Rant zum SL-Handbuch

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DonGnocci

Guest
Hallo Leute.

Ich hab mir vor paar Tagen aufgrund der Stimmen hier im Forum jetzt doch das SLHB zugelegt, und obwohl ich erst auf Seite 52 bin, muss ich sagen, dass mir mehrere Dinge extrem störend und negativ aufgefallen sind, als da wären:

1.) urzeitliche Ansichten zur Rolle des SLs im RPG im Allgemeinen und bei Cthulhu im Speziellen.

Warum:
Zum Beispiel wegen der Aufforderung, die Spielstörer nicht direkt auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, sondern sie durch "missbilligende Mimik" zur Räson zu rufen und ähnlich "sinnvolle" Vorschläge wie "Gesagt, getan!" im Abschnitt über Action im Kampf. Was sollen solche unzeitgemäßen Ansagen? Oder das mit der räumlichen Trennung der Spieler wenn die Gruppe sich ingame trennt?


2.) Allgemeinplätze und wenig hilreiches Geschwurbel zum Thema Abenteuer- und Kampagnenentwerfen.

Warum:
Das Offensichtliche muss mMn nicht extra ausformuliert werden, aber das sah der Verfasser des SLHBs wohl anders, und schwafelt etwas über den "Sog der Gefühle" und den "Schmelztiegel der Ereignisse", zwei Begriffe, bei denen mein Buzzword-Meßgerät heftig Alarm schlägt. Aus diesen zwei Begriffen entsteht dann auch der mMn extrem verquere Ansatz, die Charaktere in fast JEDEM(!) Abenteuer über einen Retcon oder SL-Wilkür persönlich mit dem Geschehen oder den NSC verbinden zu wollen, ohne zu berücksichtigen, dass dies einerseits extrem unglaubwürdig und konstruiert wirkt, und dies andererseits doch garnicht notwendig ist, denn die Spieler sind ihrerseits doch schon im motiviert, das Abenteuer zu spielen und ihre Charaktere ins Abenteuer einzubinden. Wozu dann bei jedem Abenteuer diese systemseitige/geskriptete "Zwangseinbindung"?


3.) Die "falsche" Ansicht, Cthulhu sei ein Horror-Rollenspiel nebst der Aufforderung, die Spieler zu schocken, und sie bei ihren realen Ängste zu packen.

Warum:
Cthulhu ist ein "weird fiction" Rollenspiel, das sich um den Cthulhu-Mythos dreht und dessen Geschichten als Setting nutzt. Zudem ist der Mythos pulp(!) fiction, ergo: Die hohe Kunst, die ihm oft angedichtet und in ihn hineininterprätiert wird, die findet SO nicht statt, und war auch so nicht geplant. Zudem ist es für Cthulhu nicht förderlich, den Eindruck zu erwecken, dass die Spieler in Streß versetzt werden, nur um "Atmosphäre" und "Stimmung" zu schaffen, und es ist kann nicht zielführend sein, die Urängste und Phobien der Spieler anzutasten. Ein SL, der das tut, ist ein mieser SL, denn das Risiko, Schaden anzurichten, ist größer als die Erfolgschance "echten Grusel" (Was ist "echter Grusel"? Und warum muss Cthulhu ZWINGEND gruslig sein, um originär zu sein? Ich widerspreche diesem Ansatz vehement!) zu erzeugen.


Ich könnte noch mehr hier reinposten, aber das waren so die Klöpse, die mir bisher ins Auge gefallen sind, und die mich immens an Cthulhu stören, und die mMn dem Erfolg von Cthulhu immens abträglich sind, und die es mir persönlich sehr schwer machen, Cthulhu zu mögen.

Nebenbei, so als vorerst abschliessendes Statement:
Aus dem Grundregelwerk zu CoC d20 und dem Settingbuch zu RoC nahm ich bisher für Cthulhu mehr mit als ich bisher aus dem SHB und dem SLHB rausziehen konnte, und das find ich dann doch ein bissl traurig.

Naja, hab ja noch gut 250 Seiten vom SLHB vor mir, es kann ja noch (hoffentlich) um einiges besser werden, denn (noch) schlechter kann es bei gewissen Themen (leider) nicht mehr werden.

Ich kann nur hoffen, dass ich die knapp 40,- nicht nur für ein schönes Cover und einen auf Retro gebürsteten Buchrücken gezahlt habe, ob wohl ich es fast befürchte.

