Wieso sollte man? So einen Unsinn. Natürlich hat man eine zusätzliche weitere völlig unabhängige Aktion bei einer gewürfelten 1. Dafür muss man doch vorher nicht festlegen was Sache ist. Das ist doch eben der Bonus bei einer 1.
Er meint folgendes:
Fall Ioelet:
Der Angreifer sagt die AT an. Er würfelt
a) Er scheitert. Der Verteidiger muss nicht parieren. Er kann dies also später noch tun.
b) AT gelingt. Der Verteidiger entscheidet sich zu parieren. Er würfelt *klimper* eine 1 (+Bestätigung hinterher). Cool - er pariert UND er darf später nochmal parieren.
Fall Caninus:
Der Angreifer sagt die AT an - der Verteidiger sagt die PA an. Der Angreifer würfelt.
a) Er scheitert. Der Verteidiger muss nicht parieren - aber HAHAAAAAAAA, Pech gehabt, die Parade ist trotzdem weg.
b) AT gelingt. Der Verteidiger würfelt *klimper* eine 1 (+Bestätigung hinterher). Cool - er pariert UND er darf später nochmal parieren.
Fall "Caninus (a)" ist eben gerade der Hauptunterschied zwischen unseren Auslegungen (eigentlich sogar der einzigste) - aber SO in diesem Zusammenhang betrachtet ziemlich skurril, oder?
Selbiges gilt bei zahlreichen Parade-Manövern, bei denen eben zum Teil explizit (aber ohne dies als Ausnahme hervorzuheben) dabei steht, dass man nach dem Wurf entscheidet sie durchzuführen und die Vorteile für den Verteidiger bei seiner nächsten Angriffsaktion bringen:
Der Spieler des Verteidigers hofft dann nicht mehr, dass die Attacke des Gegners fehlschlägt - immerhin hat er gegen diese Attacke seine einzige PA angesagt, die er ja sonst einfach sinnlos verliert. Er hofft dass die AT gelingt, damit er sie parieren darf.
Dieser seltsame Effekt bleibt zwar theoretisch auch erhalten, wenn man die Parade nach dem Wurf ansagen darf - wenn die Gegner einfach alle die komplette KR daneben hauen - aber dann kann man wenigstens mit Sicherheit sagen, dass der Held nicht getroffen wurde.
Nach der "Vor Wurf"-Auslegung kann der Held seine tolle Meisterparade mit der er diese Runde seine Attacke vorbereiten will, nicht nur bereits nach und aufgrund (!) der ersten nicht gelungenen Attacke seiner Gegner in die Tonne kloppen, sondern wird auch noch von den übrigen Gegnern verprügelt.
"Pfffff! Wenn DU nicht triffst, dann will ich nicht mehr parieren."
Und JA! Genau das geht ja auch. Man kann explizit auch Attacken die NICHT funktionieren kontern. Schau mal was bei Gegenhalten drin steht.
Ja, bei Gegenhalten sagt er es wohl vorher an - immerhin würfeln sie gleichzeitig.
Letztendlich ist das alles doch eher eine Frage des Spielgefühls.
VtM-Charaktere sind "Menschen" in einer harten Welt. In dieser bringt parieren außer Zeitgewinn garnichts. In den meisten Fällen hauen im Kampf zwei Leute sich gegenseitig den Schädel ein. Nur ein SEEEEEHR guter Kämpfer kann mit dem Wissen darüber, was sein Gegner macht auch etwas sinnvolles anfangen (weil er mehrere Aktionen besitzt bzw. Mehrfachhandlungen hinbekommt). Den Kampf gewinnt, wer schneller, fester, gezielter und öfter zuschlägt. Alles geschieht in Sekundenbruchteilen - und wenn du ausweichen willst, dann entscheide dich hier und jetzt, wem. Oder geh auf voll-defensiv. Und dann lebe mit den Konsequenzen und Schmerzen. Fertig.
DSA-Charaktere (die kämpfen können) sind geschickte Kämpfer. Sie sind Helden, die sich packende Schwertkämpfe liefern.
(Nochmal kurz zum Vergleich: In der WoD endet ein Schwertkampf gegen mehrere Gegner mit ziemlicher Sicherheit nach 3 Sekunden damit, dass du ein Schwert im Bauch hast)
Da wird geschlagen, pariert, hier eine Finte, da eine Meisterparade. Aktion - Reaktion.
Wenn man den Kampf als Abfolge von Aktionen und Reaktionen darauf sieht und einen Fantasy-Schwertkampf vor Augen hat, dann trifft es mMn die Auslegung mit "nach dem Wurf" besser. Aragorn versteckt sich nicht hinter dem Schwert, weil er auf Nummer sicher gehen will, nur um ne halbe Sekunde später ohne Verteidigungsversuch von nem Ork niedergeknüppelt zu werden. (jaaaa, er kann noch ausweichen, aber auch das ja nicht endlos oft - da sind sogar die WoDler gegen mehrere Gegner besser im ausweichen).
Aragorn sieht im Kampf gegen drei Orks, welchen Schlag er parieren muss - wenn ein zweiter guter Schlag kommt, dann springt er zur Seite.
WoD-Schwertkämpfer sind Typen, die mit platt gehauenen Eisenstangen andere Menschen kaputt hauen. WoD-Kämpfe sehen in der Regel so aus, wie ein DSA-Kampf in denen die Kämpfer nur die 3 Taktiken kennen: Voll offensiv, voll defensiv, Gegenhalten.
DSA-Schwertkämpfer hingegen sind Fantasy Schwertkämpfer. Dass standardmäßig jeder jede Runde einmal attackiert und einmal pariert, ist stilistische Absicht. Dem Helden Paraden zu streichen, die er nie durchgeführt hat, wiederspricht dem.