Raguel & Sariel

Pünktlich um 8.30 Uhr, eine halbe Stunde später als der eigentliche Dienstbeginn, schlenderte David Carter in die Zweigstelle des NYPDs in der 55. Straße. Fröhlich pfeifend grüßte er Bob den Pförtner und wie jeden Morgen reichte David ihm den mitgebrachten, ungenießbaren Kaffee im Pappbecher. "Was denkst du, David? Die Lakers gegen die Bulls?" "13:13" ein alter und zudem flacher Witz zwischen den Arbeitkollegen der jedes Mal aufs neue Belustigung fand. Voller Elan tappte David weiterhin durch das Großraumbüro, welches 36 Cops einen Arbeitsplatz bot. Ach, was war es schön undercover zu Arbeiten und einen Partner zu haben der ein klimatisiertes Büro mit Kaffeemaschine arbeitstechnisch bewohnte. Ein Blick auf die verschlossene Tür und die herunter gelassenen, metallenen Jalousien zeugten davon, dass Davids Partner, der ehrenhafte Herr Brion –oberirischen Blutes- schon strenggeheim bei der Arbeit war. David war ein wirklich überaus begabter "Spurenleser", so dass sein Spleen von seinem eigentlichem Arbeitsgeber - das Federal Bureau of Investigation - wiederwillig über seinen Egozentrismus hinweg sah. So hatte ein jeder seine Vor- und Nachteile und bei David war es sein gesunder Wahnsinn und seine Verrücktheit die er offen zur Schau stellte.

Augelassend pfeifend trat David –natürlich ohne zu klopfen- in Brions Büro und grinste dem Bild, was sich ihm bot, entgegen. Brion saß, die Beine auf dem Schreibtisch abgelegt, auf seinem lederbezogenem Schreibtischstuhl und auf seinem Schoss saß, zu einem Ball zusammen gezogen, Alindra, seine neue Freundin. "Ihr seid ja noch angezogen." feixte David und machte sich an der Kaffeemaschine zuschaffen. Brion schreckte verschlafen auf und funkelte seinen Partner an. David musste zugeben, dass er schon so ein bisschen neidisch war. Ali war wirklich eine außergewöhnliche Schönheiten. David musste es wissen, auch wenn er nun das 10. Jahr verheiratet war, kannte er sich mit den New Yorker-Schönheiten bestens aus. Verlegen richtete sich Alindra auf und beäugte die Männer aus schweren Augen. David aber genoss es die Frau zu mustern und somit seinen noch immer verschlafenen Partner geradewegs in die Übellaunigkeit zu befördern.
"Ich gehe nach Hause. Wir sehen uns nachher?" Angesichts ihres niedlichen Tonfall blieb Brion gar nichts anderes übrig als zu lächeln und sie wieder in seinen Arm zu ziehen. "Hm" brummte er bejahend und küsste sie auf die Lippen. Sein kichernder Partner wurde einfach ausgeklinkt. "Ich wünsch dir einen schönen Tag. Ich denk an dich", murmelte sie in seinen Mund und machte sich widerstrebend von ihm los. David johlte anfeuernd auf, was Brion dazu ermutigte sie besitzergreifend zu packen und sie mindestens nicht so ganz jugendfrei zu küssen. Mit hitzigen Wangen gelang es ihr schlussendlich doch das Büro zu verlassen. "Ich glaub’ meine Chancen stehen schlecht bei ihr zu landen, oder?" Breit grinsend goss David seinem Partner frischen Kaffee ein und schlenderte zum Fenster, um dieses auch zu öffnen. Brion knurrte unterschwellig und selbst das klang irgendwie gälisch. Schon witzig, wenn man bedachte, dass er in New York geboren war, aber wer Brions Familie –die Bilderbuch Iren- kannte, verstand auch das. So gierte er den Kaffee in einem Schluck runter, nur um sich umzudrehen und den Blick auf die Pinnwand und somit auf das tägliche Arbeitspensum zuwerfen. "Fakten", grollte er Davids Stichwort, der auch gleich die Zusammenfassung des Falls herunter rasselte. Ein Grund warum David trotz seiner chaotischen Art beim FBI blieb und unverzichtbar war, war sein fotografisches Gedächnis. "Männliche Leiche, weiß, 28 Jahre alt, 1,90 groß, 110 kg schwer. Starb durch zwei gezielte Kopfschüsse. Laut Zeugenaussage vermuten wir den New Yorker-Mädchenkiller als Gerichteten. Nun mehr 6. Fall dieser in Art in 3 Wochen. Die Zeugin spricht von Gebeten, Engelserscheinungen und dem jüngstem Gericht. Weiter ist es wahrscheinlich, dass die Männer aus Irland stammen, weshalb du, mein Schnuckelmäuschen, mit diesem Fall betraut wurdest. Natürlich könnte ich noch weiter ausholen und detalierter berichten aber da du mit deinen Gedanken bei deiner süßen Schnecke bist, würden dir weitere Informationen dir deine feuchten Träume nehmen." Dreckig lachend plumpste David vor dem Schreibtisch in den Besucherstuhl und nippte von seinem Kaffee.
Brions Verstand lief auf Hochtouren, so dass er das Kommentar seines Freundes gar nicht weiter beachtete. Hier handelte es sich nicht um bloße Selbstjustiz, auf deren Konto man jährlich etwa drei Morde schreiben konnte. Brion vermutete hinter den Serientäter religiösen Wahn oder aber einen grausigen Trend. Täter aus denen die zwei Männer Opfer machten. Die Gerichteten hatten allesamt eine wirkliche beachtliche, kriminelle Karriere hinter sich. Ihm fiel es schwer mit den Männern nicht zu sympathisieren. Dennoch ein Mörder blieb ein Mörder. "Du bist so sexy wenn du nachdenkst. Komm mach mir ein Kind", schnurrte David und spielte weiter mit seinem Handy, was er zwischenzeitlich aus der Tasche gezogen hatte. Brion setzte gerade zu einer scharfen Bemerkung an, doch von jetzt auf gleich verlor sein Gesicht legliche Farbe. Mit zittriger Stimme keuchte er: "Alindra" "Ist noch sexier. Kannst du sie mir nicht vielleicht mal ausleihen? Nur einmal...ich bin auch wirklich vorsichtig", antwortete David. Die jahrelange Freundschaft und Partnerschaft zu Brion ließ ihn die Situation allerdings richtig einschätzen. Zeitgleich stürmten sie aus dem Büro, die Dienstwaffen geladen und bereit.

