AW: Lord Verminaards Vampire stripped
Das Thema hatte ich gar nicht gesehen. Drei Einwürfe.
Die Idee ist nett, aber ich halte sie für überflüssig.
Leute, die so etwas wollen, können das problemlos mit dem bisherigen Vampire hinkriegen.
Sorry, Xanos, aber ich kann das nicht.
Es ging mir nur darum, zu verdeutlichen, dass man durchaus ein umfangreiches Regelsystem haben kann, ohne das Erzählspiel aus den Augen zu verlieren. Die Regeln zu reduzieren bringt nichts, darum ging es mir.
Seiko, du sagst hier etwas Richtiges. Die Regeln nur zu reduzieren ist natürlich nicht sinnvoll. Das hab ich auch in dem Originalthema im Grofafo angesprochen und später (mehr oder weniger als Antwort)
dieses Thema eröffnet. Hier nochmal der Inhalt:
In Vermis berühmten Faden "V:tM stripped" hat er ja gezeigt, das System mattert. Heute möchte ich an Vampire ein anderes Designprinzip darstellen.
Dazu ist eine Beobachtung wichtig: Rollenspiele bestehen aus verschiedenen "Teilen", die miteinander in Verbindung stehen. Diese Teile können Elemente des Hintergrunds, Elemente der Regeln, bestimmte Techniken sein oder Sachen auf die ich noch gar nicht gekommen bin.
Wir können nun folgendes annehmen: Teile, die mit vielen anderen verbunden sind, werden wichtig sein.
Eintritt: Der Patient. Frage: Welcher Teil ist der bestverknüpfte in Vampire und wie wirkt sich das aus?
Antwort Teil 1: Die Vampirkräfte. Die haben Verbindungen zum Clan, zu Attributen und Fertigkeiten (nötig zur Aktivierung), über den Blutpool zur täglichen Routine der Charaktere und über Kampfregeln und Wundstufen zur Sicherheit des Charakters.
Menschlichkeit dagegen, worum es nach Untertitel vornehmlich gehen sollte, hat lediglich unter bestimmten Umständen Einfluss auf soziale Proben und Rasereiproben, sowie auf die Resistenz gegen Sonnenlicht.
Versuch einer Antwort zu Teil 2: Nach meiner Beobachtung fangen viele Spieler (mich eingeschlossen) mit den Disziplinen an und bauen ihren Charakter darum. Dieses Vorgehen lässt sich unserer These gut begründen, da die Wahl der Diszplinen Einfluss auf all die oben genannten Bereiche hat.
Wir können die Beobachtung nun umdrehen und daraus einen Ratschlag zum Design machen: Wenn du einen Teil besonders wichtig machen willst, sorge dafür, dass er der bestverbundene ist.
Nehmen wir mal, wir wollen also aus Vampire ein Rollenspiel um den persönlichen Horror machen, dann müsste Menschlichkeit zum zentralen Angelpunkt des Systems werden. Das könnte so aussehen:
- Willenskraftpunkte, als Aktivresource, werden direkt an Menschlichkeit gebunden (also quasi als temporäre Punkte zu Menschlichkeit). - Tiere haben keine Willenskraft.
- Kontakte und Verbünde sind direkte Konsequenz aus Menschlichkeit.
- Soziale Attribute und Fertigkeiten dürfen nicht sein. Alle sozialen Proben werden direkt auf Menschlichkeit abgelegt.
Indem man Menschlichkeit bei der CharGen frei wählbar macht (mit evtl. Ausschluss von extremen Werten), kann man die Wichtigkeit von Menschlichkeit noch erhöhen (~ Contested Gauge Pattern). Die nicht ausgefüllten Punkte entsprächen folglich der Stärke des Tiers und könnten so eine Grundlage für die Vampirkräfte bilden (oder Einfluss darauf haben). Da Cool Powerz von sich aus einen hohen Aufforderungscharakter haben, könnte dieses Vorgehen tatsächlich für einen Gewissenskonflikt auf Seiten der Spieler sorgen.
Es geht also darum den Kern des Spiels in die Regeln zu binden. Und das bringt dann schon was.
Zu 1 - Dreh´ mir nicht das Wort im Mund rum Sprawl! Ich sage nur, wenn der Kampf dazu führt, dass meiner Meinuing nach nicht genug gespielt wird, dann sorge ich dafür, daß er in der Kampagne keine Problemlösung darstellt und sich meine Spieler andere Lösungswege ausdenken müssen.
