AW: Paranoia XP - wer kennts?
Paranoia XP ist eins der wenigen funktionierenden Humor-Rollenspiele auf dem Markt. Es ist ein Rollenspiel, das unweigerlich zu haarsträubend komischen und vollkommen absurden Momenten führt, ohne dass man sich als Spieler extra dumm oder lächerlich verhalten muss. Auch wenn das aus irgendeinem Grund fast jeder tut.
Wie bei vielen Rollenspielen steht eine Gruppe von Charakteren im Mittelpunkt (die Troubleshooter), die eine Aufgabe (eine Mission im Dienste des Computers) erhalten. Sie müssen zusammenarbeiten um diese Aufgabe zu erfüllen und werden danach dafür belohnt. Zwei Punkte machen Paranoia jedoch zu etwas besonderem.
In jedem Abenteuer hat es irgendjemand auf dich abgesehen.
Es kann einer deiner Mitspieler sein, der von seiner Geheimgesellschaft beauftragt wurde dich ans Messer zu liefern.
Es kann ein NSC sein der dich oder das ganze Team beseitigen will um vielleicht etwas zu vertuschen.
Es kann der Computer selbst sein, der dich für das Wohl des Alpha Complexes auf ein Himmelfahrtskommando schickt, weil die Befehle irgendwo durcheinander gewirbelt wurden.
Und wenn man Pech hat, sind es sogar mehrere auf einmal. Aber keine Angst, deshalb hat jeder Spieler 6 (oder mehr Clone) seines Charakters, damit er - nachdem er um die Ecke gebracht wurde - zurückkehren und sich an den verräterischen Schweinen rächen kann.
Das Leben im Alpha Complex ist ein klein wenig....
Der Alpha Complex ist so groß, dass der Versuch per sorgfältiger bürokratischer Strukturen Ordnung in das Ganze zu bringen darin geendet hat, dass überhaupt nichts mehr so läuft, wie es soll, es aber niemand zugeben will, da man ja sonst Schuld sein könnte und vermutlich nie wieder gesehen wird. Man stelle sich einfach vor die Telekom wäre für das Wohl einer gesamten Großstadt verantwortlich. Es wimmelt überall nur von widersprüchlichen Befehlen und Vorgaben und jeder versucht die Verantwortung auf jemand anderen zu schieben.
Als Spieler äußert sich das so, dass die Hauptaufgabe der Troubleshooter darin besteht, dass sie Mutanten (Mitbürger mit übermenschlichen Fähigkeiten), Kommunisten (etwas was der Computer in seinen Unterlagen zu stehen hat, von denen niemand genau weiß was sie sind) und Verräter (die in Geheimgesellschaften perfide Pläne gegen den Computer aushecken) entlarven und dingfest machen sollen. Die Charaktere der Spieler sind aber ausnahmslos sowohl Mutanten als auch Mitglieder einer Geheimgesellschaft (anders schafft man es schliesslich nicht den bürokratischen Morast zu umgehen).
Wenn man all diese Dinge zusammenwirft (der vom SL unterstützte Verfolgungswahn der Spieler, das irrsinnige Chaos des Alpha Complex und die typischen Gefahren, die ein Rollenspiel-Abenteuer mit sich bringt), dann resultiert das in herrlich absurde und schreiend komische Situationen von denen man anderen noch Jahre später erzählt. (Vor allem wenn sie es gar nicht mehr hören wollen.
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Paranoia zu spielen macht Spaß, weil man seine gemeinste und intriganteste Seite ausspielen darf. Hier wird reingelegt, denunziert und sich gegenseitig in den Rücken gefallen, dass einem die Ohren schlackern.
Paranoia zu leiten macht Spaß, weil die Spieler ahnungslos aber beunruhigt durch das Abenteuer stolpern und man so als SL die ganze Zeit unterhalten wird.
Man braucht lediglich gehörig Spaß an Schadenfreude, schwarzem Humor und Monty Python-artiger Absurdität und dann kann man mit Paranoia sehr viel Freude haben.
Was die neue Edition angeht, so sind die Regeln wie immer schön einfach. Die Perversity Points (mit denen man sich oder anderen Spielern Boni und Mali auf die Würfe legen kann) würzen die Interaktion der Spieler nochmal gewaltig und das Buch liefert dem SL genug Hilfsmittel um die Spieler viele Runden lang in Angst und Unwissenheit zu halten. Als Paranoia-SL sollte man schliesslich immer den Leitspruch "Fear and ignorance, ignorance and fear." im Kopf halten.