"Und ich gelte als verrückt, während mein Partner ohne ein Wort zu verlieren mit mir durch die Gegend fährt?" Unweit von Alindras Haus fuhr Brion, in zivil, in die nahgelegene Gasse, von der er wusste Ali nutzte den Weg als Abkürzung zu ihrem Heim. "David, halt dein Maul." Damit stieg Brion aus dem Wagen, die Waffe im Anschlag. David folgte unweigerlich, auch wenn Brion sich seiner Schimpftirade stellen musste. Als Brion voran zwischen die Häuserfronten schlüpfte, stieg ihm der Geruch der Mülltonnen - die hier an den Backsteinwänden abgestellt waren - in die Nase. Auf seinen Wink hin verstummte der knurrende David, der vor sich hin quatschte, und entsicherte seine Waffe. Die Sonne brach hinter den Wolken hervor und tauchte den Weg in goldenes Licht. Unbehagliche Stille hatte ihn eingehüllt. Er wurde das Gefühl nicht los die Maus zu sein, die unter den Blicken der Katze in die Falle tappte.
Aufmerksam und angespannt bahnte er sich den Weg und tastete, ohne den Blick hinter sich zu wenden, nach David. Doch da war kein David, eine Tatsache die Brion hinnahm und nicht weiter darüber nachdachte. Das beklemmende Gefühl ließ ihn einfach nicht los und die Sorge um Alindra erst recht nicht. Er blieb auf der Stelle stehen und sah sich aufmerksam um. Dort war nichts außer dem goldenem Sonnenlicht das sich im Glas der Fensterscheiben und im Asphalt zu seinen Füßen brach. Stattdessen wurde sein Herz schwer und als er den Waffenhahn spannte, geschah das wie in Zeitlupe. Die Zeit schloss ihn ein, machte jeden Wimpernschlag von ihm träge und langsam, fraß seine Bewegungen und umschlang ihn, wie ein Würgegriff. Aus den Augenwinkeln nahm der Ire einen Schatten wahr. Als es ihm gelang den Kopf zu drehen, löste sich ein Schuss.
Die Starre fiel von ihm ab und zerstob zu seinen Füßen, ohne fassbar zu sein. Er eilte an die Stelle, von der aus der Schuss zu hören gewesen war.
Sackgasse. Dort war nichts außer eine Wand, in die die Witterung und die Stadt breite Löcher gefressen hatte. Zu schnell um die Lage einschätzen zu können schrumpfte der Schatten, den er auf die vor ihm liegende Wand warf, zusammen und flüchtete übers Dach. Sicherlich hätte er versucht was immer es auch war zu verfolgen, wenn nicht unmittelbar vor ihm Alindra mit wirrem Haar, zerrissenen Kleidern und geschwollener Wange gesessen hätte. Wie hätte er in so einer Situation versuchen sollen die Lage zu durchleuchten und zu erkennen. All die Jahre des Schulens waren nichtig, als er seine Freundin vor sich auf den Boden kauernd, verängstigt und überfallen sah.
Ohne zu zögern beugte er sich zu ihr und wollte sie auf seinen Arm ziehen, als hinter ihm das metallene Klicken einer geladenen Waffe erklang.. Wieder entwickelte nichts geringeres als die Zeit ein Eigenleben und machte jede Bewegung zäh wie Gummi. Diesmal aber war irgendetwas auf seiner Seite, schneller als sein Angreifer drehte er sich mit seiner Waffe um und feuerte Sekundenbruchteile eher als der Mann vor ihm. Der Räuber feuerte ebenfalls und als er das tat, schrie Ali markerschütternd auf. Brions Kugel verfehlte sein Ziel nicht und trat in die Stirn des Mannes und zerfetzte sein Gehirn, als das Geschoss aus seinem Hinterkopf schlug. Der vermeintliche Angreifer war sofort tot und sank wie ein nasser Sack in sich zusammen. Der Schnelligkeit war es zu verdanken, dass die Kugel seines Gegenübers an Brion vorbei flog und in die Wand hinter ihm einschlug.