Und ich frage mich, warum dieses Buch von vielen Usern der deutschen Forenlandschaft so gefeiert wird.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

Kritikpunkt 3 kann ich so nicht mitgehen. Diesen anspruch kann man nunmal haben und er ist nicht per se zu verwerfen. kritikwürdig ist nur, dass das System, das Material und letztlich die Abenteuer diesen horroransatz nicht fördern.
Trotzdem ist Cthulhu kein "weird fiction" game, vielmehr ein history game mit übersinnlichen Rätseln. Letztere sind jedoch meist draufgepappt und eine dreingabe da pure history doch niemanden mehr entzücken kann. (das meint es ist in der form weder hzorror noch weird fiction, es soll aber auch nicht notwendig eines von beiden sein)

Alles in allem habe ich das Spielerbuch damals als sehr nützlich und sogar vom Preis Leistungsverhältnis her ganz gut gefunden. Das Spielleiterbuch kann mich jedoch auch nur schwer überzeugen, das Material ist kaum Spielfertig aufbereitet, ist eine sammlung zahlloser Versatzstücke die ich nur mit mühe spieltauglich machen kann, und verrät kaum etwas über 'Horror'. Es ist eine cthuloide faktensammlung mit Spielwerten und Jahreszahlen. Stellenweise ausschlachtbar, größtenteils sperrig.

In sofern kann ich da aufs wärmste ToC empfehlen ( so weit ichs kenne). das muss man nicht in allen annahmen lieben, aber geht adäquat(er) mit dem mythos um indem es die Regeln auf die zwecke eines pulphorrorspiels fokussiert indem es mit drives, überlegungen zur Rolle der Spielfigur etc. daherkommt. Und von realen ängsten ist da auch nicht viel die rede. wieso auch.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

1.) urzeitliche Ansichten zur Rolle des SLs im RPG im Allgemeinen und bei Cthulhu im Speziellen.

Warum:
Zum Beispiel wegen der Aufforderung, die Spielstörer nicht direkt auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, sondern sie durch "missbilligende Mimik" zur Räson zu rufen und ähnlich "sinnvolle" Vorschläge wie "Gesagt, getan!" im Abschnitt über Action im Kampf. Was sollen solche unzeitgemäßen Ansagen? Oder das mit der räumlichen Trennung der Spieler wenn die Gruppe sich ingame trennt?

Ich würde sowas nicht pauschal als urzeitgemäß verurteilen. Es gibt neuere Konzepte, darunter auch einige, die sich sehr verbreitet haben. Aber eben für die von dir als urzeitlich titulierten Ansätze gibt es auch Fans.

Es ist ja gut, dass nicht alle vorhandenen Rollenspiele einen gleichartigen Brei an Grundsätzen mit sich führen, sondern sich gegenseitig mit ihren Ansätzen ausstechen. - Selbst wenn diese Ansätze nicht die deinen sind.

Es bliebe daher jetzt für mich die Frage ob das bewusste Designentscheidungen des Autors sind oder ob bei der Übertragung in das neue SL-Handbuch solche Altlasten nicht ausgemerzt wurden, obwohl man eigentlich auf eine andere Linie umsatteln wollte.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

@ DonGnocci

Vorweg:

Gut, ich kam vom Fantasy-RPG; für mich war das Cthulhu-SL-Handbuch damals eine Offenbarung. Keine Ahnung, wie mein Urteil darüber jetzt ausfallen würde, aber ich ver-mute mal, auf alle Fälle besser als Deins.

Zum Beispiel wegen der Aufforderung, die Spielstörer nicht direkt auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, sondern sie durch "missbilligende Mimik" zur Räson zu rufen und ähnlich "sinnvolle" Vorschläge wie "Gesagt, getan!" im Abschnitt über Action im Kampf. Was sollen solche unzeitgemäßen Ansagen? Oder das mit der räumlichen Trennung der Spie-ler wenn die Gruppe sich ingame trennt?

Was ist daran unzeitgemäß? Bitte erklären.

2.) Allgemeinplätze und wenig hilreiches Geschwurbel zum Thema Abenteuer- und Kampagnenentwerfen.