Und hier liegt ein Denkfehler vor. Vermi möchte gar keine Probleme lösen lassen. Es geht nicht primär darum irgendetwas zu schaffen, sondern sich hauptsächlich mit der Thematik des persönlichen Horros zu beschäftigen.
Ich habe
hier in meinem Blog diese beiden Herangehensweisen an fiktive Konflikte erläutert.
Vorausgegangen waren Skyrocks Beschreibung seines favorisierten Spielstils (
hier zu finden) und die Äußerungen eines gewissen Hofschrats, was hier aber nicht Thema ist.
Hier nocheinmal der für das vorliegende Thema relevante Teil:
Ich werfe jetzt einen Blick in Skyrocks Text, da wir nichts Anderes haben. (Dürftige Quellenlage für wahr!) Mir fällt besonders folgendes Beispiel auf:
Wenn der Magier den hohen Wert aber wegen mathematisch kluger Charaktererschaffung und -verbesserung hat, der Feuerball sich wegen taktisch kluger Verteilung des Zauberpools auf Spruchwirkung und Entzug als besonders effektiv bei minimalen Nachteilen erweist und der Spieler den Feuerball auf einen Eisgolem wirft von dem er weiß dass er dagegen besonders verwundbar ist - sich also alles auf Spielerleistung zurückführen läßt - dann hat der Spieler gute Karten der Gewinner des Tages zu sein.
Wir sehen: Es geht darum fiktive Probleme clever zu lösen. Skyrock stellt im Weiteren klar, dass rein mechanische Probleme nicht ausreichen. Weiterhin handelt es sich bei dem Golem um ein technisches Problem. - Er ist im Weg und muss weg.
Typisches Merkmal jener närrischen Spiele hingegen ist es, dass das Problem meist nicht das eigentliche Problem ist. Narren würden sich für den Golem nur in einem weiteren Kontext interessieren, etwa "Hat der Golem Familie? Darf man Golems grillen?" oder "Wieviel bist du bereit zu opfern, um an dem Golem zur Rettung deiner großen Liebe vorbeizukommen?" Hier liegt kein technisches Problem vor, sondern ein ethisches oder charakterliches vor, welches in Forge-Kreisen als Bang bezeichnet wird.
Wir halten fest: Bei der getroffenen Unterscheidung handelt es sich um die Beschaffenheit der fiktiven Probleme, denen sich die Protagonisten stellen werden. Was dem Abenteurer seine Begegnung mit dem Golem und das dem Golem Begegnen (Deutsch ist hier wunderbar doppeldeutig.) ist dem Narren sein Bang. Natürlich ist auch dieser Aspekt des Spielstils nicht zweiwertig, sondern lässt beliebige Mischungen von Begegnungen und Bangs zu.
Vermi möchte ein Spiel mit dem er kräftig bangen kann. (Tolles Wort überhaupt. Ich kenn über keinen Rollenspielslangausdruck mehr anzügliche Witze.) Regelmechanismen, die ja nur einen kleinen Teil der benutzen Regeln darstellen, müssen - sofern man überhaupt auf Zahlen und Würfel zurückgreifen will - für ein solches bangreiches Spiel die relevanten Konflikte in der Mechanik schon anklingen lassen.
Das macht Vermi allerdings nur in einem Satz, nämlich wo er anspricht, dass es noch irgendwelche Hungerregeln geben müsse. Die mangelnde Ausführung dieses Punktes war eben, was ich als nicht hinreichend kritisiert habe.
Wichtig ist, dass mit einem solchen Mechanismus die monströse Situation, in der sich der Charakter verdeutlicht und die Entscheidungen für den Spieler deutlich gemacht werden. Für den Spieler stellt sich also konkret die Frage: "Will ich Blut ausgeben, um diesen Konflikt zu gewinnen, so dass ich schneller wieder gehaltreiche Nahrung brauche? Ja oder Nein?"
In die gleiche Richtung geht mein Vorschlag Spieler vor die Wahl zu stellen, ob sie Disziplinen oder Menschlichkeit wollen: Alles hat einen Preis. Es darf keine guten Lösungen geben.
Selbstverständlich müssen sich die Spieler auf sowas einlassen. Wer sich nicht zwischen Disziplinen und einer reinen Seele entscheiden will, kann damit nicht glücklich werden. Und das ist auch der Grund, warum Leute die solche Regeln nehmen, nicht gleich ganz Freeform spielen: Sie wollen sich auch auf spielmechanischer Ebene mit dem Problem vorliegenden Problem (also bei V:tM der Monströsität der Charaktere) auseinandersetzen.
Ich hoffe ich konnte für etwas mehr Klarheit sorgen.