Alindra schrie noch immer mit einer Engelsstimme, laut, hoch und von Kummer gespeist. Ein wilder Glasregen ergoss sich in feinsten Splittern über sie beide und die Leiche. Einer Sirene gleich brachte Alindra mit ihrem unnatürlichem Geschrei die Fensterscheiben des gesamten Wohnblocks dazu, zu zerspringen. Brion der in der Lage nur ein Stirnrunzeln übrig hatte war mit der Situation überfordert und wusste nicht so recht, ob er träumte oder nicht. Dem Splitterregen war er sich noch nicht mal bewusst, noch nicht mal als das Glas ihm in die Haut schnitt, die nicht von Kleidung bedeckt wurde. Seine Sorge galt Alindra die noch immer schrie und schrie und schrie.
In Irland erzählt man sich die Geschichten von Banshees und Todesfeen, so hätte er sich diesen Ruf vorgestellt. War Alindra ein Bote des Todes? Seine Herkunft brachte solche Gedanken mit sich, aber dennoch zählte eigentlich nur eins: Seine Freundin zu beruhigen.
Er beugte sich zu ihr hinunter und hob sie auf den Arm, worauf sie endlich verstummte. Wie hätte er denn angesichts ihrer geschundenen Erscheinung auf die Gestalten aufmerksam werden können, die auf dem Dach des Hauses kauerten und mit Argusaugen über sie wachten? Wie hätte es ihn denn verwundern können, dass ihm ihr Schrei nicht das Trommelfell zerriss. Beruhigend hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn und trug sie aus der Gasse auf die offenen Straße an seinem Auto vorbei, ihr Haus anvisierend.
David hatte er erst vermisst, als dieser nun am Auto lehnte, in den Splittern stehend. Wie Staub hatte sich das Glas von sämtlichen Fenstern der Umgebung auf Davids, Alindras und Brions Erscheinung gelegt. "Geht es ihr gut?" Er erwartete gar keine Antwort, doch Brion grollte ein. "Ruf Verstärkung." Aus den Schnittwunden an seinen Armen die anfänglich nur wie harmlose Striemen aussahen quoll langsam und heiß, als Mahnmal, sein Blut. Waren es Stigmata? So kam es ihm zumindest vor. Begleitet vom Knirschen des kaputten Glases stieg er die Stufen zu Alindras Haus empor und durchquerte das Foyer in Richtung Salon und bettete sie auf dem Sofa. "Ich komm gleich wieder", murmelte er und erlaubte sich und seinem Körper noch lange keine Erholung von der seltsamen Ereignissen.
Rasch machte er kehrt, um das Haus zu verlassen und die Straße zu überqueren, wo David ihm schon von weiten anschnauzte. "Was war eigentlich los?" Er tupfte sich nachlässig das Blut mit einem Taschentuch aus dem Gesicht, wobei er es eher verschmierte anstatt es abzuwischen. "Du übernimmst hinten in der Gasse die Leiche", herrschte Brion und bevor David zu einem Kommentar hätte ansetzen können, kehrte er zu Ali zurück.