Warum:
Das Offensichtliche muss mMn nicht extra ausformuliert werden, aber das sah der Ver-fasser des SLHBs wohl anders, und schwafelt etwas über den "Sog der Gefühle" und den "Schmelztiegel der Ereignisse", zwei Begriffe, bei denen mein Buzzword-Meßgerät heftig Alarm schlägt. Aus diesen zwei Begriffen entsteht dann auch der mMn extrem ver-quere Ansatz, die Charaktere in fast JEDEM(!) Abenteuer über einen Retcon oder SL-Wilkür persönlich mit dem Geschehen oder den NSC verbinden zu wollen, ohne zu be-rücksichtigen, dass dies einerseits extrem unglaubwürdig und konstruiert wirkt, und dies andererseits doch garnicht notwendig ist, denn die Spieler sind ihrerseits doch schon im motiviert, das Abenteuer zu spielen und ihre Charaktere ins Abenteuer einzubinden. Wo-zu dann bei jedem Abenteuer diese systemseitige/geskriptete "Zwangseinbindung"?

Der Autor sagt ja nicht, dass es bei jedem Abenteuer so sein muss.
Aber wenn es da ist, funktioniert es besser, sehe ich auch so (aus Erfahrung)

3.) Die "falsche" Ansicht, Cthulhu sei ein Horror-Rollenspiel nebst der Aufforderung, die Spieler zu schocken, und sie bei ihren realen Ängste zu packen.

Warum:
Cthulhu ist ein "weird fiction" Rollenspiel, das sich um den Cthulhu-Mythos dreht und dessen Geschichten als Setting nutzt. Zudem ist der Mythos pulp(!) fiction, ergo: Die hohe Kunst, die ihm oft angedichtet und in ihn hineininterprätiert wird, die findet SO nicht statt, und war auch so nicht geplant. Zudem ist es für Cthulhu nicht förderlich, den Ein-druck zu erwecken, dass die Spieler in Streß versetzt werden, nur um "Atmosphäre" und "Stimmung" zu schaffen, und es ist kann nicht zielführend sein, die Urängste und Pho-bien der Spieler anzutasten. Ein SL, der das tut, ist ein mieser SL, denn das Risiko, Schaden anzurichten, ist größer als die Erfolgschance "echten Grusel" (Was ist "echter Grusel"? Und warum muss Cthulhu ZWINGEND gruslig sein, um originär zu sein? Ich widerspreche diesem Ansatz vehement!) zu erzeugen.

Ich mag Cthulhu am meisten, wenn es wirklich Horror ist. Für mich ist Cthulhu Horror-Rollenspiel und deswegen spiele ich es.

@Leronoth
Kritikpunkt 3 kann ich so nicht mitgehen. Diesen anspruch kann man nunmal ha-ben und er ist nicht per se zu verwerfen. kritikwürdig ist nur, dass das System, das Ma-terial und letztlich die Abenteuer diesen horroransatz nicht fördern.

Stimmt.

Trotzdem ist Cthulhu kein "weird fiction" game, vielmehr ein history game mit übersinnlichen Rätseln. Letztere sind jedoch meist draufgepappt und eine dreingabe da pure history doch niemanden mehr entzücken kann. (das meint es ist in der form weder hzorror noch weird fiction, es soll aber auch nicht notwendig eines von beiden sein)

Ja „weird fiction“ nun wirklich nicht.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

Ja „weird fiction“ nun wirklich nicht.
Sandy Petersen selbst widerspricht euch:

YSDC: Why do you think CoC has been so successful?

SP: The fundamental principle behind the Cthulhu Mythos is that when humans start messing with the Outside, it's terrifying to the point of madness. Many people like the topic of horror, and CoC lets them experience it undiluted. Most other horror-oriented games violate or soften the rules of horror; for example, by making the hero an action star. Call of Cthulhu pits you against the terrors of darkness without any backup or any hope if you should fail. It goes for the throat, instead of the heart.

Wenn man sich die typischen SP-Szenarien anschaut und dann noch bedenkt, dass SP's Arbeit für Doom stark von seiner Arbeit für CoC beeinflusst wurde, entsteht hier ein klares Bild.
 
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My english is not so good ;) Aber wo widerspricht er mir da? Ich lese da was von Horror und nicht von Weird Fiction.

Klar, man kann den Re-Animator als Mad Scientist sehen, aber Weird Fiction ist es für mich nicht. SF-Elemente von mir aus, aber kein Weird Fiction

Was SP da beschreibt und Du fett markierst hat: Wo ist der Bezug zur Weird Ficition?
 
