon das Höchste der Gefühle.
Shub-Schumann schrieb:
Wenn in der Schattenszene tatsächlich alles auf jeden losginge, müsste man als erstes, wenn man einen anderen Runner kriegen will, dessen Kontakte, die meist auch die eigenen sind, durch den Wolf drehen ... was man gewöhnlich nicht will. Und wenn man einen anderen Runner gekillt hat, sind viele Bekannte plötzlich sauer auf einen, weil der ein guter Kumpel, Geschäftspartner oder sonstwas war.
Wie extrem das zutage tritt, hängt wohl stark davon ab, wie groß die Szene insgesamt ist. Wenn wir von einem Dutzend Schieber für eine ganze Stadt ausgehen, mag das ja hinkommen, aber ansonsten kann nicht jeder jeden kennen.
Shub-Schumann schrieb:
Siehe oben. Oder auch: Wer will schon mit einem Schwein Geschäfte machen, dass jeden umlegt?
Nochmal: Ich sprach nicht von Kill on sight. Ich sprach nur davon, dass andere Runner Konkurrenz sind, und sich kaum jemand scheuen wird, gegen ein ihm unbeaknntes Runnerteam anzutreten, nur weil es "Kollegen" sind.
Shub-Schumann schrieb:
Tja, den SR-Büchern nach gibt es die aber, deinen Glauben hin oder her.
Romane sind keine Regelbücher. Das einzige Quellenbuch, das den Runnerteil wirklich ausführlich behandelt hat, ist der SSG, und dort findet sich IIRC nichts von wegen Community.
Shub-Schumann schrieb:
Und so eine Community ist kein fester Club. Man muss sich nicht mögen, um drin zu sein, man muss sich nur an bestimmte spielregeln halten. Shadowland nicht an die Bullen verraten
Ich bezweifle, dass den Cops die Existenz und Zugänge des Shadowlands unbekannt sind. Die Jungs sind schließlich keine Idioten und tun - entgegen der landläufigen Meinung - auch was für ihr Geld.
Shub-Schumann schrieb:
z.B., oder auch keine Hits auf andere Runner annehmen.
Super. Das wäre, als wenn Söldner sich weigern würden, gegen andere Söldner zu kämpfen. Warum stellt man sie dann überhaupt ein?
Shub-Schumann schrieb:
und da die Schattenstrukturen sich etabliert haben, und das unabhängig vom klassischen Verbrechen, ist der Beweis, dass sie funktioniert, bereits erbracht.
Bitte? Unabhängig vom klassischen Verbrechen? Sag mal, was glaubst du, wohin der Hehler deine Ware vertickt, oder woher dein Schieber deine tolle neue Waffe kriegt? Aus Eigenproduktion? Und woher kommen wohl die Johnsons für einen beachtlichen Teil der Aufträge?
Die Schatten funktionieren nicht unabhängig von irgendwas. Sie sind eine Subkultur, entstanden aus Nachfrage, und hat sich in eine ganze Menge Bereiche des Lebens verwurzelt. Aber unabhängig ist sie beim besten Willen nicht.
Nochmal zum Kern des Problems zurück: Wieso sollte Kriminelle, die eh schon unzählige moralische Grenzen überschritten haben plötzlich eine unglaubliche Solidarität gegenüber Leuten die sie ankotzen oder die sie noch nie gesehen haben, an den Tag legen, nur weil die im selben geschäft sind? Dass man den besten Kunden seines Hauptschiebers nicht mit in einer vollbesetzten Kneipe umlegt und es sich dann auf's T-Shirt schreibt ist eine Sache, aber dieses "wir sin' ne große kuschelige rosa Bonbon-Community, wo sich zwar nich alle mögen tun, wir aber alle supa feste zusammenhalten tun" passt einfach nicht in eine Ansammlung von Kriminellen. Ehrenkodexe sind was für Clubs wo nicht jeder Emporkömmling reinkommt, wie die Mafia.