Kaum das Brion die Tür aufgestoßen hatte, meldete sich sein Instinkt.
Irgendetwas stimmte schon wieder nicht. Vorhersehbar und doch nur ein Gefühl, wenn Alindra etwas passierte würde er mehr als wütend werden und ein jähzorniger Ire...war gefährlich. Er griff nach seiner Waffe aus dem Halfter und lud sie durch. Die Sonne, die nun durch die glaslosen Fensterrahmen ins Foyer, den Flur und die Treppe schien tauchte alles in einen goldenen Nebel. Die zerbrochenen Glassplitter glänzten wie tausende von kleinen Diamanten. "Ali? " raunte er in die Stille und als keine Antwort kam, drückte er sich im Schutz der Wand entlang in Richtung des Salons.
Mit aller Kraft hieb ein Tagtraum auf ihn ein, die Szene hatte er schon unzählige Male geträumt und erst jetzt erkannte er Alindra als Alindra und das Haus als ihr Haus. Es war zu real, als das es ein einfaches Deja’vú hätte sein können.
Von draußen heulten nun die Sirenen der Streifenwagen auf und waren für ihn einzigstes Bindeglied im Hier und Jetzt. Zielsicher trat er in den Salon und mit einem Knatschen stieß er die Tür auf und erstarrte, schon das zweite Mal an diesem Tag. Seine Waffe fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
Zusammen mit Raguel, dessen linke weiße Schwinge Alindra in sein Federkleid hüllte, wie in einem Kokon, schwebte Ali an der Zimmerdecke. Raguels rechte Schwinge ging in ihrem Schwarz vollkommen unter und vermischte sich mit den Schatten an der Wand, als wollen sie ihn fressen. Gemeinsam hatten sie Sariel im Arm, dessen Schwingen leblos an seinem bewusstlosem Körper hinabhingen. "Er ist verletzt", schluchzte die junge Frau und der Bruder gemeinsam und in verschiedenen Stimmlagen zur selben Zeit. Wie auf Kommando quoll dunkles Blut aus Sariels rechter Schulter und ätzte sich geradewegs in sämtliche Seelen wie ein heißes Eisen.