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Der Bezug liegt im Op:

3.) Die "falsche" Ansicht, Cthulhu sei ein Horror-Rollenspiel nebst der Aufforderung, die Spieler zu schocken, und sie bei ihren realen Ängste zu packen.

Warum:
Cthulhu ist ein "weird fiction" Rollenspiel, das sich um den Cthulhu-Mythos dreht und dessen Geschichten als Setting nutzt. Zudem ist der Mythos pulp(!) fiction, ergo: Die hohe Kunst, die ihm oft angedichtet und in ihn hineininterprätiert wird, die findet SO nicht statt, und war auch so nicht geplant. Zudem ist es für Cthulhu nicht förderlich, den Eindruck zu erwecken, dass die Spieler in Streß versetzt werden, nur um "Atmosphäre" und "Stimmung" zu schaffen, und es ist kann nicht zielführend sein, die Urängste und Phobien der Spieler anzutasten. Ein SL, der das tut, ist ein mieser SL, denn das Risiko, Schaden anzurichten, ist größer als die Erfolgschance "echten Grusel" (Was ist "echter Grusel"? Und warum muss Cthulhu ZWINGEND gruslig sein, um originär zu sein? Ich widerspreche diesem Ansatz vehement!) zu erzeugen.
Wie Sandy Petersen sagt, schickt CoC die Investigatoren gegen die Schrecken der Finsternis, ohne Backup und ohne Hoffnung falls sie scheitern. Es springt einem an die Kehle, anstatt ans Herz zu gehen.
(Man beachte hier auch den Gebrauch des Wortes "terrors", das mit Horror verwandt ist, aber nur teilweise synonym damit ist und ganz andere Konnotationen mit sich bringt.)
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

Erstens: Was Sandy Petersen sich dabei gedacht hat als er die erste Auflage vor Äonen schrieb und was bis heute daraus geworden ist sind deutlich zwei paar Schuhe. Aus eigener Spielerfahrung mit ihm bei diversen Tentacles Cons kann ich guten Gewissens sagen, dass sein Cthulhu mehr auf frei geleitetes "zehn kleine Negerlein" rausläuft, mit Mythos zwar, aber mehr auch nicht.

Je nachdem welche Inkarnation von CoC man spielt kann dabei so ziemlich alles von weird fiction bis Mythos history dabei sein. Der Versuch CoC (mit den ganzen Ablegern wie Delta Green, Hexer von Salem, D20, RoC etc) unter einen Hut a la "CoC IST ..." zu bringen ist von vornherein zum Scheitern verursacht. Und die Meinung eines Mannes der seit mehr als 15 Jahren wirklich kaum noch Einfluss darauf hat zu bringen ist ungefähr so sinnvoll wie Gygax zu zitieren wenn es um D&D 4 geht.
 
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@DG: Wo macht dir das nerven eigentlich mehr Spaß, hier oder im Cthulhu Forum? Is dir noch nicht aufgefallen das dich kaum mehr einer ernst nimmt?

Aber zumindest bringt das dem Probeforum hier nötig Posts.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

Nein, keineswegs. "Weird fiction" ist mWn (ich bin kein Literaturwissenschaftler), einfach ein weiter gefasster Begriff für einen Typus phantastischer, auch unheimlicher, Werke vor der modernen marktkompatiblen Verengung der Genres "Horror", "Fantasy" etc...
 
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OffTopic

"Rant zum SL-Handbuch"~DonGnocci

Was ist Redundanz?

Sorry, Mods...aber die Überschrift+Autor hat mich direkt zum Schmunzeln gebracht.
 
AW: Rant zum SL-Handbuch

Ich würde sowas nicht pauschal als urzeitgemäß verurteilen. Es gibt neuere Konzepte, darunter auch einige, die sich sehr verbreitet haben. Aber eben für die von dir als urzeitlich titulierten Ansätze gibt es auch Fans.
Kommt wohl einfach drauf an, wer da Zielgruppe ist? Diejenigen von uns die mit 15 nicht die "Ich nehme jetzt diese beiden Mitspieler mit vor die Tür, weil die was erfahren, das ich euch erst in 3 Minuten mitteile"-Phase hatte, der kann da auch mit 35 noch enormen Spaß dran haben.
 
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