AW: Läuft Vampire-LARP immer so ab?
Was ich nicht verstehe (vielelicht fehlt mir der Kontext) findest du es nun gut das Vampire live so ist wie es ist oder nicht?
Sagen wir es so:
Ich habe mich im Laufe von 13 Jahren Vampire Live Spiel damit abgefunden, dass das "eigentliche"(tm) Vampire Spiel mit seinen tiefgreifenden inneren Konflikten, seinen emotionalen Implikationen, seiner subtilen Erotik (yes indeed), seiner Tragik und all dem schlicht nur eine extrem kleine Spielerschaft anspricht.
Die Zahl derjenigen Spieler, die wirklich ein faible für das Grundthema des "eigentlichen"(tm) Vampire als
Spiel des persönlichen Horrors haben und zudem das Talent, diesen Horror auch anzunehmen, nachzufühlen und als spannende Story zu gestalten, ist so dermaßen gering, dass sich alleine mit ihr kein Live Spiel aufbauen lässt.
Darum nehmen jene Spieler – zu denen auch ich mich zähle – es in Kauf, dass das Vampire Live auch von Labertaschen, Lernresistenten, Powergamern, Metaplotfetischisten, Ventrue-in-Jeans-und-T-Shirt-Spielern und dergleichen bevölkert wird. Man nimmt es hin als notwendiges Übel und mit der Hoffnung, dass sich der ein oder andere im Laufe der Zeit doch noch den inneren Konflikten des Vampirspiels öffnet.
Präzise dieses Ungleichgewicht der Spielerschaften ist der Grund, warum durch alle Vampire Live Runden zuweilen das Statement geistert, dass "die kleinen Privatsessions eh die besten" sind. Dann nämlich, wenn dort die 3 bis 4 Vampirewieesgedacvhtist(tm)-Spieler beieinander sitzen, unterdessen der alle ins Koma labernde Tremere, der nervig-"Witzige" Malkav und der "Ihr habt mich 3 cm zu wenig tief verbeugt" Ventruespinner zu Hause bleiben.
Vampire Live Spiel ist darum immer auch Selektion:
Man pivkt sich gezielt jene Spieler als "Anspielpartner" und deren Charaktere als Freunde und vor allem als FEINDE(!!) heraus, die gut zur eigenen Vorstellung von Vampire passen. Der Rest wird als Staffage und Statisten wahrgenommen oder komplett ausgeblendet (das ist beim Fantasy LARP übrigens kein Stück anders).
Um nochmal was zu Maskerade/Requiem zu sagen: Ich habe an sich nichts gegen das Maskerade- bzw. das Camarilla-Prinzip. Es hat sich für mich nur im Laufe der Jahre herausgestellt, dass die Grundpinzipien der Camarilla-Politik eine zu große "Verführung" für die Vampire Live Spieler darstellen, sich auf dem Weg zum Spiel des persönlichen Horrors und der Auseinandersetzung mit den inneren Dämonen ihrer Spielfigur sagen wir zu "verirren". Was ich an Requiem in dieser Hinsicht darum schätze ist, dass das System im Prinzip näher an der Frage des "ich" des Vampirs ist, und es weniger Ämter, Hierarchien, Clansarchetypen und dergleichen gibt, hinter dem man sich verstecken könnte (natürlich gibt es Ämter und Clane, diese wiegen aber im Vergleich zur Camarilla enorm viel weniger, was dem Spiel die Chance zur dynamischen Entwicklung und den einzelnen Charakteren die Chance zum Wachstum und zur Selbstreflexion eröffnet).
Es ist also nicht so, dass ich Maskerade abspreche, ein "Vampire Spiel des persönlichen Horrors" zu machen (immerhin HABE ich es ja jahrelang gemacht und damit bewiesen, dass es geht) – ich denke nur, dass ein solches mit Requiem leichter geht.
Wen ein solches Spiel – das ganz entscheidend auch mit dem Backen kleinerer Brötchen einhergeht, denn der einzelne Vampir verblasst immer an Bedeutung vor der Weltgeschichte – nicht interessiert, weil er eben auf die nationalen, internationalen oder die wirklich zu Teilen exzellenten historischen Dimensionen von Maskerade Wert legt (was ich z.B. überhaupt nicht tue) der wird mit Requiem umgekehrt eben ein Problem haben (und hat es ja auch).
Was in der Diskussion Schade ist, ist dass die kleine Gruppe der "persönlichen Horror" Spieler sich durchaus als etwas "Besseres", "TIeferes" betrachten. Eben als verschworene Schicksalsgemeinschaft, die unter dem Massensperrfeuer der "Vampire for Fun" Spieler "leidet". Damit hat die Maskerade-Requiem-Diskussion leicht diesen Touch von "Maskerade ist Currywurst für die Massen, und Requiem der Kaviar der Elite".
Darum ist mir sehr wichtig zu sagen, dass ich den Spielstil all jener, die nnunmal keinen Bock auf innere Dramatik haben, nicht als "schlechter" empfinde. Es ist halt nur nicht das Spiel, das ich mal mit der Vampire Maskerade 1st Edition angefangen habe zu spielen und das ich mit Gründung von Midnight Dance 1993 auch live erlebbar machen wollte.