Dann wurde es schrecklich dunkel.
 
Schöön...

weiter...

warum ist Sariel verletzt? hab ich irgendwas verpasst?? *grübel*

*kopfschüttel* *konfus*
 
Der aufsteigende Brechreiz brachte Brion dazu seine Besinnung wiederzufinden. So müsste sich wohl die morgendliche Übelkeit einer Schwangeren anfühlen. Mit einem leisem Stöhnen setzte er sich auf und verfluchte seinen Körper mitsamt den verspannten Muskeln. Er rieb sich die Augen und zwang seinen Verstand langsam die Lage zu erkennen. Er lag, ordentlich zugedeckt, in Alindras Bett. Der Luftzug der durchs Zimmer wehte, war angenehm kühl und rief ihm gleich das Ereignis mit dem zersprungenem Glas ins Gedächtnis.
Energisch schwang er sich aus dem Bett und kam schwindelnd auf die Füße. Millionen von Lobeshymnen wollte er seiner Freundin singen, als er das Wasserglas entdeckte, was sie ihm auf den Nachttisch bereitgestellt hatte.
Alindra?
Es durchzuckte ihn wie einen Blitz als die Erinnerung zurück kam. Aufgeregt stürmte er aus ihrem Zimmer, über den Flur, die Treppe hinunter. Nicht sehr professionell, aber in Anbetracht des Tages, hatte Brion das Recht seine Ausbildung beim FBI zu vernachlässigen.
Der schmale, gewundene Flur in Richtung Küche kam ihm wie ein Höllenschlund vor, in den er geradewegs hinein spazierte. Warum er die Küche und nicht den Salon wählte? Nur so ein Gefühl. Oder doch logische Denkweise, als er das leise Gemurmel vernahm und den schmalen Lichtschein, der durch den Türschlitz fiel.
Mechanisch griff er nach seiner Waffe und war sich jetzt erst darüber im Klaren, dass sie fehlte. Er hatte sie, kurz bevor er die Besinnung verloren hatte, auf den Teppichboden fallen lassen. Leise fluchend drückte er die Tür auf, um sehen zu können was sich in der Küche abspielte.
Sofort ruckte Raguel, der auf der Eckbank platz genommen hatte, empor und zielte mit dem Lauf seiner Waffe auf Brions Auge, dass durch die Tür linste.
„Es ist nur Brion“, klärte Alindra auf, die mit dem Rücken zur Tür und vor Raguel stand. „Komm rein“, murmelte sie ihrem Freund entgegen, der perplex an den Küchentisch trat. Sariel lag auf diesem und dämmerte mit freiem Oberkörper vor sich hin.
Raguel ließ sich zurück auf seinen Platz fallen und schluchzte gequält auf. Die Schmerzen die sein Bruder erlitt brannten sich in seine Nervenenden und die Angst, vor dem was passieren könnte, schnürte ihm die Kehle zu. Die Waffe entlud er und griff nach der fiebrig, heißen Hand seines Bruder.
Mit aller Weltenruhe, versorgte Alindra den Verletzten. Der Fliesenboden war über und über mit blutigen Leinen versehen. Wasser kochte auf dem Herd. Nadel und Faden lagen bereit. Sobald Sariel wimmerte flößte ihm sein Bruder puren Whiskey ein. Sie waren im Krieg und Alindra die Krankenschwester in einem Feldlazarett? Heimlich bewunderte Brion ihre ruhige Hand, wie sie versuchte die Kugel aus Sariels Schulter zu pulen.
Aber Moment mal? Passten die Beiden nicht genau in die Beschreibung seines momentanem Falles? Ali gewährte zwei Mördern Zuflucht? Doch bevor er all seinen chaotischen Gedanken Luft machen konnten ergriff Alindra das Wort.
„Sie haben mir das Leben gerettet.“ Eine Woge voller Liebe überrollte Brion während sie sprach und in ihrem Tun noch nicht mal innehielt. Ihre Stimme... ja, sie war Engelsgleich. „Ich nahm die Abkürzung und der Mann lauerte in der Seitengasse. Er schlug mich nieder und wollte...“, sie brach an der Stelle ab und bekam die Kugel in Sariels Schulter endlich zu fassen. Mit einem dumpfen Geräusch ließ sie die Kugel auf den Tisch fallen. „Sie kamen gerade noch rechtzeitig. Der Gauner schoss auf Sariel...den Rest kennst du.“ Vorsichtig nähte sie die Wunde zusammen.
Brion stand wie betäubt da und ballte die Faust. Was wenn ihr wirklich etwas passiert wäre? Doch rechtfertigte die Sachlage die Vergehen der Brüder? Was genau war weiter passiert? Doch jetzt im Moment fühlte er nur Wut. Seine Ali? Er wollte den Kerl unzählige Male erschießen und ihm den Ratten in Stückchen servieren.

„Er hat seine Schuld gesühnt.“ Raguel riss ihn aus seinen Gedanken und wusch seinem Bruder mit einem feuchten Lappen den Schweiß von der Stirn. Brion trat hinter Alindra und zog sie in seinen Arm, sein Gesicht in ihren Haaren vergraben und ihren Geruch einatmend. Ihr ging es gut und nur das zählte. Gott sei dank. „Dann danke ihm angemessen“, murmelte Raguel und suchte nach Brions Blick.
Alindra sank an ihren Freund und sah zwischen den Männern hin und her. Würde er die Brüder ausliefern? Er müsste es normalerweise tun.

„Er muss in ein Krankenhaus.“ Murmelte der Agent. Nun war es Alindras Herz das vor Liebe überquoll, sie drehte sich um und küsste ihn liebevoll. „Es reicht wenn wir nur nach Hause kommen“, sprach Raguel. Die Männer sahen einander an und Worte waren keine mehr nötig. Brion nickte, er würde sie fahren.

Sariel lag zusammen gekauert auf dem Rücksitz des Wagens und schlitterte in seinen Fieber und ohne Besinnung in wirre Träume. Brion wusste warum sie nicht ins Krankenhaus wollten, dennoch hatte er bedenken ob der Zwilling es überleben würde.
„Wir danken dir für deine Hilfe“, raunte Raguel und barg seinen Bruder nun im Arm, für ihn bestand kein Zweifel das Sariel die Infektion, die die Verletzung sicher mit sich bringen würde, überlebte. Es ging einfach nicht anders.
Rasch waren sie am Ziel und Brion stieg mit aus um den schwachen Sariel in die Unterkunft zutragen. Der Cop konnte sich nur über die Bleibe wundern und verzog angewidert das Gesicht, als er eine Schar von Kakalaken den Boden entlang eilen sah.
Weil der Tag noch nicht verkorkst genug war, mussten die drei bis ins letzte Stockwerk durch die stinkende und schlecht beleuchteten Korridore. Im Treppenhaus stank es nach Unrat und Fäkalien, hier zu leben war eine Zumutung. Faules Wasser floss über die Wände und die einzigste Lampe die noch funktionierte, flackerte. Brion sollte anbieten, die Brüder bei sich unterkommen zu lassen, aber sollte er nicht Mörder festnehmen und, anstatt sie zu beherbergen? Raguel schob die ausgehängte Tür zur Seite und offenbarte ihm ihr Zuhause. Behutsam hob er Sariel nun auf den Arm und sprach verabschiedende Worte.
„Sie ist ein Juwel und Bedrohung zugleich. Sie liebt dich aber gib acht, dass dir die Liebe nicht zum Verhängnis wird. Der Schein kann trügen.“ Brion nickte, doch Sinn ergaben die Worte keinen. Raguel beugte sich vor und schlug mit dem Zeigefinger ein unsichtbares Zeichen auf Brions Stirn. Der Zwilling machte kehrt und verschwand in die Unterkunft. Brion runzelte die Stirn und kniff die Augen abschätzend zusammen. Was war das nur für ein Tag?
Ermattet schritt er die Stufen zu den unteren Stockwerken hinab und zog gedankliche Bilanz: Alle Verrückt. Alle!
Er wollte nach Hause, eine Dusche, ein Bier, was zu Essen und Sex. So und in keiner anderen Reihenfolge. Sein ganzer Leib schmerzte als Antwort auf das Erlebte, in seinen Ohren rauschte sein Blut und jeder Schritt war ihm eine Qual.
Wegen seiner Müdigkeit nahm er die Luftveränderung gar nicht wahr, aber warum genau war der Weg zurück auf die Straße so schrecklich weit? Die Treppenstufen kamen ihm endlos lang vor, der Flur wurde zu einem Irrgarten und als er die dröhnende Lache in seinem Nacken spürte anstatt sie zu hören begriff auch er und zog die Waffe. Die Luft um ihn herum flirrte, als würde sie kochen und brannte sich in die Poren seiner Haut. Der bestialische Gestank nach Schwefel und Verwesung ließ ihn zurück taumeln. Das Licht erlosch und als sich um ihn herum alles in ein glühendes rot tauchte, bezweifelte er, dass sein Verstand ihm einen Streich spielte.

„Zeig dich.“ Und wieder donnerte die tiefe Lache eines Mannes. Aus dem Nichts, riss die Gegenwart vor ihm auf und an den Rissstellen taten sich blutende Wunden auf. An den Rändern eines schwarzen Loches schmolz die Zeit und das Hier und Jetzt. Ein Mann um einiges größer als er selbst, mit schwarzen, gewaltigen Schwingen, gekleidet in einer einfachen Hose, barfuss und bloßem Oberkörper, offenbarte sich ihm. Mit einem Wink seiner Hand schloss sich der Spalt durch den er gekommen war. „Was?“, keuchte Brion und zielte mit der Waffe auf die angsteinflößende und zugleich anziehende Gestalt.
Sein Gegenüber schnalzte mit der Zunge und mit einer weiteren Handbewegung schmolz das Schießeisen in den Händen von Brion, doch aus unerfindlichen Gründen verbrannte sich Brion nicht.
„Fürchte dich, du Narr“, grollte der Dämon und unwillkürlich trat er einen Schritt zurück.
„Was willst du?“ Brion gurgelte die Worte anstatt er sie sprach. Der Dämon griff nach ihm und packte ihn bei seiner Kehle, die er zudrückte. Der Blick den er ihn sehen liess war grausiger als alles was Brion jemals erlebt hatte. Erschrocken kniff er die Augen zusammen und wurde im gleichen Moment zu Boden geschleudert. Brion keuchte und hätte am liebsten gewimmert.

Er hatte in die Augen des Teufels geblickt!
 
hyhy seelen&salomé,

ich hab mir eure Geschichte ausgedruckt, einen Stift in die Hand genommen und gelesen (hab drei tage gebraucht, weil ich nie dazu gekommen bin ;))

Ich muss sagen, dass ist eine recht spannende Geschichte. Natürlich ein rip-off von "the boondock saints" aber das ist nicht weiter schlimm, da ihr euch ein Element der Geschichte, den Auftrag durch Gott, herausgepickt habt und eine eigene Interpretation der Geschichte draus gemacht habt, mit euren eigenen Schwerpunkten.

Zu der äußeren Form lässt sich aagen, dass zuviel hervorgehoben ist. Fett und kursiv sind Hervorhebungen. Wenn der ganze Text hervorgehoben wird, kann das den Leser stören. Auch den Text zu zentrieren, führt dazu, dass er anstrenger zu lesen ist und unübersichtlicher wird. Ich weiß nicht, welche besonderen künstlerische Aussage damit getroffen werden soll und ich sage auch nicht, dass es schlecht ist, es macht das Lesen nur kompliziert.

Ihr beschreibt beide sehr explizit. So nimmt ihr den Leser die Arbeit ab, selber zu fühlen. Anstatt zu beschreiben, wie sicher und geborgen sich z.B. eine Person fühlt, sagt ihr aus, dass sie sich sicher und geborgen fühlt. Oder ihr sagt, dass der Bass ein Abbild des teuflischen Gelächters ist. Sagt das dem Leser nicht, lasst es ihm fühlen. Weniger eindeutiges Wissen auf Leserseite führt oftmals dazu, dass der Leser sich mehr mit dem Char identifiziert, da er die emotionale Wertung des gelesenen selber vollführen muss. Lasst die Leser selbt entscheiden, was sie zu fühlen haben.

Euer Schreibstil ist an sich ausgezeichnet, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann, denn ihr seid beide eindeutig besser als ich. Solche Beschreibungen wie "mit der Alltäglichkeit der Jahrunderte" sind wirklich gut, oder "das Lachen einer Sirene, dass Männerlenden pochen liess". Sehr, sehr gut.

Ein wiederkehrendes Element ist die geistige Verbundenheit der beiden Protagonisten, passt nur auf, dass ihr es nicht übertreibt, irgendwann hat es der Leser begriffen.

Generell müsst ihr aufpassen nicht zu sehr in die Buddy-Schiene zu geraten. Die beiden Kumpel-Cops waren schon hart an der Grenze.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung,
gespannte grüße lou
 
Zurück
Oben Unten